Beschluss vom 30.09.2008 -
BVerwG 1 WB 24.08ECLI:DE:BVerwG:2008:300908B1WB24.08.0

Leitsätze:

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem die Verpflichtung zur Erteilung einer Aussagegenehmigung nach § 62 Abs. 3 BBG angestrebt wird, setzt voraus, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Genehmigungserteilung darlegt.

  • Rechtsquellen
    SG § 14 Abs. 2
    BBG § 62

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.09.2008 - 1 WB 24.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:300908B1WB24.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 24.08

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Wolf und
den ehrenamtlichen Richter Major Grabemann
am 30. September 2008 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihm eine Aussagegenehmigung zum Zweck der Strafantragstellung wegen Beleidigung zu erteilen.

2 Der 1959 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 31. Oktober 2018 enden wird. Zum Oberstleutnant wurde er mit Wirkung zum 1. Januar 2003 ernannt. Seit dem 1. März 1999 wird er in Dauerverwendung als ...-Stabsoffizier bei der ...-Stelle ... in K. verwendet.

3 Am 4. September 2007 führte der Antragsteller in seiner Funktion als ...- Ermittler gemeinsam mit Stabsfeldwebel Vi. (...-Unteroffizier) im Rahmen einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) eine Befragung der Frau Nathalie V. durch, deren Einsatz beim „Zentrum ...“ in M. geplant war. Mit Schreiben vom 13. September 2007 erhob Dr. Michael V., der Ehemann der Frau V., gegen Stabsfeldwebel Vi. Dienstaufsichtsbeschwerde, der sich Frau V. mit Schreiben vom 6. Oktober 2007 inhaltlich anschloss. Die Dienstaufsichtsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf ein Gesprächsprotokoll der Frau V.; sie richtet sich nach den Angaben im Betreff sowie nach ihrem Wortlaut gegen das Verhalten des Stabsfeldwebels Vi. In ihr wird u.a. folgendes ausgeführt:
„Gegenwärtig unterzieht sich meine Ehefrau, Frau Nathalie V[...], einer Ü 3-Überprüfung durch den ... für einen späteren Einsatz beim 'Zentrum ...' (M.). In einer Befragung durch den ... (Stelle ... K., Oberfeldwebel Timo Vi[...], Oberstleutnant ...) wurden ihr am 04.09.2007 eine Reihe von Fragen gestellt, die meine Intim- und Privatsphäre in unvertretbarer Art und Weise verletzen. (....) Mir ist durchaus bewusst und einsichtig, dass die Prüfung der Stabilität von familiären Verhältnissen im Rahmen einer SÜ ein notwendiges Übel ist. Allerdings ist auch Herr Stabsfeldwebel Vi[...] an die ‚Spielregeln’ gebunden, die das Grundgesetz Amtsträgern wie ihm nun einmal auferlegt. Deswegen muss er dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt Folge leisten, der es ihm untersagt, derart anzügliche Fragen - und dann noch als Mann gegenüber einer Frau - zu stellen. Wo hat Herr Vi[...] sich denn herumgetrieben, dass er nicht über das erforderliche Taktgefühl und vor allem über die Professionalität verfügt, um zu wissen, wann er die Grenzen des Anstandes bei der Befragung von Frauen überschreitet?
Während ich die Ermittlung zu den familiären Verhältnissen dem Grunde nach akzeptiere, fehlt mir jedes Verständnis für die Fragen, die sich Herr Vi[...] im Fall meiner Mitgliedschaft im Bund der Freimaurer herausnimmt. Mir erschließt sich noch nicht einmal im Ansatz, warum die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge für einen Vertreter des ... Anlass gibt, irgendwelche Rückfragen der Art, wie sie Herrn Vi[...] in den Kopf gekommen sind, zu stellen. Seine Aufgabe ist die Sammlung von Erkenntnissen über verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Bundeswehr und von Bestrebungen gegen die Bundeswehr von außen. Was geht es den ... an, ob mein Vorgesetzter davon Kenntnis hat, dass ich Freimaurer bin oder ob er dies gar selbst ist? Was verraten derartige Fragen über die Motivation und Gesinnung des Fragenden? Zu Herrn Vi[...] Gunsten will ich einmal unterstellen, dass er einfach nicht über die Bildung verfügt, um zu wissen, dass der letzte deutsche Geheimdienst, der die Freimaurerei im Rahmen der weltanschaulichen Gegnererforschung zu seinen Beobachtungsobjekten zählte, das Reichssicherheitshauptamt war.
Insgesamt muss ich unter größtem Befremden leider feststellen, dass Herr Vi[...] sich offenbar nicht der außerordentlichen Verantwortung bewusst ist, die ihm als Angehörigen eines Nachrichtendienstes zukommt, wenn ihm erlaubt wird, in das Privat- und nicht Intimleben anderer einzudringen. Wenn er damit nicht umgehen kann, ihm dies zu Kopfe steigt und er sich noch bemüßigt fühlt, sich als ‚James Bond’ zu gerieren, er dabei aber nicht willens oder in der Lage ist, die Grenzen einzuhalten, unter denen ihm dies ausnahmsweise gestattet wird, sollte er sich lieber einer Tätigkeit widmen, bei der er weniger Schaden anrichten kann - Versicherungen verkaufen etwa.
In Anbetracht all dieser Umstände lege ich Dienstaufsichtsbeschwerde wegen des Verhaltens von Herrn Vi[...] ein und erwarte, dass alle Daten, die Herr Vi[...] unrechtmäßig über meine Frau und mich erhoben hat, endgültig gelöscht werden. (...)“

4 Mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben vom 7. November 2007 beschied das Amt für den ... die Dienstaufsichtsbeschwerden des Dr. V. und seiner Ehefrau. Das Amt teilte den Beschwerdeführern mit, dass Stabsfeldwebel Vi. keine zu beanstandenden Äußerungen getätigt habe. Soweit einzelne Fragen nicht für die Sicherheitsüberprüfung der Stufe Ü 3 notwendig gewesen seien, habe man die jeweiligen Antworten geschwärzt, sodass den Beschwerdeführern keine Nachteile erwachsen könnten. Die weitere Durchführung der Sicherheitsüberprüfung sei auf die nunmehr örtlich zuständige ...-Stelle ... übertragen worden.

5 Mit Schreiben vom 5. Oktober 2007 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer umfassenden Aussagegenehmigung und bezog sich dazu auf den Inhalt der Dienstaufsichtsbeschwerde des Herrn Dr. V. vom 13. September 2007. Er beabsichtige, gegen Dr. V. und Frau V. Strafantrag gemäß § 186 und § 187 StGB zu stellen.

6 Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.  Dezember 2007, dem Antragsteller am 2. Januar 2008 eröffnet, lehnte das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 7 - diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, nach § 14 Abs. 2 SG i.V.m. § 62 Abs. 4 BBG habe es als oberste Dienstaufsichtsbehörde über eine Aussagegenehmigung zu entscheiden. Nach der hier in Betracht kommenden Bestimmung in § 62 Abs. 3 BBG könne die Aussagegenehmigung versagt werden, wenn dies die dienstlichen Rücksichten unabweisbar erforderten. Das sei der Fall. Rechtsgrundlage sei § 21 SÜG. Danach dürften die im Rahmen des § 21 Abs. 1 Nr. 2 SÜG gespeicherten personenbezogenen Daten von der zuständigen Stelle oder mitwirkenden Behörde nur für die Zwecke der Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung genutzt und übermittelt werden. In der ZDv 2/30 Anlage C 14/1 seien die Straftaten von erheblicher Bedeutung gemäß § 138 StGB und Art. 1 § 2 des Gesetzes zu Art. 10 GG aufgeführt. Die Straftaten „Üble Nachrede/Verleumdung“ (§§ 186, 187 StGB) seien in dieser Liste nicht enthalten. Damit sei die beabsichtigte Interessenwahrnehmung mit einem Verstoß gegen § 21 SÜG verbunden; deshalb stünden der Erteilung einer umfassenden Aussagegenehmigung unabweisbare dienstliche Rücksichten entgegen.

7 Gegen diesen Bescheid richtet sich der Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2008, den der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 14. März 2008 dem Senat vorgelegt hat.

8 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die Versagung der Aussagegenehmigung sei rechtswidrig, weil sich die Begründung des angefochtenen Bescheids ausschließlich auf die erweiterte Sicherheitsüberprüfung der Frau V. und damit auf § 21 SÜG beziehe. Die beantragte Aussagegenehmigung betreffe aber nur die Dienstaufsichtsbeschwerde des Herrn Dr. V. Dies sei ein eigenständiges Verfahren außerhalb des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes. Herr Dr. V. habe sich vorsätzlich in beleidigender, ehrverletzender und diskriminierender Weise geäußert, die dazu geeignet gewesen sei, seine, des Antragstellers dienstliche Reputation zu schädigen. Ob die Beweislage für die Erhebung einer Klage ausreiche oder in seinem Fall kein hinreichender Tatverdacht bestehe, sei durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu prüfen. Da er sich nicht strafbar machen und keinem dienstrechtlichen Verfahren ausgesetzt werden wolle, sei er - auch schon für die Bestellung eines Rechtsbeistandes - zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen an eine Aussagegenehmigung gebunden. Er habe deshalb bisher keinen Strafantrag stellen können. Es sei nicht hinnehmbar, dass eine Gesamtsituation - nicht zuletzt durch die zeitliche Abwicklung des Genehmigungsverfahrens - eingetreten sei, die es ihm unmöglich mache, die grundgesetzlich verbrieften Persönlichkeitsrechte zu wahren und hierzu den Rechtsweg zu beschreiten. Er erhoffe sich von der Senatsentscheidung eine höhere Rechtssicherheit, insbesondere eine Weisungslage für eine zeitgerechte und angemessene Handhabung der Genehmigungspraxis für Aussagegenehmigungen, um zukünftig solche Verfahren zu vermeiden. Sofern seitens des Bundesministers der Verteidigung festgestellt worden sei, er habe kein berechtigtes Interesse an einer Strafverfolgung, ergebe sich sein Rechtsschutzbedürfnis aus § 194 Abs. 3 StGB.

9 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

10 Der Antrag sei bereits unzulässig, weil die vom Antragsteller begehrte strafrechtliche Ahndung nicht mehr erreicht werden könne. Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB werde die Beleidigung nur auf Antrag verfolgt, wobei der Antrag der Drei-Monats-Frist des § 77b StGB unterliege. Ein Strafantrag sei aber nicht gestellt worden; die Antragsfrist sei verstrichen. Sie beginne mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt habe. Diese Kenntnis habe der Antragsteller bereits Anfang Oktober 2007 gehabt. Zudem könne der Antragsteller kein Rechtschutzbedürfnis geltend machen, weil er nicht Adressat der Dienstaufsichtsbeschwerde sei; er werde darin ausschließlich als Teilnehmer der Anhörung erwähnt, ohne mit der eigentlichen Befragung bzw. mit den Vorwürfen in Zusammenhang gebracht zu werden. Der Antrag sei außerdem aus den in dem angefochtenen Bescheid genannten Gründen unbegründet.

11 Das Amt für den ... hat dem Antragsteller mit Bescheid vom 20. März 2008 gestattet, zur Interessenwahrnehmung im vorliegenden Verfahren einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Davon hat der Antragsteller keinen Gebrauch gemacht.

12 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13 Der Antragsteller hat keinen förmlichen Sachantrag gestellt.

14 Sein Rechtsschutzbegehren ist sinngemäß dahin auszulegen, dass er die Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 20. Dezember 2007 sowie dessen Verpflichtung beantragt, ihm, dem Antragsteller, eine Aussagegenehmigung - bezogen auf den Inhalt der Dienstaufsichtsbeschwerde des Herrn Dr. V. vom 13. September 2007 - zum Zweck der Strafantragstellung gegen Herrn Dr. V. wegen Beleidigung (§§ 185, 186, 187 StGB) zu erteilen. Dabei geht der Senat angesichts der Äußerungen des Antragstellers in den Schriftsätzen vom 8. Januar 2008 und vom 21. April 2008 davon aus, dass dieser die mit dem Strafantrag angestrebte Strafverfolgung - den ursprünglichen Antrag vom 5. Oktober 2007 insoweit einschränkend - nur noch gegen Herrn Dr. V. gerichtet wissen will.

15 Für dieses Rechtsschutzbegehren ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet (vgl. Beschluss vom 3. Oktober 1974 - BVerwG 1 WB 1.74 - BVerwGE 46, 303 <305> = NZWehrr 1975, 104). Gemäß § 21 Abs. 1 WBO ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig, weil die Aussagegenehmigung durch den - hierzu allein befugten (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SG, § 62 Abs. 4 BBG) - Bundesminister der Verteidigung versagt worden ist.

16 Der Streit um die Erteilung einer Aussagegenehmigung für einen Soldaten betrifft eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO. Der Antragsteller hat insoweit eine Verletzung seiner Rechte bzw. eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber geltend gemacht, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes (mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31) geregelt sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), nämlich eine Verletzung seines Anspruchs darauf, dass ihm die Genehmigung zur Aussage in eigener Sache vor Strafverfolgungsbehörden und Gerichten nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen versagt werden darf (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SG i.V.m. § 62 Abs. 1, Abs. 3 BBG; vgl. hierzu auch Beschluss vom 3. Oktober 1974 a.a.O.; Walz/Eichen/Sohm, SG, 2006, § 14 Rn. 19).

17 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Unschädlich ist, dass der Antragsteller erklärt hat, die Begründung des Antrags erfolge lediglich vorläufig. Sein Antragsvorbringen wird den Anforderungen des § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO gerecht. Die Antragsschrift lässt ausreichend deutlich erkennen, dass und warum der Antragsteller den Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 20. Dezember 2007 aus seiner Sicht für fehlerhaft hält (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen u.a. Beschlüsse vom 23. Februar 1972 - BVerwG 1 WB 1.70 - BVerwGE 43, 308 und vom 14. Juli 2004 - BVerwG 1 WB 9.04 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

18 Der Antrag ist aber unzulässig, weil dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

19 Für die gerichtlich angestrebte Verpflichtung zur Erteilung einer Aussagegenehmigung nach § 62 BBG ist ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich (Zängl, in: GKÖD, Bd. I, Stand: August 2008, K § 62 Rn. 39; Urteil vom 2. Dezember 1969 - BVerwG 6 C 138.67 - BVerwGE 34, 252 <255>, vgl. ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Mai 1989 - 4 S 2862/88 - juris Rn. 27). Es kann offenbleiben, ob das Rechtsschutzbedürfnis im Rahmen des - hier allein in Betracht kommenden - § 62 Abs. 3 BBG schon dann abzulehnen ist, wenn die vom jeweiligen Antragsteller beabsichtigte Rechts- oder Strafverfolgung, für die die Aussagegenehmigung rechtliche Bedeutung als Mittel zum Zweck hat, von vornherein und offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (so ausdrücklich für ein Privatklageverfahren VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Mai 1989 a.a.O.). Jedenfalls fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, wenn der jeweilige Antragsteller nicht darlegt, dass und inwiefern er ein - für ihn persönlich - rechtlich geschütztes Interesse an der Erteilung einer Aussagegenehmigung hat. Dazu gehören in einem Verfahren, das - wie im vorliegenden Fall - nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BBG der Wahrnehmung der „berechtigten Interessen“ des Antragstellers dienen soll, nähere Ausführungen zum Inhalt dieser berechtigten Interessen. Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Antragstellers nicht.

20 Der Antragsteller trägt zwar - unter Hinweis auf den Inhalt der Dienstaufsichtsbeschwerde vom 13. September 2007 - vor, gegen Herrn Dr. V. Strafantrag wegen Beleidigung (§§ 185 ff. StGB) stellen zu wollen, macht aber seine dafür notwendige persönliche Betroffenheit nicht geltend. Der Strafantrag ist für alle Beleidigungstatbestände des 14. Abschnitts (§§ 185 bis 189 StGB) eine erforderliche Prozessvoraussetzung (Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 194 Rn. 2). Strafantragsberechtigt ist gemäß § 77 StGB zunächst nur der von der Tat Verletzte (vgl. dazu Fischer, a.a.O. § 77 Rn. 2). Dabei kommt es für die Wirksamkeit der Strafantragstellung zwar weder darauf an, ob tatsächlich eine Straftat vorliegt, noch darauf, dass der Antragsteller die Tat rechtlich richtig bewertet oder sie konkret beschreibt. Der Verfolgungswille muss sich aber auf eine bestimmte Tat im Sinne der §§ 155, 264 StPO beziehen, also auf einen geschichtlichen Vorgang, in dem die Erfüllung eines gegen den Verletzten gerichteten, bestimmten Tatbestandes zu erblicken ist. Entscheidend ist aus diesem Grund der äußere Befund, der ohne Rücksicht auf die Willensrichtung des Täters den Verdacht einer rechtsgutverletzenden Handlung, mithin eines Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers begründet (vgl. Jähnke, in: Leipziger Kommentar, StGB, Bd. 3, 12. Aufl. 2008, § 77 Rn. 18).

21 Die - zumindest in Grundzügen zu leistende - Darlegung eines möglichen Eingriffs in seine individuelle Rechtssphäre und damit die Erläuterung seiner berechtigten Interessen hat der Antragsteller unterlassen. Dazu ergibt sich auch nichts aus dem Inhalt der vorgelegten Akten. Nach dem Wortlaut der Dienstaufsichtsbeschwerde richten sich alle Vorwürfe des Herrn Dr. V. ausdrücklich und ausschließlich gegen Stabsfeldwebel Vi. und nicht gegen den Antragsteller. Der Antragsteller wird lediglich beiläufig als Gesprächsteilnehmer erwähnt, dabei aber weder direkt noch indirekt für die Äußerungen des Stabsfeldwebels Vi. verantwortlich gemacht. Das Schreiben der Frau V. vom 6. Oktober 2007 und ihre „Schilderung der Zwischenfälle“ beim Gespräch am 4. September 2007 betreffen ebenfalls ausnahmslos Stabsfeldwebel Vi. Auch im Zuge ihres Antrags, eine andere Dienststelle des Militärischen Abschirmdienstes mit der Bearbeitung ihrer Sicherheitsüberprüfung zu beauftragen, macht Frau V. in erster Linie Stabsfeldwebel Vi. für eine eingetretene Störung des Vertrauensverhältnisses verantwortlich. Soweit sie in diesem Zusammenhang äußert, auch zwischen ihr und dem Antragsteller bestehe kein angemessenes Vertrauensverhältnis mehr, ist darin ein beleidigendes, also ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Sinne der §§ 155, 264 StPO nicht zu erkennen. Das macht der Antragsteller auch nicht geltend. Sollte er wegen möglicher anderer, in den Akten nicht dokumentierter Vorfälle Strafantrag stellen wollen, hätte er dazu substantiiert Näheres vortragen müssen.

22 Ein rechtlich geschütztes Interesse des Antragstellers folgt auch nicht aus der von ihm angedeuteten Möglichkeit, für einen Dritten (hier für Stabsfeldwebel Vi.) tätig werden zu müssen. Soweit der Antragsteller ausführt, sein Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich aus § 194 Abs. 3 StGB, verkennt er, dass das Strafantragsrecht des Disziplinarvorgesetzten eines von einer Beleidigung betroffenen Soldaten (§ 194 Abs. 3 Satz 1 StGB i.V.m § 77a Abs. 2 Satz 2 StGB) maßgeblich auf dem Verfolgungsinteresse der Behörde beruht. Dieses Interesse der Behörde tritt zusätzlich neben ein Verfolgungsinteresse des verletzten Amtsträgers oder Soldaten (vgl. die gesetzliche Formulierung „auch“; ebenso: Fischer, a.a.O. § 194 Rn. 5 m.w.N.). Die Wahrnehmung des Strafantragsrechts durch den Disziplinarvorgesetzten knüpft damit ausschließlich an dessen Funktion als Interessensachwalter im Auftrag der Behörde an, verleiht ihm aber kein subjektives Recht. § 194 Abs. 3 Satz 1 StGB begründet daher für den Antragsteller kein individuell geschütztes rechtliches Interesse.

23 Der Senat hat dem Antragsteller keine Verfahrenskosten auferlegt, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht vorliegen.