Beschluss vom 23.06.2011 -
BVerwG 8 B 69.10ECLI:DE:BVerwG:2011:230611B8B69.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.06.2011 - 8 B 69.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:230611B8B69.10.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 69.10

  • VG Gera - 08.06.2010 - AZ: VG 2 K 2363/09 Ge

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Hauser und Dr. Held-Daab
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Juni 2010 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerinnen wenden sich unter Berufung auf § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG gegen einen Bescheid des Vermögensamtes des Beklagten, mit welchem die Berechtigung des Beigeladenen hinsichtlich des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens von dessen Rechtsvorgänger, des Prinzen H. R., in B. festgestellt wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil Prinz H. R. im Zeitpunkt der Eigentumsentziehung Ende 1945 von den deutschen Behörden zweifellos als allein österreichischer Staatsangehöriger angesehen, das Eigentum also entgegen einem generellen Enteignungsverbot der russischen Besatzungsmacht entzogen worden sei, das auch zugunsten österreichischer Staatsangehöriger gegolten habe.

2 Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hiergegen hat keinen Erfolg. Das angegriffene Urteil weicht weder von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde bezeichnet auch keine Verfahrensmängel, auf denen das Urteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3 1. Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 1996 - BVerwG 7 C 41.95 - (BVerwGE 101, 150 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 74) liegt nicht vor. Die Beschwerde benennt schon keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das Verwaltungsgericht einem die angebliche Divergenzentscheidung tragenden Rechtssatz zu § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG widersprochen hätte. Der Hinweis der Klägerinnen auf die Begründung der Ablehnung ihres Beweisantrages im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2010 kann keine Abweichung darlegen, weil die Divergenz sich aus dem angegriffenen Urteil selbst ergeben muss (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15). Dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist kein Rechtssatz zu entnehmen, der den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 1996 aufgestellten Rechtssätzen zum Bestehen eines generellen Enteignungsverbots der SMAD für Vermögenswerte im Eigentum ausländischer Personen widerspräche. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die zitierte Entscheidung Bezug genommen und ist wie diese davon ausgegangen, dass ein generelles Verbot der entschädigungslosen Enteignung von Vermögenswerten galt, die im Zeitpunkt der Enteignung im Eigentum ausländischer natürlicher oder juristischer Personen standen (vgl. Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.O. S. 154). Es hat auch keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass nicht die Staatsangehörigkeit des Enteignungsbetroffenen, sondern allein die damalige - subjektive - Annahme einer Staatsbürgerschaft durch die Enteignungsbehörden maßgeblich sei. Es hat nur die Maßstäbe zur Beurteilung der Staatsangehörigkeit von Enteignungsbetroffenen während der Besatzungszeit in Übereinstimmung mit der angeblichen Divergenzentscheidung dahin konkretisiert, dass sie jedenfalls keine strengeren (genaueren) sein können als diejenigen, die deutsche Stellen in den Jahren 1933 bis 1945 im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit eines Betroffenen anlegten (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.O. S. 157). Der weiteren höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend, hat das Verwaltungsgericht deshalb den Erkenntnisstand der handelnden Behörden im Zeitpunkt der Enteignung für maßgeblich gehalten (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 8 B 69.08 - juris Rn. 10, insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 39).

4 Eine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2000 - BVerwG 7 C 15.99  - (Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 13) besteht ebenfalls nicht. Dieses Urteil hat die Frage, inwieweit die bloß vermeintliche Verletzung des sowjetischen Schutzversprechens durch deutsche Stellen die Verantwortung der Besatzungsmacht für die jeweilige Maßnahme entfallen lassen kann, ausdrücklich offen gelassen (a.a.O. S. 52). Seiner weiteren Erwägung, die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs setze jedenfalls eine bewusste Missachtung des Enteignungsverbots und damit die behördliche Annahme einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit des Eigentümers voraus, hat das Verwaltungsgericht nicht widersprochen.

5 2. Die Beschwerde formuliert auch keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme.

6 a) Die Frage:
„Findet das Vermögensgesetz auf Enteignungen während der Besatzungszeit 1945 bis 1949 grundsätzlich Anwendung, wenn lediglich feststeht, dass die Enteignungsbehörden von einer ausländischen Staatszugehörigkeit des Enteignungsbetroffenen ausgingen und eine separate Billigung der Enteignung durch die SMAD nicht gegeben ist?“
wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil sie von anderen tatsächlichen Annahmen ausgeht als die angegriffene Entscheidung. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts, an die der Senat mangels wirksamer Verfahrensrügen (dazu unten 3.) nach § 137 Abs. 2 VwGO auch in einem Revisionsverfahren gebunden wäre, sind die Enteignungsbehörden nicht lediglich - subjektiv - von einer ausländischen Staatsangehörigkeit des Enteignungsbetroffenen ausgegangen. Vielmehr entsprach diese Annahme auch dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Enteignung. Mit der Erwägung, die für die damaligen Stellen erkennbaren Umstände ließen nur den Schluss auf eine ausschließlich österreichische Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen zu, hat das Verwaltungsgericht sich die entsprechende Beurteilung zu eigen gemacht und das Bestehen einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit festgestellt.

7 b) Die weiteren Fragen:
„Setzt die Annahme des generellen Enteignungsverbotes der SMAD für ausländisches Vermögen in der Zeit von 1945 bis 1949 voraus, dass der Enteignungsbetroffene tatsächlich im Zeitpunkt der Enteignung Ausländer war, oder genügt die Feststellung, dass die Enteignungsbehörden von einer ausländischen Staatszugehörigkeit des Enteignungsbetroffenen ausgingen?
Galt das generelle Enteignungsverbot nur dann, wenn der Enteignungsbetroffene im Zeitpunkt der Enteignung tatsächlich (objektiv) ausländischer Staatsangehöriger war?
Liegt eine besatzungshoheitliche Enteignung gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG grundsätzlich vor, wenn nicht feststeht, ob der Enteignungsbetroffene im Zeitpunkt der Enteignung ausländischer Staatsbürger war?“
erfordern, soweit sie für die angegriffene Entscheidung erheblich waren, keine Klärung in einem Revisionsverfahren. Eine Frage, die noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war, ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228). Das ist hier der Fall.

8 Aus der bisherigen Rechtsprechung zum generellen Enteignungsverbot der sowjetischen Besatzungsmacht für Vermögenswerte ausländischer Staatsangehöriger ergibt sich, dass für das maßgebliche Kriterium der ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Enteignung auf den Erkenntnisstand der damals handelnden Behörden und nicht auf das aus heutiger Sicht festzustellende objektive Bestehen einer solchen Staatsangehörigkeit abzustellen ist. Wie oben dargelegt, können die Beurteilungsmaßstäbe keine strengeren oder genaueren sein als diejenigen, die deutsche Stellen in den Jahren 1933 bis 1945 im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit eines Betroffenen anlegten (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.O. S. 157; Beschluss vom 19. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 10). Das gilt für das Bestehen einer bestimmten ausländischen Staatsangehörigkeit ebenso wie für die Frage, ob neben dieser eine deutsche Staatsangehörigkeit bestand oder nicht (vgl. dazu Beschlüsse vom 3. August 1999 - BVerwG 7 B 70.99 - juris Rn. 9 und vom 19. Dezember 2008 a.a.O.). Gingen die handelnden Behörden nach ihren damaligen Erkenntnissen von einer zugleich bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit aus, verstießen sie nicht gegen das Enteignungsverbot, weil dieses nur für Personen galt, die nach den damaligen Erkenntnissen zweifelsfrei neben der ausländischen nicht zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (Beschluss vom 3. August 1999 a.a.O.). Umgekehrt lässt eine nach damaligem Stand nicht erkannte, objektiv aus heutiger Sicht aber bestehende zusätzliche deutsche Staatsangehörigkeit den Verstoß gegen das Enteignungsverbot nicht entfallen (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 2008 a.a.O.). Ob die irrige Annahme einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit den besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhang unterbricht, ist nicht klärungsbedürftig, weil das Verwaltungsgericht die Annahme der handelnden Stellen nicht für irrig gehalten hat. Es bedarf auch keines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass eine Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG nicht schon dann wegen eines Enteignungsverbots der Besatzungsmacht ausgeschlossen ist, wenn das Bestehen einer (ausschließlich) ausländischen Staatsangehörigkeit ungewiss ist.

9 c) Auch die weiteren von den Beschwerdeführerinnen für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Fragen:
„Liegt eine besatzungshoheitliche Enteignung gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG vor, wenn nicht feststeht, ob der Enteignungsbetroffene am 8. Mai 1945 ausländischer Staatsbürger war?“
und
„Galt das generelle Enteignungsverbot der SMAD für ausländisches Vermögen in der Zeit von 1945 bis 1949 nur für das Vermögen der Enteignungsbetroffenen, das tatsächlich am 8. Mai 1945 Vermögen des Enteignungsbetroffenen als Ausländer war?“
sind zu verneinen, ohne dass es zu ihrer Klärung der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die nach dem damaligen Erkenntnisstand zu bestimmende Staatsangehörigkeit des Enteignungsbetroffenen im Enteignungszeitpunkt maßgeblich ist, ohne dass es darauf ankäme, ob der Vermögenswert bereits am 8. Mai 1945 zum Vermögen des Enteignungsbetroffenen gehörte und ob dieser an jenem Tag Ausländer war. Das entspricht dem wiederholt bekundeten Willen der sowjetischen Besatzungsmacht, mit Rücksicht auf ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten das Eigentum ausländischer Staatsangehöriger vor dem Zugriff durch deutsche Stellen zu schützen (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.O. S. 155 f.). Aus dem Hinweis der Klägerinnen auf die SMAD-Befehle Nr. 124 und 126 sowie auf die sich auf diese Befehle beziehenden weiteren Befehle Nr. 104 vom 4. April 1946, Nr. 154 / 181 vom 21. Mai 1946 und die sog. Dratwinschen Instruktionen vom 17. November 1947 ergibt sich nicht, dass diese Rechtsprechung der Überprüfung bedürfte; diese Erkenntnisquellen sind seit geraumer Zeit und waren auch dem Bundesverwaltungsgericht bei der Entwicklung seiner genannten Rechtsprechung bekannt. Die auf diese Quellen bezogene letzte von der Beschwerde aufgeworfene Frage kann keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen, weil sie keine revisiblen Vorschriften betrifft.

10 3. Das angegriffene Urteil leidet auch nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln. Es verletzt weder das Recht der Klägerinnen auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, noch liegt ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO vor, der als Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anzusehen wäre. Auch eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) lässt sich dem Vortrag der Klägerinnen nicht entnehmen.

11 a) Ein Verfahrensmangel folgt nicht schon daraus, dass das Verwaltungsgericht sich der Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 13. Februar 2008 - 2 K 2439/03 Ge - angeschlossen hat. Das wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn das Gericht sein Urteil nicht auf der Grundlage einer eigenen, aus dem Gesamtergebnis seines Verfahrens gewonnenen Überzeugung gebildet (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), sondern das Ergebnis eines anderen Rechtsstreits ungeprüft übernommen hätte. So liegt es aber nicht. Wie sich aus der angegriffenen Entscheidung ergibt, hat sich das Verwaltungsgericht die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen im Parallelverfahren aufgrund eigener Sachverhalts- und Beweiswürdigung in Auseinandersetzung mit den von den Klägerinnen erhobenen Einwänden zu eigen gemacht.

12 b) Die Klägerinnen beanstanden ferner, dass das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Rechtsvorgänger des Beigeladenen als allein österreichischer Staatsangehöriger zu gelten habe. Auch insofern zeigen sie aber keinen Verfahrensmangel auf.

13 Sie rügen in diesem Zusammenhang zum einen, das Verwaltungsgericht habe hierzu ihren Sachvortrag nicht vollständig in Erwägung gezogen (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und zudem Teile des Akteninhalts unberücksichtigt gelassen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei verkennen sie aber, dass das Gericht nur dasjenige Vorbringen und denjenigen Akteninhalt berücksichtigen muss, den es nach seiner materiellen Rechtsauffassung für erheblich ansieht. Nach der materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es allein darauf an, ob der Rechtsvorgänger des Beigeladenen im Zeitpunkt der Enteignung des landwirtschaftlichen Unternehmens, also Ende 1945, von den damals handelnden (deutschen) Stellen als allein österreichischer Staatsangehöriger angesehen wurde. Diese Frage hat es bejaht. Dass es hierbei Vortrag der Klägerinnen oder Akteninhalt übergangen hätte, die für diese Fragestellung erheblich gewesen wäre, legen die Klägerinnen nicht dar. Soweit sie eine vollständige Aufzählung und Würdigung der eigenen Angaben des Rechtsvorgängers des Beigeladenen zu seiner Staatsangehörigkeit vermissen, übersehen sie, dass das Verwaltungsgericht sich mit dem Kern ihres Vorbringens - der Abweichung der Angaben in den Behördenakten der Besatzungszeit von den eigenen Angaben des Betroffenen - auseinandergesetzt hat und zu dem Schluss gekommen ist, der Beweiswert des Aktenmaterials werde durch eine abweichende Selbsteinschätzung des Betroffenen nicht in Frage gestellt, zumal die sowjetische Besatzungsmacht die in der NS-Zeit aufgezwungene deutsche Staatsangehörigkeit für unmaßgeblich gehalten habe. Soweit sie sich auf zusätzliche Erkenntnisquellen berufen, legen sie nicht dar, inwiefern sich aus diesen ergäbe, dass die damals handelnden Stellen die Frage der Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen in Wahrheit tatsächlich anders beurteilt hätten.

14 Die Klägerinnen bemängeln zum anderen, das Verwaltungsgericht habe den Akteninhalt selektiv und einseitig gewürdigt und damit unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO aktenwidrige Feststellungen getroffen. Damit setzen sie der Sachwürdigung des Verwaltungsgerichts jedoch nur ihre eigene abweichende Sachwürdigung entgegen. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist noch nicht verletzt, wenn das Tatsachengericht einen fernliegenden oder nach Auffassung des Rechtsmittelführers unzutreffenden Schluss gezogen hat; erforderlich ist vielmehr, dass die Schlussfolgerung aus logischen Gründen schlechthin unmöglich ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 <S. 15>). Ein solcher Mangel der Sachwürdigung ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Dass das Verwaltungsgericht einzelne Tatsachen wie die Enteignung in Österreich belegener Vermögenswerte des Rechtsvorgängers des Beigeladenen durch die dortigen Behörden für rechtlich unerheblich hielt, beruht auf seiner materiellen Rechtsauffassung; es belegt keine denkfehlerhafte, denklogisch schlechthin unmögliche Schlussfolgerung.

15 c) Die Klägerinnen rügen des Weiteren, dass das Verwaltungsgericht die Enteignung auf das Ende des Jahres 1945 datiert und dabei übergangen habe, dass das wohl zur Domäne gehörende Lehr- und Schulgut B. erst wesentlich später in Anspruch genommen worden sei. Wenn der Enteignungszeitpunkt aber deutlich später liege, so habe das Verwaltungsgericht nicht ihren Vortrag übergehen dürfen, Enteignungsbetroffener sei in Wirklichkeit nicht der Rechtsvorgänger des Beigeladenen, der bereits im Februar 1946 verstorben ist, sondern der Beigeladene selbst, der aber jedenfalls auch deutscher Staatsangehöriger (gewesen) sei.

16 Auch damit ist ein Verfahrensmangel nicht dargetan. Die Klägerinnen übersehen, dass das angegriffene Urteil für die Datierung der Enteignung auf den Beginn des Zugriffs auf das landwirtschaftliche Unternehmen als Vermögensgesamtheit abgestellt hat; auf die Inanspruchnahme einzelner Flächen, die auch nach seinen Feststellungen zum Teil erst später abgeschlossen wurden, kam es ihm nicht an. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen auch nicht etwa aktenwidrig eine Bewirtschaftung des gesamten enteigneten Unternehmens durch Staatsbetriebe angenommen. Es hat lediglich festgestellt, das von Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides erfasste Eigentum des Rechtsvorgängers des Beigeladenen sei im Zuge der Bodenreform nicht vollständig aufgesiedelt, sondern zu einem Großteil - also ebenfalls nicht vollständig - volkseigen bewirtschaftet worden. Ziffer 1 des Bescheides hat das Verwaltungsgericht zudem dahin ausgelegt, sie erfasse nicht die zunächst an Neubauern verteilten, später aber in das Eigentum des Volkes zurückgelangten Flächen; diese seien damit nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Auch hiergegen wenden sich die Klägerinnen vergebens. Die Auslegung eines Verwaltungsakts richtet sich nach materiell-rechtlichen Vorschriften (§§ 133, 157 BGB), deren Verletzung nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden kann.

17 d) Die Beschwerdebegründung zeigt schließlich nicht auf, dass das Verwaltungsgericht eine Billigung der Enteignung des landwirtschaftlichen Unternehmens verfahrensfehlerhaft verneint hätte. Auf die Inanspruchnahme des Lehr- und Schulgutes Bad Köstritz kam es auch insoweit nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung nicht an, weil diese nicht das gesamte landwirtschaftliche Unternehmen, sondern - sofern es denn zur Domäne gehörte - allenfalls einen Teil davon betraf. Deshalb musste sich dem Verwaltungsgericht ohne entsprechenden Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Klägerinnen nach § 86 Abs. 1 VwGO keine weitere Aufklärung zur Reichweite des Befehls Nr. 428 der SMA Thüringen aufdrängen, der sich nach den Angaben der Klägerinnen auf das Lehr- und Schulgut bezog. Ihr Vortrag zur Enteignung des Brauereibetriebes des Betriebsinhabers Z. und zur Enteignung zuvor sequestrierter Einzelimmobilien des Rechtsvorgängers des Beigeladenen lässt nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht bedeutsame Tatsachen übergangen hätte. Es musste den Zugriff auf sonstiges Vermögen des Rechtsvorgängers des Beigeladenen in Thüringen nicht für entscheidungserheblich halten, weil es davon ausging, solche Maßnahmen erklärten sich aus der zunächst noch vorherrschenden Annahme der damaligen Behörden, der Rechtsvorgänger des Beigeladenen sei trotz ausschließlich österreichischer Staatsbürgerschaft nicht schutzwürdig, da Österreich im zweiten Weltkrieg nicht auf der Seite der alliierten Staaten gestanden habe. Diese Feststellung hat die Beschwerde nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen.

18 Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

19 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.