Verfahrensinformation

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dem Revisionsverfahren mit dem Widerruf einer Asyl- und Flüchtlingsanerkennung wegen Vorliegens von Ausschlussgründen zu befassen. Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und wurde 2001 wegen ihm drohender Verfolgung in der Türkei aufgrund seiner Aktivitäten für die PKK als Asylberechtigter und Flüchtling anerkannt. Im Mai 2004 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anerkennungen, weil sich die Rechtslage durch Inkrafttreten des § 51 Abs. 3 Satz 2 Ausländergesetz ab Januar 2002 geändert habe. Die herausgehobene Mitgliedschaft des Klägers in der PKK sei ein schweres nichtpolitisches Verbrechen, das den Anspruch auf Asyl und Flüchtlingsschutz ausschließe. Außerdem sei davon auszugehen, dass der Kläger sich auch Handlungen habe zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderliefen. Die Klage hatte in erster und zweiter Instanz Erfolg. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht haben den Widerruf als rechtswidrig angesehen. Er könne weder auf eine Änderung der Sachlage noch auf eine Änderung der Rechtslage (Inkrafttreten des § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG = § 60 Abs. 8 Satz 2 Aufenthaltsgesetz) gestützt werden. Die Voraussetzungen der Ausschlussklauseln lägen entgegen der Ansicht des Bundesamts nicht vor. Insbesondere sei auch bei diesen Ausschlussgründen aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine fortdauernde Gefährlichkeit des Ausländers erforderlich. Eine solche bestehe bei dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts nicht mehr. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.


Pressemitteilung Nr. 81/2008 vom 25.11.2008

Widerruf der Flüchtlingsanerkennung eines ehemaligen hohen PKK-Funktionärs

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute über den Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung eines ehemaligen Kämpfers und Funktionärs der Kurdischen Arbeiterpartei (früher: PKK) verhandelt und entschieden, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Fragen zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung nach der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union (Qualifikationsrichtlinie) vorzulegen.


Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, war 2001 in Deutschland als Asylberechtigter und Flüchtling anerkannt worden, weil ihm wegen seiner langjährigen Aktivitäten für die PKK Verfolgung durch den türkischen Staat und wegen seines Abfalls von der PKK Vergeltung von Seiten der PKK drohten. Nach Einführung der in der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 1 F) vorgesehenen Ausschlusstatbestände durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz 2002 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Mai 2004 unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage beide Anerkennungen: Der Kläger habe vor seiner Aufnahme als Flüchtling den Ausschlussgrund einer schweren nichtpolitischen Straftat verwirklicht. Er habe als herausgehobenes Mitglied (Kämpfer und zeitweise Mitglied des Zentralkomitees) einer terroristischen Vereinigung angehört und deren bewaffneten Kampf - wie auch ein türkischer Haftbefehl aus dem Jahr 2000 zeige - aktiv unterstützt. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben der Klage gegen den Widerruf stattgegeben, weil der Kläger nicht vom Asyl und Flüchtlingsschutz ausgeschlossen sei. Er habe sich schon vor seiner Ausreise endgültig von der PKK gelöst. Aufgrund seines Werdegangs und seiner heutigen Überzeugungen bestehe kein Grund zu der Annahme, dass er sich nochmals an vergleichbaren Taten beteiligen werde.


Mit seiner Revision wendet sich das Bundesamt insbesondere dagegen, dass die Vorinstanzen das Vorliegen der - jetzt in § 3 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz geregelten - Ausschlussgründe von einer fortbestehenden, vom Kläger ausgehenden Gefahr abhängig gemacht haben. Der Kläger macht geltend, ihm könne der rechtmäßig zuerkannte Status nicht nachträglich ohne Änderung der Sachlage entzogen werden. Der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts folgt dieser Argumentation des Klägers nicht. Denn Art. 14 Abs. 3 der Qualifikationsrichtlinie verpflichtet bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes uneingeschränkt zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft. Deshalb ist in diesen Fällen der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung aufgrund der Änderung der Rechtslage zulässig. Damit kommt es für die Rechtmäßigkeit des Widerrufs darauf an, ob der Kläger einen der Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 AsylVfG verwirklicht hat. Der Senat hat deshalb dem EuGH wie in dem Verfahren BVerwG 10 C 48.07 Fragen zur Auslegung der Ausschlussgründe nach der Qualifikationsrichtlinie vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 65/2008). Das Revisionsverfahren ist bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt worden.


BVerwG 10 C 46.07 - Beschluss vom 25.11.2008


Beschluss vom 19.02.2010 -
BVerwG 10 PKH 24.07ECLI:DE:BVerwG:2010:190210B10PKH24.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.02.2010 - 10 PKH 24.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:190210B10PKH24.07.0]

Beschluss

BVerwG 10 PKH 24.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 27.03.2007 - AZ: OVG 8 A 5118/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Februar 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

  1. Die Beiordnung von Rechtsanwalt ..., im Beschluss vom 18. Juli 2007 wird mit Wirkung vom 24. Januar 2010 aufgehoben.
  2. Dem Kläger wird mit Wirkung vom 25. Januar 2010 nach Vollmachterteilung für das Revisionsverfahren Rechtsanwalt ..., mit der Maßgabe beigeordnet, dass die dem Rechtsanwalt ... entstandenen Gebühren auf seinen Gebührenanspruch angerechnet werden.

Beschluss vom 03.03.2010 -
BVerwG 10 PKH 24.07ECLI:DE:BVerwG:2010:030310B10PKH24.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.03.2010 - 10 PKH 24.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:030310B10PKH24.07.0]

Beschluss

BVerwG 10 PKH 24.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 27.03.2007 - AZ: OVG 8 A 5118/05.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

Der Beschluss des Senats vom 19. Februar 2010 wird, soweit er die Beiordnung von Rechtsanwalt ... betrifft, dahingehend geändert, dass die gebührenbeschränkende Maßgabe im zweiten Absatz des Beschlusstenors entfällt und die Beiordnung einschränkungslos gilt.