Beschluss vom 29.01.2009 -
BVerwG 9 B 1.09ECLI:DE:BVerwG:2009:290109B9B1.09.0

Beschluss

BVerwG 9 B 1.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Senat hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass es sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen muss. Daher ist es grundsätzlich verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelnen Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht bestimmtes Vorbringen nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hat, etwa weil es auf den wesentlichen Kern des Vorbringens der Beteiligten nicht eingeht, sofern dieses Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts nicht unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>, und vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>; Beschlüsse vom 25. November 1999 - BVerwG 9 B 70.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 64 und vom 18. August 2008 - BVerwG 8 B 46.08 - juris). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3 1. Die Kläger rügen, der Senat habe ihren Hinweis auf fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse zu der Möglichkeit übergangen, die Situation des prioritären Lebensraumtyps „Auwald“ unter Brücken durch ein Auseinanderziehen der Richtungsfahrbahnen zu verbessern. Dies zeige die Annahme des Senats, die Kläger hätten nicht hinreichend dargelegt, dass auch das von ihnen für richtig gehaltene Gutachten von F. die unter Beweis gestellte Frage der Überlebensfähigkeit von Auwaldbeständen unter Brücken nicht abschließend kläre und daher weiterer Aufklärungsbedarf bestehe. Hierbei übersehen die Kläger jedoch, dass die Frage, ob der Fortbestand des Lebensraumtyps „Auwald“ unter Brücken durch ein Auseinanderziehen der Richtungsfahrbahnen gesichert werden kann, nach dem Rechtsstandpunkt des Senats für den Erfolg der Aufklärungsrüge unerheblich war. Denn der Senat ist davon ausgegangen, dass die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz auf die selbständig tragende Feststellung gestützt ist, eine bestehende auwaldartige Vegetation könne unterhalb von Brückenbauwerken - auch solchen in Ost-West-Ausrichtung - überleben, wenn für eine ganzjährige Durchfeuchtung gesorgt werde (vgl. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Oktober 2007 - 8 A 06.40024 - Rn. 145, 150 f.); die Annahme der Vorinstanz, die Situation von Auwaldbeständen unter Brücken könne durch ein Auseinanderziehen der Richtungsfahrbahnen verbessert werden, stellt daneben lediglich eine weitere, die Entscheidung stützende Erwägung dar (vgl. a.a.O. Rn. 152 - „Im Übrigen ...“). Hinsichtlich der maßgeblichen Feststellung der Vorinstanz zur Überlebensfähigkeit von Auwaldbeständen unterhalb von Brücken auch mit nicht auseinander gezogenen Richtungsfahrbahnen hat die Beschwerdebegründung jedoch ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Untersuchung von F. geltend gemacht, dass durch die Ost-West-Ausrichtung der Autobahnbrücken dort keine auwaldartige Vegetation mehr existieren könne. Daher fehlt es an der für einen Erfolg der Aufklärungsrüge notwendigen Darlegung, welche zusätzlichen Erkenntnisse ein weiteres Gutachten zu dieser Frage erbringen kann.

4 2. Die Kläger machen außerdem geltend, die Aufklärungsrüge habe sich nicht nur auf das kleinflächige Verschwinden von Auwaldbeständen unterhalb der geplanten Brücken bezogen, sondern sei vor allem darauf gestützt worden, dass dann auch die Biotopvernetzungsfunktion des Auwaldsystems selbst verloren gehe. Dieses Vorbringen habe der Senat nicht berücksichtigt. Denn ansonsten hätte er die Entscheidungserheblichkeit der beantragten Beweiserhebung nicht mit Blick darauf verneinen können, dass die Vorinstanz den Verlust der Auwaldbestände unterhalb der geplanten Brücken wegen fehlender Auswirkungen auf das Auwaldsystem unterstellt habe. Diese Gehörsrüge kann schon deshalb nicht durchdringen, weil der Senat eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nicht allein wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit der beantragten Beweiserhebung, sondern unabhängig davon auch wegen fehlender Darlegung des Aufklärungsbedarfs (siehe 1.) verneint hat, so dass die Zurückweisung der Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision jedenfalls nicht auf dem behaupteten Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruhte. Im Übrigen liegen keine besonderen Umstände vor, aus denen auf eine Nichtberücksichtigung des Vorbringens der Kläger geschlossen werden könnte. Im Gegenteil hat der Senat die Gründe, aufgrund derer die Vorinstanz Auswirkungen des - unterstellten - kleinflächigen Verlustes von Auwaldbeständen unterhalb der vorgesehenen Brücken auf das geschützte Auwaldsystem selbst verneint hat, ausdrücklich benannt und weiter ausgeführt, dass die Beschwerde auch insoweit lediglich ihre abweichende Einschätzung des Sachverhalts derjenigen der Vorinstanz gegenüber gestellt habe.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.