Beschluss vom 26.10.2006 -
BVerwG 1 WB 24.06ECLI:DE:BVerwG:2006:261006B1WB24.06.0

Leitsätze:

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Schläge und Beleidigungen gegenüber unterstellten Soldaten stellen Störungen des

Dienstbetriebs und Ursachen für Vertrauensverluste dar, die die Rückkommandierung

des Verursachers aus dem Ausland rechtsfertigen.

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  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.10.2006 - 1 WB 24.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:261006B1WB24.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 24.06

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze als Vorsitzenden,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz
sowie
Oberstleutnant Dilthey und
Hauptfeldwebel Winkelmann
als ehrenamtliche Richter
am 26. Oktober 2006 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der 1963 geborene Antragsteller ist Berufssoldat und wurde am ... Mai 1993 zum Hauptfeldwebel befördert. Mit dem vorliegenden Antrag wendet er sich gegen die vorzeitige Beendigung seiner Kommandierung zum ... Deutschen Einsatzkontingent KFOR und seine umgehende Rückführung ins Bundesgebiet.

2 Der Antragsteller wurde mit Wirkung vom 12. September ... von der .../...bataillon ... als Kompaniefeldwebel zur ...kompanie L...bataillon (...Btl) KFOR kommandiert. Seine Auslandsverwendung war bis Ende Januar ... geplant.

3 Am 1. Oktober ... wurde dem Antragsteller durch seinen nächsten Disziplinarvorgesetzten, den Kompaniechef ...kompanie ...Btl KFOR, der Entwurf eines Antrages auf vorzeitige Beendigung seines Auslandseinsatzes eröffnet. Hierzu gab er keine Stellungnahme ab und erklärte nach Belehrung, er beantrage die Anhörung der Vertrauensperson nicht. Der endgültige Antrag auf vorzeitige Beendigung der Kommandierung wurde dem Antragsteller am 8. Oktober ... eröffnet. Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte, der Kommandeur L...bataillon KFOR befürwortete den Antrag mit Stellungnahme vom 9. Oktober ...

4 Mit Verfügung vom 10. Oktober ..., dem Antragsteller eröffnet am 11. Oktober ..., wurde er durch den Kommandeur ... Deutsches Einsatzkontingent KFOR von seinem Dienstposten als Kompaniefeldwebel bei ...kompanie ...Btl KFOR abgelöst und umgehend ins Heimatland zurückgeführt. Zur Begründung wurde angeführt: Der Antragsteller habe an einem nicht mehr genau feststellbaren Tag in der 39. Kalenderwoche, wahrscheinlich am 22. September ..., Stabsunteroffizier (w) B. mit der flachen Hand auf den Hinterkopf geschlagen und sie mit den Worten „Püppi, bist du doof oder was?“ angesprochen. Zudem habe er am 28. September ... in der Betreuungseinrichtung „Wasserwerk“ den Hauptgefreiten M. leicht auf den Hinterkopf geschlagen. Durch sein Verhalten habe er schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten, Disziplin zu wahren und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere. Durch das Verhalten bestehe weiterhin der Verdacht, dass sich der Antragsteller strafrechtlich der Misshandlung von Untergebenen, der Körperverletzung und der Beleidigung schuldig gemacht habe. Diese Dienstpflichtverletzungen seien von einer solchen Art und Schwere, dass das weitere Verbleiben des Antragstellers im Einsatzland die Disziplin und die militärische Ordnung gefährden würde. Zudem habe er durch sein Verhalten, das ein schweres Dienstvergehen darstelle, das Vertrauen seiner Vorgesetzten in seine Person und in seine Zuverlässigkeit so stark beeinträchtigt, dass diesen die weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zugemutet werden könne und er daher für den weiteren Einsatz im ... Deutschen Einsatzkontingent KFOR nicht mehr tragbar sei. Jeder der aufgeführten Gründe wiege für sich genommen schwer genug, um die Kommandierung vorzeitig zu beenden und den Antragsteller nach Deutschland zurückzuführen.

5 Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. Oktober ... Beschwerde ein und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, er könne sich an den behaupteten Vorfall vom 22. September ... nicht erinnern. Es sei merkwürdig, dass sich eine Soldatin, die sich aufgrund eines Vorfalles derart bedrängt fühle, dass sie sich deswegen beschwere, unmittelbar nach dem Vorfall nicht mehr daran erinnern wolle, wann sich dieser Vorfall exakt zugetragen habe. Außerdem dränge sich der Eindruck auf, dass die Ermittlungen nicht unbefangen durchgeführt worden seien. So sei Frau B. bereits zweimal aufgrund mangelhafter dienstlicher Leistungen disziplinar gemaßregelt worden. Außerdem habe es der Kompaniechef im Einsatz für notwendig erachtet, Stabsunteroffizier B. sowie ihn selbst wegen eines allein von Frau B. zu vertretenden Mangels zu belehren. Er habe sie danach darauf hingewiesen, dass sie ihrer dienstlichen Tätigkeit mit mehr Sorgfalt nachzugehen habe. Noch in einem Gespräch am 30. September 2005 habe ihm Frau B. mitgeteilt, dass die Frauen der Kompanie gemobbt würden. Auf Nachfrage habe sie sich dahingehend geäußert, dass dies nicht ihr Verhältnis zu ihm betreffe. Zu einem viel späteren Zeitpunkt habe er erfahren, dass sich Frau B. beim Kompaniechef nur deshalb beschwert habe, weil ihr dies durch Oberleutnant A. befohlen worden sei. Weiter habe er erfahren, dass sich Frau B. bereits vor ihrem Einsatz gegenüber der Hauptgefreiten (w) S. sinngemäß dahingehend geäußert habe, dass sie die Waffen einer Frau einsetzen werde, wenn sie nicht das erreichen würde, was sie wolle. Allein diese Äußerung lasse erkennen, dass die Behauptung eines Mobbingsachverhaltes durchaus dem Verhalten der Soldatin entspreche. Es sei schließlich zu fragen, was der Anlass für die von Frau B. behauptete Angriffsaktion gewesen sei. Es sei naheliegend, dass es sich um eine eher spaßige Äußerung gehandelt habe.

6 Mit Bescheid vom 12. Januar ... wies der Befehlshaber Einsatzführungskommando der Bundeswehr die Beschwerde als unbegründet zurück. In der Begründung führte er aus, Anknüpfungspunkt für die Entscheidung sei nicht eine durch schwere Dienstvergehen ausgelöste Gefährdung der militärischen Disziplin und Ordnung oder ein Vertrauensverlust des Vorgesetzten. Vielmehr sei die vorzeitige Beendigung der Kommandierung und sofortige Rückführung ins Heimatland zur Gewährleistung seines Rechts nach § 90 WDO auf Verteidigung im Rahmen von Vorermittlungen des Wehrdisziplinaranwalts bzw. Ermittlungen im Rahmen eines Strafverfahrens und damit aus Fürsorgegründen erfolgt. Ein Soldat, der sich derartigen Belastungen ausgesetzt sehe, könne seinen Dienst nur noch schwerlich mit voller Konzentration auf die Aufgabe im Einsatz versehen.

7 Zur Begründung seiner dagegen eingelegten weiteren Beschwerde vom 1. Februar ... machte der Antragsteller geltend, es sei ihm auch im Einsatzland einfach möglich gewesen, einen Verteidiger seiner Wahl mit der Wahrnehmung seiner Rechte sowohl im Disziplinar- als auch im Strafverfahren zu beauftragen. Diese Möglichkeit sei bei der Entscheidung unberücksichtigt geblieben. Daraus ergebe sich ein Ermessensfehler.

8 Die weitere Beschwerde wurde vom Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit Beschwerdebescheid vom 27. März ..., dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 31. März ..., zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, die form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde sei zulässig, aber unbegründet. Die vorzeitige Beendigung der Kommandierung sei nach Abwägung aller Umstände frei von Ermessensfehlern und sachgerecht. Der damalige Kompaniechef habe in seinem Antrag auf vorzeitige Beendigung der Auslandsverwendung nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund des Verhaltens des Antragstellers gegenüber untergebenen Soldaten im September ... und dem daraus resultierenden Verdacht schwerwiegender und zugleich strafrechtlich relevanter Dienstpflichtverletzungen sein Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Antragstellers stark beeinträchtigt gewesen sei und er seinen Verbleib im Einsatz als nicht mehr tragbar empfunden habe. Auch der Kommandeur des ... Deutschen Einsatzkontingents KFOR habe sich in seiner Verfügung vom 10. Oktober ... diese Bewertung des Kompaniechefs ohne Ermessensfehler zu Eigen gemacht. Der Verdacht eines Dienstvergehens sei durch die Ermittlungen des Disziplinarvorgesetzten hinreichend belegt. Insbesondere bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass Stabsunteroffizier (w) B. den Antragsteller zu Unrecht belastet haben könnte. Schon der eingetretene Vertrauensverlust bei den Vorgesetzten rechtfertige es, die Auslandsverwendung vorzeitig zu beenden. Auf die in der Begründung des Beschwerdebescheides vom 12. Januar ... zusätzlich angeführten Fürsorgegründe komme es demgegenüber nicht entscheidend an.

9 Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18. April ... hat der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 3. Mai ... dem Senat vorgelegt.

10 Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend. Im Übrigen sei das Geschehen auch nicht geeignet, Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste zu begründen, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasteten und nur durch seine Versetzung hätten behoben werden können. Interessant sei, dass nunmehr erneut auf diese ursprüngliche Begründung abgestellt worden sei, nachdem die Begründung im Beschwerdebescheid vom 12. Januar 2006 noch eine völlig andere gewesen sei. Bereits aus den unterschiedlichen Begründungen ergebe sich, dass eine sachgerechte Ermessensausübung nicht stattgefunden habe.

11 Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass seine Ablösung von dem Dienstposten als Kompaniefeldwebel bei ...kompanie L...Btl KFOR und die Rückführung nach Deutschland rechtswidrig waren.

12 Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Er verweist im Wesentlichen auf die Begründung seines Beschwerdebescheides vom 27. März ...

14 Mit Einleitungsverfügung vom 30. März ... hat der Kommandeur des Heerestruppenkommandos gegen den Antragsteller ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet. Von den insgesamt 13 Anschuldigungspunkten beziehen sich zwei auf die Vorfälle, die in der angefochtenen Verfügung vom 10.  Oktober ... angeführt sind.

15 Bei seiner Vernehmung durch den Kompaniechef ...kompanie L...Btl KFOR, Hauptmann W., am 29. September ... erklärte der Antragsteller zu den ihm eröffneten Vorwürfen hinsichtlich des 22. September ..., er könne sich an den Vorfall nicht erinnern. „Normal Joke-mäßig macht man so was schon mal, aber ich kann mich nicht daran erinnern.“ Weiter heißt es in der Niederschrift: „Man hat schon mal, wenn sie etwas verbockt hat, einen Vorgang genommen, zusammengerollt und auf den Kopf geklopft, aber ich kann mich nicht daran erinnern, so etwas am 22.09.... getan zu haben. Ich habe auch schon mal gesagt ‚Püppi, bist du zu doof oder was?’, aber eben nicht am 22.09...“

16 Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des BMVg - FüS/RB Az.: 25-05-11/3.06 und 10.06 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

17 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

18 Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

19 Die vorzeitige Beendigung der Kommandierung des Antragstellers zur ...kompanie L...Btl KFOR hat sich erledigt, nachdem der in der ursprünglichen Kommandierung vorgesehene Zeitraum für die Einsatzverwendung (12. September ... bis 31. Januar ...) abgelaufen ist. Ob es sich bei einer Kommandierung um einen Befehl i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO handelt, so dass ein Antrag auf Feststellung, dass der erledigte Befehl rechtswidrig war, auch ohne Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses zulässig wäre, bedarf keiner Entscheidung, weil jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung ein solches Feststellungsinteresse besteht.

20 Der zulässige Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

21 Die angefochtene Verfügung des Kommandeurs des ... Deutschen Einsatzkontingents KFOR vom 10. Oktober ..., mit der der Antragsteller von seinem Dienstposten als Kompaniefeldwebel bei ...kompanie L...Btl KFOR abgelöst und umgehend ins Heimatland zurückgeführt wurde, war nicht rechtswidrig.

22 Der Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten.

23 Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte bzw. die zuständige Stelle über die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem/ihrem pflichtgemäßen Ermessen (Beschlüsse vom 6. Mai 1971 - BVerwG 1 WB 8.70 - BVerwGE 43, 215 <217>, vom 17. Mai 1988 - BVerwG 1 WB 53.87 - BVerwGE 86, 25 <26> und vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26). Dabei ist das Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll nachprüfbar. Die sich daran anschließende Ermessensentscheidung kann von den Gerichten hingegen nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die zuständige Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm/ihr insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO analog; stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 3. Juli 2001 a.a.O. und vom 30. August 2001 - BVerwG 1 WB 37.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 45).

24 Für die vorzeitige Beendigung der Kommandierung des Antragstellers zur ...kompanie L...Btl KFOR bestand ein dienstliches Bedürfnis.

25 Das dienstliche Bedürfnis für eine (vorzeitige) Versetzung liegt vor, wenn Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasten, nur durch Versetzung eines der beteiligten Soldaten behoben werden können (Nr. 5 Buchst. h der Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 <VMBl S. 76> zuletzt geändert am 11.  August 1998 <VMBl S. 242> - Versetzungsrichtlinien -; stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 14.01 -, vom 14. Juli 2005 - BVerwG 1 WB 66.04 - NZWehrr 2006, 157 und vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB 22.06 -). Nach Nr. 23 der Versetzungsrichtlinien findet Nr. 5 auch bei Kommandierungen von mehr als 3 Monaten sinngemäß Anwendung. Wie sich weiter aus Nr. 24 der Versetzungsrichtlinien ergibt, gilt dies auch für Versetzungen und Kommandierungen vom Ausland in das Inland.

26 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Versetzungsentscheidung ist bei Fortsetzungsfeststellungsanträgen der Zeitpunkt der Vorlage des Antrages auf gerichtliche Entscheidung beim Wehrdienstgericht (vgl. Beschluss vom 14. Juli 2005 a.a.O.), hier der 17. Mai 2006.

27 Danach ist die Einschätzung des Kommandeurs des ... Deutschen Einsatzkontingents KFOR und des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis in dem angefochtenen Beschwerdebescheid rechtlich nicht zu beanstanden, dass im September und Oktober ... in der ...kompanie L...Btl KFOR Störungen und Vertrauensverluste eingetreten sind, die den Dienst unannehmbar belasteten und an denen der Antragsteller beteiligt war. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats kann eine Wegversetzung nach Nr. 5 Buchst. h der Versetzungsrichtlinien darauf gestützt werden, dass gegen den betroffenen Soldaten der Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung besteht (vgl. Beschlüsse vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 14.01 -, vom 14. Juli 2005 a.a.O. und vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB 22.06 -). Gegen den Antragsteller wurde mit Verfügung des Kommandeurs des Heerestruppenkommandos vom 30. März ... ein gerichtliches Disziplinarverfahren u.a. wegen des Verdachts eingeleitet, er habe während der Dienstzeit im Feldlager P./K. als Kompaniefeldwebel bei ...kompanie L...Btl KFOR am 22. September ... Stabsunteroffizier (w) B. leicht mit der flachen Hand auf den Hinterkopf geschlagen und sie dabei gefragt: „Püppi bist du doof oder was?“ sowie am 28. September ... in der Betreuungseinrichtung „Wasserwerk“ der Kompanie den dort eingesetzten Hauptgefreiten M. leicht mit der flachen Hand auf den Hinterkopf geschlagen. Dieser Verdacht, ihm untergebene Soldaten, mit denen er zudem ständig zusammenarbeitete, geschlagen und mit abfälligen Bemerkungen beleidigt zu haben, stellt eine Störung des Dienstbetriebs dar; denn er war objektiv geeignet, das Vertrauen der Vorgesetzten des Antragstellers in dessen uneingeschränkte Integrität in seiner Funktion als Kompaniefeldwebel zu beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass das gerichtliche Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen und der ihm zugrunde gelegte - vom Antragsteller jedoch bestrittene - Sachverhalt noch nicht rechtskräftig festgestellt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung reicht der bloße Verdacht der dem betroffenen Soldaten zur Last gelegten schuldhaften Dienstpflichtverletzung aus, um ein dienstliches Bedürfnis für eine Wegversetzung zu begründen (vgl. Beschlüsse vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 2.00 - und vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 WB 14.01 -). Der Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung war im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung auch nicht ausgeräumt. Vielmehr ist das gerichtliche Disziplinarverfahren bis heute noch nicht abgeschlossen.

28 Die Störungen des Dienstbetriebes und Vertrauensverluste ergeben sich auch aus der Aktennotiz des Kompaniechefs vom 7. Oktober ..., in der es unter Bezugnahme auf die Vernehmungen des Antragstellers, der Zeugin B., des Zeugen M. sowie eines weiteren Zeugen heißt:
„Das Vertrauensverhältnis zwischen Hauptfeldwebel ... und mir ist durch die Verhaltensweise des Hauptfeldwebels ... im Einsatz und im Heimatstandort im Umgang mit Untergebenen zerstört und kann aus meiner Sicht nicht wieder hergestellt werden. Untergebene mit abfälligen Bemerkungen zu Arbeitsergebnissen zu betiteln und dabei teilweise beleidigend zu werden, als auch unterstellte Soldaten aus der Ebene der Unteroffiziere ohne Portepee und der Mannschaften ‚spaßig gemeinte’ Schläge auf den Hinterkopf zu erteilen, disqualifiziert Hauptfeldwebel ... charakterlich für den Dienstposten eines Kompaniefeldwebels aus meiner Sicht eindeutig.“

29 Auch der Kommandeur des L...Btl KFOR, Oberstleutnant K., hat in seiner Stellungnahme vom 9. Oktober ... zum Antrag auf vorzeitige Beendigung der Kommandierung ausgeführt:
„Ich stelle nach meinen Gesprächen fest, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Kompaniechef und dem Kompaniefeldwebel nicht mehr gewährleistet ist ...“

30 Die dargelegten Umstände reichen aus, um ein dienstliches Bedürfnis für die vorzeitige Beendigung der Kommandierung des Antragstellers zu begründen. Dabei käme es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im Übrigen nicht darauf an, wer an der Entstehung der Störungen, Spannungen oder des Vertrauensverlusts „schuld“ ist, bzw. ob daran einem der Beteiligten überhaupt eine „Schuld“ im Rechtssinne zugewiesen werden kann oder ob die objektiv gegebenen Störungen, Spannungen und Vertrauensverluste auf Gründe zurückzuführen sind, die sich der Zuweisung von „Schuld“ entziehen (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 WB 70.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 8 und vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB 22.06 - m.w.N.). Für eine Wegversetzung genügt es vielmehr, dass der von dieser Maßnahme betroffene Soldat an den entstandenen Störungen und Vertrauensverlusten beteiligt war (Beschluss vom 10. März 1998 - BVerwG 1 WB 58.97 -). Dass dies hier objektiv der Fall war, wird vom Antragsteller nicht substantiiert bestritten. Es kommt hinzu, dass er bei seiner Vernehmung durch den Kompaniechef nicht ausgeschlossen hat, die ihm untergebene Frau B. in der bezeichneten Weise angesprochen und gegebenenfalls auch mit einem zusammengerollten Vorgang auf den Kopf geschlagen zu haben; er könne sich nur nicht erinnern, dass dies am 22. September ... der Fall gewesen sein solle.

31 Dem Umstand, dass der Befehlshaber Einsatzführungskommando der Bundeswehr in seinem Beschwerdebescheid abweichend von der Begründung der angefochtenen Verfügung des Kommandeurs ... Deutsches Einsatzkontingent KFOR ausgeführt hat, maßgeblicher Grund für die vorzeitige Beendigung der Kommandierung seien Fürsorgegründe, kommt keine rechtliche Bedeutung zu. Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung sind allein die sich aus der letzten Beschwerdeentscheidung ergebenden Gesichtspunkte, weil die dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren gerade auch der Überprüfung der Ermessensausübung unter Rechts- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten dienen sollen (vgl. für das Vorverfahren der VwGO: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 79 Rn. 1 m.w.N.).

32 Anhaltspunkte dafür, dass das in Nr. 8, 9, 20 und 21 der Versetzungsrichtlinien geregelte Verfahren nicht eingehalten worden wäre, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Antrag des Disziplinarvorgesetzten dem Antragsteller im Entwurf bekanntgegeben worden. Von der Möglichkeit zu einer Stellungnahme hat er aber keinen Gebrauch gemacht. Der Antrag war auch ausreichend begründet (vgl. dazu Beschluss vom 27. Juli 2006 - BVerwG 1 WB 22.06 -).