Beschluss vom 23.07.2003 -
BVerwG 8 B 82.03ECLI:DE:BVerwG:2003:230703B8B82.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.07.2003 - 8 B 82.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:230703B8B82.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 82.03

  • VG Potsdam - 29.01.2003 - AZ: VG 6 K 2031/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juli 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und
G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 29. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 168 130 € festgesetzt.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder liegen die gerügten Verfahrensfehler vor noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
1. Die von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
a) Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe in dem Urteil einen "gestellten Klageantrag" übergangen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift und des Tatbestandes des angefochtenen Urteils hat der Kläger ausschließlich eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten erhoben. Ein Anspruch auf Herausgabe der Gegenleistung nach § 7 a Abs. 2 Satz 1 VermG hätte dagegen nur mit einer Verpflichtungsklage verfolgt werden können. Ein solcher - hilfsweise - zu stellender Antrag ist aber nicht gestellt worden. Entgegen der Ansicht der Beschwerde musste das Verwaltungsgericht auch nicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf einen solchen Antrag hinwirken. Der angefochtene Bescheid enthält hinsichtlich etwaiger Ansprüche nach § 7 a VermG keinerlei Aussagen. Der Tenor des Widerspruchsbescheides beschränkt sich auf die Zurückweisung des Widerspruchs. Soweit in den Gründen des Widerspruchsbescheides dargelegt wird, die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 7 a Abs. 2 VermG lägen hier mangels Nachweises nicht vor, hat sich der Kläger in der Klagebegründung damit nicht weiter befasst. Unter diesen Umständen musste das Verwaltungsgericht nicht annehmen, er wolle auch dieses Begehren klageweise durchsetzen.
Es kommt hinzu, dass Anträge nach § 7 a VermG noch bis sechs Monate nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Rückübertragung gestellt werden können (§ 7 a Abs. 1 Satz 4 VermG). Es steht dem Kläger daher frei, einen solchen Antrag - soweit noch nicht geschehen - noch bei dem Beklagten zu stellen. Auch ein möglicher Antrag nach § 7 a Abs. 3 b VermG könnte noch gestellt werden.
b) Die von der Beschwerde weiter erhobenen Aufklärungsrügen können keinen Erfolg haben. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört es schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Abgesehen davon, dass der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt hat, werden von der Beschwerde auch keine geeigneten Beweismittel bezeichnet bzw., soweit die Beiziehung bestimmter Urkunden zur Identität der früheren Eigentümerin des streitbefangenen Grundstücks gefordert wird, fehlt es an Angaben dazu, welchen Inhalt diese Urkunden nach Auffassung der Beschwerde haben sollen und warum dies zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung des Verwaltungsgerichts hätte führen müssen. Dem Verwaltungsgericht musste sich jedenfalls insoweit eine weitere Sachaufklärung nicht aufdrängen. Hinsichtlich der "verfolgungsneutralen Verkaufsabsichten" fehlt es schon an der Angabe geeigneter Beweismittel.
c) Soweit die Beschwerde darüber hinaus auch die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts angreift, verkennt sie, dass die Würdigung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht dem sachlichen Recht zuzurechnen ist und deswegen - soweit nicht die Verletzung von Denkgesetzen, allgemeinen Erfahrungssätzen oder anerkannten Auslegungsregeln dargetan wird, was hier nicht der Fall ist - nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge sein kann.
d) Auf die Angemessenheit des gezahlten Kaufpreises kam es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich an.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde bezeichnet die Fragen als grundsätzlich bedeutsam,
welche anderen Umstände - außer den Fällen, in denen die Absicht zur wirtschaftlichen Verwertung eines Grundstücks bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten bestanden hatte - können die Feststellung begründen, dass ein Rechtsgeschäft im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a REAO seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre? Können solche Umstände insbesondere auch in den persönlichen Lebensumständen eines Verkäufers liegen, welche einen vernünftig und wirtschaftlich Denkenden anstelle des konkreten Verkäufers bewogen hätten, das betreffende Veräußerungsgeschäft unabhängig von der Herrschaft des Nationalsozialismus und eines eventuellen Verfolgungsdrucks zu tätigen?
Diese Fragen betreffen den jeweiligen Einzelfall und lassen sich nicht in einer darüber hinausgehenden allgemeinen Weise beantworten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13, 14 GKG.