Beschluss vom 29.08.2002 -
BVerwG 4 B 39.02ECLI:DE:BVerwG:2002:290802B4B39.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.08.2002 - 4 B 39.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:290802B4B39.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 39.02

  • VGH Baden-Württemberg - 21.03.2002 - AZ: VGH 5 S 1347/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. August 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. März 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger zu 1 und 2 zu je einem Drittel und die Kläger zu 3 bis 5 als Gesamtschuldner zu einem weiteren Drittel.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 594 300,11 € festgesetzt.

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.
1. Die Beschwerde wirft zunächst die Frage auf, ob
die von einer Gemeinde eingegangene Verpflichtung, mit der die Einbeziehung eines Grundstücks in eine Umlegung und die Zuteilung bestimmter Grundstücke zugesagt wird, für den Fall, dass die Umlegung und die ihr zugrunde liegende Bauleitplanung nicht oder nicht in absehbarer Zeit verwirklicht werden, durch einseitige Verpflichtungserklärungen, mit denen die anderweitige Erfüllung dieser Verpflichtung, etwa durch Zuteilung von Grundstücken an anderer Stelle in Aussicht gestellt wird, ergänzt bzw. ersetzt werden kann.
Die Beschwerde meint hierzu, dabei gehe es nicht nur um die Auslegung der im Einzelfall geschlossenen Verträge aus den Jahren 1962, 1968 und 1982; vielmehr müsse dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs die Rechtsauffassung zu Grunde liegen, eine vertragliche Verpflichtung in der von den Klägern benannten Art sei grundsätzlich nicht möglich (Beschwerdebegründung S. 10 f.). Damit wird eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die der Klärung in einem Revisionsverfahren zugeführt werden könnte, jedoch nicht dargelegt. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, das geltend gemachte Begehren finde "in der Vertragsgeschichte" keine Grundlage (Urteil S. 15 und S. 24). Dies begründet das Berufungsgericht sodann auf mehreren Seiten unter Würdigung aller Verträge und weiteren Erklärungen der Beteiligten. Insbesondere verneint der Verwaltungsgerichtshof auch eine Änderung des Inhalts der ursprünglichen vertraglichen Verpflichtung aus dem Jahre 1962 durch die Schreiben und Verträge aus den Jahren 1967/1968 und 1985. Auf das Schreiben vom 27.8.1985 geht das Gericht auf Seite 21 seines Urteils ein. Die vor dem Hintergrund des gesamten Ablaufs der "Vertragsgeschichte" vom Verwaltungsgerichtshof gezogene Schlussfolgerung mag nicht die Billigung der Kläger finden. Damit wird eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung jedoch nicht aufgezeigt.
2. Die Entscheidung ist auch ohne Zweifel im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO "mit Gründen versehen"; der insoweit behauptete Verfahrensfehler ist nicht gegeben. Dieser "grobe Formmangel" liegt nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass die angeführten Gründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - NJW 1998, 3290 = Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 m.w.N.). Davon kann vorliegend keine Rede sein. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Kläger ersichtlich zu der unter 1. genannten Fragestellung eine ausführlichere Begründung - letztlich aber eine andere tatsächliche Würdigung der Erklärungen der Beklagten - gewünscht hätten. Da der Verwaltungsgerichtshof die gesamte "Vertragsgeschichte" anders würdigt, als die Kläger dies tun, liegt es nahe, dass er auch die späteren Erklärungen der Beklagten nicht für geeignet hält, die von den Klägern erwünschte Rechtsfolge herbeizuführen.
3. Die Kläger halten ferner sinngemäß die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob für den Fall von - näher dargelegten - Gründen, aus denen die Gegenleistung nicht erbracht werden kann, dem (privaten) Vertragspartner entweder nach dem Recht der Leistungsstörungen oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Erfüllung des vertraglichen Anspruchs an anderer Stelle im Gemeindegebiet bzw. ein entsprechender Anpassungsanspruch oder gar ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen muss.
Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, die Vertragsparteien seien sich des Planungsrisikos bewusst gewesen (Urteil S. 24). Die entsprechenden Ausführungen sind im Zusammenhang mit den übrigen Entscheidungsgründen dahin zu verstehen, dass sie sich vor dem Hintergrund der "Vertragsgeschichte" auf den konkreten Einzelfall mit seinen spezifischen Besonderheiten - insbesondere den Wortlaut der verschiedenen Verträge und Erklärungen - beziehen. Die Beschwerde meint im Weiteren, (Beschwerdebegründung S. 15), im Hinblick auf den vorliegend geschlossenen Vertrag von 1968 hätte sich dem Verwaltungsgerichtshof eine Ausnahme von seinem angenommenen Rechtsgrundsatz aufdrängen müssen. Auch insoweit nimmt die Beschwerde jedoch auf Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls Bezug; im Übrigen bewertet sie den genannten (späteren) Vertrag ersichtlich anders, als das Berufungsgericht dies getan hat. Somit kommt eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht.
4. Auf die von der Beschwerde auf Seite 17 der Begründung formulierte Frage kommt es nicht an, da es sich insoweit, wie es die Beschwerde auch selbst sieht, um ein obiter dictum des Verwaltungsgerichtshofs handelt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 und 3 GKG.