Beschluss vom 23.09.2004 -
BVerwG 7 B 93.04ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B7B93.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.09.2004 - 7 B 93.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B7B93.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 93.04

  • VG Greifswald - 19.06.2003 - AZ: VG 6 A 1622/94

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und H e r b e r t
beschlossen:

Die Kläger werden verpflichtet, bis zum 31. Oktober 2004 für das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, der in der Bundesrepublik Deutschland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat (§ 56 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 184 ZPO).

Die Kläger wohnen in Ungarn und werden durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, der seine Geschäftsräume ebenfalls in Ungarn hat. Zustellungen durch die diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes in Ungarn erfordern einen sachlichen und zeitlichen Aufwand, der für einen zeitnahen Zugang gerichtlicher Verfügungen und Entscheidungen keine Gewähr bietet. Angesichts dessen erscheint es im Interesse der Kläger zur Vermeidung von Verzögerungen bei der Zustellung geboten, dass diese einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland benennen. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter innerhalb der gesetzten Frist benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter Angabe der Partei zur Post gegeben wird (§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 56 Abs. 2 VwGO). Das Schriftstück gilt zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 56 Abs. 2 VwGO).

Beschluss vom 25.01.2005 -
BVerwG 7 B 93.04ECLI:DE:BVerwG:2005:250105B7B93.04.0

Beschluss

BVerwG 7 B 93.04

  • VG Greifswald - 19.06.2003 - AZ: VG 6 A 1622/94

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Januar 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y , H e r b e r t und
K r a u ß
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19. Juni 2003 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Greifswald zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Kläger beanspruchen als Rechtsnachfolger des früheren Miteigentümers Jenö R. die Feststellung ihrer Berechtigung zum Anteil von einem Viertel am Unternehmensvermögen des früheren Kurhauses und Hotels ... in Binz auf Rügen. Der Beklagte stellte durch einen in einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG 6 A 737/02) angefochtenen Bescheid die Berechtigung der Kläger sowie des Beigeladenen zu 1 zur gesamten Hand auf Herausgabe des Veräußerungserlöses zu einem Achtel abzüglich eines bestandskräftig festgestellten Anspruchs der Schwestern Ildiko D. und Dr. Györgyne P. auf einen Anteil am Betriebsvermögen fest. Zugleich hob er einen entgegenstehenden, die entsprechende Berechtigung der Beigeladenen zu 1 und 2 feststellenden Bescheid auf. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht als unzulässig abgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision hat mit dem Ergebnis Erfolg, dass das angegriffene Urteil gemäß § 133 Abs. 6 VwGO aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen wird. Das angegriffene Urteil beruht auf dem von der Beschwerde gerügten Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO). Die Kläger sind zu der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht ordnungsgemäß geladen worden.
Die Ladung sollte den in Ungarn wohnenden Klägern auf Ersuchen des Kammervorsitzenden durch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Budapest zugestellt werden (§ 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 183 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Laut Zustellungszeugnis der Botschaft vom 30. Mai 2003 konnte die Zustellung nicht durchgeführt werden, weil die Annahme verweigert wurde. Ein Schriftstück gilt bei einer unberechtigten Annahmeverweigerung als zugestellt, wenn das zuzustellende Schriftstück in der Wohnung oder in dem Geschäftsraum zurückgelassen wurde (§ 179 Satz 1 und 3 ZPO). Diese Voraussetzung erfüllt die von der Botschaft durchgeführte Zustellung nicht, weil die an den ungarischen Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtete Ladung nicht in dessen Geschäftsraum zurückgelassen wurde. Das ergibt sich aus dem Zustellungszeugnis der Botschaft sowie daraus, dass sich die zuzustellende Ladung nebst dem beigefügten, die beantragte Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. Mai 2003 im Original bei den Akten des Verwaltungsgerichts befinden. Da die Ladung den Klägern hiernach nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, war das Verwaltungsgericht gehindert, in ihrer Abwesenheit eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Klage abzuweisen. Indem das Verwaltungsgericht dennoch über die Klage verhandelt und sie aufgrund der mündlichen Verhandlung abgewiesen hat, hat es den Klägern das rechtliche Gehör versagt. Bei diesem Verfahrensmangel ist das ergangene Urteil gemäß § 138 Nr. 3 VwGO stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen (Beschluss vom 20. Januar 1995 - BVerwG 6 B 56.94 - Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 19).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG a.F.