Beschluss vom 27.06.2003 -
BVerwG 9 BN 5.03ECLI:DE:BVerwG:2003:270603B9BN5.03.0

Beschluss

BVerwG 9 BN 5.03

  • OVG für das Land Brandenburg - 19.02.2003 - AZ: OVG 2 D 14/02.NE

In der Normenkontrollsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 19. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde macht in erster Linie geltend, dass das Normenkontrollgericht auf einer unrichtigen Tatsachengrundlage entschieden habe. Einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vermag sie mit dieser Rüge nicht aufzuzeigen. Insbesondere führen die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang hervorgebrachten Erwägungen nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Denn die Frage, ob die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Kommunalabgabengesetz im Land Brandenburg erforderliche Zustimmung des Ministeriums des Innern und der Finanzen für die kommunal-aufsichtliche Genehmigung einer Steuersatzung vorliegt, mit der die Jagdsteuer erstmals im Land Brandenburg eingeführt wurde, mag zwar von allgemeiner, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung sein, ist jedoch, was die Beschwerde verkennt, keine Rechtsfrage, wie § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO es voraussetzt.
Das angefochtene Urteil leidet auch nicht an dem von der Beschwerde geltend gemachten Verstoß gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO). Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerde den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge dieses Verfahrensmangels genügt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO n.F. Nr. 26 = NJW 1997, 3328), denn ein solcher Verfahrensverstoß liegt jedenfalls nicht vor. Die Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht setzt im Allgemeinen voraus, dass das Tatsachengericht Aufklärungsmaßnahmen nicht ergriffen hat, auf die der anwaltlich oder sonst rechtskundig vertretene Beteiligte - insbesondere durch entsprechende Beweisanträge - hingewirkt hat, oder dass sich dem Gericht diese Aufklärungsmaßnahmen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätte aufdrängen müssen. Dies war hier im Hinblick auf die vom Antragsgegner nunmehr vorgelegten Unterlagen über eine bereits im Jahre 1992 im Land Brandenburg erfolgte ministerielle Zustimmung zur Einführung der Jagdsteuer nicht der Fall. Das Normenkontrollgericht hat in dem ebenfalls eine Jagdsteuersatzung betreffenden Parallelverfahren beim Ministerium des Innern hierzu ausdrücklich nachgefragt und von diesem die eindeutige Auskunft erhalten, dass „eine Zustimmung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) zur Einführung der Jagdsteuer im Land Brandenburg (...) seitens des MI und des MdF nicht erteilt” worden sei, so dass hierzu auch keine Vorgänge zugeleitet werden könnten. Es begründete dies mit der - vom Normenkontrollgericht im hier angefochtenen Urteil als unzutreffend angesehene - Rechtsauffassung, dass eine solche Einführungszustimmung zur Jagdsteuer wegen der ausdrücklichen Erwähnung der Jagdsteuer in § 3 Abs. 1 Satz 2 KAG nicht notwendig sei. Diese Erkenntnis hat das Gericht in das Verfahren des Antragsgegners ausdrücklich eingeführt und die Frage der fehlenden ministeriellen Zustimmung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG ausweislich der Sitzungsniederschrift mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert. Bei dieser Sachlage bestand für das Normenkontrollgericht keine Veranlassung, weitere Nachforschungen darüber anzustellen, ob eine ministerielle Zustimmung zur erstmaligen Einführung der Jagdsteuer nicht doch vorliege, zumal sich das Vorhandensein älterer Jagdsteuersatzungen im Land Brandenburg auf der Grundlage der vom Innenministerium mitgeteilten Rechtsauffassung auch ohne Zustimmung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KAG ohne weiteres erklären ließ. Insbesondere mussten sich dem Gericht keine weiteren Ermittlungen aufdrängen, auch nicht im Hinblick auf den vom Antragsgegner nunmehr vorgelegten Runderlass des Ministeriums des Innern vom 22. Oktober 1992 zur Jagdsteuermustersatzung, der einen Hinweis auf die vorliegenden ministerielle Genehmigung der ersten Jagdsteuersatzung enthält. Denn weder der Antragsgegner noch das Ministerium des Innern haben im Normenkontrollverfahren auf die mögliche Existenz eines solchen Erlasses hingewiesen. Selbst wenn er, wie der Antragsgegner vorträgt, im Internet veröffentlicht sein sollte, ändert dies nichts daran, dass das Gericht bei der gegebenen Auskunftslage keine Veranlassung sehen musste, gleichsam „ins Blaue hinein” weitere Nachforschungen zu der Zustimmungsfrage anzustellen. Der Antragsgegner selbst hat im Übrigen weder einen dahin gehenden Beweisantrag gestellt, noch in sonstiger Weise auf konkrete weitere Ermittlungsmaßnahmen des Gerichts hingewirkt.
Was die vom Antragsgegner angesprochene Wirksamkeit und Bedeutung der angefochtenen Entscheidung für die Wirksamkeit anderer Jagdsteuersatzungen im Land Brandenburg betrifft, bleibt es den zuständigen Stellen unbenommen, durch entsprechende Verlautbarungen auf das Vorliegen der erforderlichen ministeriellen Zustimmung für die erstmalige Einführung der Jagdsteuersatzung hinzuweisen. Im Übrigen kann dahinstehen, ob die Beschwerde mit ihrem Vortrag, nach der mündlichen Verhandlung seien die Unterlagen über die Genehmigung der Jagdsteuersatzung im Archiv des Ministeriums des Innern aufgefunden worden, einen Wiederaufnahmegrund i.S.d. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO i.V.m. § 153 Abs. 1 VwGO dargetan hat. Die Zuständigkeit, über einen Wiederaufnahmeantrag zu befinden, liegt nach § 584 Abs. 1 ZPO nicht beim Revisionsgericht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Hien Vallendar Dr. Eichberger