Beschluss vom 28.03.2003 -
BVerwG 7 B 18.03ECLI:DE:BVerwG:2003:280303B7B18.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.03.2003 - 7 B 18.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:280303B7B18.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 18.03

  • VG Dresden - 05.12.2002 - AZ: VG 3 K 2361/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. März 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 5. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Der Kläger begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung von ehemals landwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Diese Grundstücke hatte die ... 1949 und 1952 in Besitz genommen, zum Teil aufgrund von Pachtverträgen, welche der Rat des Stadtkreises ... unter Hinweis auf angeblich erteilte Vollmachten der Eigentümer mit ihr abgeschlossen hatte. Der Kläger veräußerte die Grundstücke 1956 und 1957 an das Eigentum des Volkes. Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, weil die Inbesitznahme der Grundstücke in den Jahren 1949 und 1952 keine entschädigungslose faktische Enteignung dargestellt habe und der Kläger nicht durch unlautere Machenschaften zum Verkauf der Grundstücke gezwungen worden sei. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf den gerügten Verfahrensfehlern im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
1. Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen. Insbesondere
ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht verletzt. Das Verwaltungsgericht hat keine Schlüsse gezogen, welche die vorliegenden Indizien nicht zuließen.
Nach dem rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts kam es darauf an, ob der Kläger in einer nach den Verhältnissen der DDR unangreifbaren Weise dadurch aus seinem Eigentum verdrängt worden ist, dass die streitigen Grundstücke durch die ... in Besitz genommen und für ihre Zwecke verwendet worden sind. Dass der Kläger gleichwohl in der Rechtswirklichkeit noch als Eigentümer der Grundstücke angesehen wurde, durfte das Verwaltungsgericht aus den Umständen herleiten, dass Pachtverträge nur in Vollmacht für ihn abgeschlossen wurden, der Kläger die Grundstücke später veräußert hat und ihm dabei die Kaufpreise zugeflossen sind, er zudem ein Grundstück seiner Mutter übertragen konnte, die dann ihrerseits das Grundstück gegen Zahlung eines Kaufpreises und eines Ausgleichs für die Nutzung des Grundstücks durch die ... veräußern konnte. Zwar mag die behauptete Vollmacht nicht bestanden haben. Immerhin hat der Rat des Stadtkreises ... es bei Abschluss der Pachtverträge als notwendig angesehen, sich auf eine Vollmacht des Eigentümers zu beziehen. Das Verwaltungsgericht durfte daraus schließen, dass die staatlichen Stellen von dem fortbestehenden Eigentum des Klägers ausgingen. Gegen die Denkgesetze verstößt ein solcher Schluss nicht. Unerheblich ist ferner, ob es für den Kläger wirtschaftlich sinnlos war, an seinem Eigentum festzuhalten, oder ob ihm nichts anderes übrig blieb, als die Grundstücke schließlich an das Eigentum des Volkes zu veräußern. Ein Erwerb durch Kauf wäre für die staatlichen Stellen jedenfalls nicht erforderlich gewesen, wenn der Kläger schon vorher vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt gewesen wäre. Der Kaufpreis ist ihm als Eigentümer des Grundstücks zugeflossen.
Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird zudem verständlich vor dem Hintergrund der Verordnung über die Inanspruchnahme von Grundstücken für bergbauliche Zwecke (BergVO) vom 6. Dezember 1951 (GBl. S. 1134), auf die das Verwaltungsgericht an anderer Stelle eingeht.
War für den Betrieb des Bergbaus die Benutzung eines fremden Grundstücks zu Grubenbauen, Halden, Gebäuden, Maschinenanlagen, Wegen oder Schienenwegen, Arbeits- oder Lagerungsplätzen, Aufbereitungsanstalten, Teichen, Wasserläufen oder sonst notwendig, war der Grundstückseigentümer nach § 1 BergVO unter anderem verpflichtet, dem Bergbautreibenden die Benutzung des Grundstücks zu überlassen. Es mag sein, dass hier vor der Veräußerung des Grundstücks an das Eigentum des Volkes die Benutzung der Grundstücke durch den Bergbautreibenden zwar in den Formen der BergVO, nämlich durch den Abschluss von Verträgen (§ 2 BergVO), geregelt worden ist, aber ohne die dabei gebotene Mitwirkung des Eigentümers, die durch die Bezugnahme auf tatsächlich nicht erteilte Vollmachten überspielt wurde. Die Inbesitznahme der Grundstücke durch die ... erklärt sich vor diesem Hintergrund als möglicherweise rechtswidrige Ausübung ihres Benutzungsrechts, ohne dass der Vorgang schon als faktischer Eigentumsentzug gedeutet werden müsste.
2. Zu Unrecht rügt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verstoßen (§ 86 Abs. 1 VwGO). Er wirft dem Verwaltungsgericht vor, dieses hätte näher ermitteln müssen, ob die streitigen Grundstücke für bergbauliche Zwecke in Anspruch genommen worden sind. Zu näheren Ermittlungen in diese Richtung hatte das Verwaltungsgericht indes keinen Anlass, weil alle Beteiligten einschließlich des Klägers selbst davon ausgegangen sind, dass die Grundstücke von der ... bzw. deren Rechtsnachfolgerin für Zwecke ihres bergbaulichen Betriebs verwendet worden sind, nämlich für die Errichtung einerseits einer Schachtanlage und andererseits einer Uranaufbereitungsanlage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.