Beschluss vom 30.10.2008 -
BVerwG 2 B 9.08ECLI:DE:BVerwG:2008:301008B2B9.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.10.2008 - 2 B 9.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:301008B2B9.08.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 9.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 12.11.2007 - AZ: OVG 1 A 2537/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 300 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob für die Erstattung von Kosten einer extrakorporalen künstlichen Befruchtung nach § 8 Abs. 4 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO a.F.) vom 27. März 1975 (GV.NW S. 240) in der Fassung der Neunzehnten Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 12. Dezember 2003 (GV.NW S. 756) unter Einbeziehung der weiter erfolgten Änderungen durch Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004/2005 vom 27. Januar 2004 (GV.NRW S. 30) eine verursacherbezogene oder eine anwendungsbezogene Betrachtungsweise anzustellen sei. Nach dieser Vorschrift waren die Kosten für eine künstliche Befruchtung unter den Voraussetzungen des § 27a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) beihilfefähig. Das Berufungsgericht hat aus einer Gesamtschau der Regelungen der BVO a.F. hergeleitet, dass die Kosten der extrakorporal durchgeführten Befruchtungsmaßnahmen der Frau zuzuordnen sind. Der beihilfeberechtigte Mann kann sie nach Maßgabe der Beihilfegewährung für berücksichtigungsfähige Angehörige erstattet verlangen.

3 Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie betrifft ausgelaufenes Recht. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 5 BVO in der seit dem 1. Januar 2007 gültigen Fassung der Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 20. November 2006 (GV.NRW S. 596) ist für die Zuordnung der Aufwendungen für die extrakorporale künstliche Befruchtung das Kostenteilungsprinzip zu beachten. Die Kosten aller extrakorporalen Maßnahmen, vor allem der Zusammenführung von Ei- und Samenzellen sind der Frau zuzuordnen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts wird dadurch die bereits geltende Rechtslage klargestellt. Damit betrifft die vom Kläger aufgeworfene Frage nur Fälle, die noch nach den Vorschriften der nordrhein-westfälischen Beihilfenverordnung in der bis zum 1. Januar 2007 anzuwendenden Fassung zu entscheiden sind.

4 Vor diesem Hintergrund kommt der Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>, stRspr). Beide Ziele sind nicht erreichbar, wenn sich die Frage - wie hier - auf ausgelaufenes Recht bezieht. Fragen zur Auslegung und Anwendung ausgelaufenen Rechts haben deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ungeachtet anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine für die Zukunft maßgebende Klärung herbeiführen soll (vgl. u.a. Beschlüsse vom 10. Mai 1991 - BVerwG 2 B 50.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 297 S. 33, vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 S. 11 und vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 B 56.03 ). Es sind keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen dargetan oder ersichtlich, die eine Ausnahme von diesen Grundsätzen rechtfertigen könnten.

5 Auch genügt die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Der Kläger setzt sich nicht mit den tragenden rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts auseinander, sondern stellt dessen Auslegungsergebnis ohne weiterführende Begründung seine abweichende, naturgemäß ihm günstige Rechtsauffassung entgegen.

6 Die Beschwerde sieht eine Divergenz zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 3. März 2004 - IV ZR 25/03 - BGHZ 158, 166) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 28. Oktober 2005 - 4 S 2627/04 - NVwZ-RR 2006, 202). Hiermit kann indes weder eine Revisionszulassung nach § 127 Nr. 1 BRRG noch nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO gerechtfertigt werden. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Auslegung der einschlägigen Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherung betrifft, diejenige des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg den Anspruch eines Bundespolizeibeamten auf Heilfürsorge, mithin nicht die nordrhein-westfälische Beihilfenverordnung in der hier maßgeblichen alten Fassung, sondern andere Rechtsgrundlagen.

7 Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.