Beschluss vom 24.02.2004 -
BVerwG 1 B 190.03ECLI:DE:BVerwG:2004:240204B1B190.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.02.2004 - 1 B 190.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:240204B1B190.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 190.03

  • Bayerischer VGH München - 07.05.2003 - AZ: VGH 19 B 98.33483

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r , den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde, mit der Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde rügt zunächst den Verfahrensmangel "der nicht zureichend nachvollziehbaren und nachprüfbaren Überzeugungsbildung (§ 108 I 1 VwGO)". Das Berufungsgericht habe im Zusammenhang mit dem "Rechtscharakter" und der Funktion des Widerstandsrates I in Uganda unschlüssig argumentiert und nicht dargelegt, aus welchen Erkenntnismitteln es seine Schlussfolgerungen gezogen habe. Soweit die Beschwerde damit einen Verstoß gegen die Grundsätze über die richterliche Überzeugungsbildung durch das Berufungsgericht und gegen dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung behauptet, macht sie keinen Verfahrensfehler, sondern Verstöße gegen materielles Recht geltend, die nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels führen können (vgl. dazu Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266). Umstände, unter denen ein solcher Verstoß ausnahmsweise als Verfahrensfehler anzusehen sein könnte (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1999 - BVerwG 9 B 407.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11), zeigt die Beschwerde nicht auf.
Sollte sich die Beschwerde gegen die Darstellung der richterlichen Überzeugungsbildung in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils wenden (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), so ginge auch diese Rüge ins Leere. Das Berufungsgericht ist seiner prozessrechtlichen Pflicht, im Urteil zu den zentralen Fragen des Rechtsstreits Stellung zu nehmen, hinreichend nachgekommen. Es hat seine entscheidungstragende Auffassung, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Uganda weder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren noch ein Strafverfahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten habe, mit einer Reihe von Umständen begründet, die nur zum Teil mit dem Widerstandsrat zusammenhängen. So hat das Berufungsgericht vor allem mit dem Inhalt der maßgeblichen Vorladungsschreiben des Widerstandsrates argumentiert, dem Fehlen eines Aktenzeichens in diesen Schreiben, dem zeitlichen Abstand zu dem fraglichen Vorfall, dem bisher unterbliebenen Nachweis eines in Uganda anhängigen Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens insbesondere durch den "behördenerfahrenen" Freund des Klägers sowie einer Auskunft des Instituts für Afrika-Kunde (vgl. UA S. 7 f.). Angesichts dieser detaillierten Ausführungen im Berufungsurteil kann keine Rede davon sein, dass die gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar bzw. nicht nachprüfbar dargelegt worden sei.
Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) hinsichtlich der "Rolle" des Widerstandsrates ist bereits nicht ordnungsgemäß erhoben. Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht hätte sich nicht mit der mündlichen Aussage des Dolmetschers hierzu begnügen dürfen, sondern eine Auskunft einholen müssen. Sie legt jedoch, wie dies für eine Aufklärungsrüge erforderlich wäre, nicht dar, welche Aufklärungsmaßnahmen im Einzelnen hierfür in Betracht gekommen wären und aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht eine derartige Aufklärung von sich aus hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26). Ausweislich der Niederschrift über die Berufungsverhandlung hat sich der Dolmetscher auf die Frage des Prozessbevollmächtigten des Klägers zur "Rolle" des Widerstandsrates I geäußert und unter anderem ausgeführt, dass es sich dabei um die unterste Stufe einer Verwaltungsbehörde handele, die im Wesentlichen Sicherheitsaufgaben wahrnehme; schwierigere Fälle würden an den nächsthöheren Widerstandsrat weitergegeben; Polizei und Staatsanwaltschaft seien über den Widerstandsräten I - III angesiedelt (vgl. UA S. 5). Die
Auskünfte des Dolmetschers sind offenbar von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen oder als unzureichend beurteilt worden. Jedenfalls hat auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht auf eine weitere Aufklärung in diesem Zusammenhang hingewirkt. Warum das Berufungsgericht in dieser Situation verpflichtet gewesen sein soll, von Amts wegen über die bereits eingeholten Sachverständigengutachten und Auskünfte hinaus weiter zu ermitteln, wird von der Beschwerde nicht ansatzweise dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Grundsatzrüge greift ebenfalls nicht durch. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob bei der schlüssigen Behauptung der Existenz eines Abschiebungshindernisses gemäß § 53 II 1 AuslG - drohende Todesstrafe - wegen der Schwere und Unwiderruflichkeit dieser Folge gesteigerte Forderungen an die Aufklärungen und an die Wahrscheinlichkeit des drohenden Ereignisses zu stellen sind". Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Berufungsgericht hat entscheidungstragend darauf abgestellt, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Strafverfahren zu befürchten habe. Verfahrensrügen sind gegen diese Erkenntnis und die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mit Erfolg erhoben worden. Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, was hinsichtlich der vom Tatrichter, im Zusammenhang mit § 53 AuslG, anzustellenden Gefährdungsprognose und ihm dabei obliegenden Sachverhaltsermittlung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt ist und inwiefern anlässlich des Entscheidungsfalles zusätzlicher Klärungsbedarf besteht.
Das weitere Vorbringen der Beschwerde bezieht sich auf Hilfserwägungen des Berufungsgerichts. Da die Beschwerde gegen die selbstständig tragende Begründung des Berufungsgerichts, dem Kläger drohe in Uganda nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Strafverfahren, keine durchgreifenden Zulassungsgründe geltend macht, bedürfen die weiteren Rügen der Beschwerde keiner näheren Erörterung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.