Beschluss vom 27.02.2003 -
BVerwG 3 B 162.02ECLI:DE:BVerwG:2003:270203B3B162.02.0

Beschluss

BVerwG 3 B 162.02

  • Niedersächsisches OVG - 18.06.2002 - AZ: OVG 11 LB 68/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 414 415,87 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
Das Berufungsgericht hat sein Urteil auf zwei voneinander unabhängige Gründe gestützt. Zum einen hat es angenommen, dem Begehren der Klägerin stehe die Unanfechtbarkeit der Versagungsbescheide vom 26. April 1994 und vom 15. März 1995 entgegen und der Beklagte habe ein Wiederaufgreifen der bestandskräftig entschiedenen Förderungsfrage zu Recht abgelehnt. Zum anderen hat es ausgesprochen, der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Aspekt ein Anspruch auf die begehrten Fördermittel zu. Gegenüber einem in dieser Weise doppelt begründeten Urteil kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn gegenüber jeder der beiden Begründungen einer der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Zulassungsgründe durchgreift. Das ist hier nicht der Fall. Zumindest im Hinblick auf die den Förderungsanspruch verneinende Argumentation des Berufungsgerichts liegen die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nicht vor.
Die Rechtssache hat insoweit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Klägerin sieht Klärungsbedarf bei der Auslegung des Gefährdungstatbestandes in § 9 Abs. 2 Nr. 2 KHG. Nach dieser Bestimmung bewilligen die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers Fördermittel für Erwerb, Erschließung, Miete und Pacht von Grundstücken, soweit ohne die Förderung die Aufnahme oder Fortführung des Krankenhausbetriebs gefährdet wäre. Das Berufungsgericht hat die Gefährdung des Krankenhausbetriebs bei Ausbleiben der beantragten Förderung verneint, weil die Schuldenlast der Klägerin zu wesentlichen Teilen aus nicht gezahlten Pachtzinsen resultiere, diese Pachtzinsen aber vom Grundstückseigentümer und Geschäftsführer der Klägerin gestundet seien, der Eigentümer mit der Klägerin einen Rangrücktritt gemäß § 39 Abs. 2 InsO vereinbart und sich gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, für deren Verbindlichkeiten mit seinem Vermögen einzustehen.
Beide von der Klägerin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen zielen darauf, dass die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Geschäftsführers der Klägerin als eines Dritten bei der Beurteilung der Gefährdung nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Diese Auffassung ist jedoch ersichtlich unhaltbar, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Die in Rede stehende Bestimmung setzt voraus, dass ohne die Förderung eine Gefährdung des Krankenhausbetriebs eintreten würde. Dies erfordert eine Bewertung der wirtschaftlichen Überlebenschancen des Krankenhausbetreibers ohne die begehrte Investitionsförderung. In diese Bewertung muss selbstverständlich der Belastungsgrad etwaiger Verbindlichkeiten einbezogen werden. Steht fest, dass der Gläubiger - aus welchen Gründen auch immer - seine Forderungen nicht zwangsweise gegen den Krankenhausbetreiber durchsetzt, so liegt auf der Hand, dass von ihm keine Gefährdung des Krankenhausbetriebs ausgeht. Die durch die Fragestellung der Beschwerde suggerierte Alternative, ob es allein auf das Vermögen des Krankenhausbetreibers ankomme oder ob die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft eines Dritten mit herangezogen werden könne, verkennt, dass die Unterstützung durch einen Dritten, vor allem wenn sie vertraglich vereinbart ist, Rückwirkungen auf die Bewertung der Vermögenssituation des Krankenhausbetreibers hat.
Fehl geht auch die Rüge, das angefochtene Urteil weiche im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 1986 (- BVerwG 3 B 61.85 - Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 10) und vom 18. April 1986 (- BVerwG 3 B 93.85 - Buchholz 451.74 § 4 KHG Nr. 4) ab. Eine Abweichung kommt nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht einer bestimmten Rechtsvorschrift einen anderen rechtlichen Gehalt beigemessen hat als eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO angeführten Gerichte. Die jeweiligen Entscheidungen müssen sich daher grundsätzlich auf dieselbe Rechtsvorschrift beziehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 132 Rn. 15). Daran fehlt es hier. Die beiden genannten Beschlüsse beziehen sich auf das Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG - vom 29. Juni 1972 (BGBl I S. 1009). Das Merkmal der unzumutbaren Härte in § 8 Abs. 2 KHG 1972, mit dem sich der Beschluss vom 26. März 1986 befasst, ist in den nunmehr maßgebenden Förderungsbestimmungen der §§ 8 bis 11 KHG nicht mehr enthalten. Der Beschluss vom 18. April 1986 befasst sich mit § 4 Abs. 2 KHG 1972, in dem zwar auch von einer Gefährdung der Fortsetzung des Betriebs die Rede ist, der Kontext dieses Tatbestandsmerkmals aber gänzlich anders ist als in der heute geltenden Regelung. Das schließt es aus, von einer Divergenz bei der Auslegung derselben Rechtsvorschrift zu sprechen. Es kommt hinzu, dass die hier interessierende Frage der wirtschaftlichen Bewertung von Schulden im Hinblick auf die Kooperationsbereitschaft des Gläubigers im Beschluss vom 18. April 1986 keine Rolle spielt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.