Beschluss vom 28.01.2003 -
BVerwG 3 B 176.02ECLI:DE:BVerwG:2003:280103B3B176.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.01.2003 - 3 B 176.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:280103B3B176.02.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 176.02

  • Niedersächsisches OVG - 17.09.2002 - AZ: OVG 11 LB 123/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO liegt nach dem Beschwerdevorbringen nicht vor. Weder haftet dem angefochtenen Urteil ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO an, wie die Beschwerde in erster Linie geltend macht, noch verbinden sich mit dem Streitverfahren Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Beschwerde sieht nach der Beschwerdebegründung vom 30. November 2002 (S. 3 bis 21) beachtliche Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor allem darin, dass das Oberverwaltungsgericht die Aufklärung entscheidungserheblicher Beweistatsachen unterlassen und dadurch gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen habe; als wesentliche entscheidungserhebliche Tatsachen, die ungenügend aufgeklärt worden seien, sieht die Beschwerde insbesondere die historische und rechtliche Abfolge des Vermögens der Familie zu S.-L. und der dazugehörigen Archive an. Zusätzlich beklagt die Beschwerde Verstöße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG/§ 108 Abs. 2 VwGO). Indessen übersieht die Beschwerde hinsichtlich aller geltend gemachten Verfahrensmängel, dass sich die Berechtigung einer Verfahrensrüge nur anhand des vom Gericht eingenommenen materiellrechtlichen Maßstabs bewerten lässt, sei dieser Ansatz zutreffend oder nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2000 - BVerwG 8 PKH 9.00 - Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 12 S. 36 m.w.N.). Hiernach kommt es im Streitverfahren auf die von der Beschwerde in den Vordergrund gerückten tatsächlichen Fragen, insbesondere wer wann Eigentümer des Depositalgutes geworden ist, nicht an; bei Lichte besehen stellen sich die Darlegungen in den Urteilsgründen zum Vermögen des Fürstenhauses S.-L. (S. 17 und 18) als ein nicht entscheidungserhebliches "obiter dictum" dar:
In Anwendung und Auslegung einschlägigen Landesrechts (insbesondere der § 3 Abs. 7 Satz 2, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 sowie § 16 Abs. 3 des Niedersächsischen Archivgesetzes - NArchG -) hat das Oberverwaltungsgericht nach den Urteilsgründen darauf erkannt, dass zwar auch private Interessen zum Zweck der Durchsetzung privater Vermögensinteressen zu "sonst berechtigten Interessen" im Sinne des vorgenannten Gesetzes gehören könnten und der Archivbenutzungsanspruch auch so genannte Findmittel wie Findbücher und Repertorien umfassen könne, dass sich aber der Zustimmungsvorbehalt eines Depositalgebers in Depositalverträgen im Sinne des § 3 Abs. 7 Satz 2 NArchG auch auf diese Findmittel erstrecke; dabei könne einer begehrten Einsichtnahme ein Zustimmungsvorbehalt in einem Depositalvertrag unabhängig davon entgegengehalten werden, wer - Depositalgeber oder ein Dritter - zivilrechtlich gesehen richtigerweise Eigentümer des Depositalgutes ist, weshalb diese Frage das Staatsarchiv nicht zu interessieren brauche; wenn sich - wie im Streitfall die Klägerin - ein Dritter eines (Mit-)Eigentumsrechts an dem Depositalgut berühme, sei er gehalten, gegen den Depositalgeber auf dem Zivilrechtswege vorzugehen, um die Eigentumsfrage verbindlich klären zu lassen, was auch bedinge, dass ein Dritter, welcher sich durch den Depositalvertrag gehindert sehe, seine vermeintlich bestehenden Rechte einzufordern, sich auch insoweit zivilrechtlich an den Depositalgeber wenden müsse und seine gegen diesen gegebenenfalls bestehenden Rechte auf dem Zivilrechtsweg einklagen müsse. Vor dem Hintergrund dieser für den beschließenden Senat gemäß §§ 137 Abs. 1, 173 VwGO i.V.m. § 560, 545 Abs. 1 ZPO n.F. bindenden Erkenntnisse des Oberverwaltungsgerichts zum Landesrecht bestand hinsichtlich der Vermögensverhältnisse des Fürstenhauses Schaumburg-Lippe im Streitverfahren objektiv kein weiterer Aufklärungsbedarf, weswegen das Oberverwaltungsgericht - von allem anderen abgesehen - auch nicht gehalten war, wie beantragt in die Findbücher einzusehen.
Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich ohne weiteres, dass auch die Grundsatzrüge (S. 21 bis 23 der Beschwerdebegründungsschrift) nicht zum Erfolg führen kann.
Die Beschwerde sieht - unabhängig von der Frage, ob Miteigentum an den Archivalien gegeben ist - die Rechtsfrage als klärungsfähig und –bedürftig an, "ob Betroffene in Deposita Einsicht nehmen dürfen, wenn der Depositalgeber Einsichtnahme verweigert". Nach den vorstehenden Darlegungen beantwortet sich diese Frage ausschließlich nach irrevisiblem Landesrecht, und zwar wegen der dargelegten Bindung in dem vom Oberverwaltungsgericht verlautbarten Sinne. Es ist weder von der Beschwerde dargelegt noch ansonsten ersichtlich, dass Vorschrif-
ten des Bundesrechts zu einem anderen als dem vom Oberverwaltungsgericht gefundenen Ergebnis führen könnten.
Unsubstantiiert ist schließlich die Rüge der Verletzung der Vorlagepflicht zum Europäischen Gerichtshof. Nach den Urteilsgründen (S. 20) ist die von der Beschwerde herangezogene Richtlinie aus mehreren Gründen entweder bereits nicht einschlägig oder führt zu keinem anderen Ergebnis; dem setzt die Beschwerde lediglich eine unsubstantiierte Gegenbehauptung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung orientiert sich der beschließende Senat an der berufungsgerichtlichen Festsetzung.