Beschluss vom 23.08.2006 -
BVerwG 6 AV 1.06ECLI:DE:BVerwG:2006:230806B6AV1.06.0

Beschluss

BVerwG 6 AV 1.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. August 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Graulich und Dr. Bier
beschlossen:

Gemäß § 53 Abs. 2 VwGO wird als zuständiges Gericht für das Klageverfahren sowie das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Antragstellerin wegen Nichtbestehens der Reifeprüfung gegen den Antragsgegner zu führen beabsichtigt, das Verwaltungsgericht Bremen bestimmt.

Gründe

1 Die in § 53 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für die Bestimmung des Gerichtsstandes durch das Bundesverwaltungsgericht sind gegeben. Die Antragstellerin will eine Verpflichtungsklage auf Neubewertung ihrer umstrittenen Abiturprüfungsleistungen, hilfsweise auf Durchführung einer neuen Prüfung, gegen den Antragsgegner als Schulträger der Deutschen Internationalen Schule Den Haag erheben. Für diese Klage, deren Erfolgsaussichten in prozessualer und materiellrechtlicher Hinsicht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen hat, regelt § 52 VwGO nicht, welches Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist.

2 Gerichtsstand für die Verpflichtungsklage ist nach § 52 Nr. 3 Satz 1 und 5 VwGO grundsätzlich das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt, hier der negative Prüfungsbescheid, erlassen worden ist. Diese Bestimmung führt im vorliegenden Fall nicht weiter, weil der Sitz des mit innerstaatlichen Hoheitsrechten auf dem Gebiet des Prüfungsrechts beliehenen Schulträgers außerhalb des Geltungsbereichs der Verwaltungsgerichtsordnung liegt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO, der für Verwaltungsakte einer Behörde mit Zuständigkeit für mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke ebenso wie für Verwaltungsakte einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder jeweils auf den Sitz oder Wohnsitz des Beschwerten abstellt. Die Belegenheit der Schule des Antragsgegners in einem ausländischen Staat ist kein Umstand, der im Sinne von § 53 Nr. 3 Satz 2 VwGO an mehrere oder gar sämtliche Verwaltungsgerichtsbezirke anknüpft; vielmehr ist keiner dieser Bezirke von der hier umstrittenen hoheitlichen Tätigkeit berührt. Nicht anwendbar ist schließlich auch die Auffangvorschrift in § 52 Nr. 5 VwGO, wonach „in allen anderen Fällen“ das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder Aufenthalt hat bzw. hatte. Die dieser Norm zugrunde liegende Vorstellung, dass der Beklagte einen derartigen örtlichen Bezugspunkt im Inland hat, trifft auf den Antragsgegner als einen Verein niederländischen Rechts nicht zu.

3 Die somit nach § 53 Abs. 2 VwGO gebotene Zuständigkeitsbestimmung hat sich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu richten; an die im Antrag genannten Gerichte ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gebunden. Der Senat hält es im Interesse der Beteiligten für zweckmäßig, das Verwaltungsgericht Bremen als zuständiges Gericht zu bestimmen. Die Antragstellerin will den von ihr angegriffenen negativen Prüfungsbescheid dem Antragsgegner und nicht dem Senator für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt Bremen zugerechnet wissen, dessen Behörde in der Person der Prüfungsleiterin die Aufsicht über Reifeprüfungen an der Deutschen Internationalen Schule Den Haag im Auftrag der Kultusministerkonferenz wahrnimmt (s. § 9 der Ordnung der Deutschen Reifeprüfung im Ausland - Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 27. Januar 1995 i.d.F. vom 24. März 2004 -). Von diesem Rechtsstandpunkt, der im Sinne des § 78 VwGO für die Auswahl des Beklagten maßgeblich ist, hat der Senat im vorliegenden Verfahren auszugehen (zum richtigen Klagegegner bei Klagen wegen des Nichtbestehens der Reifeprüfung an einer staatlich anerkannten Privatschule vgl. auch Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 790). Auch unter dieser Prämisse ist aber für die Bestimmung des Gerichtsstandes nach § 53 Abs. 2 VwGO wesentlich, dass die Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnis der einzige inländische Anknüpfungspunkt an die hoheitliche Tätigkeit des Antragsgegners ist. Es kommt hinzu, dass der genannte Senator durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2006 in der vorliegenden Sache auch bereits tätig geworden ist. Schließlich gewährleistet die Konzentration dieser und etwaiger weiterer prüfungsrechtlicher Streitigkeiten, die die Schule des Antragsgegners betreffen könnten, beim Verwaltungsgericht Bremen eine Kontinuität der Rechtsprechung, die bei einer Anknüpfung an den deutschen Wohnsitz des jeweiligen Prüflings, soweit ein solcher überhaupt vorhanden ist, nicht erreichbar wäre.