Beschluss vom 30.06.2004 -
BVerwG 1 B 221.03ECLI:DE:BVerwG:2004:300604B1B221.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.06.2004 - 1 B 221.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:300604B1B221.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 221.03

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 18.06.2003 - AZ: OVG 4 LB 19/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:

  1. Dem Kläger wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., Kiel, zur Vertretung beigeordnet.
  2. Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2003 wird aufgehoben.
  3. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  4. Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung wird die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Beschwerde rügt im Ergebnis zu Recht einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Gestalt einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Der damalige Bevollmächtigte des Klägers hatte zur Begründung der Berufung unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 6. Februar 2003 auf zwei stattgebende Entscheidungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Referenzfälle verwiesen, in denen es ebenfalls um den Vorwurf einer Tätigkeit für die Hizbollah gegangen sei. Dieses Vorbringen wird in dem angegriffenen Beschluss weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen erwähnt. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist daher davon auszugehen, dass das Berufungsgericht diesen - aus der Sicht des Klägers im Hinblick auf die vom Berufungsgericht übernommene erstinstanzliche Begründung fehlender Referenzfälle entscheidungserheblichen - Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.
Dagegen hat die Aufklärungsrüge keinen Erfolg, da der Kläger im Berufungsverfahren - auch nach dem Hinweis des Berufungsgerichts vom 22. April 2003, dass eine Entscheidung nach § 130 a VwGO beabsichtigt sei -, nicht auf die nunmehr vermisste Aufklärung hingewirkt hat.
Der Senat weist für das weitere Verfahren darauf hin, dass das Berufungsgericht zu den angedeuteten Glaubwürdigkeitszweifeln (vgl. BA S. 5) die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 10. Dezember 2002 berücksichtigen muss, derzufolge der Kläger in der Türkei zur Fahndung ausgeschrieben ist. Im Übrigen wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich mit den von der Beschwerde neu benannten Erkenntnismitteln, die nach deren Angaben Folter und Misshandlungen in vergleichbaren Fällen zum Gegenstand haben, zu befassen.