Verfahrensinformation

Das Revisionsverfahren betrifft die Erhebung von Zweitwohnungssteuer von einer Studentin am Studienort, die mit Hauptwohnung in der Wohnung ihrer Eltern gemeldet ist.


Verfahrensinformation

Das Revisionsverfahren betrifft die Erhebung von Zweitwohnungssteuer von einer Studentin am Studienort, die mit Hauptwohnung in der Wohnung ihrer Eltern gemeldet ist und im maßgeblichen Zeitraum Leistungen zur Ausbildungsförderung bezogen hat.


Verfahrensinformation

Das Revisionsverfahren betrifft die Erhebung von Zweitwohnungssteuer von einem Studenten am Studienort, der mit Hauptwohnung in der Wohnung seiner Eltern gemeldet ist.


Verfahrensinformation

Das Revisionsverfahren betrifft die Erhebung von Zweitwohnungssteuer von einer Studentin am Studienort, die mit Hauptwohnung in der Wohnung ihrer Eltern gemeldet ist.


Pressemitteilung Nr. 57/2008 vom 17.09.2008

Bundesrecht steht der Erhebung von Zweitwohnungssteuer für Studierende nicht entgegen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat mit Urteilen vom 17. September 2008 in vier Revisionsverfahren entschieden, dass Bundesrecht es nicht verbietet, allerdings auch nicht verlangt, Studierende, die mit Hauptwohnung bei den Eltern gemeldet sind, von der Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung am Studienort auszunehmen.


Mit ihren Klagen gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer an ihren Studienorten Wuppertal bzw. Rostock hatten die Kläger vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Erfolg.


Auf die vom Verwaltungsgericht Düsseldorf zugelassene Sprungrevision hat das Bundesverwaltungsgericht dessen Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Das angegriffene Urteil verstoße gegen Bundesrecht. Der Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG fordere - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - für die Zweitwohnungssteuer nicht, dass der Steuerpflichtige über eine Erstwohnung mit einer rechtlich abgesicherten Nutzung verfüge. Das Innehaben einer - weiteren - Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung sei ein besonderer, typischerweise über das allgemeine Wohnbedürfnis hinausgehender Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Zu welchem Zweck eine solche Wohnung genutzt werde und wer sie finanziere, sei unerheblich. Im Rahmen der im Steuerrecht zulässigen Typisierung komme es nicht darauf an, ob im Einzelfall Leistungsfähigkeit gegeben sei. Auch dürfe an die melderechtlichen Verhältnisse angeknüpft werden. Sei der Steuerpflichtige mit einer Hauptwohnung und einer Nebenwohnung gemeldet, indiziere dies, dass er mit der Hauptwohnung seine allgemeinen Wohnbedürfnisse befriedige.


Allerdings seien die Länder und Gemeinden bundesrechtlich nicht gehindert, die Anforderungen an die "Erstwohnung" strenger auszugestalten, etwa indem sie die Steuerpflicht für die Zweitwohnung an eine tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Erstwohnung knüpften oder sowohl an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen stellten.


Das Sozialstaatsprinzip fordere nicht, BAföG-Empfänger generell von der Steuererhebung auszunehmen. Es genüge, wenn im Einzelfall unzulänglicher Leistungsfähigkeit durch Erlass der Steuerschuld Rechnung getragen werden könne.


Die Revisionen gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern blieben dagegen im Ergebnis erfolglos. Denn das Oberverwaltungsgericht hat unabhängig von bundesrechtlichen Vorgaben die Satzung der Stadt Rostock so ausgelegt, dass an die Erst- und die Zweitwohnung gleiche Kriterien anzulegen seien, weshalb der Steuerpflichtige auch für die Erstwohnung rechtlich verfügungsbefugt sein müsse.


BVerwG 9 C 13.07 - Urteil vom 17.09.2008

BVerwG 9 C 14.07 - Urteil vom 17.09.2008

BVerwG 9 C 15.07 - Urteil vom 17.09.2008

BVerwG 9 C 17.07 - Urteil vom 17.09.2008


Urteil vom 17.09.2008 -
BVerwG 9 C 13.07ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C13.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.09.2008 - 9 C 13.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C13.07.0]

Urteil

BVerwG 9 C 13.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger sowie den Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung, die sie wegen ihres Studiums am Studienort Rostock gemietet hat.

2 Der Beklagte erhebt eine Zweitwohnungssteuer aufgrund der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock (ZwStS). § 2 dieser Satzung definiert eine Zweitwohnung wie folgt:
(1) Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die eine Einwohnerin oder ein Einwohner als Nebenwohnung gemäß § 16 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern neben ihrer oder seiner Hauptwohnung für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder in der Hansestadt Rostock inne hat. ...
(2) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört.
(3) ...

3 Steuerpflichtig ist nach § 3 der Satzung
(1) ... die Inhaberin oder der Inhaber der Wohnung, deren oder dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. Als Inhaberin oder Inhaber einer Zweitwohnung gilt die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümerin oder Eigentümer, Mieterin oder Mieter oder sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht. Dies gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.
(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaberinnen und/oder Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner gemäß § 44 der Abgabenordnung.
(3) ...

4 Die Klägerin war seit dem 29. August 2002 mit einer Nebenwohnung in Rostock gemeldet. Sie bewohnte dort seit September 2002 mit drei weiteren Personen, darunter den Klägern der Verfahren BVerwG 9 C 14.07 und 9 C 15.07 , eine 107 m² große Fünfzimmerwohnung mit Bad nebst WC, einem weiteren WC, einer Küche, einem Kellerraum und einem Pkw-Stellplatz. Mit Hauptwohnsitz war die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum im Haus ihrer Eltern gemeldet, bei denen sie ihr ehemaliges Kinderzimmer bewohnte.

5 Mit Bescheid vom 12. Juli 2004 setzte der Beklagte für das Jahr 2002 Zweitwohnungssteuer i.H.v. 59,48 € sowie für die Jahre 2003 und 2004 jeweils i.H.v. 178,44 € fest. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 9. September 2004 zurückwies.

6 Die Klägerin hat am 14. Oktober 2004 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Mai 2006 abgewiesen hat. Auf die zugelassene Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Juni 2007 das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert, die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Satzung sei nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck ihrer Regelungen so auszulegen, dass der Wohnungsbegriff sowohl hinsichtlich der Erst- wie auch der Zweitwohnung in gleicher Weise zu verstehen sei. Eine Steuerpflicht für eine Zweitwohnung bestehe mithin nur, wenn auch die Erstwohnung innegehabt werde, was eine Verfügungsbefugnis über diese Wohnung voraussetze. Die Klägerin sei in diesem Sinne jedoch nicht Inhaberin des „Kinderzimmers“ in der elterlichen Wohnung. Nur in dieser Auslegung stehe die Satzung mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang.

7 Hiergegen hat der Beklagte Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt, für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer dürfe im Interesse der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an das Melderecht angeknüpft werden. Das Abstellen auf das Innehaben der Erstwohnung verlasse den Rahmen der Aufwandsteuer. Darüber hinaus widerspreche es dem Gleichbehandlungsgebot, das Erfordernis des „Innehabens“ der Erstwohnung auf „Kinderzimmerfälle“ zu reduzieren, da es noch weitere Konstellationen gebe, bei denen dieses Erfordernis nicht erfüllt sei.

8 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 - 1 L 241/06 - aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

9 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10 Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Steuerpflichtig sei nur, wer Inhaber zweier Wohnungen sei. Die Prüfung dieser Frage sprenge auch nicht den Rahmen der Steuererhebung. Der Beklagte müsse mit seinem Erhebungsbogen lediglich die zur Zweitwohnung ohnehin geforderten Angaben auch für die Erstwohnung ermitteln.

II

11 1. Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht in seinen tragenden Gründen davon aus, die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten knüpfe die Steuerpflicht nach ihrem Wortlaut und nach Sinn und Zweck ihrer Regelungen daran, dass sowohl die Zweit- als auch die als Hauptwohnsitz angemeldete Erstwohnung innegehabt werde. Diese Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften ist als solche nicht revisibel, sondern nur die Frage, ob die Zweitwohnungssteuersatzung selbst mit diesem Inhalt mit dem in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG normierten Aufwandsbegriff vereinbar ist. Das ist der Fall.

12 Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt (vgl. Urteil vom 29. November 1991 - BVerwG 8 C 107.89 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 5), andererseits aber keineswegs eine besonders aufwändige, luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Die Steuerpflicht hängt nicht davon ab, dass die im Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte Leistungsfähigkeit im konkreten Fall tatsächlich vorliegt. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 348 und vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334>).

13 Hiernach ist zwar die Erwägung des Berufungsgerichts nicht mit Bundesrecht vereinbar, ein steuerbarer Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG liege nur dann vor, wenn neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung innegehabt werde. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG). Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht die ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert (vgl. Urteil vom 29. November 1991 a.a.O.). Daher ist für die Erfüllung des Aufwandsbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener (§ 855 BGB; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - NJW 2008, 1959 f. m.w.N.) nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer - wie hier ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus - oder gar nur eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird. Entscheidend ist, dass das menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der „Erstwohnung“ abgedeckt wird.

14 Jedoch sind die Länder und Gemeinden, die Zweitwohnungssteuer erheben dürfen (vgl. im vorliegenden Fall §§ 1, 3 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. April 2005, GVOBl M-V 2005, 146), bundesrechtlich nicht gehindert, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere - verfassungsrechtlich nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen. Der Satzungsgeber darf innerhalb der ihm gesetzlich und verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Steuern erheben will. Ihm ist im Bereich des Steuerrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 354). In diesem Sinne macht die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht die Steuerpflicht „überschießend“ davon abhängig, dass nicht nur eine als Hauptwohnung angemeldete Erstwohnung vorhanden ist, in der das Grundbedürfnis Wohnen befriedigt werden kann, sondern dass der Steuerpflichtige darüber hinaus Inhaber dieser Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis sein muss. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Der Satzungsgeber kann zugunsten der Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass die im besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit typischerweise geringer ist, wenn nur die Zweitwohnung, nicht jedoch die Erstwohnung im Sinne einer Verfügungsbefugnis innegehabt wird, vielmehr dort lediglich die tatsächliche Möglichkeit besteht, das Grundbedürfnis Wohnen zu decken. Auch steht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Rechtsetzungsbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 - 1 BvR 355/67 - BVerfGE 42, 20 <27>). Schließlich entfällt der für eine Aufwandsteuer verfassungsrechtlich gebotene örtliche Bezug nicht deshalb, weil die Inhaberschaft an der - gegebenenfalls außerhalb des Gemeindegebiets liegenden - Hauptwohnung ein Merkmal des Steuertatbestands in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht ist. Die Innehabung der Hauptwohnung wird dadurch nicht zum Gegenstand der Besteuerung, sondern zum Abgrenzungskriterium für eine Besteuerung der im Gemeindegebiet belegenen Zweitwohnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 349 f.).

15 Nach allem ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen, weil die Klägerin nach Feststellung des Berufungsgerichts nicht Inhaberin ihrer Erstwohnung ist.

16 2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 17.09.2008 -
BVerwG 9 C 14.07ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C14.07.0

Leitsätze:

1. Länder und Gemeinden sind bundesrechtlich nicht gehindert, die Erhebung von Zweitwohnungssteuer an weitere - verfassungsrechtlich durch Art. 105 Abs. 2a GG nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen, z.B. indem an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen gestellt werden (wie Urteil vom selben Tage - BVerwG 9 C 17.07 -).

2. Bundesrecht, namentlich das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), gebietet es nicht, Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten, generell von der Zahlung von Zweitwohnungssteuer auszunehmen.

Urteil

BVerwG 9 C 14.07

  • OVG Greifswald - 20.06.2007 - AZ: 1 L 242/06 -
  • OVG Mecklenburg-Vorpommern - 20.06.2007 - AZ: OVG 1 L 242/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger sowie
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung, die sie wegen ihres Studiums am Studienort Rostock gemietet hat.

2 Der Beklagte erhebt eine Zweitwohnungssteuer aufgrund der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock (ZwStS). § 2 dieser Satzung definiert eine Zweitwohnung wie folgt:
(1) Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die eine Einwohnerin oder ein Einwohner als Nebenwohnung gemäß § 16 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern neben ihrer oder seiner Hauptwohnung für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder in der Hansestadt Rostock inne hat. ...
(2) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört.
(3) ...

3 Steuerpflichtig ist nach § 3 der Satzung
(1) ... die Inhaberin oder der Inhaber der Wohnung, deren oder dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. Als Inhaberin oder Inhaber einer Zweitwohnung gilt die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümerin oder Eigentümer, Mieterin oder Mieter oder sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht. Dies gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.
(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaberinnen und/oder Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner gemäß § 44 der Abgabenordnung.
(3) ...

4 Die Klägerin war seit 2001 mit einer Nebenwohnung in Rostock gemeldet. Sie bewohnte dort seit September 2002 mit drei weiteren Personen, darunter den Klägern der Verfahren BVerwG 9 C 13.07 und 9 C 15.07 , eine 107 m² große Fünfzimmerwohnung mit Bad nebst WC, einem weiteren WC, einer Küche, einem Kellerraum und einem Pkw-Stellplatz. Mit Hauptwohnsitz war die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum im Haus ihrer Eltern gemeldet, bei denen sie ihr ehemaliges Kinderzimmer bewohnte.

5 Mit Bescheid vom 12. Juli 2004 setzte der Beklagte - ausgehend von einem Mietwert i.H.v. monatlich 15,38 € - für das Jahr 2002 Zweitwohnungssteuer i.H.v. 46,14 € sowie für die Jahre 2003 und 2004 jeweils i.H.v. 184,56 €, insgesamt 415,26 € fest. Hiergegen legte die Klägerin, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezieht, Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 15. September 2004 zurückwies.

6 Die Klägerin hat am 11. Oktober 2004 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Mai 2006 abgewiesen hat. Auf die zugelassene Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Juni 2007 das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert, die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Satzung sei nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck ihrer Regelungen so auszulegen, dass der Wohnungsbegriff sowohl hinsichtlich der Erst- wie auch der Zweitwohnung in gleicher Weise zu verstehen sei. Eine Steuerpflicht für eine Zweitwohnung bestehe mithin nur, wenn auch die Erstwohnung innegehabt werde, was eine Verfügungsbefugnis über diese Wohnung voraussetze. Die Klägerin sei in diesem Sinne jedoch nicht Inhaberin des „Kinderzimmers“ in der elterlichen Wohnung. Nur in dieser Auslegung stehe die Satzung mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang. Darüber hinaus sei der Satzungsgeber von Verfassungs wegen gehalten, Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezögen, von der Steuerpflicht auszunehmen.

7 Hiergegen hat der Beklagte Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt, für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer dürfe im Interesse der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an das Melderecht angeknüpft werden. Das Abstellen auf das Innehaben der Erstwohnung verlasse den Rahmen der Aufwandsteuer. Darüber hinaus widerspreche es dem Gleichbehandlungsgebot, das Erfordernis des „Innehabens“ der Erstwohnung auf „Kinderzimmerfälle“ zu reduzieren, da es noch weitere Konstellationen gebe, bei denen dieses Erfordernis nicht erfüllt sei. Die fehlende Leistungsfähigkeit von BAföG-Empfängern könne nur im Einzelfall im Wege des Erlasses oder der Stundung berücksichtigt werden.

8 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 - 1 L 242/06 - aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

9 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10 Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Steuerpflichtig sei nur, wer Inhaber zweier Wohnungen sei. Die Prüfung dieser Frage sprenge auch nicht den Rahmen der Steuererhebung. Der Beklagte müsse mit seinem Erhebungsbogen lediglich die zur Zweitwohnung ohnehin geforderten Angaben auch für die Erstwohnung ermitteln. Mit dem BAföG-Bescheid dokumentiere die Klägerin zudem ihre fehlende Leistungsfähigkeit.

II

11 1. Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht in seinen tragenden Gründen davon aus, die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten knüpfe die Steuerpflicht nach ihrem Wortlaut und nach Sinn und Zweck ihrer Regelungen daran, dass sowohl die Zweit- als auch die als Hauptwohnsitz angemeldete Erstwohnung innegehabt werde. Diese Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften ist als solche nicht revisibel, sondern nur die Frage, ob die Zweitwohnungssteuersatzung selbst mit diesem Inhalt mit dem in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG normierten Aufwandsbegriff vereinbar ist. Das ist der Fall.

12 Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt (vgl. Urteil vom 29. November 1991 - BVerwG 8 C 107.89 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 5), andererseits aber keineswegs eine besonders aufwändige, luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Die Steuerpflicht hängt nicht davon ab, dass die im Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte Leistungsfähigkeit im konkreten Fall tatsächlich vorliegt. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 348 und vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334>).

13 Hiernach ist zwar die Erwägung des Berufungsgerichts nicht mit Bundesrecht vereinbar, ein steuerbarer Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG liege nur dann vor, wenn neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung innegehabt werde. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG). Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht die ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert (vgl. Urteil vom 29. November 1991 a.a.O.). Daher ist für die Erfüllung des Aufwandsbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener (§ 855 BGB; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - NJW 2008, 1959 f. m.w.N.) nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer - wie hier ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus - oder gar nur eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird. Entscheidend ist, dass das menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der „Erstwohnung“ abgedeckt wird.

14 Jedoch sind die Länder und Gemeinden, die Zweitwohnungssteuer erheben dürfen (vgl. im vorliegenden Fall §§ 1, 3 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. April 2005, GVOBl M-V 2005, 146), bundesrechtlich nicht gehindert, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere - verfassungsrechtlich nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen. Der Satzungsgeber darf innerhalb der ihm gesetzlich und verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Steuern erheben will. Ihm ist im Bereich des Steuerrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 354). In diesem Sinne macht die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht die Steuerpflicht „überschießend“ davon abhängig, dass nicht nur eine als Hauptwohnung angemeldete Erstwohnung vorhanden ist, in der das Grundbedürfnis Wohnen befriedigt werden kann, sondern dass der Steuerpflichtige darüber hinaus Inhaber dieser Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis sein muss. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Der Satzungsgeber kann zugunsten der Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass die im besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit typischerweise geringer ist, wenn nur die Zweitwohnung, nicht jedoch die Erstwohnung im Sinne einer Verfügungsbefugnis innegehabt wird, vielmehr dort lediglich die tatsächliche Möglichkeit besteht, das Grundbedürfnis Wohnen zu decken. Auch steht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Rechtsetzungsbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 - 1 BvR 355/67 - BVerfGE 42, 20 <27>). Schließlich entfällt der für eine Aufwandsteuer verfassungsrechtlich gebotene örtliche Bezug nicht deshalb, weil die Inhaberschaft an der - gegebenenfalls außerhalb des Gemeindegebiets liegenden - Hauptwohnung ein Merkmal des Steuertatbestands in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht ist. Die Innehabung der Hauptwohnung wird dadurch nicht zum Gegenstand der Besteuerung, sondern zum Abgrenzungskriterium für eine Besteuerung der im Gemeindegebiet belegenen Zweitwohnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 349 f.).

15 Nach allem ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen, weil die Klägerin nach Feststellung des Berufungsgerichts nicht Inhaberin ihrer Erstwohnung ist.

16 2. Auf die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, Studierende, die - wie hier die Klägerin - Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, könnten generell nicht zur Zahlung von Zweitwohnungssteuer verpflichtet werden, kommt es hiernach im Ergebnis nicht mehr an. Daher weist der Senat insoweit lediglich zur Klarstellung auf Folgendes hin:

17 Gegenstand der Zweitwohnungssteuerpflicht ist der besondere Aufwand, der in Gestalt des Innehabens einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung (Hauptwohnung) betrieben, und nicht das Einkommen, das hierfür eingesetzt wird. Wie bereits ausgeführt, ist ausschlaggebendes Merkmal der äußere Tatbestand des Konsums als Ausdruck und Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht die konkrete Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen. Am Vorliegen eines besonderen Aufwandes im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ändert nichts, wenn der Steuerpflichtige mit der Innehabung einer Zweitwohnung „über seine Verhältnisse lebt“, die Mittel hierfür von anderen erhält oder ihm die Wohnung etwa von Verwandten unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347 ff.). Angesichts der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG kann auch keine Rede davon sein, dass eine an den besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung anknüpfende Besteuerung gegen den Gleichheitssatz oder das Sozialstaatsprinzip verstoßen könnte. Das schließt nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung (§ 222 AO) zu berücksichtigen.

18 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 17.09.2008 -
BVerwG 9 C 15.07ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C15.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.09.2008 - 9 C 15.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C15.07.0]

Urteil

BVerwG 9 C 15.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger sowie den Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung, die er wegen seines Studiums am Studienort Rostock gemietet hat.

2 Der Beklagte erhebt eine Zweitwohnungssteuer aufgrund der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock (ZwStS). § 2 dieser Satzung definiert eine Zweitwohnung wie folgt:
(1) Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die eine Einwohnerin oder ein Einwohner als Nebenwohnung gemäß § 16 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern neben ihrer oder seiner Hauptwohnung für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder in der Hansestadt Rostock inne hat. ...
(2) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört.
(3) ...

3 Steuerpflichtig ist nach § 3 der Satzung
(1) ... die Inhaberin oder der Inhaber der Wohnung, deren oder dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. Als Inhaberin oder Inhaber einer Zweitwohnung gilt die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümerin oder Eigentümer, Mieterin oder Mieter oder sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht. Dies gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.
(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaberinnen und/oder Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner gemäß § 44 der Abgabenordnung.
(3) ...

4 Der Kläger war seit September 2002 mit einer Nebenwohnung in Rostock gemeldet. Seit diesem Zeitpunkt bewohnte er dort mit drei weiteren Personen, darunter den Klägerinnen der Verfahren BVerwG 9 C 13.07 und 9 C 14.07 , eine 107 m² große Fünfzimmerwohnung mit Bad nebst WC, einem weiteren WC, einer Küche, einem Kellerraum und einem Pkw-Stellplatz. Mit Hauptwohnsitz war der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum im Haus seiner Eltern gemeldet, bei denen er sein ehemaliges Kinderzimmer bewohnte.

5 Mit Bescheid vom 12. Juli 2004 setzte der Beklagte für die Jahre 2002 bis 2004 Zweitwohnungssteuer i.H.v. insgesamt 349,11 € fest. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2004 wurde der für das Jahr 2004 geforderte Betrag um 38,79 € reduziert. Den gegen den Bescheid vom 12. Juli 2004 gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 15. September 2004 zurück.

6 Der Kläger hat am 15. Oktober 2004 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Mai 2006 abgewiesen hat. Auf die zugelassene Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Juni 2007 das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert, die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Satzung sei nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck ihrer Regelungen so auszulegen, dass der Wohnungsbegriff sowohl hinsichtlich der Erst- wie auch der Zweitwohnung in gleicher Weise zu verstehen sei. Eine Steuerpflicht für eine Zweitwohnung bestehe mithin nur, wenn auch die Erstwohnung innegehabt werde, was eine Verfügungsbefugnis über diese Wohnung voraussetze. Der Kläger sei in diesem Sinne jedoch nicht Inhaber des „Kinderzimmers“ in der elterlichen Wohnung. Nur in dieser Auslegung stehe die Satzung mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang.

7 Hiergegen hat der Beklagte Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt, für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer dürfe im Interesse der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an das Melderecht angeknüpft werden. Das Abstellen auf das Innehaben der Erstwohnung verlasse den Rahmen der Aufwandsteuer. Darüber hinaus widerspreche es dem Gleichbehandlungsgebot, das Erfordernis des „Innehabens“ der Erstwohnung auf „Kinderzimmerfälle“ zu reduzieren, da es noch weitere Konstellationen gebe, bei denen dieses Erfordernis nicht erfüllt sei.

8 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 - 1 L 243/06 - aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

9 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10 Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Steuerpflichtig sei nur, wer Inhaber zweier Wohnungen sei. Die Prüfung dieser Frage sprenge auch nicht den Rahmen der Steuererhebung. Der Beklagte müsse mit seinem Erhebungsbogen lediglich die zur Zweitwohnung ohnehin geforderten Angaben auch für die Erstwohnung ermitteln.

II

11 1. Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht in seinen tragenden Gründen davon aus, die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten knüpfe die Steuerpflicht nach ihrem Wortlaut und nach Sinn und Zweck ihrer Regelungen daran, dass sowohl die Zweit- als auch die als Hauptwohnsitz angemeldete Erstwohnung innegehabt werde. Diese Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften ist als solche nicht revisibel, sondern nur die Frage, ob die Zweitwohnungssteuersatzung selbst mit diesem Inhalt mit dem in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG normierten Aufwandsbegriff vereinbar ist. Das ist der Fall.

12 Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt (vgl. Urteil vom 29. November 1991 - BVerwG 8 C 107.89 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 5), andererseits aber keineswegs eine besonders aufwändige, luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Die Steuerpflicht hängt nicht davon ab, dass die im Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte Leistungsfähigkeit im konkreten Fall tatsächlich vorliegt. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 348 und vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334>).

13 Hiernach ist zwar die Erwägung des Berufungsgerichts nicht mit Bundesrecht vereinbar, ein steuerbarer Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG liege nur dann vor, wenn neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung innegehabt werde. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG). Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht die ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert (vgl. Urteil vom 29. November 1991 a.a.O.). Daher ist für die Erfüllung des Aufwandsbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener (§ 855 BGB; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - NJW 2008, 1959 f. m.w.N.) nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer - wie hier ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus - oder gar nur eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird. Entscheidend ist, dass das menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der „Erstwohnung“ abgedeckt wird.

14 Jedoch sind die Länder und Gemeinden, die Zweitwohnungssteuer erheben dürfen (vgl. im vorliegenden Fall §§ 1, 3 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. April 2005, GVOBl M-V 2005, 146), bundesrechtlich nicht gehindert, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere - verfassungsrechtlich nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen. Der Satzungsgeber darf innerhalb der ihm gesetzlich und verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Steuern erheben will. Ihm ist im Bereich des Steuerrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 354). In diesem Sinne macht die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht die Steuerpflicht „überschießend“ davon abhängig, dass nicht nur eine als Hauptwohnung angemeldete Erstwohnung vorhanden ist, in der das Grundbedürfnis Wohnen befriedigt werden kann, sondern dass der Steuerpflichtige darüber hinaus Inhaber dieser Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis sein muss. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Der Satzungsgeber kann zugunsten der Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass die im besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit typischerweise geringer ist, wenn nur die Zweitwohnung, nicht jedoch die Erstwohnung im Sinne einer Verfügungsbefugnis innegehabt wird, vielmehr dort lediglich die tatsächliche Möglichkeit besteht, das Grundbedürfnis Wohnen zu decken. Auch steht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Rechtsetzungsbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 - 1 BvR 355/67 - BVerfGE 42, 20 <27>). Schließlich entfällt der für eine Aufwandsteuer verfassungsrechtlich gebotene örtliche Bezug nicht deshalb, weil die Inhaberschaft an der - gegebenenfalls außerhalb des Gemeindegebiets liegenden - Hauptwohnung ein Merkmal des Steuertatbestands in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht ist. Die Innehabung der Hauptwohnung wird dadurch nicht zum Gegenstand der Besteuerung, sondern zum Abgrenzungskriterium für eine Besteuerung der im Gemeindegebiet belegenen Zweitwohnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 349 f.).

15 Nach allem ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen, weil der Kläger nach Feststellung des Berufungsgerichts nicht Inhaber seiner Erstwohnung ist.

16 2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 17.09.2008 -
BVerwG 9 C 17.07ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C17.07.0

Leitsätze:

1. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (stRspr).

2. Der Aufwand für eine Zweitwohnung darf nicht nur dann nach Art. 105 Abs. 2a GG besteuert werden, wenn eine rechtlich gesicherte Verfügungsbefugnis über eine Erstwohnung besteht. Bundesrechtlich kommt es allein darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Meldet sich ein Steuerpflichtiger mit einer Hauptwohnung an, erklärt er, dass er diese vorwiegend benutzt. Dies indiziert für den Regelfall, dass dort das allgemeine Wohnbedürfnis befriedigt wird.

3. Die Zweitwohnungssteuerpflicht darf an die melderechtlichen Verhältnisse anknüpfen; sind diese nachweislich unrichtig, kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

4. Länder und Gemeinden sind nicht gehindert, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere - verfassungsrechtlich nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen. So könnten etwa an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen gestellt werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach

Art. 3 Abs. 1 GG steht der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1
    Art. 105 Abs. 2a
    VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1
    MRRG § 12 Abs. 2
    Meldegesetz NRW § 16
    KAG NRW §§ 1, 3

  • VG Düsseldorf - 19.11.2007 - AZ: VG 25 K 2703/07

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.09.2008 - 9 C 17.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:170908U9C17.07.0]

Urteil

BVerwG 9 C 17.07

  • VG Düsseldorf - 19.11.2007 - AZ: VG 25 K 2703/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel, Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und den Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. November 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung, die sie wegen ihres Studiums am Studienort gemietet hat.

2 Der Beklagte erhebt nach der am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Wuppertal“ (ZwStS) vom 30. Juni 2005 eine Zweitwohnungssteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet (§ 1 ZwStS). Nach § 2 Abs. 2 dieser Satzung ist „Zweitwohnung im Sinne des § 1 jede Wohnung, die
a) dem Eigentümer/der Eigentümerin oder dem Hauptmieter/der Hauptmieterin als Nebenwohnung im Sinne des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Meldegesetz NW) dient,
b) der Eigentümer/die Eigentümerin oder der Hauptmieter/die Hauptmieterin unmittelbar oder mittelbar Dritten entgeltlich oder unentgeltlich überlässt und die diesen als Nebenwohnung im vorgenannten Sinne dient oder
c) jemand neben der Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder des persönlichen Lebensbedarfs von Familienangehörigen innehat.“

3 Nach der ebenfalls am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Änderung des § 3 der Satzung ist steuerpflichtig,
„wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung oder mehrere Wohnungen innehat. Inhaber/-in einer Zweitwohnung ist, dessen/deren melderechtliche Verhältnisse die Beurteilung als Zweitwohnung bewirken oder wer Inhaber/-in einer Zweitwohnung in Sinne von § 2 Abs. 2 c) ist.“

4 Die in Wuppertal studierende Klägerin ist seit dem 1. Juli 2003 Mieterin einer dort gelegenen Wohnung, die sie als Nebenwohnung angemeldet hat. Die Wohnung verfügt über ein Zimmer, Küche, Bad und Diele. Die Nettokaltmiete beträgt monatlich 192 €. Die Klägerin war im entscheidungserheblichen Zeitraum bei ihren Eltern in Düsseldorf mit Hauptwohnung gemeldet. Sie bewohnte dort nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein Zimmer (ihr ehemaliges Kinderzimmer) in der elterlichen Wohnung, das weder über Bad, Toilette noch Küche oder Kochnische verfügt.

5 Mit Bescheid vom 25. April 2007 setzte der Beklagte für die Wuppertaler Wohnung Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2006 und 2007 i.H.v. jeweils 230,40 € fest. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 2007 zurückwies. Die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer erfolge ohne Differenzierung nach dem Zweck des Innehabens der Wohnung oder der Herkunft der aufgewendeten Mittel.

6 Mit der beim Verwaltungsgericht Düsseldorf rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, damit, dass sie sich bei ihren Eltern mit Hauptwohnung gemeldet habe, bringe sie keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck; sie sei damit nicht Besitzerin einer Erstwohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, dass jegliches Innehaben einer Zweitwohnung die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Auf das Innehaben einer Hauptwohnung komme es nicht an, sondern vielmehr allein darauf, ob der Hauptwohnung im Sinne der Satzung die Wohnungseigenschaft zukomme, die dort normiert sei.

7 Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. November 2007 die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin dürfe nicht zur Zweitwohnungssteuer für ihre Nebenwohnung in Wuppertal herangezogen werden. Die Besteuerung verletze den durch Art. 105 Abs. 2a GG vorgegebenen Begriff des Aufwands. Danach sei das Innehaben einer Nebenwohnung nur dann als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit steuerbar, wenn auch die Hauptwohnung innegehabt werde. Inhaber einer Wohnung sei nur derjenige, dem neben der tatsächlichen Verfügungsgewalt auch ein Verfügungsrecht zustehe. Das sei bei Studierenden, die Wohnraum in der elterlichen Wohnung als einen Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern nutzten und dort mit Hauptwohnung gemeldet seien, nicht der Fall. Die Hauptwohnung hätten sie damit nicht inne, sondern sie seien lediglich Besitzdiener.

8 Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision führt der Beklagte aus, für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer dürfe im Interesse der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an das Melderecht angeknüpft werden. Das Verwaltungsgericht verkenne den Begriff der Aufwandsteuer, wenn es den Nachweis eines tatsächlich erbrachten Aufwandes verlange. Ob der Steuerpflichtige neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung „inne habe“, sei unerheblich. Aufwand für die Zweitwohnung werde auch betrieben, wenn die Erstwohnung für den Steuerpflichtigen kostenlos sei. Allein die Anmietung einer Nebenwohnung sei Ausdruck eines besonderen Aufwands.

9 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. November 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10 Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11 Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Die melderechtlichen Verhältnisse allein ließen keinen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu. Zudem setze der Begriff der Zweitwohnung eine Erstwohnung voraus, die im Kinderzimmer bei ihren Eltern nicht zu sehen sei.

II

12 Die zulässige Sprungrevision (§ 134 VwGO) ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

13 1. Das angefochtene Urteil beruht auf der Erwägung, die von der Klägerin gemietete Wohnung in Wuppertal sei keine Wohnung gewesen, die sie im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 2 Buchst. c) der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Wuppertal (ZwStS) neben ihrer Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs inne hatte. Die Wohnung könne auch nicht als Nebenwohnung im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. a) oder b) ZwStS der Zweitwohnungssteuer unterworfen werden. Damit sind zunächst landesrechtliche Vorschriften angewendet worden, deren Auslegung das Bundesverwaltungsgericht im Grundsatz nicht zu überprüfen hat. Das Verwaltungsgericht gewinnt sein Ergebnis indessen mit Hilfe einer bestimmten Interpretation des Begriffs der Aufwandsteuer, der in Art. 105 Abs. 2a GG verwendet wird. Als Aufwandsteuer könne die Zweitwohnungssteuer nur einen besonderen Aufwand, also eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermögen erfassen. Das setze jedoch voraus, dass auch die Hauptwohnung „innegehabt“ werde. Werde bei der Besteuerung auf das Erfordernis des Innehabens der Hauptwohnung verzichtet und lediglich auf das rein faktische Bewohnen abgestellt, knüpfe dies nicht mehr an einen Lebenssachverhalt an, der im Regelfall eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziere.

14 Die so gewonnene Auslegung von Landesrecht ist nach § 137 Abs. 1 VwGO insoweit revisibel, als sie auf einem bestimmten Verständnis des mit Art. 105 Abs. 2a GG vorgegebenen Begriffs der Aufwandsteuer beruht (vgl. Urteil vom 30. Juni 1999 - BVerwG 8 C 6.98 - BVerwGE 109, 188 <189> = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 16 S. 2). Dabei hat das Verwaltungsgericht den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.

15 Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <346>). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt (vgl. Urteil vom 29. November 1991 - BVerwG 8 C 107.89 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 5), andererseits aber keineswegs eine besonders aufwendige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 348 und vom 11. Oktober 2005 - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 - BVerfGE 114, 316 <334>).

16 Das angefochtene Urteil leitet aus Art. 105 Abs. 2a GG ab, dass ein steuerbarer Aufwand erst dann vorliege, wenn der Inhaber der Nebenwohnung (Zweitwohnung) auch verfügungsberechtigter Inhaber der Erstwohnung (Hauptwohnung) ist. Das trifft nicht zu. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG). Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht eine ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert (vgl. Urteil vom 29. November 1991 a.a.O.). Daher ist für die Erfüllung des Aufwandbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf, oder diesen etwa nur als Besitzdiener (§ 855 BGB; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - NJW 2008, 1959 f. m.w.N.) nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer - wie hier ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus - oder gar nur eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird. Entscheidend ist, dass das menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der „Erstwohnung“ abgedeckt wird.

17 Der Satzungsgeber kann die Zweitwohnungssteuerpflicht somit auch ohne Rücksicht auf die einzelnen Umstände der Benutzung der Hauptwohnung von den melderechtlichen Erklärungen des Steuerpflichtigen abhängig machen. Bundesrecht ist nur dann verletzt, wenn selbst nachweislich unrichtige melderechtliche Verhältnisse für die Steuerpflicht maßgebend sind. So darf mangels eines tatsächlichen Aufwands etwa der Einwand nicht irrelevant sein, die als Nebenwohnung gemeldete Wohnung werde tatsächlich nicht genutzt. Umgekehrt kann mit Blick auf den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Besteuerungsgleichheit die Steuerpflicht nicht allein wegen fehlender Anmeldung eines Nebenwohnsitzes verneint werden, wenn eine solche Nutzung nachweislich stattfindet.

18 Gegen die Zweitwohnungssteuerpflicht von Studierenden kann nicht eingewandt werden, diesen fehle typischerweise in ihrer Lebenslage die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und sie hielten eine Zweitwohnung am Studienort nicht aus Gründen besonderer Leistungsfähigkeit vor, sondern weil ihre Ausbildungssituation dies erfordere. Damit wird verkannt, dass die Aufwandbesteuerung nicht an die individuelle Leistungsfähigkeit anknüpft. Wird ein besonderer Aufwand betrieben, darf Aufwandsteuer erhoben werden, gleichgültig von wem und mit welchen Mitteln dieser Aufwand finanziert wird (BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 347 und vom 11. Oktober 2005, a.a.O.). Ebenso muss der Zweck, für den der Aufwand betrieben wird, unberücksichtigt bleiben. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt es aus, für die Steuerpflicht auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 357).

19 Auch begegnet es keinen Bedenken, dass mit der Zweitwohnungssteuer vielfach der Zweck verfolgt wird, die Betroffenen zur Verlegung ihres Erstwohnsitzes zu veranlassen (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 2003 - BVerwG 9 B 102.03 - juris Rn. 5). Der Steuergesetzgeber darf mit einer Steuer neben dem Zweck, Einnahmen zu erzielen, auch Lenkungszwecke außerhalb des Steuerbereichs verfolgen, ohne dass es dazu einer besonderen Normgebungskompetenz bedürfte. Voraussetzung ist nur, dass dadurch keine Regelungen getroffen werden, die der Sachmaterie, auf die lenkend eingewirkt werden soll, widersprechen (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <117 f.>) oder die dem Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen, entgegen stehen (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1994 - BVerwG 8 N 1.93 - BVerwGE 96, 272 <277 f.> und vom 5. März 1996 - BVerwG 8 B 2.96 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 11 S. 14; BFH, Urteil vom 5. März 1997 - II R 28/95 - BFHE 182, 243 <249>). Das ist bei dem genannten Lenkungszweck der Zweitwohnungssteuer nicht der Fall.

20 2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Revisionsgericht nicht möglich, weil es hierfür auf die Auslegung der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Wuppertal und damit von Landesrecht ankommt, die das Verwaltungsgericht bisher vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung noch nicht vorgenommen hat. Bei seiner erneuten Entscheidung wird es zu berücksichtigen haben, dass nach den Urteilen des Senats vom heutigen Tage in den Verfahren BVerwG 9 C 13.07 bis 9 C 15.07 die Länder und Gemeinden, die Zweitwohnungssteuer erheben dürfen (vgl. im vorliegenden Fall §§ 1, 3 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NW S. 712 in der hier maßgeblichen Fassung), nicht gehindert sind, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere - verfassungsrechtlich nicht gebotene - Voraussetzungen zu knüpfen. So könnten etwa an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen gestellt werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG steht der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Rechtsetzungsbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 - 1 BvR 355/67 - BVerfGE 42, 20 <27>). Ob die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten Raum für eine solche Auslegung bietet, kann nicht vom Revisionsgericht entschieden werden.