Verfahrensinformation

Wirtschaftsverwaltungsrecht


hier: Heranziehung zur Dienstleistungsstatistik


Urteil vom 27.09.2017 -
BVerwG 8 C 22.16ECLI:DE:BVerwG:2017:270917U8C22.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.09.2017 - 8 C 22.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:270917U8C22.16.0]

Urteil

BVerwG 8 C 22.16

  • VG Berlin - 18.12.2014 - AZ: VG 1 K 5.13
  • OVG Berlin-Brandenburg - 08.09.2016 - AZ: OVG 12 B 6.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. September 2017
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
Hoock und Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. September 2016 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Dezember 2014 werden geändert.
  2. Auf das Anerkenntnis des Beklagten wird entsprechend dem Antrag des Revisionsklägers in der Revisionsbegründungsschrift vom 4. November 2016 festgestellt, dass der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 5. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2012 rechtswidrig war.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wurde mit Bescheid des Beklagten vom 5. November 2012 zur Auskunftserteilung für die Dienstleistungsstatistik herangezogen. Seinen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2012 zurück. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Dezember 2014 abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte seinen Heranziehungsbescheid unter Hinweis auf die zwischenzeitliche Ziehung einer neuen Stichprobe zur Dienstleistungsstatistik widerrufen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 8. September 2016, zugestellt am 19. September 2016, zurückgewiesen.

2 Der Kläger hat am 12. Oktober 2016 die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt und diese am 4. November 2016 begründet. Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2017 hat der Beklagte im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangenen Urteile des Senats vom 15. März 2017 betreffend die Heranziehung zur Dienstleistungsstatistik (8 C 6.16 und 8 C 9.16 , juris) mitgeteilt, er erkläre das Anerkenntnis und sei zur Übernahme der Verfahrenskosten bereit.

II

3 Der Beklagte war nach § 173 VwGO i.V.m. §§ 307, 313b Abs. 2 Satz 4 ZPO seinem Anerkenntnis gemäß wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 173 VwGO i.V.m. § 307 Satz 2 ZPO).

4 Dem Beklagten ist es auch im Verwaltungsprozess bis in die Revisionsinstanz unbenommen, den Klageanspruch anzuerkennen. Die Regelungen der Zivilprozessordnung über die Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils sind im Verwaltungsprozess entsprechend anzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 7. Januar 1997 - 4 A 20.95 - BVerwGE 104, 27 <28>; Urteile vom 22. Mai 2012 - 1 C 6.11 - BVerwGE 143, 150 <157> und vom 4. August 2015 - 7 C 8.15 - BVerwGE 152, 346 <349>; Beschluss vom 5. Juni 2012 - 4 BN 41.11 - UPR 2012, 349 = juris Rn. 5). Es kann offen bleiben, ob dies auch für Anfechtungsklagen gilt. Denn der Kläger hat seine gegen den Heranziehungsbescheid gerichtete Anfechtungsklage in der Berufungsinstanz zulässigerweise auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Ein solches Feststellungsbegehren kann der Beklagte zum Gegenstand seines Anerkenntnisses machen (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 156 Rn. 8).

5 Der Beklagte hat das Anerkenntnis des im Revisionsverfahren streitgegenständlichen Begehrens des Klägers wirksam erklärt. Er ist die für die Heranziehung zur Dienstleistungsstatistik zuständige Behörde und damit über den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der gegenüber dem Kläger ergangenen Bescheide verfügungsbefugt (vgl. dazu BVerwG, Gerichtsbescheid vom 7. Januar 1997 - 4 A 20.95 - BVerwGE 104, 27 <29>). Der Kläger hat den nach § 173 VwGO i.V.m. § 555 Abs. 3 ZPO im Revisionsverfahren erforderlichen gesonderten Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils mit Schriftsatz vom 31. Juli 2017 gestellt. Mit diesem Erfordernis wird das Interesse des Klägers an einer begründeten Sachentscheidung des Revisionsgerichts geschützt (vgl. BT-Drs. 17/13948 S. 35).

6 Die auch für den Erlass eines Anerkenntnisurteils erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers bestehen nicht. Insbesondere hat der Kläger trotz des Widerrufs des streitgegenständlichen Heranziehungsbescheides ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Eine Wiederholungsgefahr liegt vor, da nicht ausgeschlossen ist, dass er für künftige Erhebungszeiträume erneut zur Dienstleistungsstatistik herangezogen werden wird. Die Revision ist vom Oberverwaltungsgericht zugelassen und vom Kläger fristgerecht eingelegt und begründet worden.

7 Eine Sachprüfung findet gemäß § 173 VwGO i.V.m. §§ 307, 313b Abs. 1 ZPO nicht statt. Vielmehr ergeht das Anerkenntnisurteil zugunsten des Klägers im Umfang des vom Beklagten erklärten Anerkenntnisses. Hier bezieht sich die Anerkenntniserklärung des Beklagten auf den im Revisionsbegründungsschriftsatz des Klägers angekündigten Antrag, auf den die Tenorierung nach § 173 VwGO i.V.m. § 313b Abs. 2 Satz 4 ZPO Bezug nimmt.

8 Die Kostenentscheidung folgt der Kostenübernahmeerklärung des Beklagten.