Beschluss vom 31.08.2017 -
BVerwG 6 C 12.17ECLI:DE:BVerwG:2017:310817B6C12.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.08.2017 - 6 C 12.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:310817B6C12.17.0]

Beschluss

BVerwG 6 C 12.17

  • VG Köln - 06.12.2012 - AZ: VG 6 K 2684/12
  • OVG Münster - 10.12.2015 - AZ: OVG 19 A 254/13

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. August 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Tegethoff
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 21. Juni 2017 - BVerwG 6 C 3.16 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Durch Urteil vom 21. Juni 2017 - BVerwG 6 C 3.16 - hat der Senat die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2015 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin, die sie mit Schriftsatz vom 28. August 2017 begründet hat. Die Klägerin sieht einen Gehörsverstoß darin, dass der Senat ihren ausführlichen Revisionsvortrag zur Gleichheitswidrigkeit der zeitlich unbegrenzten Entziehbarkeit von Doktorgraden nicht berücksichtigt habe.

2 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, deren Verletzung nach § 152a VwGO durch Anhörungsrüge geltend gemacht werden kann, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Gründen einer Entscheidung wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht nicht auf sämtliche Begründungselemente des Beteiligtenvorbringens eingegangen ist, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt, wenn es nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6).

3 Danach hat die Anhörungsrüge der Klägerin keinen Erfolg. Der Senat hat in der zeitlich unbegrenzten Entziehbarkeit des Doktorgrades keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Inhaber dieses Grades gegenüber den Inhabern anderer, insbesondere berufsqualifizierender akademischer Grade gesehen, deren Entziehung nach den entsprechenden Regelungen der Beklagten regelmäßig nur bis zum Ablauf normativer Ausschluss- oder Verjährungsfristen möglich ist. Der Senat hat diese Ungleichbehandlung als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil der Doktorgrad seinen Inhabern im Gegensatz zu anderen Graden, die aufgrund beruflicher Abschlüsse verliehen werden, nicht nur den Nachweis bestimmter fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigt. Mit der Verleihung des Doktorgrades ist darüber hinaus die Erwartung verbunden, dass die Inhaber sich dauerhaft wissenschaftlich redlich verhalten, d.h. grundlegende wissenschaftliche Pflichten beachten werden. Der Doktorgrad weist den Inhaber als wissenschaftlich vertrauenswürdig aus. Diese Besonderheit des Doktorgrades rechtfertigt es nach der Rechtsauffassung des Senats, von einer Befristung der Entziehbarkeit abzusehen (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2017 - 6 C 3.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​210617U6C3.16.0] - juris Rn. 41). Die Bedeutung des Doktorgrades als zeitlich unbegrenzter Vertrauensvorschuss für künftige wissenschaftsrelevante Tätigkeiten mit der Folge, dass eine Enttäuschung dieses Vertrauens unabhängig vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens die Entziehung zur Folge haben kann, hat der Senat bereits in dem Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 C 9.12 - (BVerwGE 147, 292) herausgestellt.

4 Aufgrund dieses das Revisionsurteil tragenden Rechtsstandpunkts des Senats ist dem Revisionsvortrag der Klägerin, der sich damit befasst, welche Gesichtspunkte die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen können, aus der insoweit maßgebenden Sicht des Senats keine entscheidungserhebliche Bedeutung zugekommen. Auch auf der Grundlage der Rechtsausführungen der Klägerin liegt aus der Sicht des Senats kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil der soeben nochmals dargestellte Unterschied zwischen dem Doktorgrad und anderen akademischen Graden die Ungleichbehandlung in Bezug auf die zeitliche Entziehbarkeit nach der Senatsrechtsprechung rechtfertigt. Aus diesem Grund hat der Senat keinen Anlass gesehen, die Argumente der Klägerin abzuhandeln. Er ist hierzu nicht aus Gründen des rechtlichen Gehörs verpflichtet gewesen, weil diese Argumente für die richterliche Überzeugung ersichtlich nicht leitend gewesen sind. Vielmehr durfte er sich darauf beschränken, den nach seiner Rechtsauffassung entscheidenden Gesichtspunkt darzulegen.

5 Der Einwand der Klägerin, dieser Gesichtspunkt könne die Ungleichbehandlung sachlich nicht rechtfertigen, ist nicht geeignet, einen Gehörsverstoß zu begründen. Die Klägerin rügt insoweit nicht, der Senat habe ihr Vorbringen übergangen. Vielmehr stellt sie der Rechtsauffassung des Senats ihre eigene, insoweit naturgemäß abweichende Rechtsauffassung entgegen.

6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.