Beschluss vom 29.03.2010 -
BVerwG 3 B 10.10ECLI:DE:BVerwG:2010:290310B3B10.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.03.2010 - 3 B 10.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:290310B3B10.10.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 10.10

  • VGH Baden-Württemberg - 29.09.2009 - AZ: VGH 6 S 3314/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. September 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 165 334,63 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, gestützt auf das Rettungsdienstgesetz des Landes Baden-Württemberg, die Zahlung von Entgelten in Höhe von 165 334,63 € für die Vermittlung von Einsätzen im Krankentransport in dem Zeitraum von Juli 2002 bis August 2006. Im Jahr 1976 war zwischen den Landesverbänden Baden-Württemberg und Südbaden des Deutschen Roten Kreuzes und dem Gesundheitsministerium des Landes vereinbart worden, dass das Rote Kreuz den Rettungsdienst mit seinen Gliederungen in allen Rettungsdienstbereichen des Landes durchführt. Zwischen den Beteiligten ist unter anderem streitig, ob diese Vereinbarung weiterhin Gültigkeit hat und ob die vom Kreisverband Freiburg im Jahr 2002 gegründete Klägerin eine Gliederung des Roten Kreuzes im Sinne der Vereinbarung ist. Die Leistungsklage der Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht Erfolg gehabt; die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hat vor dem Berufungsgericht nur hinsichtlich der von der Klägerin zusätzlich beanspruchten Säumniszuschläge zu einer Abänderung geführt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

2 2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

3 a) Die vom Beklagten aufgeworfene Frage, wie der im Rettungsdienstgesetz des Landes verwendete Begriff der Vermittlung von Einsätzen auszulegen ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie betrifft, soweit sie sich auf das Landesrecht bezieht, kein revisibles Recht. Soweit der Beklagte geltend macht, die Auslegung des Landesrechts durch das Berufungsgericht verletze ihn in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, ist damit noch keine klärungsbedürftige Frage des als Auslegungsmaßstab herangezogenen Bundes(verfassungs)rechts aufgeworfen. Der vom Beklagten angesprochene Vergleich, den das Bundesverwaltungsgericht in einem anderen Verfahren zum Verständnis des Begriffs „vermitteln“ im Sinne des Landesrechts angeregt hatte, führt nicht weiter; denn er besagt nichts dazu, ob der Auslegungsmaßstab des Bundesrechts selbst einen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Klärungsbedarf aufweist. Außerdem ging auch dieser Vergleichsvorschlag erkennbar von einer Letztentscheidung der Rettungsleitstelle aus.

4 b) Die vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensfehler können ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Er wendet sich zum einen gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Vereinbarung aus dem Jahr 1976 auch unter der Geltung der derzeitigen Fassung des Rettungsdienstgesetzes des Landes Gültigkeit habe; diese Annahme beruhe - so der Beklagte - auf einer Verletzung anerkannter Auslegungsgrundsätze und sei Willkür. Zum anderen greift er die Annahme des Berufungsgerichts an, wonach die Klägerin als Gliederung im Sinne der Vereinbarung von 1976 anzusehen sei, und rügt, dass das Berufungsgericht bestimmte Vorschriften der Satzung des Landesverbandes des Roten Kreuzes und des Gesellschaftsvertrages der Klägerin nicht richtig gewürdigt habe. Damit sind keine Verfahrensfehler dargetan, auch keine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung. Vielmehr wendet sich der Beklagte gegen die Auslegung und Bewertung der besagten Vereinbarung sowie der Organisationsstruktur des Roten Kreuzes. Das betrifft die materiell-rechtliche Richtigkeit der Entscheidung, aber keine Frage des Prozessrechts.

5 Im Übrigen kann von einer unzutreffenden Würdigung oder gar Willkür keine Rede sein. Das Berufungsgericht hat sich vielmehr von sachlichen Erwägungen leiten lassen, indem es darauf abgestellt hat, dass sich ungeachtet der Gesetzesänderungen die Aufgabenzuweisung für die Rettungsleitstelle nicht entscheidend geändert habe und die Parteien der Vereinbarung von 1976 die Gesetzesänderung nicht zum Anlass genommen hätten, die Vereinbarung zu ändern oder zu kündigen. Gleiches gilt für die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung der Klägerin als Gliederung des Roten Kreuzes. Es hat die vom Beklagten angeführte Satzung des Landesverbandes und den Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht etwa unberücksichtigt gelassen, sondern im Einzelnen dargelegt, dass (unter anderem) nach eben diesen Regelungen eine entsprechende Einordnung der Klägerin als von dem Kreisverband beherrschte und in die Gesamtorganisation des Roten Kreuzes eingebundene Gesellschaft gerechtfertigt ist. Die Klägerin ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag eine Einrichtung des Kreisverbandes Freiburg des Deutschen Roten Kreuzes; nachgeordnete Verbände und Einrichtungen zählen zu den Gliederungen im Sinne der Satzung des Landesverbandes. Die von dem Beklagten angeführten Bestimmungen der genannten Satzung (dort § 1 Abs. 4 und § 6 Abs. 2) und des Gesellschaftsvertrages (dort § 6 Nr. 3) über die Aufnahme weiterer Mitglieder oder Gesellschafter stehen dem schon deshalb nicht entgegen, weil sie ersichtlich keine von den Kreisverbänden selbst gegründeten gemeinnützigen Rotkreuzgesellschaften betreffen, sondern außerhalb der Organisationsstruktur des Roten Kreuzes stehende Organisationen oder Vereinigungen.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.