Beschluss vom 28.04.2016 -
BVerwG 1 WB 6.16ECLI:DE:BVerwG:2016:280416B1WB6.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.04.2016 - 1 WB 6.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:280416B1WB6.16.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 6.16

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 28. April 2016 beschlossen:

Die dem Antragsteller in dem durch seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 4. September 2015 eingeleiteten Verfahren einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden zur Hälfte dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Dem Antragsteller geht es um die Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen in einem Konkurrentenstreit um den nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten "..." (Dienstposten-ID: ...) bei der ..., ... in ... .

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des ... enden. Er wurde mit Wirkung vom ... zum Oberstabsfeldwebel ernannt. Seit dem ... wurde er auf dem nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten "..." bei der ... in ... verwendet. Zuvor war er seit dem Jahr 2007 im In- und Ausland auf verschiedenen Kompaniefeldwebel-Dienstposten eingesetzt.

3 Mit Schreiben vom 15. November 2013 beantragte der Antragsteller (noch im Dienstgrad Stabsfeldwebel) seine Versetzung auf den Dienstposten des Staffelfeldwebels der ... (seit dem 1. Oktober 2013: ...) in ... . Diesen Antrag konkretisierte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) auf den nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten "..." (Dienstposten-ID: ...) bei der genannten Staffel. Mit Bescheid vom 31. Juli 2014 lehnte es den Versetzungsantrag ab und führte zur Begründung aus, dass aufgrund mehrerer vorliegender Bewerbungen für die Nachbesetzung des strittigen Dienstpostens eine Personalauswahl erfolgt sei, bei der einem anderen Bewerber der Vorrang eingeräumt worden sei. Derzeit zeichne sich auch keine mittelfristige Einplanungsmöglichkeit für den Antragsteller beim ... am Standort ... als Kompaniefeldwebel ... und Stabsdienstfeldwebel ... ab.

4 Das Bundesamt für das Personalmanagement hatte Stabsfeldwebel M. für die Nachbesetzung ausgewählt und ihn mit Verfügung vom 3. September 2014 zum 1. Januar 2015 auf den strittigen Dienstposten versetzt.

5 Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 8. September 2014 Beschwerde ein. Er machte geltend, dass man für den Dienstposten einen Personalfeldwebel ausgewählt habe, der noch nie als ... und Kompaniefeldwebel ...eingesetzt und insoweit auch nicht ausgebildet sei. Er bitte um transparente Darlegung, nach welchen Kriterien die Auswahlentscheidung getroffen worden sei. Er selbst verfüge über eine 17-jährige Erfahrung als ... und Kompaniefeldwebel ... im In- und Ausland.

6 Mit Bescheid vom 25. November 2014 hob das Bundesamt für das Personalmanagement seinen Bescheid vom 31. Juli 2014 auf und kündigte dem Antragsteller eine Neubescheidung seines Antrags vom 15. November 2013 an. Die Versetzung des Stabsfeldwebel M. auf den Dienstposten wurde ebenfalls aufgehoben.

7 Am ... Dezember 2014 wurde der strittige Dienstposten im Bundesamt für das Personalmanagement hausintern mittels elektronischer Post als zum ... Januar 2015 zu besetzender Dienstposten bekanntgegeben. Am 5. Januar 2015 wurde diese Bekanntgabe dahin ergänzt, dass der Dienstposten auf der Basis einer am 5. Januar 2015 getroffenen Organisationsgrundentscheidung nur im Wege einer förderlichen Besetzung (mit anschließender Beförderung zum Oberstabsfeldwebel) nachbesetzt werden solle.

8 Am 3. Februar 2015 entschied der Referatsgruppenleiter IV 3.2 im Bundesamt für das Personalmanagement erneut, den strittigen Dienstposten mit Stabsfeldwebel M. zu besetzen. Der ausgewählte Soldat wurde mit Versetzungsverfügung vom 6. Februar 2015 auf den Dienstposten versetzt.

9 Bereits mit Bescheid vom 30. Januar 2015 hatte das Bundesamt für das Personalmanagement den Versetzungsantrag des Antragstellers vom 15. November 2013 wiederum abgelehnt. Zur Begründung führte es aus, in einer Organisationsgrundentscheidung im Vorfeld der Personalauswahl sei festgelegt worden, dass der in Rede stehende Dienstposten im Wege einer förderlichen Besetzung nachbesetzt werden solle. Deshalb könne der Antragsteller als Oberstabsfeldwebel in die Auswahlentscheidung nicht mit einbezogen werden.

10 Gegen diesen ihm am 26. Februar 2015 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. Februar 2015 Beschwerde ein, die er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 24. April 2015 im Wesentlichen damit begründete, dass die Organisationsgrundentscheidung sachfremd sei und dem Leistungsgrundsatz nicht Rechnung trage. Das Auswahlverfahren sei nicht transparent und erwecke den Eindruck willkürlichen Handelns.

11 Mit Bescheid vom 31. Juli 2015, dem Antragsteller am 17. August 2015 eröffnet, wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - dessen Beschwerden vom 8. September 2014 und vom 27. Februar 2015 zurück. Zur Begründung führte es unter Hinweis auf seine rechtlichen Hinweise im Beschwerdeverfahren aus, dass die erstgenannte Beschwerde wegen fehlender Beschwer unzulässig und die Beschwerde vom 27. Februar 2015 unbegründet sei. Der Versetzungsantrag des Antragstellers habe bereits mit Bescheid vom 30. Januar 2015 rechtsfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, dass er nicht dem in der Organisationsgrundentscheidung vom 5. Januar 2015 festgelegten Personenkreis angehöre.

12 Dagegen hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. September 2015 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - dem Senat mit seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2016 zur Entscheidung vorgelegt.

13 Am 28. Januar 2016 entschied der Referatsgruppenleiter IV 3.2 im Bundesamt für das Personalmanagement, den nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten "Kompaniefeldwebel ..." bei der ... in ..., zum 1. Februar 2016 mit dem Antragsteller zu besetzen.

14 Nachdem der Antragsteller sein Einverständnis mit dieser Verwendungsänderung erklärt hatte, verfügte das Bundesamt für das Personalmanagement am 5. Februar 2016 seine Versetzung zum 1. Februar 2016 auf den genannten Oberstabsfeldwebel-Dienstposten.

15 Im Hinblick darauf hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10. Februar 2016 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
ihm die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erwachsenen notwendigen Aufwendungen im Beschwerdeverfahren und anschließenden Antragsverfahren auf Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 16a WBO zu erstatten.

16 Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat sich dieser Erledigungserklärung in seinem Schriftsatz vom 25. Februar 2016 angeschlossen und einer Kostenbelastung widersprochen. Es hat dargelegt, dass der Dienstposten, für den der Antragsteller nunmehr ausgewählt worden sei, nicht mit dem ursprünglich von ihm angestrebten Dienstposten des Staffelfeldwebels bei der ... identisch sei.

17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 1111/14 und 1056/15 - sowie die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 Das Auslagenerstattungsbegehren des Antragstellers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

19 1. Über den Antrag entscheidet der Senat in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (stRspr, grundlegend: BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 2012 - 1 WB 35.12 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 4 Rn. 9 bis 14 und vom 3. Dezember 2015 - 1 WB 42.15 - juris Rn. 14).

20 2. Erledigt sich ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung oder erklären - wie hier - die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt, bevor das Bundesministerium der Verteidigung den bei ihm gestellten (§ 21 Abs. 1 Satz 2 WBO) Antrag dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, so kann der Antragsteller weiterhin die Vorlage seines Antrags verlangen, um die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen nach § 20 Abs. 3 WBO herbeizuführen; Gegenstand des rechtshängigen Verfahrens ist dann der geltend gemachte Auslagenerstattungsanspruch (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Juni 2006 - 1 WB 60.05 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 60 Rn. 13 ff. und vom 17. Juli 2012 - 1 WB 35.12 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 4 Rn. 11).

21 Nach den im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätzen ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO; stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - Rn. 8 und vom 27. Juli 2011 - 1 WB 21.11 - Rn. 9).

22 Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die dem Antragsteller im gerichtlichen Verfahren einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren (§ 20 Abs. 1 Satz 1 WBO) erwachsenen notwendigen Aufwendungen zur Hälfte dem Bund aufzuerlegen.

23 Zwar ist dem Antragsteller im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 1 WB 35.12 - Buchholz 450.1 § 20 WBO Nr. 4 Rn. 17 m.w.N.) in der Regel die notwendigen Aufwendungen vollständig dem Bund aufzuerlegen sind, wenn die übereinstimmenden Erledigungserklärungen darauf beruhen, dass der Antragsteller vom Bundesministerium der Verteidigung oder von der in seinem Auftrag handelnden Dienststelle klaglos gestellt worden ist.

24 Diese Voraussetzung ist hier indessen nicht erfüllt.

25 Der Antragsteller hat sein mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung weiterverfolgtes Ziel, die Versetzung auf den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten "..." (Dienstposten-ID ...) bei der ..., nicht erreicht. Das Bundesamt für das Personalmanagement hat die vom Referatsgruppenleiter IV 3.2 insoweit am 3. Februar 2015 zugunsten des Stabsfeldwebel M. getroffene Auswahlentscheidung nicht revidiert. Dem Antragsteller wurde vielmehr auf der Basis der am 28. Januar 2016 getroffenen Auswahlentscheidung mitgeteilt, dass er zum 1. Februar 2016 auf den nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten "Kompaniefeldwebel ..." (Dienstposten-ID: ...) bei der ..., versetzt werde. Bei diesem Dienstposten handelt es sich zwar besoldungsmäßig um einen gleichwertigen, nach der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung bzw. nach dem maßgeblichen Stellenplan jedoch um einen anderen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten als den ursprünglich mit dem Konkurrentenantrag angestrebten Dienstposten. Deshalb kommt eine vollständige Kostenbelastung des Bundes nicht in Betracht.

26 Die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Aufwendungen sind zur Hälfte jedoch deshalb dem Bund aufzuerlegen, weil die Erfolgsaussichten seines ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens auf Neubescheidung des Antrags auf Versetzung auf den Oberstabsfeldwebel-Dienstposten mit der Dienstposten-ID ... bei der ..., nach dem bisherigen Sach- und Streitstand als offen einzuschätzen sind (zum Grundsatz der hälftigen Kostenteilung bei offenen Erfolgsaussichten: BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 1 WB 66.09 - Rn. 10 ff.).

27 Gegenstand des Konkurrentenstreitverfahrens des Antragstellers war die Auswahlentscheidung des Referatsgruppenleiters IV 3.2 des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 3. Februar 2015, die sich ausdrücklich auf die am 5. Januar 2015 getroffene Organisationsgrundentscheidung stützte, für den in Rede stehenden Dienstposten nur Förderungsbewerber zu betrachten. Diese Organisationsgrundentscheidung hatte man jedoch erst getroffen, nachdem der Dienstposten bereits am ... Dezember 2014 zur Neubesetzung ausgeschrieben worden war, ohne damit eine Einschränkung des Bewerberfeldes zu verbinden. Zwar berechtigt die dem Bundesministerium der Verteidigung zustehende Organisations- und Personalhoheit ihn und die in seinem Auftrag handelnden personalbearbeitenden Stellen, bei der Besetzung eines freien Dienstpostens vor der Auswahlentscheidung nach einem im Wesentlichen personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen festzulegen, ob der Dienstposten im Wege einer förderlichen Besetzung (mit anschließender Beförderung in den dem Dienstposten entsprechenden Dienstgrad) oder mittels einer Versetzung ohne derartige Förderung oder durch Dienstpostenwechsel besetzt werden soll (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 5.13 - juris Rn. 21 m.w.N.). Welches Modell für die Dienstpostenbesetzung das Bundesministerium der Verteidigung oder die in seinem Auftrag handelnde personalbearbeitende Stelle seiner bzw. ihrer Entscheidung über die Besetzung des freien Dienstpostens zugrunde legt, hat er bzw. sie in einer Organisationsgrundentscheidung spätestens vor der Auswahlentscheidung festzulegen.

28 Die hier am 5. Januar 2015 getroffene Organisationsgrundentscheidung war die ausschlaggebende Basis der angefochtenen Ablehnungsentscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 30. Januar 2015. Auf dieser Grundlage hatte der Referatsgruppenleiter IV 3.2 seine Personalentscheidung am 3. Februar 2015 nur auf Förderungsbewerber - hier konkret auf einen einzigen Förderungsbewerber, nämlich den Stabsfeldwebel M. - konzentriert und diesen ausgewählt.

29 Eine abschließende Beurteilung des Konkurrentenstreitverfahrens hätte weitere Aufklärungen dazu erfordert, ob nach der am 16. Dezember 2014 hinsichtlich der angesprochenen Bewerber nicht eingeschränkten "Ausschreibung" des strittigen Dienstpostens die nachträgliche, das Bewerberfeld auf Förderungsbewerber einschränkende Organisationsgrundentscheidung vom 5. Januar 2015 ohne Rechtsfehler zustande gekommen ist und der Auswahlentscheidung vom 3. Februar 2015 zugrunde gelegt werden durfte. Insbesondere hätte es weiterer Aufklärung bedurft, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gegeben hat, dass die Organisationsgrundentscheidung einer gezielten Ausgrenzung speziell des Antragstellers aus dem Bewerberkreis für den strittigen Dienstposten dienen sollte (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 5.13 - juris Rn. 23). Der Antragsteller hat insoweit ausdrücklich eine willkürliche Verfahrenshandhabung gerügt. Erst das Ergebnis dieser weiteren Ermittlungen hätte die Frage beantwortet, ob der individuelle Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG und aus § 3 Abs. 1 SG verletzt worden ist.

30 Diesbezügliche Klärungen können in der auf den bisherigen Sach- und Streitstand eingegrenzten Kostenentscheidung jedoch nicht mehr durchgeführt werden.

31 Insgesamt erscheint deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten eine hälftige Kostenteilung angemessen.