Beschluss vom 25.05.2007 -
BVerwG 5 B 2.07ECLI:DE:BVerwG:2007:250507B5B2.07.0

Beschluss

BVerwG 5 B 2.07

  • Bayerischer VGH München - 19.10.2006 - AZ: VGH 12 B 04.2692

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:

  1. 1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
  2. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
  3. 3. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1 1. Die allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (Verfahrensmangel) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet und liegen jedenfalls in der Sache nicht vor.

2 1.1 Die Rüge,
„der Klägerin wurde in der mündlichen Berufungsverhandlung keine Möglichkeit gegeben, sich zur Sache zu äußern und ihre Gründe dem Gericht darzulegen, warum sie voll erwerbsgemindert sei“,
steht in einem von der Beschwerdebegründung nicht aufgegriffenen Gegensatz zu der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2006, ausweislich derer die anwaltlich vertretene Klägerin durch ihren seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten war, dieser sich auch an der mündlichen Verhandlung (insb. durch Antragstellung und Fragen bei der Beweiserhebung) beteiligt hat und die Verhandlung erst geschlossen wurde, nachdem das Wort nicht mehr gewünscht worden war, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mithin hinreichend Gelegenheit zu Ausführungen zur Sach- und Rechtslage hatte. Es ist nicht ersichtlich oder geltend gemacht, dass die Sitzungsniederschrift, der nach Maßgabe des § 105 VwGO i.V.m. §§ 159 bis 165 ZPO Beweiskraft zukommt und deren Berichtigung nicht beantragt worden ist, insoweit unrichtig wäre.

3 Eine Gehörsrüge erfordert zudem regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 und vom 14. April 2005 - BVerwG 1 B 161.04 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 81). Dem genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

4 1.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch seine aus § 86 VwGO folgende Aufklärungspflicht nicht verletzt. Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO), das Berufungsgericht habe den Sachverhalt in Bezug auf die Schwerbehinderung der Klägerin nicht hinreichend aufgeklärt, genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

5 Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person sachkundig vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgebenden materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 2. März 1978 - BVerwG 6 B 24.78 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 1. April 1997 - BVerwG 4 B 206.96 - NVwZ 1997, 890 <893>, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 sowie vom 3. November 2006 - BVerwG 5 B 40.06 -); die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um - vermeintliche - Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 10. Oktober 2001 - BVerwG 9 BN 2.01 - NVwZ-RR 2002, 140). Die Klägerin hat ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag gestellt; in Bezug auf welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, ist nicht ersichtlich, zumal das Berufungsgericht in Ansehung der vorliegenden Gutachten und Erkenntnisse zu der Erwerbsfähigkeit der Klägerin i.S.d. § 1 GSiG i.V.m. § 43 Abs. 2 SGB VI Beweis zur Frage einer aus fehlender Mobilität resultierenden vollen Erwerbsminderung erhoben hat.

6 1.3 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7 2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil nach Vorstehendem der Rechtsverfolgung jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

8 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.