Beschluss vom 24.09.2008 -
BVerwG 4 B 47.08ECLI:DE:BVerwG:2008:240908B4B47.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.09.2008 - 4 B 47.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:240908B4B47.08.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 47.08

  • Niedersächsisches OVG - 29.04.2008 - AZ: OVG 12 LC 20/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gatz und Dr. Jannasch
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 110 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Aufklärungsrüge greift nicht durch.

3 1.1 Zwar kann ein Tatsachengericht durchaus gehalten sein, substantiiert begründeten Zweifeln an einer Gefahrenprognose im Falle der Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich von militärischen Tiefflugstrecken nachzugehen (vgl. auch den Beschluss des Senats vom 5. September 2006 - BVerwG 4 B 58.06 - BRS 70 Nr. 96). Vorliegend ist die Ablehnung der Beweisanträge durch das Oberverwaltungsgericht jedoch ohne Verfahrensfehler erfolgt.

4 Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der geplanten Windenergieanlage stehe die gemäß § 14 LuftVG abgegebene luftverkehrsrechtliche Zustimmungserklärung der ehemaligen Bezirksregierung Weser-Ems vom 21. Oktober 2002 entgegen, nach der eine Höhenbeschränkung von 213,0 m über NN einzuhalten sei. Diese sei mit dem Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 17. April 2008 (OVG Akte S. 320) nochmals bekräftigt worden. Danach liege der Standort der geplanten Anlage unterhalb eines Streckenabschnitts des militärischen Nachttiefflugsystems. Diese Lage stellt die Klägerin nicht in Frage. Das Oberverwaltungsgericht sieht den Einwand in der Mitteilung der Wehrbereichsverwaltung Nord, das Vorhaben würde bei einer Bauhöhe von 229,09 m über NN den Sicherheitsabstand zu im minimalen Tiefflug befindlichen strahlgetriebenen Luftfahrzeugen unausgleichbar gefährden, als eindeutig an und zieht die Schlussfolgerung, dass dieser öffentliche Belang dem Vorhaben entgegenstehe. Die Erklärung der Wehrbereichsverwaltung Nord lasse keinen Zweifel daran, dass die Höhenbeschränkung zur Aufrechterhaltung der Flugsicherheit zwingend zu beachten sei.

5 Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung der drei von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zur Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord durch das Oberverwaltungsgericht nicht zu beanstanden.

6 Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Verfasser der genannten Stellungnahme dazu zu vernehmen, dass die Wehrbereichsverwaltung Nord für diesen Standort eine abweichende Beurteilung abgegeben habe und diese damit auf Unsicherheiten beruhe. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, der Zeuge habe die Stellungnahme als Sachbearbeiter selbst unterzeichnet, so dass für die Behauptung, die Wehrbereichsverwaltung habe für den geplanten Anlagenstandort eine abweichende Beurteilung abgegeben, nichts spreche. Für eine Vernehmung des benannten Zeugen fehle es somit an der Darlegung jeglicher Anknüpfungstatsachen (zu den Einzelheiten vgl. UA S. 15).

7 Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Denn der Bedienstete, dessen Vernehmung die Klägerin beantragt hat, hat in der von ihm unterzeichneten schriftlichen Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 17. April 2008 dargelegt, eine am selben Tage erfolgte nochmalige Überprüfung des Sachverhalts durch die zuständige militärische Dienststelle (Luftwaffenamt) habe ergeben, dass die Windenergieanlage mit der geplanten Bauhöhe nicht zugelassen werden könne. Selbst wenn dieser Bedienstete, wie die Klägerin meint, sich in seiner Entscheidung zuvor noch nicht sicher gewesen sein sollte, hat die Klägerin nichts dafür vorgetragen, wonach die Stellungnahme des Bediensteten nach der weiteren Aufklärung des Sachverhalts anders hätte ausfallen können. Zu Recht hebt das Oberverwaltungsgericht ferner hervor, dass mit dieser Stellungnahme letztlich nur die im Baugenehmigungsverfahren bereits abgegebene Entscheidung der damals zuständigen Landesluftfahrtbehörde - der Bezirksregierung Weser-Ems - bekräftigt worden ist. Auch eine Beiziehung der Akten der Wehrbereichsverwaltung Nord versprach unter diesen Umständen keine weitere sachdienliche Aufklärung.

8 Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht auch die Erhebung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt, weil im Hinblick auf die Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord ein Aufklärungsbedarf nicht einmal ansatzweise zu erkennen sei. Daher bedarf es vorliegend keiner Vertiefung der Frage, inwieweit ein Sachverständigengutachten im Hinblick auf den verteidigungspolitischen Spielraum der Bundeswehr überhaupt ein geeignetes Beweismittel sein kann (vgl. hierzu den auch in der Beschwerdebegründung genannten Beschluss des Senats vom 5. September 2006 - BVerwG 4 B 58.06 - BRS 70 Nr. 96).

9 1.2 Davon abgesehen legt die Klägerin auch in der Beschwerdebegründung nicht dar, zu welchen Beweisergebnissen die von ihr beantragte Beweiserhebung geführt hätte und aus welchen Gründen das Oberverwaltungsgericht - auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung - nach Würdigung dieses Beweisergebnisses ihrer Klage im Hauptantrag stattgegeben hätte. Wie angeführt, ist der Hinweis, der benannte Bedienstete sei zu einem früheren Zeitpunkt möglicherweise noch unsicher gewesen, wie die Stellungnahme seiner Behörde ausfallen solle, insoweit ungeeignet.

10 2. Die Verfahrensrüge, die zuständige Luftfahrtbehörde hätte beigeladen werden müssen, bleibt ebenfalls erfolglos. Das Institut der Beiladung soll gewährleisten, dass betroffene Dritte ihre Rechte im Verfahren wahren können. Die Beiladung bezweckt dagegen nicht, Rechtspositionen eines bereits am Rechtsstreit Beteiligten zu stärken (vgl. Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296 <306 f.>; Beschlüsse vom 14. November 2005 - BVerwG 4 BN 51.05 - Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 21 = BRS 69 Nr. 60 und vom 9. November 2006 - BVerwG 4 B 65.06 - juris). Sie stellt somit kein Mittel dar, um zu erreichen, dass der Klägerin in einem möglichen Entschädigungsverfahren bestimmte Einwände nicht entgegengehalten werden können. Ferner legt die Beschwerde nicht dar, dass die Klägerin im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf die jetzt angestrebte Beiladung der Luftfahrtbehörde des Landes (§ 31 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG) hingewirkt hätte.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.