Verfahrensinformation

Die Klägerin unterhält einen Großschlachtbetrieb für Puten. Sie wendet sich gegen zwei Kostenfestsetzungsbescheide aus dem Jahr 2005, mit denen sie der beklagte Landkreis zu Gebühren und Auslagen für amtstierärztliche Untersuchungen von Schlachtgeflügel heranzog. Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide teilweise - in Höhe von 15 260,94 € und 16 744,32 € - aufgehoben. Es hat angenommen, dass es an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung fehle, soweit der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Gebührensatz für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung die in der Richtlinie 85/73/EWG vorgegebene Pauschalgebühr in Höhe von 0,04 € je geschlachteter Pute überschreite. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht jeweils zurückgewiesen. Die einschlägigen Regelungen der Landesgebührenordnung für die Veterinärverwaltung vom 22. März 1995 (i.d.F. vom 14. September 2004) seien weder hinreichend bestimmt noch genügten sie dem Gesetzesvorbehalt, weil die Ausgestaltung der Gebühr in wesentlichen Teilen der Verwaltung überlassen sei. Sowohl hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen für die Gebühr als auch in Bezug auf den Abgabesatz mangele es an den erforderlichen normativen Vorgaben; eine bloße Regelung durch Verwaltungsvorschrift reiche nicht aus.


Gegen diese Berufungsurteile richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen des Beklagten.


Urteil vom 27.06.2013 -
BVerwG 3 C 8.12ECLI:DE:BVerwG:2013:270613U3C8.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 3 C 8.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:270613U3C8.12.0]

Urteil

BVerwG 3 C 8.12

  • VG Oldenburg - 23.05.2008 - AZ: VG 7 A 4245/05
  • Niedersächsisches OVG - 14.12.2011 - AZ: OVG 13 LC 115/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Buchheister,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für fleischhygienerechtliche Kontrollen von Schlachtgeflügel.

2 Sie unterhält im Landkreis C. einen Großschlachtbetrieb für Puten. Mit Bescheid vom 30. September 2005 setzte der Beklagte gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin für im Monat August 2005 durchgeführte Untersuchungen Gebühren in Höhe von insgesamt 46 051,66 € fest (28 027,53 € für Kontrollen während der normalen Arbeitszeit [311 417 Tiere x 0,09 €], 17 394,13 € für Kontrollen außerhalb der normalen Arbeitszeit [133 801 Tiere x 0,13 €] sowie 630 € für Wartezeiten von Veterinären und Fleischkontrolleuren [17,50 €/angef. Viertelstd.]). Grundlage für die Gebührensätze war das Gebührenverzeichnis des Amtes für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Beklagten in der ab 1. April 2005 geltenden Fassung.

3 Mit der Klage hat die Klägerin den Bescheid angefochten, soweit die festgesetzten Gebühren über 29 307,28 € hinausgehen. Sie hat geltend gemacht, dass mit der Aufhebung des Geflügelfleischhygienegesetzes (GFlHG) mit Wirkung vom 7. September 2005 die Ermächtigungsgrundlage in § 26 Abs. 2 GFlHG für die Erhebung von Gebühren für Schlachtgeflügeluntersuchungen entfallen sei. Das habe zur Folge, dass die Ermächtigung zum Erlass von Gebührenordnungen in § 3 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) nicht mehr die erforderliche Bestimmtheit aufweise; denn § 3 NVwKostG könne nur im Zusammenspiel mit § 26 GFlHG als wirksame Verordnungsermächtigung angesehen werden. Der Beklagte könne sie daher lediglich zu Gebühren in Höhe der Gemeinschaftspauschalgebühr nach der Richtlinie 85/73/EWG heranziehen.

4 Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit ein höherer Betrag als 29 307,28 € festgesetzt worden ist. Es hat darauf abgestellt, dass für die Erhebung der weitergehenden Gebühren (16 744,38 €) mangels hinreichender Bestimmtheit der Gebührenregelung die Ermächtigungsgrundlage fehle. Der Landesgesetzgeber müsse sowohl die Gebührentatbestände als auch den Gebührenumfang regeln. Es genüge den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nicht, dass die Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet) in Abschnitt VII.D. Nr. 4 i.V.m. VI.D. Nr. 2 des Gebührenverzeichnisses schlicht den Wortlaut von Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73/EWG wiederhole. Erforderlich sei zumindest die Festsetzung eines Gebührenrahmens durch die Gebührenordnung selbst.

5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Auf den angefochtenen Bescheid finde § 26 GFlHG keine Anwendung. Ungeachtet dessen ergebe sich die Regelungsbefugnis der Länder aus Art. 72 Abs. 1 GG. Gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 NVwKostG seien die gebührenpflichtigen Amtshandlungen und die Höhe der Gebühr durch Gebührenordnungen zu bestimmen. Die Ermächtigungsnorm genüge dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Anderes gelte hingegen für die auf dieser Grundlage erlassene Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung. Die Regelungen zur Gebühr für die Untersuchung von Schlachtgeflügel in Abschnitt VII.D. Nr. 4 i.V.m. Abschnitt VI.D. Nr. 2.1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet erfüllten weder die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes noch genügten sie dem Gesetzesvorbehalt. Unter Übernahme der entsprechenden Bestimmung der Richtlinie 85/73/EWG heiße es unter Nr. 2.1, dass die zuständigen Behörden zur Deckung höherer Kosten eine Gebühr zu erheben hätten, die die tatsächlichen Kosten decke. Das sei zu unbestimmt; denn es ließen sich weder die Bemessungsgrundlage für die Gebühr noch der Abgabesatz ableiten. Ein Gebührenrahmen lasse sich auch nicht aus der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühr (Abschnitt VII.D. Nr. 2 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet) als Mindestgebühr und den tatsächlichen Gesamtkosten als oberer Grenze entnehmen. Die Gebührenordnung überlasse den zuständigen Behörden die Entscheidung darüber, ob sie entsprechend Anhang A Kapitel I Nr. 1 Buchst. e der Richtlinie 85/73/EWG eine nach Geflügelkategorien und Schlachtgewicht gestaffelte Pauschalgebühr oder eine einheitliche pauschale Gebühr verlangten. Sei danach aber schon die Übernahme der Gemeinschaftspauschalgebühr in die GOVet zu unbestimmt, könne daraus auch keine bestimmte Mindestgebühr abgeleitet werden. Ebenso wenig ergebe sich aus der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten eine Höchstgebühr. Hiermit werde lediglich der Umfang der auf die Gebührenschuldner zu verteilenden Kosten umrissen. Zusätzlich bedürfe es aber noch der normativen Festlegung eines Verteilungsmaßstabes. Dazu mache die Gebührenordnung jedoch keine Vorgaben. Auch für die Erhebung der Rückstandsuntersuchungsgebühr fehle daher eine taugliche Ermächtigungsgrundlage; denn nach Abschnitt VII.D. Nr. 6 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet seien die Kosten für die stichprobenweisen Rückstandskontrollen bei den Kosten nach Abschnitt VII.D. Nr. 1 bis VII.D. Nr. 4 einzurechnen und gemeinsam mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühr zu erheben. Vergleichbares gelte hinsichtlich der Gebühren für Untersuchungen außerhalb der normalen Arbeitszeit. Offen bleiben könne, ob die Gebühren für Wartezeiten zulässig erhoben worden seien. Der Betrag von 630 € übersteige den unangefochten gebliebenen Teil des Gebührenbescheids unter keinem denkbaren Gesichtspunkt.

6 Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Das Berufungsurteil beruhe auf der Verletzung revisiblen Rechts, weil es zu Unrecht davon ausgehe, dass die Gebührenordnung gegen das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verstoße. Es sei schon zweifelhaft, ob der Vorbehalt des Gesetzes einschlägig sei, wenn es um die Notwendigkeit einer Regelung durch Rechtsverordnung gehe. Jedenfalls seien dessen Anforderungen gewahrt. Der Landesgesetzgeber habe die nähere Ausgestaltung der Gebühren an den Verordnungsgeber delegieren dürfen. Die Gebührenregelungen genügten auch dem Bestimmtheitsgebot. Durch das Kostendeckungsprinzip sowie die Konkretisierung der berücksichtigungsfähigen Kosten in § 1a Abs. 3 GOVet sei die Bemessungsgrundlage für die zu erhebende Gebühr hinreichend normativ vorgegeben. Einer konkreten Bezifferung der Gebührensätze auf Verordnungsebene bedürfe es nicht.

7 Die Klägerin verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

8 Der Beigeladene unterstützt die Revision, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

II

9 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die in Rede stehende Gebührenregelung den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots nicht gerecht wird.

10 1. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist nach der für den Senat bindenden Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht § 3 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) i.V.m. der Gebührenordnung für die Veterinärverwaltung (GOVet) vom 22. März 1995 (Nds. GVBl S. 63) i.d.F. vom 14. September 2004 (Nds. GVBl S. 322).

11 Die Gesetzgebungskompetenz des Landes Niedersachsen zur Regelung der Gebühren für Amtshandlungen nach dem Geflügelfleischhygienegesetz hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend bejaht. Anders als im Parallelverfahren - BVerwG 3 C 7.12 - findet § 26 des Geflügelfleischhygienegesetzes (GFlHG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 991), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Mai 2004 (BGBl I S. 934), hier keine Anwendung mehr. Das Geflügelfleischhygienegesetz ist mit Wirkung vom 7. September 2005 aufgehoben worden (Art. 7 Nr. 8 i.V.m. Art. 9 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts - LFNeuOG - vom 1. September 2005, BGBl I S. 2618, 2666). Der angefochtene Bescheid ist erst nach diesem Zeitpunkt erlassen worden. Zu den Vorschriften, die übergangsweise weiterhin anzuwenden waren, gehört § 26 GFlHG nicht (vgl. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 LFNeuOG). Die ersatzlose Aufhebung des § 26 GFlHG hat die bisherige Regelungsbefugnis der Länder (vgl. § 26 Abs. 2 GFlHG) allerdings nicht beseitigt, sondern umgekehrt bekräftigt (Art. 72 Abs. 1 GG; Urteil vom 20. Dezember 2007 - BVerwG 3 C 50.06 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 27 Rn. 15).

12 2. Ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Gebührenordnung in § 3 NVwKostG eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage findet.

13 Nach den Grundsätzen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, die in revisibler Weise die Auslegung des vom Berufungsgericht herangezogenen landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs - Art. 43 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung - vorgeben (Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 3 C 17.11 - NVwZ-RR 2013, 105 Rn. 32 m.w.N.), muss das zum Erlass der Verordnung ermächtigende Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Das ist hier - ausgehend von der Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht - der Fall. § 3 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 NVwKostG ermächtigt den Verordnungsgeber, die gebührenpflichtigen Amtshandlungen und die Gebührenhöhe festzulegen. § 3 Abs. 3 NVwKostG bindet ihn dabei an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Danach sind, wenn ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaft die Erhebung von Gebühren vorsieht, diese nach Maßgabe des Rechtsakts und, soweit dieser es zulässt, ergänzend nach Maßgabe des Absatzes 2 in der betreffenden Gebührenordnung festzusetzen. § 3 Abs. 2 NVwKostG verpflichtet den Verordnungsgeber zur Wahrung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips. Dadurch ist die Ermächtigung hinreichend konkretisiert und umgrenzt. Insbesondere durfte der Landesgesetzgeber dem Verordnungsgeber die Entscheidung darüber überlassen, ob und gegebenenfalls wie von den gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren im Sinne der Richtlinie 85/73/EWG vom 29. Januar 1985 in der hier maßgeblichen Fassung der Richtlinie 96/43/EG vom 26. Juni 1996 (ABl EG Nr. L 162 S. 1) abgewichen werden soll (vgl. Urteil vom 27. April 2000 a.a.O. S. 149 f.; zur Bedeutung des Kostendeckungsprinzips für die Bestimmtheit von Zweck und Ausmaß der Ermächtigungsnorm siehe auch Urteil vom 3. März 1989 - BVerwG 8 C 11.87 - Buchholz 445.5 § 47 WaStrG Nr. 1 S. 3).

14 3. Demgegenüber genügen die vom Berufungsgericht herangezogenen Regelungen der Gebührenordnung mit dem Inhalt, den ihnen die Vorinstanz beigemessen hat, nicht den Anforderungen des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Bestimmtheitsgebots.

15 a) Der Grad der von Verfassungs wegen geforderten Bestimmtheit einer Norm hängt sowohl von der Eigenart des geregelten Sachverhalts und den jeweiligen (Grundrechts-)Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen als auch von der Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs ab. Im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt. Der Gebührenschuldner muss die Höhe der zu erwartenden Gebührenlast anhand der normativen Festlegungen im Wesentlichen abschätzen können. Soweit es sich um Abgaben mit dem unmittelbaren Zweck einer Kostendeckung handelt, bedarf es nicht zwingend der tatbestandlichen Bestimmung eines Abgabesatzes. Hinreichende Bestimmtheit kann vielmehr auch hergestellt werden, indem die Bemessungsfaktoren für die die Abgabe tragenden Kosten normiert werden (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <234 ff.>; BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1969 - BVerwG 4 C 68.67 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 6 S. 4 und vom 9. März 1990 - BVerwG 8 C 20.88 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 117 S. 13 f.; Beschlüsse vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <147 f.> = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 5 S. 15 f. und vom 25. September 1989 - BVerwG 8 B 95.89 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 23 S. 7 f.).

16 b) Hiernach fehlt der Regelung zur Erhebung höherer Gebühren als den gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Geflügel die erforderliche Bestimmtheit. Der Gebührentatbestand in Abschnitt VII.D. Nr. 4 i.V.m. Abschnitt VI.D. Nr. 2.1 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet sieht lediglich vor, dass die zuständigen Behörden zur Deckung höherer Kosten eine Gebühr zu erheben haben, die die tatsächlichen Kosten deckt (entsprechend Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b der Richtlinie 85/73/EWG). Weitergehende Vorgaben dazu, wie diese Gebühr zu bemessen ist, trifft die Gebührenordnung nicht. Weder lassen sich Bemessungsfaktoren entnehmen, die die Gebührenlast für den Gebührenschuldner zumindest annähernd berechenbar machen, noch ist aus der GOVet ein Gebührenrahmen ableitbar, der die Höhe der Gebühr abschätzbar werden lässt. Zu Recht führt das angefochtene Urteil aus, dass das Tatbestandsmerkmal der tatsächlich anfallenden Kosten der Gebührenregelung keine hinreichende Bestimmtheit verleiht; denn für sich allein genommen ist es nicht geeignet, die Gebührenhöhe ausreichend deutlich zu umreißen. Es bedarf der Ausfüllung und Konkretisierung durch einen Maßstab für die Verteilung der Kosten, also der Bestimmung eines Bezugspunkts für den Gebührensatz, wie etwa die Anknüpfung an Schlachtgewicht, Tierkategorie, Schlachtzahl u.a. oder - bei Verzicht auf eine Unterscheidung - an eine einheitliche Untersuchungsgebühr. Das zeigt nicht zuletzt das vom Beklagten erstellte Gebührenverzeichnis, das bei der Festlegung der konkreten Gebührensätze nach Geflügelkategorien (Enten, Gänse, Puten, Masthähnchen, Elterntier, Legehennen) differenziert.

17 Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass es sich bei der Wahl des Verteilungsmaßstabs um einen für die Höhe der zu entrichtenden Gebühr bedeutsamen Parameter handelt und die Entscheidung darüber deshalb durch Rechtssatz zu treffen ist. Die Vorgabe eines Verteilungsmaßstabs lässt sich der Gebührenordnung weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen. Es bleibt vielmehr der zuständigen Verwaltungsbehörde überlassen, ob sie insoweit an der Struktur der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühr anknüpft oder aber wie der Beklagte einen anderen Maßstab zugrunde legt.

18 Gegen die Annahme mangelnder Bestimmtheit lässt sich nicht anführen, dass der Verordnungsgeber in § 1a Abs. 3 GOVet unter Übernahme der entsprechenden Vorschrift der Richtlinie 85/73/EWG (Art. 5 Abs. 1) geregelt hat, welche Art von Kosten bei der Gebührenbemessung berücksichtigungsfähig sind. Richtig ist, dass damit die Bemessungsgrundlage für die tatsächlichen Kosten im Sinne von Abschnitt VII. des Gebührenverzeichnisses zur GOVet vorgegeben ist. Das verschafft dem Gebührentatbestand jedoch nicht die gebotene Regelungsdichte, weil damit die fehlende Vorgabe des anzuwendenden Verteilungsmaßstabs nicht kompensiert wird.

19 c) Der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot erstreckt sich auch auf die Erhebung der Rückstandsuntersuchungsgebühr und der Gebühr für Untersuchungen außerhalb der normalen Arbeitszeit; denn die Bemessung dieser Gebühren basiert auf der Gebühr für die gewöhnliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung nach Abschnitt VII.D. Nr. 4 (vgl. Abschnitt VII.D. Nr. 6 des Gebührenverzeichnisses zur GOVet sowie § 1a Abs. 4 GOVet).

20 4. Zu Unrecht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, die Gebührenregelungen genügten auch nicht den Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes. Dieser verfassungsrechtliche Vorbehalt verlangt, dass staatliches Handeln in den grundlegenden, namentlich grundrechtsrelevanten Bereichen durch ein förmliches Gesetz legitimiert ist. Gemeint ist also ein Parlamentsvorbehalt (vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251>). Danach ist dieser Grundsatz kein Prüfungsmaßstab in Bezug auf die notwendige Regelungsdichte der als Rechtsverordnung erlassenen Gebührenordnung. Das kann der Revision jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, weil das angefochtene Urteil darauf nicht beruht.

21 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.