Beschluss vom 30.11.2004 -
BVerwG 10 B 64.04ECLI:DE:BVerwG:2004:301104B10B64.04.0

Beschluss

BVerwG 10 B 64.04

  • Niedersächsisches OVG - 24.08.2004 - AZ: OVG 15 KF 20/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. November 2004
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. R u b e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgerichts) vom 24. August 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Verfahrensrüge, das Flurbereinigungsgericht habe gegen die Vorschrift über die Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung (vgl. § 55 VwGO i.V.m. § 169 Satz 1 GVG) verstoßen, greift nicht durch. Ob die Öffentlichkeit im vorliegenden Fall wirklich ausgeschlossen war, kann dahinstehen. Der für die Klägerin zum Termin erschienene Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt Q., hat sich nach dem Beschwerdevorbringen rügelos auf die Verhandlung eingelassen, obwohl er vor deren Beginn "die Zugänglichkeit des Besuchereingangs" überprüft und festgestellt hatte, dass dieser verschlossen war. Damit ist nach § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO ein Rügeverlust eingetreten, der die Klägerin hindert, nachträglich einen Verstoß gegen § 169 Satz 1 GVG geltend zu machen. Die Befolgung der genannten Vorschrift ist nach § 295 Abs. 2 ZPO verzichtbar; denn auch auf die mündliche Verhandlung kann nach § 101 Abs. 2 VwGO verzichtet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. November 1977 - BVerwG 4 C 71.77 - Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 1). Die Beschwerde kann dem Rügeverlust nicht mit Erfolg entgegenhalten, Rechtsanwalt Q. sei sich erst nach Abschluss der Verhandlung darüber klar geworden, dass es sich bei der Tür, die er verschlossen vorgefunden habe, um den Haupteingang gehandelt habe, weil er selbst das Gebäude vom Parkplatz aus über einen Nebeneingang betreten habe. Wenn Rechtsanwalt Q. das ihm fremde Gebäude über einen Nebeneingang vom Parkplatz aus betreten hatte, hätte sich ihm der Gedanke aufdrängen müssen, dass die Tür, die er vor Beginn der Verhandlung verschlossen vorfand, zu einem Eingang gehörte, über den diejenigen Besucher das Gebäude zu betreten pflegen, die nicht - wie er selbst - zuvor mit einem Kraftfahrzeug den Parkplatz aufgesucht haben. Dass diese Besucher damit möglicherweise keinen Zutritt zu der Gerichtsverhandlung hatten, war eine ebenso nahe liegende Schlussfolgerung. Nach § 295 Abs. 1 ZPO reicht es für den Rügeverlust aus, wenn der etwaige Verfahrensmangel der Partei "bekannt sein musste", sie ihn dem Gericht gegenüber aber trotzdem nicht geltend macht. Dieser Sachverhalt ist nach dem Beschwerdevorbringen hier gegeben gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1, §§ 47, 72 Nr. 1 GKG.