Beschluss vom 29.12.2003 -
BVerwG 8 B 159.03ECLI:DE:BVerwG:2003:291203B8B159.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.12.2003 - 8 B 159.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:291203B8B159.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 159.03

  • VG Weimar - 09.09.2003 - AZ: VG 8 K 1816/02.We

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Dezember 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht K r a u ß und G o l z e
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 9. September 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 153 387,56 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wegen eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Beschwerde verkennt, dass allein die Kritik an der tatsächlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung durch das Verwaltungsgericht keinen Verfahrensmangel bezeichnet (vgl. Urteil vom 29. Oktober 2003 - BVerwG 8 C 26.02 -). Es gehört zu den dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgaben, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschlüsse vom 18. Februar 1972 - BVerwG 8 B 3.72 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 62 S. 27 <28> und vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Der Überzeugungsgrundsatz beinhaltet nur, dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und die von ihm gegebene Begründung für seine Überzeugung nach den Grundsätzen der Logik und den sonstigen Denk- und Erfahrungssätzen ausreichen müssen, um diese Überzeugung zu rechtfertigen (Beschluss vom 5. November 2002 - BVerwG 8 B 45.02 - n.v.). Die Beschwerde äußert Kritik an der Begründung des Verwaltungsgerichts, legt aber keine Zweifel an einer derartigen Überzeugungsbildung dar.
Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet, warum § 1 Abs. 7 VermG im vorliegenden Verfahren keine Anwendung findet. Dazu müsse u.a. eine Maßnahme oder Entscheidung der zuständigen russischen Behörden vorliegen, dass die Vermögensentziehung keinen Bestand mehr haben solle, dies sei aber nicht der Fall. Soweit sich die Beschwerde demgegenüber auf jüngere Forschungsergebnisse über sowjetische Verhaftungen beruft, ist nicht ersichtlich, inwieweit dadurch die Auslegung des § 1 Abs. 7 VermG durch das Verwaltungsgericht in Frage gestellt werden soll.
Das Verwaltungsgericht hat auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dargelegt, dass eine Enteignung ihren Charakter als besatzungshoheitliche Maßnahme nicht dadurch verliert, dass sie auch nach damaligem Recht nicht rechtmäßig war, wenn sie zumindest auf Normen oder Hoheitsakte gegründet war, die in den Verantwortungsbereich der Besatzungsmacht fielen (vgl. Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 14.94 - BVerwGE 96, 253 <256>). Die dagegen gerichteten Ausführungen der Beschwerde enthalten andere Wertungen, führen aber nicht zu der Annahme, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts gegen Grundsätze der Logik oder sonstige Denk- und Erfahrungssätze verstößt.
Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Schwiegervater der Klägerin als Alteigentümer zum Zeitpunkt der Enteignung bereits verstorben war, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O. S. 254). Auch die Überzeugungskraft dieser Ausführungen wird durch die Annahme der Beschwerde, dass die historischen Forschungen aus den letzten Jahren es ausschlössen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1991 weiterhin zur Grundlage zu nehmen, nicht erschüttert.
Schließlich hat sich das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Beschwerde auch mit dem Vorbringen der Klägerin, die Sequestration des Vermögenswertes sei von der Besatzungsmacht wieder aufgehoben worden, auseinander gesetzt (UA S. 9 f.). Auch insoweit liegt deswegen ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz oder den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vor. Ob die vom Verwaltungsgericht dazu vertretene Rechtsansicht zutrifft, ist im Zusammenhang mit der von der Beschwerde allein erhobenen Verfahrensrüge unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 13, 14 GKG.