Beschluss vom 24.01.2003 -
BVerwG 8 B 126.02ECLI:DE:BVerwG:2003:240103B8B126.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.01.2003 - 8 B 126.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:240103B8B126.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 126.02

  • VG Gera - 14.05.2002 - AZ: VG 6 K 1/99 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a g e n k o p f und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 14. Mai 2002
  2. wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 75 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen eine Zulassung der Revision nicht.
1. Die Verfahrensrügen sind unbegründet. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Das ist nach den Darlegungen des Klägers nicht der Fall.
a) Die geltend gemachte Besetzungsrüge geht fehl. Das angefochtene Urteil ist durch drei Richter und zwei ehrenamtliche Richter gefällt worden; das steht im Einklang mit § 5 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Den Vorsitz führte ein Vorsitzender Richter, und nur einer der weiteren Richter war Proberichter. Dagegen ist nichts zu erinnern. Auf dem Umstand, dass an dem Beiladungsbeschluss vom 6. September 1999 zwei Proberichterinnen und kein Vorsitzender Richter mitgewirkt haben, beruht das angefochtene Urteil nicht (vgl. im Übrigen Urteil vom 14. November 1996 - BVerwG 3 C 27.96 - BVerwGE 102, 223 = Buchholz 428.2 § 11 VZOG Nr. 11).
b) Die Aufklärungsrüge hinsichtlich der Ablehnung förmlich gestellter Beweisanträge ist unbegründet. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus zu beurteilen, auch wenn diese Meinung verfehlt sein sollte. Tragend für das Verwaltungsgericht ist hier die Begründung gewesen, dass nur willkürliche oder manipulative Enteignungen eine vermögensrechtliche Schädigung i.S. von § 1 Abs. 3 VermG ergeben können. Daher kam es dem Gericht nicht allein darauf an, ob und wie verbindlich die im Zeitpunkt der Enteignung bestehenden Planungen waren und wie weit finanzielle Mittel für die Bebauung zur Verfügung standen. Sofern die Beweisanträge nicht schon deshalb abgelehnt werden mussten, weil sie von der Klägerseite geäußerte Rechtsauffassungen zum Gegenstand hatten, konnten folglich die dem Beweis zugänglichen Tatsachen entweder als wahr unterstellt oder als entscheidungsunerheblich behandelt werden.
c) Der Vorwurf des Klägers, sein Antrag auf Schriftsatznachlass sei nicht zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung genommen worden, führt auf keinen erheblichen Verfahrensmangel. Es kann dahinstehen, ob über den Protokollberichtigungsantrag des Klägers mit einer anderen Richterin entschieden werden durfte, als die, welche an der fraglichen Sitzung teilgenommen hatte. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er auf Verlesung des angeblich zu Protokoll erklärten Antrages gedrungen hatte (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sein Vortrag lässt daher offen, ob er das Seinige dazu beigetragen hat, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
d) Die Rüge der Voreingenommenheit der Verwaltungsrichter ist unbeachtlich. Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 43 ZPO geht des Ablehnungsrechts verlustig, wer sich in Kenntnis vermeintlicher Befangenheit auf die Verhandlung eingelassen und Sachanträge gestellt hat.
2. Die Sache weist nicht die ihr beigemessene grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf. Die Voraussetzung dieser Vorschrift liegt vor, wenn für die Entscheidung des (vorinstanzlichen) Gerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90, 91 f.).
a) Die Beschwerde möchte zunächst geklärt wissen,
ob das Vorliegen eines Generalbebauungsplans bestätigter Art Voraussetzung für den Enteignungsvollzug ist.
Es kann dahinstehen, ob diese Frage im Hinblick darauf, dass es vorrangig um die Anwendung von DDR-Recht geht, eine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben kann. Bei der aufgeworfenen Problematik muss es sich um eine Rechtsfrage im rechtsquellentheoretischen Sinne handeln. Damit scheiden alle Fragen aus, welche - wie hier - tatsächliche Feststellungen betreffen. Im Übrigen ist das für die Beantwortung der Frage in Anspruch genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Oktober 1997 - III ZR 176/96 – (NJW 1998, 222) nicht einschlägig.
b) Zulassungseröffnend ist nicht die Frage, ob ein Eigentumszugriff im zeitlichen Zusammenhang mit dem Rücktritt des Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker (18. Oktober 1989) bereits deshalb auf einer unlauteren Machenschaft beruht. Der Senat hat mit Urteil vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 10.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 32) entschieden, dass für den Zeitraum zwischen diesem Rücktritt und der Verlautbarung des Schreibens des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen und Preise vom 26. Januar 1990 die Frage, ob formale Verstöße gegen die Vorschriften des Baulandgesetzes der DDR als manipulativ zu bewerten sind, nur unter umfassender Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden kann.
c) Grundsätzliche Tragweite hat die Sache auch nicht deshalb, weil das Verwaltungsgericht eine Reihe von Voraussetzungen nach dem Baulandgesetz nicht ausdrücklich abgehandelt hat.
d) Keiner Klärung ist ferner die Frage bedürftig,
ob zur Feststellung einer Unlauterbarkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG die Grundsätze von Art. 237 § 1 EGBGB i.V.m. dem Sachrechtsbereinigungsgesetz heranzuziehen sind.
Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB bestimmt ausdrücklich, dass für Sachverhalte, die einen Tatbestand des § 1 VermG erfüllen, die vorstehenden Absätze nicht gelten; hier gilt das Vermögensgesetz. Im Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes hat der Gesetzgeber ein Bedürfnis zur Regelung fehlerhafter Übertragung in das Volkseigentum nicht gesehen, da diese Fälle einheitlich nach dem Vermögensgesetz zu behandeln sind (Beschluss vom 2. April 1998 - BVerwG 8 B 19.98 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 146).
3. Schließlich sind die im Gewande von Divergenzrügen gemäß § 132 Abs. 3 Nr. 2 VwGO vorgebrachten Angriffe gegen die ver-waltungsgerichtliche Entscheidung nicht geeignet, die Revision zu eröffnen. Die Beschwerde legt bei näherer Betrachtung keine abstrakten, das Urteil der Vorinstanz tragende Rechtssätze dar, mit denen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssätzen widersprochen wird. Sie beanstandet vielmehr, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Rechtsfindung in diesem Einzelfall vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Rechtssätze fehlerhaft angewandt haben soll. Doch das stellt keinen abstrakten Rechtssatzwiderspruch dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 13, 14 GKG.