Beschluss vom 31.05.2007 -
BVerwG 8 B 25.07ECLI:DE:BVerwG:2007:310507B8B25.07.0

Beschluss

BVerwG 8 B 25.07

  • VG Berlin - 17.11.2006 - AZ: VG 31 A 313.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. November 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder liegt der geltend gemachte Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor noch weist die Sache die ihr beigegebene grundsätzliche Bedeutung auf (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

2 1. Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es dem Terminsverlegungsantrag des Bevollmächtigten der Klägerin nicht entsprochen und die mündliche Verhandlung am 17. November 2006 ohne ihn durchgeführt hat.

3 Die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts verletzt unter den konkreten Umständen des Falles nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). § 102 Abs. 2 VwGO gestattet die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung des Gerichts trotz Abwesenheit eines Beteiligten, wenn in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Ladung vom 18. Oktober 2006 enthielt diesen Hinweis. Gleichwohl kann die Ablehnung eines Verlegungsantrags den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn die Terminsverlegung aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 227 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO). Ein erheblicher Grund ist nicht schon dann anzunehmen, wenn der Prozessbevollmächtigte eines nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten unverschuldet - etwa wegen Erkrankung - an dem Termin nicht teilnehmen kann. Die prozessuale Mitwirkungspflicht des Beteiligten lässt einen Verhinderungsgrund nur dann als erheblich erscheinen, wenn er nicht durch den Prozessbeteiligten selbst in zumutbarer Weise - sei es, dass er den Termin selbst wahrnimmt oder sei es, dass er einen Anwalt beauftragt - beseitigt werden kann und wenn diese Umstände dem Gericht glaubhaft gemacht worden sind (vgl. Urteile vom 26. Januar 1989 - BVerwG 6 C 66.86 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 212, vom 3. Juli 1987 - BVerwG 8 C 39.85 - a.a.O. Nr. 186 und vom 27. März 1985 - BVerwG 4 C 79.84 - Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 3 sowie Beschlüsse vom 28. August 1992 - BVerwG 5 B 159.91 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 252 und vom 5. Dezember 1994 - BVerwG 8 B 179.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 259).

4 Der geltend gemachte Hinderungsgrund, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen, betrifft den Ehemann der Klägerin, den diese zur Prozessführung ermächtigt und der sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vertreten hat. Der Ehemann der Klägerin hat in seinem Verlegungsantrag vom 23. Oktober 2006 mit keinem Wort erwähnt, weshalb die Klägerin selbst den Termin nicht wahrnehmen kann. Dazu haben sich die anwaltlichen Vertreter der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 14. März 2007 im Beschwerdeverfahren - nach Ablauf der Begründungsfirst gemäß § 133 Abs. 3 VwGO - geäußert. Die hierzu angegebenen Gründe sind nicht erheblich im Sinne des § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO. So wird geltend gemacht, dass die Klägerin vom Verwaltungsgericht nicht geladen worden sei. Dem ist entgegen zu halten, dass die Terminsladung gemäß § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO dem Bevollmächtigten zugestellt worden ist, der zudem dieselbe Anschrift wie die Klägerin hat. Ferner wird angeführt, dass die Klägerin ihren Ehemann „regelmäßig“ zu den Nachsorgeuntersuchungen in der Klinik in Freiburg begleitet. Der Umstand, dass die Klägerin regelmäßig zu den Untersuchungen begleitet, sagt nichts darüber aus, dass dieser auf eine solche Begleitung angewiesen ist. Ein solches Erfordernis ist jedenfalls gegenüber dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht worden.

5 Unabhängig davon hat ein bisher anwaltlich nicht vertretener Beteiligter im Fall seiner Verhinderung und der Verhinderung des von ihm bestellten Bevollmächtigten glaubhaft zu machen, dass er gehindert gewesen sei, sich im Termin durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen (Beschlüsse vom 5. Oktober 2006 - BVerwG 8 B 6.06 - juris und vom 22. Mai 2006 - BVerwG 10 B 9.06 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 45). Plausible Gründe dafür, weshalb kein Anwalt eingeschaltet worden ist, sind nicht fristgerecht vorgetragen worden. Die Ladung zum Termin vom 17. November 2006 wurde dem Ehemann der Klägerin persönlich am 20. Oktober 2006 übergeben. In seinem Verlegungsantrag vom 23. Oktober 2006 geht er mit keinem Wort darauf ein, dass die Klägerin versucht habe, einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen.

6 2. Der Rechtssache kommt auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die von der Beschwerde für klärungsbedürftig aufgezeigte Frage, wie zu entscheiden ist, wenn Unternehmensteile, die sich außerhalb des Unternehmensbereichs befinden, im Zusammenhang mit der Enteignung eines anderen Unternehmens entzogen werden, die rechtlich und bilanziell allerdings noch dem ersteren Unternehmen zugeordnet sind, würde sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen. Das Verwaltungsgericht hat, soweit es die Berliner Unternehmen und deren Vermögen betrifft, keine Schädigung feststellen können. Eine Verfahrensrüge ist insofern nicht erhoben worden. Soweit es Unternehmensteile betrifft, die sich außerhalb des Unternehmensbereichs befunden haben sollen, aber im Zusammenhang mit einer Enteignung der Zweigniederlassung in Gera entzogen worden seien, ist die Klärung der Frage, ob diese Unternehmensteile möglicherweise als Teil des Vermögens der Zweigniederlassung von einer Schädigung umfasst waren, nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Davon abgesehen, kommt der aufgeworfenen Frage schon deshalb keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu, weil sie in ihrer Bedeutung nicht über den vorliegenden Einzelfall hinausgeht.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47, 52 GKG.