Beschluss vom 26.11.2003 -
BVerwG 8 B 84.03ECLI:DE:BVerwG:2003:261103B8B84.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.11.2003 - 8 B 84.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:261103B8B84.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 84.03

  • VG Potsdam - 30.01.2003 - AZ: VG 1 K 2004/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 30. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 000 Euro festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:
"Schließt nur ein solches dingliches Nutzungsrecht die Restitution nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG aus, welches dem Inhaber die Möglichkeit des Grunderwerbs für das betroffene Grundstück eröffnete (Verleihung vor In-Kraft-Treten des Verkaufsgesetzes am 7. März 1990) oder gilt der Ausschlusstatbestand erst recht dort, wo es auf das (nach In-Kraft-Treten des Verkaufsgesetzes) verliehene dingliche Nutzungsrecht überhaupt nicht mehr ankam, sondern auch ohne dingliches Nutzungsrecht unmittelbar das Eigentum hätte erworben werden können."
Soweit die Beschwerde damit unterstellt, dass es für den Restitutionsausschluss nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG auf ein in redlicher Weise erworbenes dingliches Nutzungsrecht nicht mehr ankomme, wenn die Möglichkeit bestand, nach dem Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl DDR I S. 157) Eigentum am Grundstück zu erwerben, würde sich die Frage so in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn diese Sichtweise verkürzt den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG. Der Senat hat bereits entschieden, dass auch im Juni 1990, d.h. nach In-Kraft-Treten des sog. Verkaufsgesetzes vom 7. März 1990 verliehene dingliche Nutzungsrechte grundsätzlich redlich erworben sein und zum Ausschluss der Rückübertragung führen können (Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 8 C 5.98 - <BVerwGE 109, 81, 86>). Das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude ermöglichte nicht nur den Eigentumserwerb von, sondern auch die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken, wie sich schon aus § 4 Abs. 2 Satz 1 dieses Gesetzes ergibt. Dort ist diese Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen und (nur) ergänzend in Satz 2 die Möglichkeit einräumt, dass bei der Errichtung von Eigenheimen das volkseigene Grundstück auch erworben werden kann. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes - entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG - die Rückübertragung nicht ausschließen wollte, wenn der redliche Erwerber zwar ein dingliches Nutzungsrecht erworben hat, aber auch die Möglichkeit gehabt hätte, ohne dingliches Nutzungsrecht unmittelbar das Eigentum zu erwerben.
Dass die Beigeladenen das dingliche Nutzungsrecht auch nach In-Kraft-Treten des Verkaufsgesetzes wirksam erwerben konnten, bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, sondern ergibt sich ohne weiteres aus der gesetzlichen Regelung. Bei dem Nutzungsrecht handelt es sich um ein so genanntes "Häuslebauer"-Nutzungsrecht, da die Beigeladenen auf einem ihnen zugewiesenen bis dahin unbebauten Grundstück ein Eigenheim errichtet haben. Um deutlich zu machen, dass diese Fälle von der Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG nicht erfasst werden, hat der Gesetzgeber des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes in § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG die Worte "bei der Veräußerung" aufgenommen, um deutlich zu machen, dass von der Ausnahme des Restitutionsausschlusses nur rechtsgeschäftliche Erwerbsvorgänge umfasst sein sollen (vgl. amtl. Begründung, BTDrucks 12/2480 S. 44). Die Beigeladenen haben ihr Nutzungsrecht aber nicht durch Rechtsgeschäft, sondern durch hoheitliche Verleihung erworben.
Dem steht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 1995 (BVerwG 7 B 51.95 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 17) nicht entgegen. Dort hat das Gericht für den Fall des so genannten akzessorischen Nutzungsrechts die Stichtagsregelung angewandt, weil es insoweit die Verleihung des dinglichen Nutzungsrechts nur als - akzessorische - Folge des rechtsgeschäftlichen Erwerbs eines bereits bestehenden volkseigenen Eigenheims gesehen hat. Diese Situation liegt hier aber nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, den Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst aufzuerlegen, da sie keinen Antrag gestellt haben und sich damit ihrerseits nicht in das Kostenrisiko begeben haben. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 13, 14 GKG.