Beschluss vom 24.01.2006 -
BVerwG 1 WB 15.05ECLI:DE:BVerwG:2006:240106B1WB15.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.01.2006 - 1 WB 15.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:240106B1WB15.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 15.05

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
sowie
Oberstabsarzt Dr. John und
Hauptmann Schink
als ehrenamtliche Richter
am 24. Januar 2006
b e s c h l o s s e n :

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der 1976 geborene Antragsteller ist als Waffensystemoffizier (Waffensystem Tornado) Berufssoldat mit der verwendungsbezogenen besonderen Altersgrenze der Vollendung des 41. Lebensjahres. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Mai 2017 enden. Zum Hauptmann wurde er am 21. Juli 2004 ernannt.

2 Seit dem 4. April 2005 wird er als Prüfoffizier beim P... eingesetzt. Zuvor wurde er zuletzt im J... 31 in N. verwendet.

3 Für den Antragsteller waren am 20. Februar 1997 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) und am 7. Juni 2000 eine Aktualisierung einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) jeweils ohne Einschränkungen abgeschlossen worden.

4 Aufgrund der Angaben des Antragstellers in seiner Sicherheitserklärung für die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen vom 11. Dezember 2003 hinsichtlich seiner Lebenspartnerschaft mit der 1981 geborenen russischen Staatsangehörigen L., mit der er seit dem 27. Februar 2004 verheiratet ist, teilte der Geheimschutzbeauftragte des Bundesministeriums der Verteidigung (GB/BMVg) ihm unter dem 8. September 2004 mit, dass die Überprüfung der Ehefrau des Antragstellers wegen ihres erst kurzen Aufenthaltes in Deutschland noch nicht sachgerecht durchgeführt werden könne; ein Verzicht auf ihre Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers komme nicht in Betracht; er beabsichtige daher, diese ohne Ergebnis einzustellen. Dies habe zur Folge, dass der Antragsteller derzeit keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit mehr ausüben dürfe. Zu diesen Umständen wurde dem Antragsteller und seiner Ehefrau die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt.

5 Unter dem 22. September 2004 teilte die Ehefrau des Antragstellers dem GB/BMVg mit, dass sie russische Staatsangehörige sei und sich seit 1. September 2002 ununterbrochen in Deutschland aufhalte. Als nahe Angehörige lebten ihre Eltern und eine Schwester in der Russischen Föderation, zu denen sie Verbindung halte. Weiterhin führte sie aus, dass sie so bald wie möglich die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wolle; bis zum Ablauf des gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungszeitraumes sei sie bereit, keine Kontakte zu ihrer Verwandtschaft in der Russischen Föderation zu pflegen und jegliche Auflagen zu erfüllen, damit ihr Ehemann weiterhin seine fliegerische Tätigkeit ausüben dürfe. Für weitere detaillierte Auskünfte zu ihrer Person benannte sie sieben in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Personen. Der Antragsteller führte in seiner Stellungnahme vom 27. September 2004 im Wesentlichen aus, dass seine Ehefrau die Beziehungen zu ihren Bekannten in der Russischen Föderation einfrieren und zu ihren Eltern, Großeltern und zu ihrer Schwester auf ein Minimum beschränken werde.

6 Mit Schreiben vom 26. Oktober 2004, dem Antragsteller ausgehändigt am 29. Oktober 2004, teilte der GB/BMVg dem Antragsteller mit, dass er die Sicherheitsüberprüfung Ü 3 für den Antragsteller ohne Ergebnis einstelle mit der Folge, dass dieser eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht mehr ausüben dürfe. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Einleitung einer Wiederholungsüberprüfung nach fünfjährigem Aufenthalt der Ehefrau in Deutschland möglich sei. Sollte die Ehefrau vor diesem Zeitpunkt deutsche Staatsbürgerin werden, sei auch eine vorzeitige Einleitung einer Wiederholungsüberprüfung möglich. Mit Schreiben vom selben Tage wurden dem Sicherheitsbeauftragten des J... 31 die vorgenannten Umstände mitgeteilt und dieser darauf hingewiesen, dass der Antragsteller ab sofort keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit mehr ausüben dürfe.

7 Unter Bezugnahme auf fernmündliche Unterredungen vom 29. Oktober und 4. November 2004 teilte der GB/BMVg dem Antragsteller unter dem 4. November 2004 mit, dass die von der Ehefrau des Antragstellers angegebenen Hinweise zur Identitätsprüfung zu keinem anderen Ergebnis führen könnten.

8 Unter dem 10. November 2004 legte der Antragsteller gegen den Bescheid des GB/BMVg „Beschwerde“ ein und kündigte deren Begründung für die Zeit nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt an.

9 Mit Schreiben vom 12. November 2004 zeigten daraufhin die Bevollmächtigten des Antragstellers dessen Vertretung an und kündigten an, die fristgerecht eingelegte Beschwerde zu begründen und dazu mit dem GB/BMVg fernmündlich Kontakt aufzunehmen.

10 Nach zweimaliger Erinnerung durch den Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - begründeten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 21. Februar 2005 den Rechtsbehelf und machten im Wesentlichen geltend, dass die Entscheidung des GB/BMVg gemessen an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtswidrig sei. Der GB/BMVg dürfe bei seiner Entscheidung nicht allein auf die Herkunft der Ehefrau des Antragstellers abstellen, sondern müsse zusätzlich tatsächliche Anhaltspunkte anführen, die eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste besorgen ließen.

11 Der BMVg - PSZ I 7 - hat den Rechtsbehelf des Antragstellers vom 10. November 2004 als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausgelegt und mit seiner Stellungnahme vom 18. März 2005 dem Senat vorgelegt. Er beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:
Der Antrag sei unzulässig, weil er nicht innerhalb der gemäß § 17 Abs. 4, § 21 Abs. 2 WBO vorgegebenen Frist begründet worden sei. Der Antragsteller habe von dem Umstand, dass es sich vorliegend um ein Antragsverfahren nach § 21 Abs. 1 WBO handele, bereits mit Zugang der Eingangsbestätigung vom 17. November 2004 erfahren. Die Begründung sei jedoch erst - nach zweifacher Erinnerung - am 21. Februar 2005 eingegangen. Unabhängig davon sei der Rechtsbehelf jedenfalls unbegründet. Die Entscheidung des GB/BMVg vom 26. Oktober 2004, das Sicherheitsüberprüfungsverfahren wegen Unüberprüfbarkeit der Ehefrau des Antragstellers ohne Ergebnis einzustellen, sei rechtmäßig und entspreche den rechtlichen Maßstäben, die an die Durchführung einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) zu stellen seien.

13 Der Antragsteller, der keinen näher bestimmten Antrag gestellt hat, macht geltend, sein Rechtsbehelf sei zulässig. Der Stellungnahme des BMVg sei zu entnehmen, dass unter den dort genannten Umständen von Verfristung nicht gesprochen werden könne. In der mit dem BMVg - PSZ I 7 - abgesprochenen Frist sei zwecks Vermeidung einer Entscheidung nach Aktenlage die Beschwerde begründet worden. Der Rechtsbehelf sei auch aus den vorgetragenen Gründen begründet. Zusätzlich führt er aus, er sei zu der „Problematik der Angehörigenanhörung“ nie und zum Verfahren nicht ordnungsgemäß gehört worden. Schon dies lasse eine Fürsorgepflichtverletzung deutlich werden. Eine besondere Gefährdung durch nachrichtendienstliche Kontakte bestünde nicht, da weder er noch seine Ehefrau in die Russische Föderation reisten und Kontakte und Beziehungen dorthin pflegten. Ohnehin sei es unverständlich, warum die Entspannung der Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union (EU) und besonders der NATO zur Russischen Föderation im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielen solle. Russische Offiziere nähmen seit längerem schon an sicherheitsrelevanten Lehrgängen und Veranstaltungen der NATO im NATO-Russia Committee teil, das zahlreiche nachgeordnete Arbeitsgruppen habe. Die Bundeswehr verhalte sich ähnlich. Dabei gehe es auch um Verschlusssachen im Sinne des § 4 SÜG, also um vertraulichere Informationen, als sie der Kläger oder seine Ehefrau jemals erhalten könnten. Die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) seien auch insoweit anzuzweifeln, als dieser meine, über die rechtsstaatliche Ausrichtung der Staatsorgane in der Russischen Föderation alles zu wissen, andererseits sich aber nicht in der Lage sehe, die genannten Referenzpersonen zu kontaktieren. Tatsächliche Anhaltspunkte für sicherheitserhebliche Erkenntnisse hinsichtlich seiner, des Antragstellers, Ehefrau habe es nie gegeben und gebe es auch nicht. Es fehle mithin an entsprechenden konkreten Hinweisen. Obwohl die in § 12 SÜG genannten Maßnahmen durchführbar und an keine Frist gebunden seien, werde der MAD bei dem derzeit praktizierten Sicherheitsüberprüfungsverfahren entgegen den Vorgaben des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) in dieser Hinsicht nicht einmal ansatzweise tätig. Aus seinen, des Antragstellers, Stellungnahmen gegenüber dem GB/BMVg ergebe sich, dass hinsichtlich des beruflichen Werdeganges seiner Ehefrau von einem atypischen Verhalten gesprochen werden könne; dies rechtfertige einen Verzicht auf die Einbeziehung der Ehefrau in die Sicherheitsüberprüfung. Sollten tatsächlich in der Russischen Föderation wegen der Vorschriften des MAD-Gesetzes (MADG) keine Erkenntnisse gewonnen werden können, bestehe die Möglichkeit der Amtshilfe durch den Bundesnachrichtendienst (BND). In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, wie der MAD als Fachbehörde eine nachrichtendienstliche Gefährdung bezogen auf die Russische Föderation umfassend geprüft haben könne. Außerdem bestünden Zweifel an der Staatenliste. Wenn das derzeit praktizierte Sicherheitsüberprüfungsverfahren rechtmäßig sein solle, könne es nicht auf das „Einsehen in die Staatenliste beschränkt werden“. Die Grundrechte der Betroffenen „wären damit weiterhin im Wesenskern beeinträchtigt“.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I 7 - 1021/04 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Das als „Beschwerde“ bezeichnete Rechtsschutzbegehren des Antragstellers vom 10. November 2004 ist anhand des Wortlauts und Sinns dieses Schreibens sowie des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 21. Februar 2005 dahin auszulegen, dass er die Aufhebung des Bescheides vom 26. Oktober 2004 über die Einstellung seines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens sowie die Fortsetzung dieses Verfahrens verlangt; gleichzeitig wendet er sich sinngemäß gegen die durch den GB/BMVg im Bescheid vom 26. Oktober 2004 erfolgte Ablehnung seiner weiteren Betrauung mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten. Zutreffend ist der BMVg dabei davon ausgegangen, dass es sich um einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch den angerufenen Senat handelt.

16 Dieser Antrag ist zulässig.

17 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann die Feststellung über das Bestehen eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden feststellenden Schreibens oder Bescheides angefochten werden. Dies gilt auch für ein Aktualisierungs- bzw. Wiederholungsüberprüfungsverfahren, wenn es dazu führt, dass einem früher erteilten Sicherheitsbescheid bzw. einer Feststellung, dass kein Sicherheitsrisiko vorliegt, die Gültigkeit entzogen wird (vgl. Beschlüsse vom 2. April 1996 - BVerwG 1 WB 71.95 - <BVerwGE 103, 311 [313] = Buchholz 402.8 § 2 SÜG Nr. 1 = NZWehrr 1996, 209 = NVwZ-RR 1997, 105> und vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <BVerwGE 122, 23 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 10 = NVwZ-RR 2005, 261 = ZBR 2005, 263 = DokBer 2005, 169> m.w.N.). Wird ein Aktualisierungs- oder Wiederholungsüberprüfungsverfahren nicht durch eine Feststellung nach § 14 Abs. 3 SÜG abgeschlossen, sondern abgebrochen oder - wie hier - eingestellt, kann eine entsprechende Abbruch- bzw. Einstellungsentscheidung des zuständigen Geheimschutzbeauftragten ebenfalls in zulässiger Weise mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der zuständige Geheimschutzbeauftragte in einem förmlichen Bescheid feststellt, dass dem Betroffenen auf der Grundlage des früheren Sicherheitsbescheides keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit mehr übertragen werden dürfe. Dann hat die Aussage die gleichen Folgen wie die förmliche Feststellung eines Sicherheitsrisikos (Beschlüsse vom 2. April 1996 - BVerwG 1 WB 71.95 - <a.a.O.> und vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>). Eine solche Feststellung kann durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden (stRspr.: vgl. u.a. Beschlüsse vom 21. Februar 2002 - BVerwG 1 WB 77.01 - <Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 12 = ZBR 2002, 292 [LS]> m.w.N., vom 20. August 2003 - BVerwG 1 WB 3.03 - <Buchholz 402.8 § 13 SÜG Nr. 3 = NVwZ-RR 2004, 428>, vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>).

18 Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn der GB/BMVg hat im Bescheid vom 26. Oktober 2004 explizit zum Ausdruck gebracht, dass das Sicherheitsüberprüfungsverfahren ohne Ergebnis eingestellt worden ist und dass der Antragsteller deshalb eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht mehr ausüben darf.

19 Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass der Antragsteller ihn nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 21 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO begründet hat.

20 Da der Bescheid des GB/BMVg vom 26. Oktober 2004 nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers ihm am 29. Oktober 2004 ausgehändigt wurde, lief die Zwei-Wochen-Frist des § 21 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO zwar am 12. November 2004, einem Freitag, ab. Innerhalb dieser Frist ist jedoch lediglich das „Beschwerde“-Schreiben des Antragstellers vom 10. November 2004 eingegangen, das aber keine Begründung enthielt, sondern lediglich die Vorlage einer solchen nach Rücksprache mit seinen Bevollmächtigten ankündigte.

21 Zur Begründung eines solchen Rechtsmittels gehört, dass der Antragsteller im Einzelnen darlegt, aus welchen Gründen die angefochtene Maßnahme nach seiner Auffassung rechtsfehlerhaft ist. Die bloße - ausdrückliche oder konkludente - Behauptung, die angegriffene Maßnahme sei rechtswidrig, reicht dazu nicht aus. Auch bei einem rechtsunkundigen Soldaten muss die Begründung zumindest erkennen lassen, aus welchen Gründen er sich durch die angefochtene Maßnahme in seinen Rechten verletzt sieht. Die Tatsache, dass der Antragsteller einen von ihm als rechtswidrig empfundenen Bescheid zum Gegenstand eines Antragsverfahrens macht, ersetzt nicht die gesetzlich vorgeschriebene Begründung (stRspr., vgl. u.a. Beschlüsse vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 18.99 , 19.99 - <NZWehrr 2000, 122 = DÖV 2000, 121> m.w.N. und vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 57.00 -). Denn die gesetzliche Regelung verlangt nach ihrem eindeutigen Wortlaut, dass der Antrag „schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären und zu begründen“ ist. Eine mündliche Erläuterung oder Erklärung reicht nicht aus. Daran fehlt es hier.

22 Erst am 22. Februar 2005 und damit lange nach Ablauf der am 12. November 2004 endenden gesetzlichen Frist ging die mehrfach angekündigte Beschwerdebegründung ein.

23 Auch das Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 12. November 2004, das am 15. November 2004 beim BMVg einging, enthielt keine Begründung, sondern lediglich den Hinweis, der Rechtsbehelf werde begründet werden.

24 Die Antragsfrist stellt in Bezug auf die Begründung eine nicht verlängerbare gesetzliche Ausschlussfrist dar (stRspr.: vgl. u.a. Beschlüsse vom 2. Juli 1991 - BVerwG 1 WB 178.90 -, vom 14. September 1999 - BVerwGE 1 WB 18.99 , 19.99 - <a.a.O.>, vom 9. März 2000 - BVerwG 1 WB 79.99 - m.w.N. und vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 57.00 -). Nach Ablauf der Frist eingereichte Schriftsätze können deshalb eine bislang fehlende Begründung nicht ersetzen, sondern allenfalls eine rechtzeitig eingereichte Begründung vertiefen (stRspr.: vgl. u.a. Beschlüsse vom 26. März 1969 - BVerwG 1 WB 29.69 -, vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 18.99 , 19.99 - <a.a.O.> und vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 57.00 -). Dies ergibt sich neben dem Wortlaut insbesondere aus dem Zweck der Begründungspflicht. Diese soll unüberlegte Anträge auf gerichtliche Entscheidung verhindern und den jeweiligen Antragsteller anhalten, sein Vorbringen innerhalb der vorgeschriebenen Frist kritisch zu überprüfen, um sich gegebenenfalls von der Aussichtslosigkeit seines Rechtsschutzbegehrens zu überzeugen (vgl. u.a. Beschlüsse vom 23. Februar 1972 - BVerwG 1 WB 1.70 - <BVerwGE 43, 308 [310]>, vom 27. Januar 1998 - BVerwG 1 WB 40.97 - <Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 26 = NZWehrr 1998, 167 [f.]>, vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 18.99 , 19.99 - <a.a.O.> und vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 57.00 -).

25 Der Antragsteller kann sich zwar nicht darauf berufen, an der Einhaltung der Begründungsfrist durch militärischen Dienst, durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle gehindert gewesen zu sein (§ 7 Abs. 1 WBO). Dafür hat er weder etwas vorgetragen noch ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen ersichtlich.

26 Es liegt jedoch ein unabwendbarer Zufall wegen Unterlassens einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung (§ 7 Abs. 2 WBO) vor. Nach dieser Vorschrift begründet eine unterbliebene oder unrichtig erteilte Rechtsmittelbelehrung die unwiderlegbare Vermutung eines unabwendbaren Zufalls. Auf diese Bestimmung kann sich der Antragsteller nach ständiger Rechtsprechung des Senats (nur) berufen, wenn eine gesetzliche Verpflichtung bestand, ihm eine Rechtmittelbelehrung zu erteilen oder wenn eine solche im Hinblick auf eine nicht vorauszusetzende Kenntnis der Frist verfassungsrechtlich geboten war (Beschlüsse vom 4. November 2004 - BVerwG 1 WB 36.04 - m.w.N. und vom 12. Mai 2005 - BVerwG 1 WB 11.05 -).

27 Die Mitteilung vom 26. Oktober 2004 über die Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens enthielt als truppendienstliche Erstmaßnahme keine Rechtsbehelfsbelehrung. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt jedoch, wenn die truppendienstliche Erstmaßnahme unmittelbar vom BMVg - wie hier in Gestalt des GB/BMVg - erlassen wird und dem Antragsteller als Rechtsbehelf nur der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Gebote steht, eine ausdrückliche Belehrung darüber, dass ein solcher innerhalb der Frist von zwei Wochen gestellt und begründet werden muss (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 1991 - 2 BvR 712/90 - <NVwZ 1991, 766 = NZWehrr 1991, 67 [69]>; Beschlüsse vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 27.99 - <Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 36 = DÖV 2000, 123 = NVwZ 2000, 203 = ZBR 2000, 133>, vom 12. April 2000 - BVerwG 1 WB 7.00 - <Buchholz 252 § 51 SBG Nr. 1 = NZWehrr 2000, 161 = DVBl 2000, 1138 = ZBR 2000, 307 = PersV 2000, 557> und vom 16. Mai 2002 - BVerwG 1 WB 14.02 -). Eine solche Belehrung ist dem Antragsteller nicht erteilt worden.

28 Das Schreiben des GB/BMVg vom 26. Oktober 2004, durch das der Antragsteller über die Einstellung des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens sowie darüber, dass er eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nunmehr nicht mehr ausüben dürfe, in Kenntnis gesetzt wurde, enthielt eine solche Belehrung nicht. Gleiches gilt hinsichtlich der Schreiben des BMVg - PSZ I 7 - vom 17. November 2004 und vom 14. Januar 2005.

29 Der danach zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.

30 Der Bescheid des GB/BMVg vom 26. Oktober 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

31 Ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eines Soldaten entgegensteht, entscheidet die zuständige Stelle; im Zweifel hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG). Die dazu notwendige Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr.: u.a. Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 - BVerwG 1 WB 13.99 - <BVerwGE 111, 30 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 7 = NZWehrr 2000, 31 = ZBR 2000, 95>, vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 25.00 - <BVerwGE 111, 219 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 9 = LKV 2001, 33>, vom 30. Januar 2001 - BVerwG 1 WB 119.00 - <Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 10 = NVwZ-RR 2001, 520 = DVBl 2001, 1072> und vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - <Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 = ZBR 2002, 287>). Die Beurteilung des Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Soldaten und seiner Verhältnisse darstellt, obliegt der zuständigen Stelle, die ihre Entscheidung aber nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen darf, sondern auf der Grundlage tatsächlicher Anhaltspunkte zu treffen hat. Dabei gibt es keine „Beweislast”, weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr.: u.a. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - <a.a.O.> und vom 21. Februar 2002 - BVerwG 1 WB 77.01 - <a.a.O.>; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - <BVerfGE 39, 334 [353]>).

32 Zuständige Stelle für die Beurteilung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt (§ 14 Abs. 3 Satz 1 SÜG) und ob die Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit erfolgen kann oder abgelehnt werden muss (§ 14 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 SÜG), ist im Verfahren der erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) der GB/BMVg (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG i.V.m. § 35 Abs. 3 SÜG i.V.m. Nrn. 2416, 2705 ZDv 2/30 Teil C). Grundlage für die nach § 14 Abs. 3 und 4 SÜG zu treffende Entscheidung der zuständigen Stelle sind die Ermittlungen und Maßnahmen der mitwirkenden Behörde nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 und 2 SÜG. Mitwirkende Behörde im Sicherheitsüberprüfungsverfahren im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung ist nach § 3 Abs. 2 SÜG und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b MADG der MAD.

33 Die auf § 14 Abs. 4 SÜG beruhende Entscheidung des GB/BMVg vom 26. Oktober 2004, die Betrauung bzw. die Weiterbeschäftigung (§ 6 Abs. 3 SÜG) des Antragstellers mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit abzulehnen, ist rechtmäßig.

34 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SÜG sowie nach § 35 Abs. 3 SÜG i.V.m. Nr. 2713 ZDv 2/30 Teil C darf einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit grundsätzlich erst (und nur) zugewiesen bzw. übertragen werden, wenn - woran es hier fehlt - die Mitteilung über das abschließende Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung vorliegt und dieses Ergebnis die sicherheitsempfindliche Tätigkeit zulässt. § 15 SÜG lässt zwar unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise eine vorzeitige vorläufige Zuweisung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit des Betroffenen zu, entbindet jedoch grundsätzlich nicht von dem Erfordernis einer abgeschlossenen Sicherheitsüberprüfung vor der dauerhaften Übertragung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit.

35 Die Wahrnehmung des Dienstpostens als Waffensystemoffizier (Waffensystem Tornado) im JaboG 31 ist nach Mitteilung des Sicherheitsbeauftragten dieser Einheit mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten der Stufe Ü 3 verbunden. Auch der Antragsteller zieht das nicht in Zweifel.

36 In die erweiterte Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers mit Sicherheitsermittlungen (§ 10 SÜG i.V.m. Nr. 2504 ZDv 2/30 Teil C) ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SÜG auch die Ehegattin des Antragstellers einzubeziehen. Zwar ist § 2 Abs. 2 Satz 1 SÜG als „Soll“-Vorschrift im verwaltungsrechtlichen Sinne ausgestaltet. Derartige Normen sind aber für die mit ihrer Durchführung betrauten Behörden rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Im Regelfall bedeutet das „Soll“ ein „Muss“. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen (Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - <BVerwGE 118, 25 = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 = NZWehrr 2003, 212 = NVwZ-RR 2003, 512 = DVBl 2003, 754> und vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O>). Das bedeutet, dass nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die vorgesehene Einbeziehung des Ehegatten, des Lebenspartners oder des Lebensgefährten in die Sicherheitsüberprüfung des Betroffenen nach §§ 9 oder 10 SÜG unterlassen werden kann. Ein derartiger atypischer Fall, der eine Ausnahmeentscheidung rechtfertigen kann, kommt in Betracht bei getrennt lebenden (Ehe-)Partnern, bei denen keine enge persönliche Beziehung mehr besteht, oder bei einem (Ehe-)Partner, der zum Kreis der in § 2 Abs. 3 SÜG aufgeführten Personen zählt (Beschluss vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O>; vgl. Denneborg, Sicherheitsüberprüfungsrecht, § 2 SÜG RNr. 14).

37 Im Verfahren des Antragstellers liegt hingegen kein atypischer Fall vor. Seine in der Russischen Föderation geborene Ehefrau, mit der er seit dem 27. Februar 2004 verheirat ist, lebt nicht von ihm getrennt und gehört auch nicht zu dem in § 2 Abs. 3 SÜG aufgeführten Personenkreis. Überdies bestehen in ihrer Person Anhaltspunkte für sicherheitserhebliche Erkenntnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 SÜG.

38 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse (§ 5 Abs. 2 SÜG) können sich aus der Staatsangehörigkeit des Betroffenen oder einer einzubeziehenden Person zu einem Staat ergeben, in denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern (BMI) als Nationaler Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG).

39 Die Russische Föderation gehört nach Anlage 1 zum Runderlass des BMI vom 20. Dezember 2000 - IS 4-606 411-1/22 - (ebenso Anlage C 3 <Beilage 1/6> ZDv 2/30 Teil C) zu den Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (SmbS) im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG. Die Ehefrau des Antragstellers ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und verfügt über nahe Verwandte (Eltern, Großeltern, Schwester) in der Russischen Föderation, zu denen sie nach Darstellung des Antragstellers weiterhin - wenn auch nach ihren eigenen Angaben und denen des Antragstellers gegenwärtig eingeschränkte - Verbindungen und Kontakte pflegt und pflegen will.

40 Angesichts dieser Sachlage bestand kein Raum für eine Entscheidung des GB/BMVg, nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SÜG ausnahmsweise von der Einbeziehung der Ehefrau des Antragstellers in dessen Sicherheitsüberprüfung abzusehen.

41 Keine andere Beurteilung rechtfertigt die vom Antragsteller dargestellte militärpolitische Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und Deutschland in den bilateralen Beziehungen sowie im NATO- und EU-Rahmen.

42 Der GB/BMVg ist an die gesetzgeberische Entscheidung gebunden, die in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG ausschließlich dem BMI als der Nationalen Sicherheitsbehörde die Feststellung der SmbS zuweist. Zu einer eigenständigen - abweichenden - Feststellung ist das Bundesministerium der Verteidigung auch durch § 35 Abs. 3 SÜG nicht ermächtigt. Der Antragsteller übersieht außerdem, dass in die Einschätzung des BMI, ob ein Staat als SmbS im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG zu qualifizieren ist, nach dem gesetzlichen Regelungsgehalt ersichtlich nicht nur verteidigungspolitische Gesichtspunkte einfließen; vielmehr muss die Einstufung als SmbS auf einer umfassenden sicherheitsmäßigen Analyse beruhen, die über den Bereich der militärischen Sicherheit hinausgeht (Beschluss vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>). Schon deshalb tragen einzelne militärpolitische Kooperationen (im bi- oder multinationalen Bereich) zwischen Deutschland und der Russischen Föderation nicht den zwingenden Schluss, die Russische Föderation sei insgesamt nicht mehr als SmbS einzustufen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie das BMI die in Rede stehende Staatenliste im Hinblick auf die Einstufung der Russischen Föderation nicht geändert hat. Für diese Einstufung ist nach der gesetzlichen Regelung allein das BMI verantwortlich. Der Senat kann und darf diese sicherheitspolitische Einschätzung und Entscheidung nicht durch eine eigene ersetzen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das BMI dabei die ihm von der Verfassung und dem sonstigen geltenden Recht gezogenen Grenzen überschritten hat bzw. überschreitet, sind nicht ersichtlich.

43 Ist danach die Einbeziehung der Ehefrau des Antragstellers in die erweiterte Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers mit Sicherheitsermittlungen rechtmäßig, erweist sich die Entscheidung des GB/BMVg, das Sicherheitsüberprüfungsverfahren einzustellen und dem Antragsteller eine Weiterbeschäftigung in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit zu untersagen, ebenfalls als rechtmäßig. Denn die notwendigen Ermittlungen des MAD als der mitwirkenden Behörde können nach dessen rechtlich nicht zu beanstandender Einschätzung für die Ehefrau des Antragstellers zurzeit nicht im erforderlichen Maße durchgeführt werden. Ist eine notwendige Überprüfung des Betroffenen oder einer einzubeziehenden Person nicht möglich, liegt ein Verfahrenshindernis vor, welches den Geheimschutzbeauftragten zur Einstellung des Verfahrens berechtigt (§ 35 Abs. 3 SÜG i.V.m. Nr. 2710 Abs. 1 Satz 2 ZDv 2/30 Teil C; Beschluss vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>).

44 Wird der MAD als mitwirkende Behörde vom GB/BMVg gemäß § 13 Abs. 6 Satz 4 SÜG mit der Durchführung der Sicherheitsüberprüfung beauftragt, hat er die Maßnahmen nach § 12 SÜG durchzuführen. Die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) umfasst nicht nur die Maßnahmen nach § 12 Abs. 1 und 2 SÜG, sondern zusätzliche Maßnahmen nach § 12 Abs. 3 (ausdrücklich: Nr. 2606 Abs. 1 ZDv 2/30 Teil C) und gegebenenfalls Abs. 5 SÜG, bei denen nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen Referenzpersonen, weitere geeignete Auskunftspersonen und gegebenenfalls andere geeignete Stellen konsultiert werden, um zu prüfen, ob die Angaben des Betroffenen und der einzubeziehenden Person zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko schließen lassen. Die Sicherheitsüberprüfung nach § 10 SÜG erfordert also eingehende eigene Ermittlungen des MAD, um die Aufklärungsziele speziell des § 12 Abs. 2 und 3 SÜG zu erreichen.

45 Der nachvollziehbaren Darstellung des GB/BMVg in dem angefochtenen Bescheid, dass dem MAD diesbezügliche Erkenntnisquellen im Sinne des § 12 Abs. 2 und 3 SÜG in der Russischen Föderation nicht zugänglich sind, ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere lässt der Antragsteller außer Acht, dass eigenständigen Ermittlungen des MAD in der Russischen Föderation zur Prüfung der Identität der Ehefrau des Antragstellers und zu sicherheitserheblichen Erkenntnissen in Polizeidienststellen der in den letzten fünf Jahren innegehabten Wohnsitze die Vorschriften des MADG entgegenstehen. Danach ist der MAD im Ausland nur im Rahmen von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu Ermittlungen befugt (§ 14 MADG i.d.F. des 1. Änderungsgesetzes vom 8. März 2004 <BGBl I S. 334>; Beschluss vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>).

46 Die mangelnde Kompetenz und Zuständigkeit für Ermittlungen der genannten Art in der Russischen Föderation darf sich der MAD auch nicht im Wege der Amtshilfe - etwa mit Hilfe des BND - verschaffen. Denn die rechtliche Zulässigkeit einer Maßnahme, welche durch Amtshilfe verwirklicht werden soll, richtet sich nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 1 VwVfG und ist unmittelbare Konsequenz der verfassungsrechtlichen Bindung des MAD als Teil der „vollziehenden Gewalt“ an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. auch § 1 Abs. 5 MADG). Die ersuchende Behörde trägt gegenüber der ersuchten Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme (§ 7 Abs. 2 VwVfG). Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Amtshilfe ist nach § 5 Abs. 1 VwVfG das rechtliche (Nr. 1) oder das tatsächliche (Nrn. 2 bis 5) Unvermögen der ersuchenden Behörde, die in Frage stehende Amtshandlung selbst (oder mit einem dem Gebot der sparsamen Haushaltsführung noch entsprechenden Verwaltungsaufwand) durchzuführen. Dabei ist jedoch bei rechtlichem Unvermögen der ersuchenden Behörde die Amtshilfe auf Teilhandlungen eines Verwaltungsverfahrens begrenzt. Denn grundsätzlich haben die Behörden die ihnen übertragenen Aufgaben mit Hilfe der ihnen eingeräumten Befugnisse selbst wahrzunehmen, und zwar hinsichtlich aller damit verbundenen vorbereitenden oder ausführenden Maßnahmen. Die Inanspruchnahme anderer Behörden soll die Ausnahme sein und nur aus besonderen Gründen erfolgen. Dies ergibt sich vor allem aus der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen über die Amtshilfe im Verhältnis zu der normativ festgelegten Zuständigkeitsordnung im Bereich der Verwaltung (vgl. dazu u.a. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 5 RNr. 1). Die sachliche Unzuständigkeit für die Maßnahme, um die eine Behörde eine andere ersucht, bildet regelmäßig die Grenze, jenseits derer die ersuchende Behörde ihren Aufgabenbereich verlässt (vgl. dazu u.a. Johann Schmidt, Die Amtshilfe nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, in: Schmitt Glaeser <Hrsg.>, Verwaltungsverfahren, Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, 1977, S. 135 <146 f.>). Jedenfalls die amtshilfemäßige Informationserhebung bedarf, wenn sie über die normativ festgelegten Grenzen verschiedener sachlicher Zuständigkeiten der ersuchenden und der ersuchten Behörde hinweg stattfindet, einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (vgl. Schlink, Die Amtshilfe, 1982, S. 202 ff.; ders. in NVwZ 1986, 249 <250 f.> m.w.N.). Anderenfalls würde die aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene und in der Folge des so genannten Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83 - <BVerfGE 65, 1 [43 ff.]>) zwischenzeitlich durch den Gesetzgeber vorgenommene differenzierte spezialgesetzliche Einräumung von Befugnissen der für die Erhebung von personenbezogenen Daten zuständigen Stellen „aus den Angeln gehoben“. Denn jede rechtsstaatliche spezialgesetzliche Einräumung bestimmter Befugnisse beinhaltet zugleich deren Begrenzung.

47 Im vorliegenden Zusammenhang ist insoweit maßgeblich, dass der Gesetzgeber dem MAD und dem BND im MADG und im BND-Gesetz (BNDG) jeweils spezielle Aufgaben und Befugnisse zugewiesen hat. Abgesehen von den Fällen des § 14 MADG (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 MADG) sehen weder das MADG noch das BNDG für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG die Beschaffung von personenbezogenen Daten im Ausland durch den MAD oder durch den BND vor. Ein vom MAD an den BND gerichtetes Ersuchen, unabhängig von dessen spezialgesetzlich festgelegten Aufgaben und Befugnissen im Ausland personenbezogene Daten für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG zu beschaffen, wäre zudem mit nur schwer abschätzbaren Risiken verbunden, für die der Gesetzgeber die ihm - vor allem angesichts der möglichen Tragweite und der Schwere des mit solchen Maßnahmen verbundenen Eingriffs in andere Rechte - obliegende Verantwortung, wie die fehlende spezialgesetzliche Regelung zeigt, gerade nicht übernommen hat.

48 Da der MAD außer den ihm in § 14 Abs. 1 bis 4 MADG eröffneten Befugnissen, die - wie § 14 Abs. 5 MADG ausdrücklich klarstellt - zeitlich und räumlich durch die jeweilige besondere Auslandsverwendung der Bundeswehr begrenzt sind, über keine eigenen Befugnisse im Ausland verfügt, darf er ohne spezialgesetzliche Ermächtigung diese Kompetenzbegrenzung nicht dadurch „überspielen“ und damit leer laufen lassen, dass er seinerseits eine andere Behörde darum ersucht, auf seine Veranlassung im Ausland tätig zu werden, um die von ihm für erforderlich gehaltenen Daten zu erheben. Gegenteiliges ergibt sich weder aus § 3 noch aus § 10 oder einer anderen Vorschrift des MADG.

49 § 3 MADG eröffnet dem MAD schon deshalb nicht die Möglichkeit, bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung angehören, in ihm tätig sind oder werden sollen, zur Erfüllung von Aufgaben bei der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG den BND um die Erhebung von Daten im Ausland zu ersuchen, weil die Regelung nach ihrem eindeutigen und mithin einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut lediglich auf die Zusammenarbeit mit den „Verfassungsschutzbehörden“ (des Bundes und der Länder), nicht jedoch auf eine solche mit dem BND bezogen ist.

50 § 10 Abs. 1 MADG sieht zwar vor, dass „die Behörden des Bundes“ (und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts) - mithin auch der BND - von sich aus den MAD „über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen“, die die in der Vorschrift aufgeführten sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder die anderen dort bezeichneten „Bestrebungen“ erkennen lassen, „unterrichten“. Die Vorschrift begründet jedoch keine Befugnis des MAD, vom BND - über die Übermittlung dort vorliegender Informationen hinaus - die Vornahme eigenständiger Ermittlungen im Ausland für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG zu verlangen. Dies gilt auch hinsichtlich der Regelung in § 10 Abs. 2 MADG. Sie eröffnet dem MAD die Befugnis, nach § 18 Abs. 3 BVerfSchG jede Behörde um die „Übermittlung“ der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten zu ersuchen. Der Begriff der „Übermittlung“ ist im MADG nicht näher definiert. Mit ihm knüpft der Gesetzgeber jedoch ersichtlich an die Terminologie des Datenschutzrechts, insbesondere des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an. Danach ist „Übermitteln“ das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise, dass die Daten an den Dritten weitergegeben werden oder der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft (§ 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG). Davon zu unterscheiden ist das „Erheben“ von Daten, worunter das „Beschaffen von Daten über den Betroffenen“ zu verstehen ist (§ 3 Abs. 3 BDSG). Das seitens des Antragstellers im vorliegenden Falle vom GB/BMVg verlangte Ersuchen an den MAD, seinerseits den BND zu veranlassen, die von ihm, dem MAD, im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG für erforderlich gehaltenen personenbezogenen Daten in der Russischen Föderation oder sonst im Ausland zu beschaffen, ist mithin auf die Erhebung, nicht jedoch auf die bloße Übermittlung beim BND vorliegender Informationen gerichtet. Damit scheidet auch § 10 Abs. 2 MADG als Rechtsgrundlage aus.

51 Auch aus den Vorschriften des BNDG vom 20. Dezember 1990 (BGBl I S. 2954), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. August 2002 (BGBl I S. 3202, 3217) und nochmals durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl I S. 1818), ergibt sich ebenfalls nicht, dass der MAD im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Mitwirkung bei der Sicherheitsüberprüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 MADG vom BND die Beschaffung/Erhebung von Daten über Personen oder die Durchführung sonstiger diesbezüglicher Ermittlungen im Ausland verlangen darf.

52 Der Antragsteller ist zudem nicht der Einschätzung des GB/BMVg entgegengetreten, dass eventuellen vom MAD - im Wege der Amtshilfe - eingeholten Auskünften russischer Behörden kein verlässlicher Aussagewert zukomme. Insofern hat der GB/BMVg nachvollziehbar dargelegt, dass entsprechende Anfragen nicht in Betracht kämen, um eine zielgerichtete und konkrete nachrichtendienstliche Ansprache - zu Lasten des Antragstellers oder dessen Ehefrau - nicht herauszufordern.

53 Die Auffassung des GB/BMVg, eine Überprüfung der Ehefrau des Antragstellers erst nach fünfjährigem Aufenthalt in Deutschland durchzuführen, entspricht im Übrigen den (Regel-)Anforderungen an die zeitliche Ermittlungstiefe in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SÜG und ist rechtlich nicht zu beanstanden (ebenso: Denneborg, a.a.O., § 13 SÜG RNr. 15; Beschluss vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 41.04 - <a.a.O.>). Darüber hinaus hat der GB/BMVg in seinem Bescheid vom 26. Oktober 2004 für den Fall, dass die Ehefrau des Antragstellers vor diesem Zeitpunkt deutsche Staatsbürgerin werden sollte, auch die vorzeitige Einleitung einer Wiederholungsüberprüfung in Betracht gezogen.

54 Der Beschluss des Senats vom 9. Dezember 1999 - BVerwG 1 WB 60.99 , 61.99 - (Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 8 = NVwZ-RR 2000, 305 = ZBR 2000, 127) steht der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids des GB/ BMVg nicht entgegen. In jenem Verfahren hatte der GB/BMVg das Verfahren der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) - anders als im vorliegenden Verfahren - durchgeführt und zum Abschluss gebracht. Er hatte festgestellt, dass die durchgeführte erweiterte Sicherheitsüberprüfung Umstände ergeben habe, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit des Antragstellers nach Nr. 2503 ZDv 2/30 ein Sicherheitsrisiko darstellten. Im Hinblick auf diese abschließende Beurteilung eines Sicherheitsrisikos entschied der Senat in seinem angeführten Beschluss (vom 9. Dezember 1999), dass eine lediglich abstrakte Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Geheimdienste ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Ehefrau des Antragstellers Staatsangehörige eines SmbS ist und Kontakte zu ihren in diesem Staat lebenden Angehörigen pflegt, genügt, um - positiv - festzustellen, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 14 Abs. 3 SÜG vorliegt. Im vorliegenden Fall ist eine solche abschließende Feststellung des Bestehens eines Sicherheitsrisikos gerade nicht ergangen. Einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften oder eine sonstige Rechtsverletzung lässt die erfolgte Einstellung des Verfahrens - wie dargelegt - nicht erkennen. Daher bedarf es - mangels einer entsprechenden Entscheidung des GB/BMVg - auch keiner Prüfung und Entscheidung der Frage, ob die vom GB/ BMVg angeführten Umstände zum gegenwärtigen Zeitpunkt geeignet wären, eine Feststellung nach § 14 Abs. 3 SÜG über das Bestehen eines Sicherheitsrisikos zu tragen.

55 So weit der Antragsteller sinngemäß rügt, seine Persönlichkeit, sein Charakter, seine dienstlichen Leistungen und sein beanstandungsfreies dienstliches Verhalten seien in die angegriffene Entscheidung des GB/BMVg nicht eingeflossen, verkennt er, dass eine abschließende Bewertung, in der die von ihm angeführten Umstände näher zu prüfen gewesen wären, wegen eines Verfahrenshindernisses nicht erfolgt ist und aus den dargelegten Gründen auch nicht zu erfolgen brauchte.