Beschluss vom 26.11.2012 -
BVerwG 3 B 57.12ECLI:DE:BVerwG:2012:261112B3B57.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.11.2012 - 3 B 57.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:261112B3B57.12.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 57.12

  • VG Köln - 12.04.2011 - AZ: VG 7 K 390/09
  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 25.05.2012 - AZ: OVG 13 A 1173/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. November 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Buchheister und Rothfuß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten über die Verlängerung der Zulassung für zwei Arzneimittel zur Behandlung der Gallenwege. In einem gerichtlichen Vergleich hatten sie sich geeinigt, dass die Zulassungen erteilt werden, verbunden mit der Auflage gemäß § 28 Abs. 3 AMG, bis Ende 2006 eine klinische Studie zum Nachweis der Wirksamkeit vorzulegen. Nachdem die Klägerin daraufhin nur eine Anwendungsbeobachtung vorlegte, widerrief die Beklagte die Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG. Die dagegen geführte Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat unter anderem angenommen, dass sich die Beteiligten wirksam auf die Verpflichtung zur Vorlage einer klinischen Studie geeinigt hätten, die die Klägerin nicht erfüllt habe. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

2 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.

3 1. Der Rechtssache kommt auf der Grundlage der Darlegungen der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

4 Die Klägerin möchte zunächst geklärt wissen, ob die Beteiligten in dem Vergleich eine Auflage nach § 28 Abs. 3 AMG vereinbart haben bzw. vereinbaren konnten mit der Folge einer Widerrufbarkeit der Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG, obwohl der Tatbestand des § 28 Abs. 3 AMG nicht erfüllt sei.

5 Der erste Teil der Frage, der sich darauf richtet, was die Beteiligten tatsächlich vereinbart haben, kann der Rechtssache schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung verleihen, weil es insoweit um die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts geht, die allein den Tatsachengerichten obliegt und daher nur Gegenstand einer Verfahrensrüge sein kann. Das Oberverwaltungsgericht hat die geschlossene Vereinbarung für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) dahin ausgelegt, dass die Beteiligten sich auf das Regime des § 28 Abs. 3 Satz 1 AMG geeinigt haben (vgl. S. 14 Abs. 2 der Urteilsgründe).

6 Mit dem zweiten Teil der Frage, ob die Beteiligten eine Vereinbarung solchen Inhalts mit der Folge der Widerrufbarkeit der Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG treffen durften, bezeichnet die Klägerin zwar eine Rechtsfrage; warum diese über den Fall hinausweisen und daher grundsätzlicher Natur sein soll, legt sie jedoch nicht in der erforderlichen Weise dar. Allein ihr Hinweis auf die Begründung der in dieser Hinsicht nicht näher substantiierten Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht reicht dazu nicht aus, zumal das Verwaltungsgericht die aus seiner Sicht maßgebliche Frage abweichend und teilweise erheblich weitergehend dahin formuliert, dass „die Voraussetzungen eines Widerrufs einer arzneimittelrechtlichen Zulassung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG aufgrund der Nichterfüllung eines gerichtlichen Vergleichs“ klärungsbedürftig seien.

7 Ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung hat die von der Klägerin weiter aufgeworfene Frage, ob sie durch die Vorlage der Anwendungsbeobachtung die Auflage in dem gerichtlichen Vergleich erfüllt habe, der eine klinische Studie verlangt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Anwendungsbeobachtung per se eine geringere Aussagekraft hat als eine klinische Studie, sondern allein darauf, dass sich die Beteiligten hier nach der den Senat wiederum bindenden Auslegung des Vergleichs durch das Oberverwaltungsgericht auf die Vorlage einer klinischen Studie geeinigt haben und gerade nicht auf andere Wege eines Wirksamkeitsnachweises. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für künftige Fälle ergeben sich daraus nicht.

8 Schließlich kommt auch der von der Klägerin aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu, ob eine Bezugnahme auf anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 AMG eine klinische Studie nicht auch dann ersetzen könne, wenn die Erkenntnisse - hier: die Anwendungsbeobachtung - allein von dem Arzneimittel stammten, um dessen Zulassung es gehe. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine solche Bezugnahme nur in Betracht kommt bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindest 10 Jahren „allgemein“ verwendet werden. Dem ist nicht genügt, wenn nur das in Rede stehende Arzneimittel am Markt diese Wirkstoffe enthält. Unbeschadet dessen kommen selbstbezügliche Erkenntnisse unterhalb der Schwelle einer klinischen Studie hier schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Beteiligten ausdrücklich auf die Vorlage einer klinischen Studie geeinigt haben, um die bestehende Unklarheit über die Wirksamkeit bei oraler Gabe auszuräumen. Daran muss sich die Klägerin festhalten lassen.

9 2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt schon deshalb nicht vor, weil in der von der Klägerin angeführten Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162) die Annahme eines Verstoßes gegen das Koppelungsverbot des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG darauf beruhte, dass zwischen der dortigen Leistung in Form der Änderung eines Bebauungsplans und der als Gegenleistung vereinbarten „nicht zweckgebundenen Zuwendung“ kein bauplanungsrechtlicher Zusammenhang bestand. Ein solcher - hier arzneimittelrechtlicher - Zusammenhang zwischen der Zulassung der Arzneimittel und der Verpflichtung, deren Wirksamkeit nachzuweisen, ist indes offensichtlich.

10 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.