Verfahrensinformation

Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die für private Sendeunternehmen (TV und Hörfunk) Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt. Für die Lizenzierung der Rechte an Nutzer erhält sie eine Vergütung, die sie an die Inhaber der Rechte verteilt. Die Höhe der Vergütung, die die Klägerin von Nutzern erzielt, richtet sich nach den von ihr festgesetzten Tarifen.


Am 12. April 2013 veröffentlichte die Klägerin im Bundesanzeiger einen Tarif für Rechte der Wiedergabe von Funksendungen. Der Tarif betrifft die Nutzung von Funksendungen in Läden, Restaurants und anderen Einrichtungen, in denen TV- oder Radiogeräte betrieben werden. Mit Bescheid vom 20. Mai 2015 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde fest, dass der Tarif unangemessen sei und gab der Klägerin auf, den Tarif zurückzunehmen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde zurück.


Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Feststellung, der Tarif sei unangemessen, richtete; hinsichtlich der Rücknahmeanordnung hat es der Berufung stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Unangemessenheit des Tarifs festzustellen. Sie habe nicht nachgewiesen, dass der Tarif unangemessen sei; hierfür spreche auch keine Vermutung. Die Rücknahmeanordnung sei hingegen rechtmäßig. Die Klägerin habe den Umfang der ihr zustehenden Rechte nur unzureichend ermittelt und damit gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstoßen. Diese ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Normen über die Tarifaufstellung. Danach sei die Klägerin zur Aufstellung angemessener Tarife verpflichtet und müsse Nutzern auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einräumen. Die Erfüllung dieser Pflichten setze voraus, dass die Klägerin den Umfang ihrer Rechte, einschließlich der Priorität der Rechteeinräumung, hinreichend ermittle.


Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin mit der Revision und die Beklagte mit der Anschlussrevision.


Pressemitteilung Nr. 32/2020 vom 17.06.2020

Tarife für die Nutzung von Urheberrechten nur auf Grundlage der wahrgenommenen Rechte

Eine Verwertungsgesellschaft, die Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt, ist verpflichtet, Tarife über die Vergütung für die Nutzung dieser Rechte nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte festzusetzen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die für private Sendeunternehmen (TV und Hörfunk) Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt. Für die Lizenzierung dieser Rechte an Nutzer erhält sie eine Vergütung, die sie an die Inhaber der Rechte verteilt. Die Höhe der Vergütung, welche die Klägerin von Nutzern erzielt, richtet sich nach von ihr festgesetzten Tarifen.


Am 12. April 2013 veröffentlichte die Klägerin im Bundesanzeiger einen Tarif für die Wiedergabe von Funksendungen, der für die öffentliche Wahrnehmbarmachung urheberrechtlich geschützter Werke in Funksendungen galt. Mit Bescheid vom 20. März 2015 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt als Aufsichtsbehörde fest, dass dieser Tarif unangemessen sei, und gab der Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, den Tarif zurückzunehmen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde zurück.


Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert und die Klage gegen die Rücknahmeanordnung abgewiesen, weil die Klägerin den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte nicht ausreichend ermittelt habe. Die Aufhebung der Feststellung, der Tarif sei unangemessen, hat es nicht beanstandet.


Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil im Ergebnis bestätigt. Die angefochtene Rücknahmeanordnung konnte auf § 19 Abs. 2 Satz 2 des hier noch anwendbaren Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes gestützt werden. Danach kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. Dies schließt die Befugnis ein zu überprüfen, ob die von der Verwertungsgesellschaft veröffentlichten Tarife entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften aufgestellt wurden. Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz verpflichtet die Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte angemessene Tarife festzusetzen. Die Gesellschaft ist deshalb verpflichtet, ihre Tarife nach dem Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte zu bemessen. Außerdem muss die Höhe des Tarifs im Verhältnis zum Umfang dieser Rechte angemessen sein. Der von der Klägerin festgesetzte Tarif erfüllt schon die erste Anforderung nicht. Die vorgelegten Unterlagen waren nicht geeignet zu belegen, dass sie über die dem Tarif zugrunde gelegten Rechte verfügte. Die von der Behörde weiterhin getroffene Feststellung, der von der Klägerin veröffentlichte Tarif sei unangemessen, ist dagegen rechtswidrig. Ein Missverhältnis der Höhe des Tarifs zum Umfang der wahrgenommenen Rechte lässt sich ohne Erkenntnisse zu diesem Umfang nicht feststellen.


BVerwG 8 C 7.19 - Urteil vom 17. Juni 2020

Vorinstanzen:

VGH München, 22 B 17.1219 - Urteil vom 25. Februar 2019 -

VG München, M 16 K 15.5333 - Urteil vom 25. Oktober 2016 -


Urteil vom 17.06.2020 -
BVerwG 8 C 7.19ECLI:DE:BVerwG:2020:170620U8C7.19.0

Festsetzung von Tarifen für die Nutzung von Urheberrechten nur auf der Grundlage der wahrgenommenen Rechte

Leitsätze:

1. Eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 und 4 Satz 1 UrhWahrnG ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG verpflichtet, Vergütungstarife auf der Grundlage des Bestands der ihr zur Wahrnehmung anvertrauten Rechte und Ansprüche (§ 2 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 UrhWahrnG) in angemessener Höhe festzusetzen.

2. § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG ermächtigt die Aufsichtsbehörde zu überprüfen, ob die von der Verwertungsgesellschaft veröffentlichten Tarife entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften aufgestellt wurden. Das schließt die Überprüfung der Angemessenheit der Tarife ein.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 103 Abs. 1
    VwGO § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3
    VwVfG § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 29 Abs. 1 Satz 1
    UrhWahrnG § 11 Abs. 1, § 13 Abs. 1 und 3, §§ 14, 16, 19 Abs. 2 Satz 2

  • VG München - 25.10.2016 - AZ: VG M 16 K 15.5333
    VGH München - 25.02.2019 - AZ: VGH 22 B 17.1219

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.06.2020 - 8 C 7.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:170620U8C7.19.0]

Urteil

BVerwG 8 C 7.19

  • VG München - 25.10.2016 - AZ: VG M 16 K 15.5333
  • VGH München - 25.02.2019 - AZ: VGH 22 B 17.1219

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2020
durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
für Recht erkannt:

  1. Die Revision und die Anschlussrevision werden zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.

Gründe

I

1 Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft. Sie nimmt für private Sendeunternehmen aus den Bereichen Fernsehen und Hörfunk Urheber- und Leistungsschutzrechte wahr. Dazu lizenziert sie die Rechte an Nutzer, nimmt von diesen die dafür zu entrichtende Vergütung ein und verteilt sie anschließend unter den Inhabern der Rechte. Die von den Nutzern zu zahlende Vergütung richtet sich nach den von der Klägerin festgelegten Tarifen.

2 Zur Vorbereitung der Aufstellung eines Tarifs "Wiedergabe von Funksendungen" führte die Klägerin unter den Wahrnehmungsberechtigten Umfragen durch. Die Mehrzahl beantwortete die in einer ersten Umfrage im Dezember 2012 gestellten Fragen nur teilweise oder gar nicht. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang Angestellte und freie Mitarbeiter eigene Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen haben, machten nur 8 von 65 Hörfunksendern und 6 von 46 Fernsehsendern Angaben.

3 Am 12. April 2013 veröffentlichte die Klägerin im Bundesanzeiger den Tarif "Wiedergabe von Funksendungen", der die öffentliche Wahrnehmbarmachung urheberrechtlich geschützter Werke in Funksendungen betraf. Mit Bescheid vom 20. März 2015 stellte das Deutsche Patent- und Markenamt (nachfolgend: DPMA) als Aufsichtsbehörde fest, dass der Tarif unangemessen sei, und gab der Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, ihn zurückzunehmen. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, bei der Aufstellung des Tarifs zu ermitteln, in welchem Umfang sie Rechte anbieten könne. Diese Pflicht habe sie nicht erfüllt. Eine Verwertungsgesellschaft, die den Umfang ihres Rechterepertoires nicht hinreichend kenne, könne keine angemessene Tarifhöhe festlegen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Behörde zurück.

4 Am 27. März 2015 wurde im Bundesanzeiger ein geänderter Tarif "Wiedergabe von Funksendungen" der Klägerin veröffentlicht, der den am 12. April 2013 veröffentlichten Tarif der Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2015 ersetzte.

5 Im November 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Im März 2016 führte sie bei den Hörfunk- und Fernsehsendern, deren Rechte sie wahrnimmt, eine weitere Umfrage durch. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 25. Februar 2019 das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert, die Klage gegen die Rücknahmeanordnung abgewiesen und die Berufung gegen die Aufhebung der Feststellung, der Tarif sei unangemessen, zurückgewiesen. Die Rücknahmeanordnung sei rechtmäßig. Die Klägerin habe den Umfang der ihr zustehenden Rechte nur unzureichend ermittelt und damit gegen eine gesetzliche Verpflichtung verstoßen. Diese ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Normen über die Tarifaufstellung. Danach sei die Klägerin zur Aufstellung angemessener Tarife verpflichtet und müsse Nutzern auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einräumen. Das setze voraus, dass die Klägerin den Umfang ihrer Rechte, einschließlich der Priorität der Rechteeinräumung, hinreichend ermittle. Die Beklagte sei hingegen nicht berechtigt gewesen, die Unangemessenheit des Tarifs festzustellen. Sie habe nicht nachgewiesen, dass der Tarif unangemessen sei; hierfür spreche auch keine Vermutung.

6 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Klägerin gegen das Berufungsurteil, soweit es die Klage abgewiesen hat. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es über die Berufung entschieden habe, ohne zuvor ihren Antrag auf Akteneinsicht vom 12. April 2018 zu bescheiden. Das stelle einen absoluten Revisionsgrund im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO dar und führe zudem zur formellen Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügung. Die Kontrollbefugnis der Aufsichtsbehörde erstrecke sich nicht auf die Angemessenheit der Tarife. Deren Überprüfung obliege allein der beim DPMA eingerichteten Schiedsstelle, die insoweit über besondere Sachkunde verfüge. Die Annahme des Berufungsurteils, eine Verwertungsgesellschaft sei vor der Aufstellung eines Tarifs verpflichtet, den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte einschließlich der Priorität der Rechteabtretung zu ermitteln, sei in den Vorschriften über die Tarifaufstellung weder ausdrücklich geregelt noch aus deren Sinn und Zweck herzuleiten. Die vom Berufungsgericht geforderten Ermittlungsmaßnahmen fänden in der Praxis generell nicht statt. Unabhängig davon sei der Rechtebestand mit den durchgeführten Umfragen hinreichend ermittelt. Die Rücknahmeanordnung sei unverhältnismäßig. Sie verstoße zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Behörde nicht auch gegen die Tarife anderer Verwertungsgesellschaften vorgehe.

7 Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Februar 2019 zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Oktober 2016 insgesamt zurückzuweisen
sowie
die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen.

8 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Februar 2019, soweit es die Berufung zurückgewiesen hat, und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Oktober 2016 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen
sowie
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9 Sie macht geltend, die Feststellung der Unangemessenheit des Tarifs sei rechtmäßig. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts beruhe auf einem Verstoß gegen Denkgesetze. Es sei widersprüchlich, die Rücknahmeanordnung für rechtmäßig, den Feststellungsausspruch aber für rechtswidrig zu halten.

II

10 Revision und Anschlussrevision haben keinen Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht, soweit es annimmt, die Klägerin treffe eine selbstständige Verfahrenspflicht zur Ermittlung ihres Rechterepertoires. Es erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

11 I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

12 1. Das Berufungsgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht für zulässig gehalten. Die mit Bescheid vom 20. März 2015 unter Androhung eines Zwangsgeldes angeordnete Rücknahme des am 12. April 2013 von der Klägerin veröffentlichten Tarifs hat sich durch die nachfolgende Festsetzung des Tarifs vom 27. März 2015 nicht erledigt. Dieser ersetzte zwar mit Wirkung vom 1. Januar 2015 den von der angefochtenen Aufsichtsverfügung betroffenen Tarif. Im Hinblick auf etwaige künftige zivilrechtliche Ansprüche ist jedoch davon auszugehen, dass der Tarif vom 12. April 2013 weiterhin rechtliche Wirkung entfaltet.

13 2. Das Berufungsurteil leidet nicht unter einem Verfahrensmangel im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO. Soweit die Klägerin geltend macht, das Berufungsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es über die Berufung entschieden habe, ohne zuvor ihren Akteneinsichtsantrag vom 12. April 2018 zu bescheiden, hat sie ein etwaiges Rügerecht nach § 173 VwGO i.V.m. §§ 556, 295 ZPO verloren. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Ob das Übergehen eines Antrags auf Akteneinsicht das Recht des betroffenen Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt, ist aufgrund einer umfassenden Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 9 B 23.11 - juris Rn. 4; Urteil vom 3. November 1987 - 9 C 235.86 - Buchholz 310 § 100 VwGO Nr. 5 S. 4 f.). So sind die Beteiligten gehalten, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht zu nehmen und alle sich hierzu bietenden zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen. Erkennt ein anwaltlich vertretener Prozessbeteiligter, dass das Gericht seinen Antrag auf Akteneinsicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt lässt, darf er nicht untätig bleiben. Vielmehr muss er das Übergehen seines Antrags rügen und dem Gericht Gelegenheit geben, zu dem Versäumnis Stellung zu nehmen und den Antrag zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. April 2010 - 1 BvR 3515/08 - NVwZ 2010, 954 Rn. 45). Andernfalls kann eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG, auf dessen Einhaltung die Beteiligten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO verzichten können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1983 - 9 B 1610.81 - Buchholz 310 § 55 VwGO Nr. 6 S. 2), nicht mehr gerügt werden.

14 So liegt es hier. Die Klägerin hat weder im Verlauf des Berufungsverfahrens noch in der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2019 darauf hingewirkt, dass das Berufungsgericht vor einer abschließenden Sachentscheidung über ihren Akteneinsichtsantrag vom 12. April 2018 befindet. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat die anwaltlich vertretene Klägerin einen Sachantrag gestellt, ohne die unterbliebene Bescheidung ihres Akteneinsichtsantrags zu rügen. Nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung musste die Klägerin mit einer Sachentscheidung des Berufungsgerichts rechnen.

15 Sollte das Vorbringen der Klägerin, das Berufungsgericht habe ihren Akteneinsichtsantrag verfahrensfehlerhaft übergangen, auch als Aufklärungsrüge dahin zu verstehen sein, dass das Berufungsgericht nicht die vollständigen Akten beigezogen habe, fehlte es an der erforderlichen Substantiierung eines Aufklärungsmangels.

16 3. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die angefochtene Rücknahmeanordnung ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz - UrhWahrnG) vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1294), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3728), findet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2015 bestimmte sich die Rechtslage nach dem bis zum 31. Mai 2016 geltenden Urheberrechtswahrnehmungsgesetz. Nach dessen § 19 Abs. 2 Satz 2 kann die Aufsichtsbehörde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaft die sonstigen ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt.

17 a) Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich der auf diese Vorschrift gestützte Bescheid als formell rechtmäßig. Die Aufsichtsbehörde hat die auf das DPMA im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG analog anzuwendende Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nicht verletzt. Danach hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten. Das mit Einlegung des Widerspruchs geltend gemachte Akteneinsichtsbegehren der Klägerin vom 14. April 2015 war bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2015 bereits erledigt, soweit es das Vorverfahren betraf. Das folgt aus dem Schreiben der Klägerin vom 3. Juli 2015, in dem diese sich für die Gelegenheit zur Akteneinsicht bedankte und ihren Widerspruch ausführlich begründete, ohne auf die Frage weiterer Akteneinsicht zurückzukommen. Damit gab sie zu erkennen, dass sie ihr Akteneinsichtsbegehren im Rahmen des Widerspruchsverfahrens als erledigt betrachtete, keiner weiteren Akteneinsicht bedurfte, um ihren Widerspruch zu begründen, und das Verwaltungsverfahren auf dieser Grundlage zum Abschluss gebracht werden konnte.

18 b) Im Einklang mit Bundesrecht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Befugnis der Aufsichtsbehörde nach § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG auch auf die Überprüfung der Angemessenheit der von der Verwertungsgesellschaft aufgestellten Tarife erstreckt. Die Vorschrift ermächtigt die Aufsichtsbehörde zu überprüfen, ob die von der Verwertungsgesellschaft veröffentlichten Tarife entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften aufgestellt wurden. Das schließt die Überprüfung der Angemessenheit der Tarife ein. Entgegen der Auffassung der Klägerin beschränkt sich die Befugnis der Aufsichtsbehörde nicht auf eine Evidenzkontrolle der Tarife. Eine solche Einschränkung lässt sich weder der gesetzlichen Regelung entnehmen, noch ergibt sie sich aus der Zuständigkeit der in § 14 UrhWahrnG vorgesehenen Schiedsstelle.

19 Der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG ist offen formuliert und bietet keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung der als Rechtsaufsicht konzipierten Befugnisse der Aufsichtsbehörde. Die Entstehungsgeschichte des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes lässt erkennen, dass sich die Befugnis der Aufsichtsbehörde auch auf die Überprüfung der Angemessenheit der Tarife erstreckt. Bereits in der ursprünglichen Fassung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1294) war der Dualismus von Staatsaufsicht einerseits (§§ 18 ff.) und Schiedsstelle andererseits (§ 14) angelegt. Mit der Einrichtung der Staatsaufsicht wollte der Gesetzgeber schon damals der Gefahr begegnen, dass die Verwertungsgesellschaft ihre Monopolstellung ausnutzen und den Verwertern urheberrechtlich geschützter Werke für die Einräumung der erforderlichen Rechte unangemessen hohe Vergütungen abfordern oder in sonstiger Weise unbillige Bedingungen stellen könnte (vgl. BT-Drs. IV/271 S. 9 f.). Mit dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137 <1140>) wurde die Zuständigkeit der Schiedsstelle erweitert und jedem Beteiligten die Möglichkeit eröffnet, sie bei Streitfällen anzurufen, an denen eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und die die Nutzung von Werken oder Leistungen betreffen. Dabei ging der Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, dass das DPMA als Aufsichtsbehörde schon nach geltendem Recht unangemessene Tarife beanstanden könne (BT-Drs. 10/837 S. 12). Im Zuge des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1774 <1783>) wurde schließlich § 19 Abs. 2 UrhWahrnG in das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz eingefügt. Der Gesetzgeber hat dies aber ausdrücklich nur als Klarstellung verstanden (BT-Drs. 15/837 S. 36).

20 Systematische Überlegungen sprechen ebenfalls für die Annahme, dass sich die Befugnisse der Aufsichtsbehörde auf die Überprüfung aller Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit der Tarifaufstellung einschließlich der Angemessenheit der Tarife erstrecken. So sind die Verwertungsgesellschaften nach § 20 Satz 2 Nr. 2 UrhWahrnG verpflichtet, der Aufsichtsbehörde unverzüglich die Tarife und jede Tarifänderung zu übermitteln. Diese Unterrichtungspflicht legt nahe, dass die übermittelten Informationen für die Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse erforderlich sind, die Aufstellung der Tarife und ihre Änderungen mithin uneingeschränkt der rechtlichen Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde unterliegen. Auch § 16 UrhWahrnG lässt sich keine Begrenzung der Aufsichtsbefugnisse entnehmen. Insbesondere kann auf diese Vorschrift keine ausschließliche Zuständigkeit der Schiedsstelle (§ 14 UrhWahrnG) für die Überprüfung der Angemessenheit der Tarife gestützt werden. § 16 UrhWahrnG setzt die Anrufung der Schiedsstelle vor einer gerichtlichen Geltendmachung voraus, wenn bei einer Streitigkeit zwischen Nutzer und Verwertungsgesellschaft die Anwendbarkeit oder Angemessenheit eines Tarifs im Streit steht. Damit wollte der Gesetzgeber durch Inanspruchnahme der besonderen Sachkunde der Schiedsstelle sicherstellen, dass in solchen Streitigkeiten ein begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vorliegt, den die Beteiligten annehmen können oder der zumindest den Zivilgerichten bei ihrer Entscheidungsfindung als Grundlage dienen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 175/10 - Bochumer Weihnachtsmarkt, juris Rn. 23). Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigt dies nicht den Schluss, allein die Schiedsstelle - und nicht auch die Aufsichtsbehörden oder Gerichte - hätten die Angemessenheit von Vergütungstarifen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG zu beurteilen. Vielmehr bleibt es bei dem in den Gesetzesmaterialien erläuterten Dualismus von Privatrechtsschutz und Staatsaufsicht. Entscheidungen der Schiedsstelle und des ordentlichen Gerichts dienen dem jeweiligen Individualinteresse; sie entfalten allein Wirkung gegenüber den beteiligten Parteien. Demgegenüber erfolgen Aufsichtsmaßnahmen im öffentlichen Interesse. Sie beruhen auf einer objektiv-rechtlichen Prüfung der Aufsichtsbehörde und entfalten im Falle der Beanstandung eines Tarifs Rechtswirkungen zugunsten aller in dessen Anwendungsbereich fallenden Nutzer. Das Berufungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Funktion der Schiedsstelle und die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde einander ergänzen. Da die Entscheidungen der Schiedsstelle und solche der Aufsichtsbehörde unterschiedliche Gegenstände betreffen, besteht die von der Klägerin behauptete Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht.

21 Die Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (ABl. L 84 S. 72) rechtfertigt keine andere Auslegung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes. Erwägungsgrund 50 der Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten, geeignete Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der Richtlinie durch Organisationen der kollektiven Rechtewahrnehmung vorzusehen. Art. 36 der Richtlinie bestimmt, welche Vorkehrungen die Mitgliedstaaten treffen sollen, um die Einhaltung der Richtlinie sicherzustellen. Nach Absatz 3 der Vorschrift sollen die für die Überwachung zuständigen Behörden befugt sein, geeignete Sanktionen zu verhängen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die jeweils wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Unabhängig davon, ob die Richtlinie für die Auslegung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes überhaupt herangezogen werden könnte, lässt sich aus den vorgenannten Bestimmungen keine Einschränkung der aufsichtsbehördlichen Rechtmäßigkeitskontrolle nach § 19 Abs. 2 UrhWahrnG ableiten.

22 c) Das Berufungsurteil geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Klägerin mit dem verfahrensgegenständlichen Tarif ihrer Verpflichtung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 UrhWahrnG, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte einen angemessenen Vergütungstarif aufzustellen, nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Allerdings liegt der Pflichtverstoß nicht in einer vom Berufungsgericht angenommenen Verletzung von Ermittlungspflichten im Sinne selbstständiger Verfahrenspflichten. Solche Verfahrenspflichten der Verwertungsgesellschaft finden in der gesetzlichen Regelung keine Grundlage. Der beanstandete Tarif widerspricht aber deren materiell-rechtlichen Anforderungen, weil er nicht auf der Grundlage der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte und Ansprüche aufgestellt wurde.

23 § 11 Abs. 1 UrhWahrnG verpflichtet die Verwertungsgesellschaft, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG hat die Verwertungsgesellschaft Tarife aufzustellen über die Vergütung, die sie aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche fordert. Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung erzielt werden. Bei der Tarifgestaltung ist auf den Anteil der Werknutzung am Gesamtumfang des Verwertungsvorgangs angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 und 3 UrhWahrnG). Zu den wahrgenommenen Rechten und Ansprüchen zählen nicht alle, bezüglich deren sich die Verwertungsgesellschaft - zu Recht oder Unrecht - einer Wahrnehmungsbefugnis berühmt, sondern nur diejenigen, die ihr im Sinne des § 2 Satz 2 Nr. 3 UrhWahrnG zur Wahrnehmung anvertraut wurden. § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG verpflichtet die Verwertungsgesellschaft daher, ihre Vergütungstarife - ausschließlich - auf der Grundlage des Bestands der ihr zur Wahrnehmung anvertrauten Rechte und Ansprüche festzusetzen. Andere oder weitere Rechte und Ansprüche dürfen der Tariffestsetzung nicht zugrunde gelegt werden. Bei derivativen Rechten setzt die Wahrnehmungsbefugnis der Verwertungsgesellschaft neben der Existenz des Rechts auch einen wirksamen Rechtserwerb desjenigen voraus, für den sie das Recht wahrnimmt. Denn eine Verwertungsgesellschaft muss gegenüber den Nutzern als ihren Vertragspartnern sicherstellen, dass die von ihr geltend gemachten Rechte auch tatsächlich bestehen. Das gilt nicht nur für die Wahrnehmung von Rechten nach außen, sondern ebenso im Verhältnis zu anderen Rechteinhabern bei Verteilung der Erlöse (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - I ZR 1/00 - BGHZ 151, 92 Rn. 38).

24 Die gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWahrnG aufgrund des Rechtebestands festzusetzenden Vergütungstarife müssen auch der Höhe nach angemessen sein. Schon der Wortlaut der Vorschrift setzt die Vergütung in Beziehung zu den wahrgenommenen Rechten. Das Erfordernis der Angemessenheit folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit der Verpflichtung aus § 11 Abs. 1 UrhWahrnG, jedermann die Nutzung der von ihr wahrgenommenen Rechte zu angemessenen Bedingungen zu ermöglichen.

25 d) Der beanstandete Tarif war schon deswegen rechtswidrig, weil er nicht auf der Grundlage der der Klägerin zur Wahrnehmung anvertrauten Rechte und Ansprüche festgesetzt wurde. Das ergibt sich aus den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts. Sie sind gemäß § 137 Abs. 2 VwGO für die revisionsrechtliche Beurteilung bindend, weil sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurden.

26 Welche Anforderungen an den Nachweis des Bestands der wahrgenommenen Rechte und Ansprüche zu stellen sind, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Jedenfalls muss der Bestand so genau abgegrenzt werden, dass die Angemessenheit des Tarifs im Verhältnis zum Umfang der wahrgenommenen Rechte und dem aus ihrer Verwertung zu ziehenden Nutzen beurteilt werden kann. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, genügen nicht repräsentative Umfragen unter den Rechteinhabern dazu ebenso wenig wie Umfragen, die erst nach der Veröffentlichung des Tarifs durchgeführt werden. Wegen der Möglichkeit nachträglicher Bestandsänderungen können sie keinen hinreichend verlässlichen Aufschluss über den Rechtebestand im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufstellung des Tarifs geben.

27 In Anwendung dieser Grundsätze hat die Vorinstanz revisionsrechtlich fehlerfrei angenommen, die von der Klägerin durchgeführten Umfragen seien nicht geeignet, den Umfang der von ihr wahrgenommenen Rechte zu belegen. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts war die Umfrage im Dezember 2012 nicht repräsentativ, weil nur 8 von 65 Hörfunksendern und 6 von 46 Fernsehsendern Angaben zur Frage machten, ob und in welchem Umfang Angestellte und freie Mitarbeiter eigene Wahrnehmungsverträge mit anderen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hatten. Die Ergebnisse der im Jahr 2016 durchgeführten Umfrage sind ebenfalls nicht verwertbar, weil sie erst nach Aufstellung des am 12. April 2013 veröffentlichten Tarifs gewonnen wurden.

28 Zu einer abweichenden Beurteilung war das Berufungsgericht auch nicht wegen des Vortrags der Klägerin verpflichtet, sie habe bei den von ihr vertretenen Sendeunternehmen die Verwendung von Total-Buy-Out-Klauseln abgefragt. Das genügt nicht zur Feststellung des Umfangs der von ihr wahrgenommenen Rechte, weil die Verwendung dieser Klauseln keinen Rückschluss auf die Priorität der Rechteabtretung zulässt. Das gilt auch im Verhältnis zur VG Wort und den an diese Verwertungsgesellschaft abgetretenen Rechten. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die VG Wort im Jahr 2012 eine Ausschüttung an insgesamt 3 499 Autoren aus dem Bereich Fernsehen und Hörfunk vorgenommen hat und diese Autorenzahl im Verhältnis zur Zahl von 9 935 Mitarbeitern der Vertragspartner der Klägerin erheblich ist. Diese weitgehende Überschneidung wäre für den Nachweis des Rechtebestands der Klägerin nur irrelevant, wenn die zu den Mitarbeitern ihrer Vertragspartner zählenden Autoren die von der Klägerin wahrgenommenen Rechte nicht bereits zuvor an die VG Wort abgetreten hatten. Davon kann nach den revisionsrechtlich fehlerfreien Feststellungen des Berufungsurteils jedoch nicht ausgegangen werden. Unabhängig von der Frage, ob insoweit eine substantiierte Verfahrensrüge vorliegt, ist die tatsächliche Annahme des Berufungsgerichts, nicht alle von der Klägerin vertretenen Autoren hätten ihre Rechte zuerst an diese abgetreten, weder denklogisch ausgeschlossen noch willkürlich oder sonst verfahrensfehlerhaft. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterstellt sie den von der VG Wort vertretenen Mitarbeitern auch kein rechtswidriges Verhalten. Diese können die Total-Buy-Out-Klausel dahin verstanden haben, dass sie nur die ihnen noch zustehenden, nicht bereits vorabgetretenen Rechte erfasste.

29 Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Rücknahmeanordnung sich als verhältnismäßig erweist. Sie ist geeignet, den rechtswidrig festgesetzten Tarif zum Schutz der Nutzer zu beseitigen. Die von der Klägerin alternativ vorgeschlagenen Maßnahmen wie die Auflage, den Umfang des Rechtebestands in bestimmter Weise zu ermitteln, sind nicht gleichermaßen geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Danach kann offen bleiben, ob sie ein milderes Mittel darstellen, obwohl sie in die Geschäftsführung der Klägerin eingegriffen hätten. Das Berufungsgericht musste die Rücknahmeanordnung schließlich nicht wegen der Möglichkeit, den Rechtebestand von Amts wegen zu ermitteln, für unverhältnismäßig halten. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin vernachlässigt deren Mitwirkungspflicht, die durch den Amtsermittlungsgrundsatz nicht aufgehoben wird. Der Rechtebestand einer Verwertungsgesellschaft ergibt sich regelmäßig aus Unterlagen, die in ihrem Geschäftsbetrieb angefallen sind. Daher obliegt es ihr, solche Nachweise bei Bedarf vorzulegen. Dem entspricht auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

30 Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Der Einwand der Klägerin, die Aufsichtsbehörde beanstande keine Tarife anderer Verwertungsgesellschaften wegen einer unzureichenden Ermittlung des Rechteumfangs, greift nicht durch. Eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung läge darin nur, wenn das DPMA bei anderen Verwertungsgesellschaften trotz vergleichbarer Mängel der Tarifaufstellung untätig bliebe. Das hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Es hat angenommen, wegen der langjährig praktizierten und von den Nutzern akzeptierten Gesamtverträge anderer Verwertungsgesellschaften habe das DPMA dort nicht von vergleichbaren Mängeln ausgehen und keinen Anlass für aufsichtsbehördliches Einschreiten sehen müssen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (zur Indizwirkung von Gesamtverträgen vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 152/15 - juris Rn. 38).

31 Gegen die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 50 000 € bestehen revisionsrechtlich keine Bedenken.

32 II. Die Anschlussrevision der Beklagten ist ebenfalls unbegründet.

33 Das Berufungsgericht hat die in der angefochtenen Verfügung getroffene Feststellung, der von der Klägerin aufgestellte Tarif sei unangemessen, zutreffend für rechtswidrig gehalten. Dabei muss nicht entschieden werden, ob § 19 Abs. 2 Satz 2 UrhWahrnG die Aufsichtsbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts der vorliegenden Art befugt. Unabhängig davon ist das Berufungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass die Feststellung, eine Tarifhöhe sei unangemessen, nur bei einem Missverhältnis der Höhe des Tarifs zum Umfang der wahrgenommenen Rechte getroffen werden kann. Ohne Kenntnis des Umfangs der wahrgenommenen Rechte konnte das DPMA nicht beurteilen, ob ein solches Missverhältnis vorlag. In dieser Aussage liegt kein Verstoß gegen Denkgesetze. Sie erklärt sich daraus, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit des Tarifs bei der Klägerin, die für die Unangemessenheit aber bei der Beklagten liegt.

34 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.