Beschluss vom 28.04.2009 -
BVerwG 1 WB 78.08ECLI:DE:BVerwG:2009:280409B1WB78.08.0

Leitsätze:

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Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung oder eines ihm unterstellten Vorgesetzten gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages im Eingabeverfahren eines Soldaten sind keine Maßnahmen, die Gegenstand eines Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten sein können.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 17, 45b
    WBO § 17 Abs. 3

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.04.2009 - 1 WB 78.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:280409B1WB78.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 78.08

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Kapitän zur See Koch und
den ehrenamtlichen Richter Oberleutnant zur See Prüße
am 28. April 2009 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass die Stellungnahme des Kommandeurs des S...kommandos I gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages in einem Petitionsverfahren rechtswidrig sei.

2 Der 1981 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit, dessen Dienstzeit auf 17 Jahre mit einem Dienstzeitende am 30. Juni 2016 festgesetzt ist. Er wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zum Oberleutnant zur See ernannt. Seit dem 31. März 2008 wird er in der ...unteroffizierschule, Lehrgruppe .../... Inspektion in P. verwendet. Er ist verheiratet und Vater eines am ... 2006 geborenen Kindes.

3 In einer Eingabe an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vom 10. Juli 2007 machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend, seine Ehefrau Hauptbootsmann ... S. habe im Juni 2007 wegen einer Erkrankung des gemeinsamen Sohnes Sonderurlaub zur Betreuung des Kindes beantragt. Er, der Antragsteller, habe das vom Dienststellenleiter für bestimmte Abwesenheitstage geforderte ärztliche Attest zur Post gegeben; es sei jedoch nicht in der Einheit eingetroffen. Eine Neubeschaffung des Attests auf seine Kosten habe er abgelehnt. Daraufhin habe der Disziplinarvorgesetzte seiner Ehefrau in einem Telefonat mit der Kinderarztpraxis veranlasst, das Attest neu auszustellen und an ihn, den Antragsteller, und an seine Ehefrau zu versenden. Er beanstande, dass auf seine Kosten ein Oberstabsapotheker Unterlagen außerhalb der ihm eingeräumten Kompetenz anfordere. Darüber hinaus rügte der Antragsteller Drangsalierungen seiner Ehefrau durch deren Disziplinarvorgesetzten.

4 Auf Anforderung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages nahm der (damalige) Kommandeur des S...kommandos I, Generalarzt Dr. R., am 3. August 2007 zu der Eingabe Stellung und berichtete darin über seine dienstaufsichtlichen Ermittlungen. Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme schloss der Wehrbeauftragte das Eingabeverfahren des Antragstellers am 24. August 2007 ab, ohne ein kritikwürdiges Verhalten der Vorgesetzten der Frau S. festzustellen.

5 Mit Schreiben vom 5. Dezember 2007 erhob der Antragsteller eine Wehrbeschwerde und trug vor, der Kommandeur des S...kommandos I habe im Rahmen seiner Stellungnahme im Petitionsverfahren seine Pflichten als Vorgesetzter verfehlt, weil er den der Eingabe zugrunde liegenden Sachverhalt im Wege der Dienstaufsicht nicht ausreichend ermittelt habe. Die Äußerung gegenüber dem Wehrbeauftragten stütze sich auf unwahre Sachverhalte, die dem Kommandeur im Rahmen der Dienstaufsicht hätten bekannt sein müssen; vor dessen Stellungnahme sei eine detaillierte Recherche erforderlich gewesen. So sei es u.a. falsch, dass der Disziplinarvorgesetzte seiner Ehefrau ein neues Attest von ihr gefordert habe. Trotz seines, des Antragstellers, ausdrücklich entgegenstehenden Willens habe der Disziplinarvorgesetzte seiner Ehefrau bei dem Arzt des Kindes angerufen und auf Kosten der Eltern ein neues Attest bestellt. Dies sei durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht mehr gedeckt. Vielmehr liege darin ein nicht legitimierter Eingriff in seine eigene Privatsphäre und in die seines Kindes, der von Seiten des Kommandeurs verharmlost und abgewiegelt werde. Der Kommandeur habe im Übrigen im Rahmen eines Dienstaufsichtsbesuchs versucht, Frau S. im Hinblick auf das Petitionsverfahren zu drangsalieren. Er habe ihr in einem persönlichen Gespräch vermittelt, dass derartige Eingaben einen schlechten Einfluss auf ihr Versetzungsgesuch hätten. Offen sei außerdem, wie die Kostenübernahme für die Neuausstellung des Attests (7 €) geregelt werden solle.

6 Am 4. Januar 2008 legte der Antragsteller dem S...kommando die an ihn gerichtete Mitteilung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 19. Dezember 2007, ferner die Rechnung für die Erstellung des neuen Attests und Anmerkungen der Beihilfestelle zur Erstattungsfähigkeit von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Rahmen der Beihilfe vor. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz erklärte er nochmals, dass die Prüfung von Seiten des Kommandeurs des S...kommandos I unsachlich erfolgt sei. Ferner bitte er um Klärung, aus welchem Titel die Kosten für das in „Amtsfunktion“ georderte Attest erstattet würden.

7 Nach Einholung einer Äußerung des Kommandeurs des S...kommandos I vom 17. Januar 2008 wies der Befehlshaber des S...kommandos die Beschwerde mit Bescheid vom 15. April 2008 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dem Antragsteller ein Beschwerderecht wegen vermeintlicher Dienstpflichtverletzungen des Kommandeurs gegenüber der Ehefrau des Antragstellers nicht zustehe, weil eine Popularbeschwerde nicht zulässig sei. Darüber hinaus stellten Überprüfungen anlässlich einer Stellungnahme zu einer Eingabe oder Petition keine anfechtbaren Maßnahmen im Sinne der Wehrbeschwerdeordnung dar.

8 Die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 21. Mai 2008 wies der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid vom 24. September 2008 zurück. Darin legte er u.a. dar, dass sich aus der Verpflichtung der Vorgesetzten zur Dienstaufsicht keine subjektiv-öffentlichen Rechte für einzelne Soldaten ergäben. Mit der Mitteilung seiner dienstaufsichtlichen Ermittlungsergebnisse und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen in einem Bericht an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages greife ein Vorgesetzter nicht unmittelbar in die Rechte des Petenten ein. Behauptete Beeinträchtigungen seiner Ehegattin könne der Antragsteller nicht geltend machen, weil er insoweit nicht persönlich beschwert sei.

9 Gegen diese ihm am 26. September 2008 eröffnete Entscheidung richtet sich der Antrag des Antragstellers auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2008. Diesen Antrag hat der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit seiner Stellungnahme vom 31. Oktober 2008 dem Senat vorgelegt.

10 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Die Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz stelle zweifelsfrei heraus, dass die Ansicht des Kommandeurs des S...kommandos I falsch sei und der vom Disziplinarvorgesetzten seiner Ehefrau getätigte Anruf bei dem Kinderarzt einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz darstelle. Vermeintliche Fürsorgeaspekte könnten dieses Vorgehen nicht rechtfertigen. Die Äußerung des Kommandeurs sei auch deshalb nicht glaubwürdig, weil er seine Stellungnahme gegenüber dem Wehrbeauftragten zur Frage der tatsächlichen Abmeldepraxis zu einem Zeitpunkt abgegeben habe, als gegen Frau S. ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs unerlaubter Abwesenheit vom Dienst geführt worden sei. Die Kosten für die Neuausstellung des Attests in Höhe von 7 € seien trotz eines nachweislichen Gesetzesverstoßes bisher nicht erstattet worden.

11 Der Antragsteller beantragt,
die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung des Generalarztes Dr. R. in der von ihm, dem Antragsteller, vorgebrachten Petition an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages festzustellen.

12 Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Er hält den Antrag für unzulässig, weil eine Verletzung der Rechte des Antragstellers im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nicht ersichtlich sei. Der Antragsteller verkenne, dass das Beschwerderecht nicht dazu diene, allgemein das Handeln von Vorgesetzten auf Mängel oder Missstände hin zu überprüfen, sondern den Schutz der höchstpersönlichen Rechtssphäre vor unmittelbaren pflichtwidrigen dienstlichen Eingriffen sicherstellen solle.

14 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr - FüSan/RB 25-05-11 WB 9/08 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

16 Der Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass er die gerichtliche Feststellung beantragt, die Stellungnahme des Kommandeurs des S...kommandos I, Generalarzt Dr. R., vom 3. August 2007 gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages in seinem Petitionsverfahren sei rechtswidrig gewesen. Diese Auslegung ist dem Antragsteller mit gerichtlicher Verfügung vom 27. Januar 2009 bekannt gegeben worden. Er hat sie in seinem Schriftsatz vom 30. März 2009 sinngemäß bestätigt.

17 1. Soweit sich der Antrag unmittelbar gegen den Inhalt der Stellungnahme des Kommandeurs vom 3. August 2007 gegenüber dem Wehrbeauftragen des Deutschen Bundestages richtet, ist der Antrag unzulässig.

18 Mit der Abgabe dieser Stellungnahme ist der vom Antragsteller beanstandete Äußerungsvorgang beendet und erledigt. Der auf die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit gerichtete Antrag ist unzulässig, weil Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung oder der ihm unterstellten Vorgesetzten gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages in einem Eingabeverfahren nach § 7 Satz 1 des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages - Gesetz zu Art. 45b GG - (WBeauftrG) (in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juni 1982 - BGBl I S. 677 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 - BGBl I S. 160 -) für den als Petenten auftretenden Soldaten keine dienstlichen Maßnahmen darstellen, die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO (ggf. i.V.m. § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WBO) zum Gegenstand eines Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten gemacht werden können.

19 Der Begriff der Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO und des § 21 Abs. 1 WBO setzt eine dem öffentlichen Recht zugehörige Handlung eines Vorgesetzten (oder einer Dienststelle der Bundeswehr) voraus, die im Verhältnis der Über- und Unterordnung getroffen oder erbeten wird; dabei kommt es nicht darauf an, ob sie auch auf die Herbeiführung von Rechtswirkungen abzielt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 27.05 - Buchholz 236.1 § 29 SG Nr. 7 = NZWehrr 2006, 154 und vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 16.07 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 64 = NZWehrr 2008, 122).

20 In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung in einem Petitionsverfahren vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis erfolgen und deshalb für den Petenten keine anfechtbaren Maßnahmen im Sinne des Wehrbeschwerdeordnung darstellen (Beschluss vom 9. August 2007 a.a.O.).

21 Für Erklärungen des Bundesministers der Verteidigung oder eines ihm unterstellten Vorgesetzten gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages im Eingabeverfahren eines Soldaten nach § 7 WBeauftrG gilt nichts anderes.

22 Nach § 3 Nr. 1 WBeauftrG ist der Wehrbeauftragte zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 1 WBeauftrG berechtigt, vom Bundesminister der Verteidigung und von allen diesem unterstellten Dienststellen und Personen Auskunft und Akteneinsicht zu verlangen. Diese Rechte können ihm nur verweigert werden, soweit zwingende Geheimhaltungsgründe entgegenstehen. Aufgrund einer Eingabe, der eine Beschwer des Einsenders zugrunde liegt, ist der Wehrbeauftragte auch berechtigt, den Einsender sowie Zeugen und Sachverständige anzuhören. Nur aufgrund dieser Befugnisse ist der Wehrbeauftragte in der Lage, sich die Tatsachengrundlage für eine effektive Überprüfung von vermuteten oder behaupteten Missständen zu verschaffen (zu den Auskunfts- und Akteneinsichtsrechten des Wehrbeauftragten im Einzelnen: Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 45b Rn. 88 ff.).

23 Nimmt der Bundesminister der Verteidigung oder ein ihm unterstellter Vorgesetzter gegenüber dem Wehrbeauftragten nach § 7 Satz 1 i.V.m. § 3 Nr. 1 WBeauftrG zu einer Eingabe Stellung, so handelt er nicht aufgrund einer Vorgesetztenstellung, sondern allein in Erfüllung der ihm im Petitionsverfahren obliegenden Verpflichtungen, insbesondere der Auskunftspflicht nach § 3 Abs. 1 WBeauftrG. Bei der Einschätzung dieser Stellungnahme ist der Wehrbeauftragte - wie generell bei der Ermittlung und Bewertung von Tatsachen und der sachlichen Prüfung der Eingabe - frei (vgl. § 5 Abs. 2 WBeauftrG).

24 Der Hoheitsträger, der sich zu einer Eingabe bzw. Petition äußert, hat bei seiner Stellungnahme nicht mehr Rechte als der der Hoheitsgewalt Unterworfene, der sein Anliegen mit dem Petitionsschreiben vorgetragen hat. Der Petent und die Stelle, gegen die sich die Beschwerde richtet, stehen sich daher grundsätzlich gleichberechtigt und nicht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber. Dies hat der Senat für Stellungnahmen gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in dem zitierten Beschluss vom 9. August 2007 (a.a.O.) im Einzelnen ausgeführt.

25 Das gilt ebenso für das Petitionsverfahren nach § 7 Satz 1 WBeauftrG. Diese Vorschrift ergänzt das Grundrecht der Soldaten aus Art. 17 GG (i.V.m. § 6 SG) dahingehend, dass dem Soldaten als Absender einer Eingabe eine weitere „zuständige Stelle“ im Sinne des Art. 17 GG zur Verfügung gestellt wird. Das Eingaberecht an den Wehrbeauftragten ist demgemäß kein spezielles Petitionsrecht, sondern der Wehrbeauftragte stellt für Soldaten eine zusätzliche Petitionsinstanz dar; in seiner Eigenschaft als Petitionsinstanz gelten für ihn die gleichen Grundsätze wie für die sonstigen Petitionsinstanzen (Achterberg/Schulte, a.a.O. Rn. 85; vgl. ferner Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, Einf., Rn. 129, 130). Ein Vorgesetzter, der im Rahmen des § 3 Nr. 1 WBeauftrG gegenüber dem Wehrbeauftragten Erklärungen oder Stellungnahmen abgibt, handelt damit gegenüber dem als Petenten auftretenden Soldaten nicht in dem von § 17 Abs. 1 WBO vorausgesetzten Vorgesetztenverhältnis; diese Erklärungen sind keine anfechtbaren Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO (ebenso: F.-H. Hartenstein, Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, 1977, S. 192, Fn. 2; Beschluss vom 1. August 1968 - BVerwG 1 WB 28.67 - BVerwGE 33, 177).

26 Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn der Bundesminister der Verteidigung oder ein ihm unterstellter Vorgesetzter bei der Erfüllung seiner Auskunftspflicht durch eine tatsächliche Handlung unmittelbar in geschützte individuelle (Grund-)Rechte des Petenten eingreift und damit eine anfechtbare Maßnahme verwirklicht (vgl. Beschluss vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 52 = NZWehrr 2004, 163).

27 Für den Senat ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht, dass der Kommandeur mit seiner Stellungnahme vom 3. August 2007 in diesem Sinne in geschützte individuelle Rechte des Antragstellers eingegriffen hätte. Derartiges legt auch nicht die Mitteilung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz vom 19. Dezember 2007 nahe. Darin wird lediglich die Handlungsweise des nächsten Disziplinarvorgesetzten der Frau S. beanstandet. Auf datenschutzrechtlich relevante Rechte des Antragstellers als Soldat bezieht sich diese Mitteilung indessen nicht. Mit seiner Stellungnahme (u.a. zu diesem Vorgang) hat der Kommandeur gegenüber dem Wehrbeauftragten lediglich seine Ermittlungen berichtet und eine Rechtsmeinung geäußert, ohne im Verhältnis zum Antragsteller in irgendeiner Weise als Vorgesetzter eine Entscheidung zu treffen oder eine Maßnahme zu verwirklichen.

28 Die Äußerung des Kommandeurs des S...kommandos I gegenüber dem Wehrbeauftragten vom 3. August 2007 ist vor diesem Hintergrund nicht in einem militärischen Über- und Unterordnungsverhältnis im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 WBO erfolgt.

29 2. Soweit der Antragsteller eine fehlerhafte Ausübung der Dienstaufsicht durch den Kommandeur vor Abgabe seiner Stellungnahme vom 3. August 2007 rügt, ist der Antrag ebenfalls unzulässig.

30 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfolgt die Dienstaufsicht allein im öffentlichen Interesse. Das Ergebnis oder die Durchführung einer dienstaufsichtlichen Prüfung sind grundsätzlich der wehrdienstgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Die Dienstaufsicht obliegt dem zuständigen Vorgesetzten nicht gegenüber den Untergebenen und dient damit nicht der Wahrung der individuellen Rechte eines Soldaten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (Beschlüsse vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 51.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 62 = NZWehrr 2007, 252, vom 29. Januar 2008 - BVerwGE 1 WB 4.07 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 69> und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 50.07 - PersV 2008, 428). Der einzelne Soldat hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass bestimmte Maßnahmen der Dienstaufsicht getroffen werden, dienstaufsichtliche Prüfungen intensiviert oder korrigiert werden oder seitens des Bundesministers der Verteidigung gegen die Unterlassung einer (vollständigen) dienstaufsichtlichen Prüfung eingeschritten wird (vgl. Beschluss vom 28. Mai 2008 a.a.O.).

31 3. Der Senat geht davon aus, dass sich der Antrag des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren nicht mehr auf das von ihm beanstandete Verhalten des Kommandeurs des S...kommandos I gegenüber Frau S. erstreckt. Insoweit weist der Senat lediglich darauf hin, dass das Wehrbeschwerdeverfahren nach § 17 Abs. 1, Abs. 3, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nur dazu dient, Verletzungen eines Soldaten in eigenen Rechten gerichtlich zu überprüfen; deshalb hätte allein die Ehefrau des Antragstellers die Möglichkeit gehabt, von ihr als Beschwer empfundene Verhaltensweisen des Kommandeurs im Beschwerdewege geltend zu machen.

32 4. Dem Antragsteller sind keine Kosten aufzuerlegen, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht vorliegen.