Beschluss vom 27.03.2003 -
BVerwG 3 B 62.02ECLI:DE:BVerwG:2003:270303B3B62.02.0

Leitsatz:

Auf der Grundlage des Irreführungsverbots in Art. 48 VO (EG) Nr. 1493/1999 sowie in Art. 6 VO (EG) Nr. 753/2002 begegnet die Verwendung des Begriffs "feinherb" in der Etikettierung eines Qualitätsweins b.A. keinen Bedenken.

  • Rechtsquellen
    VO (EWG) Nr. 2392/89 Art. 11 Abs. 2 Buchst. k
    VO (EG) Nr. 1427/96 Art. 1 Nr. 6
    VO (EG) Nr. 1493/1999 Art. 48
    VO (EG) Nr. 753/2002 Art. 6, 16

  • OVG Koblenz - 29.01.2002 - AZ: OVG 7 A 10731/01 -
    OVG Rheinland-Pfalz - 29.01.2002 - AZ: OVG 7 A 10731/01.OVG

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.03.2003 - 3 B 62.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:270303B3B62.02.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 62.02

  • OVG Koblenz - 29.01.2002 - AZ: OVG 7 A 10731/01 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 29.01.2002 - AZ: OVG 7 A 10731/01.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 294 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Soweit die Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung damit begründet hat, es bestünden Auslegungszweifel im Hinblick auf Art. 11 Abs. 2 Buchst. k 4. Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 des Rates vom 24. Juli 1989 (ABl Nr. L 232/03 Z) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1427/96 vom 26. Juni 1996 (ABl Nr. L 184/3), ist dem inzwischen die Grundlage entzogen worden. Mit dem In-Kraft-Treten der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 vom 17. Mai 1999 über die Gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl Nr. L 179/1) sowie der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinerzeugnisse (ABl Nr. L 118/1) am 1. Januar 2003 ist die Verordnung (EWG) Nr. 2392/89 außer Kraft getreten. Für die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist sie daher nicht mehr entscheidungserheblich.
Zu Unrecht meint der Beklagte, auch im Hinblick auf das nunmehr geltende Gemeinschaftsrecht werfe die Verwendung des Be-
griffs "feinherb" klärungsbedürftige Rechtsfragen auf. Nach seiner Auffassung verstößt die Verwendung dieses Begriffs in der Etikettierung in herausgestellter Form gleich und an der Stelle einer gesetzlich definierten Geschmacksangabe gegen das Irreführungsverbot des Art. 48 VO (EG) Nr. 1493/1999 sowie des Art. 6 VO (EG) Nr. 753/2002. Diese Argumentation ist jedoch nicht nachzuvollziehen. Der Beklagte stellt die Richtigkeit der Feststellung des Berufungsgerichts nicht in Frage, dass der Begriff "feinherb" den Verbraucher nicht hinsichtlich der geschmacklichen und sonstigen Eigenschaften des Weines täuscht. Die Gefahr der Irreführung soll aber nach Ansicht des Beklagten darin liegen, dass der Verbraucher glauben könne, es handle sich um einen gesetzlich definierten Begriff. Selbst wenn dies zuträfe, würde es sich um einen Irrtum ohne jegliche Relevanz für das Kaufverhalten des Verbrauchers handeln. Die Unterstellung schließt die Annahme mit ein, dass sich der betreffende Verbraucher über die gesetzlichen Anforderungen an einen solchen Wein im Unklaren ist. Unter diesen Umständen verbindet sich mit dem Begriff "feinherb" - anders als mit den gesetzlich definierten Begriffen "trocken", "halbtrocken", "lieblich" und "süß" - keine gesicherte Verbrauchererwartung, die enttäuscht werden könnte.
Die Auffassung des Beklagten würde im Übrigen dazu führen, dass der mit der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 vollzogene Übergang vom Verbots- zum Missbrauchsprinzip verhindert würde. Mit der Begründung, der Verbraucher könne irrtümlich vom Vorliegen eines gesetzlich definierten Begriffs ausgehen, ließen sich letztlich alle nicht gesetzlich definierten Begriffe verhindern. Damit wäre die vom Gesetzgeber gewollte größere Freiheit im Weinbezeichnungsrecht wieder aufgehoben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1, § 14 GKG.