Beschluss vom 30.06.2010 -
BVerwG 2 WDB 2.10ECLI:DE:BVerwG:2010:300610B2WDB2.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.06.2010 - 2 WDB 2.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:300610B2WDB2.10.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 2.10

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister
am 30. Juni 2010 beschlossen:

Als zuständiges Gericht wird das Truppendienstgericht Süd bestimmt.

Gründe

I

1 Gegen den Soldaten ist mit Verfügung des Kommandeurs der ...division vom 12. Januar 2010 ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Am 29. April 2010 ging beim Truppendienstgericht Nord, 2. Kammer, die Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der ...division ein, mit der dem Soldaten zur Last gelegt wird, am 29. November 2008 gegen 3:40 Uhr zusammen mit dem gesondert angeschuldigten Unteroffizier ... B. in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken auf der ...straße in N. den Geschädigten ... S. zunächst mit der Faust mehrere Male ins Gesicht geschlagen und, als dieser daraufhin in die Knie ging, mehrere Male mit dem Fuß in den Brust- und Bauchbereich getreten zu haben.

2 Im sachgleichen Strafverfahren sind der Soldat und der Unteroffizier B. als Mittäter jeweils zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen in Höhe von je 45 € wegen gemeinsamer gefährlicher Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden. Gegen den Unteroffizier B., der beim ... in P., verwendet wird, wurde am 18. März 2010 eine Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des ...amtes bei der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd eingereicht.

3 Mit Antrag vom 10. Mai 2010, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen am 31. Mai 2010, hat der Vorsitzende der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Nord in Absprache mit dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd beantragt, für das vorliegende Disziplinarverfahren als zuständiges Gericht das Truppendienstgericht Süd zu bestimmen. Der Soldat und der Bundeswehrdisziplinaranwalt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II

4 Auf den zulässigen Antrag wird das Truppendienstgericht Süd als zuständiges Gericht bestimmt.

5 Nach § 70 Abs. 3 WDO bestimmt das Bundesverwaltungsgericht u.a. auf Antrag eines Truppendienstgerichts durch Beschluss das zuständige Truppendienstgericht, wenn u.a. bei zusammenhängenden Dienstvergehen mehrerer Soldaten unterschiedliche Gerichtsstände bestehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

6 1. Für beide Soldaten sind an sich unterschiedliche Truppendienstgerichte zuständig. Deren Zuständigkeit bestimmt sich nach § 70 Abs. 1 WDO. Danach ist das Truppendienstgericht zuständig, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Truppenteil oder die Dienststelle des Soldaten bei Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gehört. Als die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Soldaten am 19. Januar 2010 durch Zustellung der Einleitungsverfügung (§ 93 Abs. 1 Satz 3 WDO) wirksam wurde, gehörte dieser der ...staffel des ...schwaders ... in K. an. Da sich dieser Truppenteil im Wehrbereich II im Bundesland Nordrhein-Westfalen befindet, ist für den Soldaten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Errichtung von Truppendienstgerichten (Errichtungsverordnung - ErrV) vom 16. Mai 2006 (BGBl I S. 1262) das Truppendienstgericht Nord zuständig. Demgegenüber ist für das Disziplinarverfahren gegen den Unteroffizier B., der im maßgeblichen Zeitraum zum ...zentrum ... in P. gehörte, nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 ErrV das Truppendienstgericht Süd zuständig.

7 2. Es handelt sich hier auch um zusammenhängende Dienstvergehen mehrerer Soldaten im Sinne des § 70 Abs. 3 WDO. Die Wehrdisziplinarordnung enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Zusammenhang zwischen mehreren Dienstvergehen besteht. Der Wortlaut besagt nur, dass persönliche oder sachliche Gründe eine Art Klammer zwischen den Dienstpflichtverletzungen bilden müssen. Doch lässt sich dem Regelungszusammenhang, der Entstehungsgeschichte und dem daraus ableitbaren Zweck der Vorschrift entnehmen, dass ein Zusammenhang zwischen mehreren Dienstvergehen jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn Gegenstand der unterschiedlichen Disziplinarverfahren eine einheitliche Straftat ist, bei der die betroffenen Soldaten als Mittäter oder Teilnehmer beteiligt waren und mehrere Verfahren zu diesem Zweck bei dem für zuständig erklärten Gericht zur gemeinsamen Verhandlung verbunden werden sollen (vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 2009 - BVerwG 2 WDB 1.09 - Buchholz 450.2 § 70 WDO 2002 Nr. 2 und vom 16. März 2010 - BVerwG 2 WDB 1.10 -).

8 Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Den beteiligten Soldaten wird vorgeworfen, als Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung ihre Dienstpflichten verletzt zu haben. Auch das Strafverfahren vor dem Amtsgericht N. richtete sich gegen beide Soldaten. Es ist auch davon auszugehen, dass nach Bestimmung des Truppendienstgerichts Süd als zuständiges Gericht die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden.

9 3. Als zuständiges Gericht war das Truppendienstgericht Süd zu bestimmen, weil der Tatort im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Truppendienstgerichts Süd gelegen ist. Es kommt noch hinzu, dass die erste Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht Süd eingegangen ist. Die Bestimmung der zuständigen Kammer innerhalb des Truppendienstgerichts Süd gehört nach dem eindeutigen Wortlaut des § 70 Abs. 3 WDO nicht zur Aufgabe des Senats im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung; sie richtet sich vielmehr nach dem Geschäftsverteilungsplan des Truppendienstgerichts Süd und müsste gegebenenfalls durch das Präsidium des Truppendienstgerichts Süd erfolgen (vgl. Beschluss vom 31. August 2006 - BVerwG 2 WDB 2.06 - Buchholz 450.2 § 70 WDO 2002 Nr. 1).