Beschluss vom 31.05.2006 -
BVerwG 8 B 120.05ECLI:DE:BVerwG:2006:310506B8B120.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.05.2006 - 8 B 120.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:310506B8B120.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 120.05

  • VG Gera - 12.07.2005 - AZ: VG 3 K 27/01 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Mai 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund mündlicher Verhandlung vom 12. Juli 2005 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 754,20 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.

2 Die Beschwerde meint zu Unrecht, das Gericht habe einen Verfahrensfehler begangen, indem es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe. Den damit verbundenen Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO benennt die Beschwerde zwar nicht ausdrücklich. Ihr ist aber zu entnehmen, dass eine Aufklärungsrüge erhoben wird. Mit ihr kann die Beschwerde jedoch nicht erfolgreich durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind, oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Beschwerde hat schon nicht dargelegt, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung durch den anwaltlichen Vertreter auf die notwendigen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts hingewirkt worden ist. Nachdem das Verwaltungsgericht in einem Erörterungstermin vom 26. Mai 2005 durch den Berichterstatter bereits die problematischen Punkte der Sachaufklärung angesprochen hatte und in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2005 ausweislich der maßgeblichen Niederschrift über sie eine Beweisaufnahme durch Vernehmung verschiedener Zeugen durchgeführt hatte, und ausweislich der Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers die Stellung weiterer „Zeugen-Beweisanträge“ nicht beabsichtigt war, war das Verwaltungsgericht zu einer weiteren Sachaufklärung angesichts der umfassend durchgeführten Beweisaufnahme nicht mehr verpflichtet. Das Verwaltungsgericht konnte auf Grund der ermittelten Tatsachenlage nicht feststellen, dass die damalige politische Zielsetzung einer weiteren Verstaatlichung des Handwerks im Falle der Firma des Rechtsvorgängers des Klägers durch die Erhebung unberechtigter Steuerforderungen verfolgt worden ist, da eine zielgerichtete bewusste Missachtung der DDR-Steuergesetze weder durch den äußeren Ablauf des Steuerverfahrens noch aus den Bekundungen der vernommenen Zeugen nachweisbar war. Die hiergegen von der Beschwerde angeführten Gesichtspunkte stellen in Wirklichkeit eine Rüge der Tatsachen- und Beweiswürdigung der Vorinstanz dar. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist aber vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweisgrundsätze überprüfbar, die ihrerseits dem sachlichen Recht zuzuordnen sind. Für einen etwaigen Verstoß gegen die Denkgesetze und einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss spricht im vorliegenden Fall nichts. Vielmehr beanstandet die Beschwerde allgemein die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und bietet stattdessen ihre eigene Würdigung an, ohne einen etwaigen Verstoß gegen die Denkgesetze zu benennen.

3 In diesem Zusammenhang würdigt die Beschwerde auch mit keinem Wort die ebenfalls entscheidungstragende Überlegung des Verwaltungsgerichts, dass aus der damaligen Sicht des DDR-Staats gar keine Notwendigkeit bestand, die streitbefangene Firma mit Hilfe konstruierter Steuerverstöße zu enteignen (vgl. UA S. 13). Denn schon am 1. April 1958 war das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Förderung des Handwerks vom 12. März 1958 in Kraft getreten, das zu einer Einschränkung der Zahl der durch das zuvor günstige Handwerkersteuersystem betroffenen Handwerksbetriebe führte. Dementsprechend war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch der streitbefangene Betrieb ausweislich der Mitteilung der Handwerkskammer des Bezirks Erfurt vom 30. Mai 1958 bereits am 31. März 1958 aus der Handwerksrolle gelöscht und stattdessen an die Industrie- und Handelskammer überführt worden. Dadurch unterlag der streitbefangene Handwerksbetrieb bereits vor der hier in Rede stehenden steuerrechtlichen Betriebsprüfung den hohen Steuersätzen der privaten Industriebetriebe.

4 Soweit die Beschwerde nunmehr rügt, das Gericht hätte angebliche Akten der Staatssicherheit beiziehen müssen, so übersieht sie, dass in der mündlichen Verhandlung ein derartiger Antrag nicht seitens des klägerischen Anwalts gestellt worden ist, obschon im Erörterungstermin vom 26. Mai 2005 seitens des Klägers eine Anfrage bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik angeregt wurde. Die Einholung einer entsprechenden Auskunft musste sich dem Verwaltungsgericht aus den auf S. 13 und 14 UA niedergelegten Gesichtspunkten auch nicht aufdrängen. Vor allem die Äußerung des C.B. im Notaufnahmeverfahren aus dem Jahre 1958 spricht schon von vornherein gegen ein Tätigwerden der Organe der Staatssicherheit.

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.