Beschluss vom 30.09.2006 -
BVerwG 8 B 39.06ECLI:DE:BVerwG:2006:300906B8B39.06.0

Beschluss

BVerwG 8 B 39.06

  • VG Gera - 11.10.2005 - AZ: VG 3 K 926/99 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. September 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2005 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 153 387,56 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Sache nicht zu.

2 Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutend gehaltene Rechtsfrage,
ob eine auf der Grundlage des Thüringer Wiedergutmachungsgesetzes vom 14. September 1945 erfolgte tatsächliche Rückübertragung des hier streitgegenständlichen Vermögenswertes zu einem Zeitpunkt, als die Sozialdemokratische Partei Deutschland vor der Zwangsvereinigung mit der KPD noch als eigenständige Partei in der damaligen sowjetischen Besatzungszone bestand, eine dauerhafte und nachhaltige Wiedergutmachung des während der NS-Zeit erlittenen Vermögensverlustes im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG darstellt und deshalb eine Rückübertragung auf der Grundlage des Vermögensgesetzes ausschließt,
bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass derjenige, der die zurückverlangte Rechtsposition bereits innehat, keiner Wiedergutmachung durch Rückgabe bedarf. Deshalb führt die Restitution eines in § 1 Abs. 1 ThWGG aufgeführten Vermögenswerts, die nicht durch besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Enteignung wieder rückgängig gemacht worden ist (vgl. § 1 Abs. 8 Buchst. a Halbs. 2 VermG), zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 6 VermG (Urteil vom 27. Mai 1997 - BVerwG 7 C 67.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112). Das gilt aber nur, wenn die von § 1 Abs. 6 VermG beabsichtigte „dauerhafte und nachhaltige Wiedergutmachung des während der NS-Zeit erlittenen Vermögensverlustes“ (vgl. BTDrucks 12/2480 S. 39) erreicht wurde. Eine solch dauerhafte und nachhaltige Wiedergutmachung liegt nicht vor, wenn die entzogene und zurückverlangte Rechtsposition nur teilweise wiederhergestellt wurde. Das war hier der Fall.

3 Zwar hatte nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Erwerberin des Grundstücks, die C.-Z.-Stiftung, der neu gegründeten A.-GmbH, die treuhänderisch das Vermögen der Beigeladenen verwaltete, das Grundstück am 1. Oktober 1945, d.h. zu einem Zeitpunkt, als die Beigeladene neu gegründet war und selbständig bestand, übergeben. Ausweislich des zwischen der Stiftung und der GmbH geschlossenen Auflassungsvertrages vom 7. Februar 1946 sollten mit diesem Tag auch Gefahr, Lasten, Nutzungen sowie die Rechte und Pflichten aus den Verträgen auf die GmbH übergegangen sein. Darin ist aber keine dauerhafte und nachhaltige Wiedergutmachung zu sehen. Denn allein die tatsächliche Inbesitznahme des Grundstücks durch die A.-GmbH führte nicht zu einer Wiederherstellung der geschädigten Rechtsposition. Dazu gehörte auch die rechtliche Übertragung des Eigentums, was erst mit Eintragung der GmbH ins Grundbuch am 19. Juni 1946 erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt gab es die Beigeladene in Thüringen aber nicht mehr, weil die SPD aufgrund der Zwangsvereinigung mit der KPD im April 1946 in der neu entstandenen SED aufgegangen war. Ohne die Rückübertragung auch der rechtlichen Stellung als Eigentümer war die Wiedergutmachung nicht abgeschlossen, weil zur dauerhaften und nachhaltigen Wiederherstellung der Rechtsposition auch die Möglichkeit gehört, über das Eigentum zu verfügen oder es zu belasten. Das war erst mit der Eintragung ins Grundbuch gegeben. Entgegen der Annahme der Beschwerde reichte allein die tatsächliche Inbesitznahme nicht aus, dem ursprünglichen Grundstückseigentümer eine dingliche oder gar eine dem Eigentum ähnliche Rechtsstellung zu verschaffen. Auch die Beschwerde geht davon aus, dass eine auf Dauer angelegte Rückgabe nur beabsichtigt war und dass die Besitzübergabe am 1. Oktober 1945 der A.-GmbH nur eine dem Volleigentum angenäherte Stellung verschaffen konnte. Dass dies keine Wiedergutmachung des Verlustes des Volleigentums begründet, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.

4 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 GKG.