Beschluss vom 28.06.2006 -
BVerwG 1 B 70.06ECLI:DE:BVerwG:2006:280606B1B70.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.06.2006 - 1 B 70.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:280606B1B70.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 70.06

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 16.02.2006 - AZ: OVG 4 A 4384/04.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juni 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und Richter
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Februar 2006 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Beschwerde ist mit der Rüge eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) begründet. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung wird die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

2 Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Beschwerde, dass sich der Berufungsentscheidung nicht entnehmen lässt, ob und in welcher Weise das Berufungsgericht sich mit dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 1. Februar 2006 (GA Bl. 78 ff.) zum Bestehen einer extremen Gefahrenlage bei der Rückkehr nach Kinshasa sowie den hierzu vorgelegten neuen Erkenntnisquellen befasst hat. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist für den Senat nicht feststellbar, dass das Berufungsgericht den Vortrag zu individuellen Besonderheiten und insbesondere die neuen Erkenntnisquellen überhaupt zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.

3 Die ferner erhobene Grundsatzrüge hätte hingegen keinen Erfolg haben können, weil sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bezeichnet.

4 Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine ordnungsgemäße Anhörung zu einer Entscheidung im vereinfachten Berufungsverfahren nach § 130a VwGO unmissverständlich erkennen lassen muss, wie das Berufungsgericht zu entscheiden beabsichtigt, und sich das Gericht deshalb bei seiner Anhörungsmitteilung nicht auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken darf (vgl. etwa Beschluss vom 17. Juli 2003 - BVerwG 1 B 140.03 - juris unter Hinweis auf Urteil vom 21. März 2000 - BVerwG 9 C 39.99 - BVerwGE 111, 69 <73 ff.>). Ob die Anhörungsmitteilung vom 19. Dezember 2005 (GA Bl. 71) diesen Anforderungen mit dem Hinweis auf ein Urteil des Berufungssenats noch gerecht wird, ist zumindest zweifelhaft. Außerdem hätte das Berufungsgericht die Klägerin aufgrund ihres substantiierten neuen Sachvortrags im Schriftsatz vom 1. Februar 2006 unter Bezugnahme auf neue, bisher nicht in das Verfahren eingeführte Erkenntnisse vor einer Entscheidung nach § 130a VwGO erneut zu der weiterhin beabsichtigten Entscheidung im vereinfachten Berufungsverfahren anhören müssen (vgl. etwa Beschluss vom 23. Oktober 2001 - BVerwG 1 B 169.01 - juris unter Hinweis auf Beschluss vom 18. Juni 1996 - BVerwG 9 B 140.96 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16).