Beschluss vom 26.08.2009 -
BVerwG 2 B 41.09ECLI:DE:BVerwG:2009:260809B2B41.09.0

Beschluss

BVerwG 2 B 41.09

  • Sächsisches OVG - 04.02.2009 - AZ: OVG 2 A 42/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. August 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Burmeister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 923,20 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 1. Vor dem Hintergrund seines in Bayern abgeleisteten Vorbereitungsdienstes hält der 1993 als Landwirtschaftsoberinspektor z.A. in das Beamtenverhältnis berufene Kläger folgende Frage für klärungsbedürftig:
Kommt es für die Feststellung der Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV auf den Zeitpunkt der Ernennung des Beamten (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe) oder darauf an, dass die zu einem früheren Zeitpunkt erworbene Laufbahnbefähigung, die zur Ernennung zum Beamten auf Probe geführt hat, auf rechtlichen Regelungen beruht, auch wenn diese zum Zeitpunkt der Ernennung zum Probebeamten noch nicht oder nicht mehr galten?

3 Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, wobei zunächst darauf hinzuweisen ist, dass die in der Frage formulierten Alternativen einander nicht ausschließen.

4 Zunächst ist nicht klärungsbedürftig, sondern anhand des Wortlauts des § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - 2. BesÜV - in der bis zum 24. November 1997 geltenden Fassung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Senats ohne Weiteres ersichtlich, dass es für die Frage der Zuschussberechtigung auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem der Beamte zumindest zum Beamten auf Probe ernannt worden ist. Denn der in der Bestimmung vorausgesetzte Anspruch auf Besoldung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 BBesG steht nur Beamten im Dienstverhältnis auf Probe, auf Zeit oder auf Lebenszeit zu, während Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Anwärter) Anwärterbezüge erhalten (§ 59 Abs. 1 BBesG). Der mit der Ernennung entstehende Anspruch auf Besoldung unterliegt von diesem Zeitpunkt an den Einschränkungen des § 2 Abs. 1 2. BesÜV, also der Absenkung bei Verwendung im Beitrittsgebiet nach erstmaliger Ernennung. Erst von diesem Zeitpunkt an kann ein Anspruch auf Zuschuss des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 2. BesÜV entstehen.

5 Nicht klärungsbedürftig ist auch, dass die in § 4 2. BesÜV tatbestandlich geforderten Befähigungsvoraussetzungen mehr umfassen können als nur die mit erfolgreichem Abschluss des Vorbereitungsdienstes erworbene Laufbahnbefähigung. Für die Befähigungsvoraussetzungen des höheren Dienstes ist dies offensichtlich. Zwar werden die Befähigungsvoraussetzungen für den gehobenen Dienst in der Regel durch den Vorbereitungsdienst erworben, der mit der Laufbahnprüfung abschließt (Urteil vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 S. 3). Damit ist aber nur gesagt, dass allgemeine Schul- und Bildungsabschlüsse und die ihnen vorausgehenden Bildungsgänge nicht zu der geforderten dienstrechtlichen Vorbildung gehören, weil sie keine spezifische fachliche Qualifikation vermitteln oder nachweisen, auf die es insofern maßgeblich ankommt. Steht dagegen für den Bereich besonderer technischer Laufbahnrichtungen der Vorbereitungsdienst nur solchen Bewerbern offen, die bereits über eine spezifische Ausbildung verfügen, dann gehört auch diese Ausbildung zu den Befähigungsvoraussetzungen im Sinne des § 4 2. BesÜV. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnten nur solche Bewerber in den Vorbereitungsdienst der vom Kläger gewählten Laufbahn des gehobenen landwirtschaftlich-technischen Verwaltungsdienstes aufgenommen werden, die neben der für alle Laufbahnen des gehobenen Dienstes geltenden Hochschulreife zusätzlich noch über eine der Laufbahn entsprechende Fachbildung verfügten, die sie durch Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch einer Fachhochschule oder einer Berufsakademie in der entsprechenden Fachrichtung nachzuweisen hatten. Hieraus hat das Berufungsgericht zu Recht geschlossen, dass der Kläger seine Befähigungsvoraussetzungen nicht nur durch den in Bayern absolvierten Vorbereitungsdienst, sondern auch durch sein von 1980 bis 1983 an der Agraringenieurschule Z. absolviertes Fachschulstudium erworben hat, das der Kläger erfolgreich als Agraringenieur abgeschlossen hatte.

6 Die mit der Frage angesprochene weitere Problematik, ob sich die Befähigungsvoraussetzungen aus Rechtsvorschriften ergeben müssen, die im Zeitpunkt der Ernennung des Beamten in Kraft sind, bedarf ebenfalls keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist ohne Weiteres zu bejahen. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob diejenigen Vorschriften, unter deren Geltung und nach deren Maßgabe die Befähigungsvoraussetzungen erworben wurden, im Zeitpunkt der Ernennung noch in Kraft sein müssen. Diese Frage ist ohne Weiteres zu verneinen. Wäre sie zu bejahen, könnten Studiengänge, Studienabschlüsse, im Vorbereitungsdienst erworbene Befähigungen und sonstige Befähigungsvoraussetzungen nur dann zu einer Zulage nach § 4 2. BesÜV führen, wenn die jeweils geltenden Vorschriften auch im Zeitpunkt der Ernennung noch unverändert in Kraft wären. Eine solche Einschränkung des Anwendungsgebietes der Vorschrift ist weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen.

7 Hiervon ausgehend ist auch die weitere Frage nicht klärungsbedürftig, ob die Befähigungsvoraussetzungen einer normativen Regelung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bedürfen. Denn selbst wenn sie zu bejahen wäre, wäre diese Voraussetzung hier erfüllt. Die Befähigungsvoraussetzungen ergaben sich im Zeitpunkt der Ernennung des Klägers aus den §§ 21 und 22 der Sächsischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 25. Juni 1993 und waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Kläger erfüllt. § 21 Abs. 3 der genannten Verordnung bestimmt, dass Bewerber für Laufbahnen des technischen Dienstes zusätzlich zu der in § 21 Abs. 1 geforderten Fachhochschulreife über eine der Laufbahn entsprechende Fachbildung verfügen müssen, die sie durch Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch einer Fachhochschule oder einer Berufsakademie in der entsprechenden Fachrichtung nachzuweisen haben. Diese Voraussetzung ist hinreichend bestimmt; sie reichte auch in der praktischen Anwendung offensichtlich aus, um den Kläger im Hinblick auf sein an der Agraringenieurschule Z. absolviertes Fachschulstudium ohne Weiteres in den in Bayern durchlaufenen Vorbereitungsdienst zu übernehmen. Dass die Ausbildung im gehobenen landwirtschaftlich-technischen Verwaltungsdienst zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers noch nicht durch eine eigene sächsische Rechtsverordnung geregelt war, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, andernfalls müsste man annehmen, dass die Ernennung eines Beamten in der Laufbahn des gehobenen landwirtschaftlich-technischen Verwaltungsdienstes - und damit auch die Ernennung des Klägers - in Sachsen bis zum Erlass einer solchen Verordnung unzulässig gewesen wäre.

8 2. Als Verfahrensmangel rügt der Kläger, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei teilweise nicht mit Gründen versehen. Sie gehe nicht auf die Tatsache ein, dass der Kläger zwar das in Z. absolvierte Fachschulstudium nachgewiesen habe, aber nicht über die vom Berufungsgericht ebenfalls für erforderlich gehaltene Fachhochschulreife oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand verfüge.

9 § 138 Nr. 6 VwGO bezieht sich auf den notwendigen (formellen) Inhalt eines Urteils (§ 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Im Urteil müssen die Entscheidungsgründe schriftlich niedergelegt werden, welche für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Das ist verfahrensrechtlich geboten, um die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und um dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen. Sind Entscheidungsgründe derart mangelhaft, dass sie diese doppelte Funktion nicht mehr erfüllen können, ist die Entscheidung im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn der Entscheidungsformel überhaupt keine Gründe beigegeben sind, sondern auch dann, wenn die Begründung nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind, weil die angeführten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonstwie völlig unzureichend sind (vgl. Urteil vom 28. November 2002 - BVerwG 2 C 25.01 - BVerwGE 117, 228 <230> = Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 41 m.w.N.; Beschluss vom 30. Juni 2009 - BVerwG 9 B 23.09 - juris). Demgegenüber greift § 138 Nr. 6 VwGO nicht schon dann, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind, es sei denn, die Gründe sind in sich gänzlich lückenhaft, namentlich weil einzelne Streitgegenstände oder selbstständige Streitgegenstandsteile vollständig übergangen sind (Beschluss vom 9. Juni 2008 - BVerwG 10 B 149.07 - juris).

10 Hieran gemessen liegt der geltend gemachte Mangel nicht vor. Es trifft zu, dass sich das Berufungsurteil zur Fachhochschulreife des Klägers nicht äußert. Hierzu bestand aber auch kein Anlass, weil sie nicht im Streit war; der Beklagte hat sie möglicherweise als ohne Weiteres gegeben oder diese Anforderung durch einen gleichwertigen Bildungsstand als erfüllt angesehen, was mit der Gesetzeslage vereinbar ist. Im Übrigen hat der Kläger selbst durch seinen Vortrag im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 29. Juli 2008, S. 2 - GA Bl. 52) zumindest den Anschein erweckt, er habe über die Fachhochschulreife verfügt. Selbst wenn das Berufungsgericht hierauf näher hätte eingehen müssen, läge hierin kein formeller Mangel, sondern ein Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts, der nicht mit der Verfahrensrüge angegriffen werden kann. Eine Verletzung in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör hat der Kläger weder geltend gemacht noch dargelegt.

11 3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG.