Beschluss vom 23.07.2002 -
BVerwG 7 B 54.02ECLI:DE:BVerwG:2002:230702B7B54.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.07.2002 - 7 B 54.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:230702B7B54.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 54.02

  • VG Greifswald - 15.01.2002 - AZ: VG 2 A 289/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juli 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 51 129,19 € festgesetzt.

Der Kläger beansprucht die Rückübertragung eines Hausgrundstücks an sich und seinen Bruder in ungeteilter Erbengemeinschaft. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zunächst durch Gerichtsbescheid und - nach einem Antrag des Klägers auf mündliche Verhandlung - anschließend durch Urteil als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Bescheid des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen verspätet sei und er keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe; dass sein Bruder rechtzeitig Widerspruch eingelegt habe, komme ihm - dem Kläger - nicht zugute, ebenso wenig sei er berechtigt, sich gegen den seinem Bruder gegenüber erlassenen Widerspruchsbescheid zu wenden.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Es liegen weder die gerügten Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, noch weist die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
Der Kläger sieht - wie im Parallelverfahren BVerwG 7 B 53.02 - eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs darin, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil fast wörtlich die Gründe des Gerichtsbescheides übernommen habe, ohne die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 11. Januar 2002 oder die in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente zu berücksichtigen. Die Rüge ist nicht berechtigt. Zutreffend weist die Beklagte auch in dieser Sache darauf hin, dass die Verwaltungsgerichtsordnung in § 84 Abs. 4 sogar die Bezugnahme auf die Gründe des Gerichtsbescheides erlaubt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht damit der Mühe enthoben wäre, die gegen die Begründung des Gerichtsbescheides vorgetragenen Argumente in Erwägung zu ziehen und - soweit es sich um für die Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung wesentlichen neuen Vortrag handelt - in den Entscheidungsgründen zu verarbeiten. Der Kläger versäumt es jedoch, in seiner Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen, welche seiner Argumente in diesem Sinne neu waren und nicht beschieden wurden. Abgesehen davon ist seine Behauptung, das Verwaltungsgericht habe sich in seinem Urteil mit der Begründung des Einspruchs gegen den Gerichtsbescheid überhaupt nicht auseinander gesetzt, offensichtlich ebenso unzutreffend wie in der Parallelsache. Der ergänzende Vortrag des Klägers wird nicht nur im Tatbestand des Urteils wiedergegeben, sondern ist auch Gegenstand der rechtlichen Würdigung in den Entscheidungsgründen.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, ob in einem aufgrund mündlicher Verhandlung ergehenden Urteil die Begründung eines zuvor erlassenen Gerichtsbescheides übernommen werden darf, sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erfüllt; diese Frage bedarf mit Blick auf § 84 Abs. 4 VwGO keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.
2. Die weitere vom Kläger für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob derjenige, dem eine Entscheidung mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt wird, zur Klage befugt ist, führt - soweit sie hier zu beantworten ist - ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Es liegt auf der Hand, dass sich die Zulässigkeit einer Klage nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht allein daraus ergibt, dass der betreffende Verwaltungsakt dem Kläger mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden ist, wenn der Kläger - wie hier in der Widerspruchssache seines Bruders - nicht Adressat des Bescheides ist, sondern nur Beteiligter des Verwaltungsverfahrens.
3. Soweit der Kläger sich sinngemäß dagegen wendet, dass seine Klage mangels ordnungsgemäß durchgeführten Widerspruchsverfahrens als unzulässig abgewiesen worden ist, und dem entgegen hält, es müsse zur Klageerhebung ausreichen, dass ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei, ergibt sich ebenfalls kein Revisionszulassungsgrund. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt des Klägers stellt und die Klage auch bei einem als verspätet zurückgewiesenen Widerspruch für zulässig hielte, würde dies am Ergebnis der Klageabweisung nichts ändern (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), weil der Ausgangsbescheid infolge der Verspätung des gegen ihn gerichteten Rechtsbehelfs in Bestandskraft erwachsen und daher einer gerichtlichen Prüfung in der Sache nicht mehr zugänglich ist.
4. Die Rüge des Klägers, ihm sei durch das Verhalten der Behörde der Eindruck vermittelt worden, sein Widerspruch sei rechtzeitig, geht zum einen daran vorbei, dass ihm das Eingangsdatum des Widerspruchsschreibens mit behördlichem Schreiben vom 20. Januar 1997 mitgeteilt worden ist, zum anderen daran, dass er selbst den Widerspruchsbescheid, mit dem er zweifelsfrei von der Verspätung Kenntnis erhalten hat, nicht zum Anlass genommen hat, nunmehr binnen der zweiwöchigen Frist des § 60 Abs. 2 VwGO Wiedereinsetzung zu beantragen, zum dritten daran, dass ihm - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist - aufgrund seines unzureichenden Vorbringens eine solche Wiedereinsetzung nicht hätte gewährt werden können.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.