Verfahrensinformation

Nach § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV sind nicht beihilfefähig u.a. Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen (z.B. Ehegatte, Elternteil oder Kind) bei einer Heilbehandlung. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob dieser Ausschluss der Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit auch dann eingreift, wenn die Heilbehandlung nicht vom nahen Angehörigen eigenhändig vorgenommen, sondern der Beihilfeberechtigte im Betrieb des nahen Angehörigen (physiotherapeutische Praxis des Ehegatten des Beihilfeberechtigten) von einem Angestellten behandelt worden ist.


Pressemitteilung Nr. 80/2011 vom 29.09.2011

Keine Beihilfe für medizinische Behandlungen durch Angestellte in der Praxis eines nahen Angehörigen

Ein Beamter hat keinen Anspruch auf Beihilfe, wenn er im Betrieb seines nahen Angehörigen von Angestellten behandelt worden ist und der Angehörige als Inhaber der Praxis die Honorarforderung geltend macht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Dem Kläger waren ärztlich verschiedene Behandlungen (u. a. Krankengymnastik und Massage) verschrieben worden. Sämtliche Behandlungen wurden in der physiotherapeutischen Praxis der Ehefrau des Klägers von einer dort angestellten Physiotherapeutin durchgeführt. Die Beihilfestelle lehnte den Antrag unter Hinweis auf eine Beihilfevorschrift ab, wonach Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen (Ehegatten, Eltern und Kinder) bei einer Heilbehandlung nicht beihilfefähig sind.


Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erfasst dieser Ausschlusstatbestand nach seinem Zweck auch den Fall der Behandlung des Beihilfeberechtigten in der Praxis des nahen Angehörigen durch einen Angestellten. Ausgangspunkt ist die Einschätzung, im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen, die untereinander unterhaltspflichtig sind, verzichte der Behandelnde auf ein Honorar oder beschränke seine Forderung zumindest auf das, was als Versicherungsleistung und/oder Beihilfe erstattet werde. Danach kommt es für die Anwendung der Ausschlussregelung darauf an, wer Inhaber der Forderung aus dem Behandlungsvertrag ist. Dieses Urteil knüpft an Entscheidungen der Zivilgerichte zur Auslegung einer vergleichbaren Ausschlussregelung im Bereich der privaten Krankenversicherung an.


Demgegenüber greift der Ausschlusstatbestand dann nicht ein, wenn der Beihilfeberechtigte aus besonderen Gründen auf die Behandlung durch seinen Angehörigen angewiesen war. Dies kann der Fall sein, wenn die erforderliche medizinische Behandlung nur durch den nahen Angehörigen durchgeführt werden konnte oder es dem Berechtigten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar war, einen anderen Arzt aufzusuchen, und der Umfang der Behandlung das Maß dessen deutlich übersteigt, was üblicherweise noch unentgeltlich geleistet wird.


BVerwG 2 C 80.10 - Urteil vom 29.09.2011

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, OVG 5 LB 388/08 - Urteil vom 23.04.2010 -

VG Oldenburg, VG 6 A 4108/04 - Urteil vom 25.08.2006 -


Beschluss vom 21.12.2010 -
BVerwG 2 B 48.10ECLI:DE:BVerwG:2010:211210B2B48.10.0

Beschluss

BVerwG 2 B 48.10

  • Niedersächsisches OVG - 23.04.2010 - AZ: OVG 5 LB 388/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Dezember 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 23. April 2010 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Gründe

1 Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die angestrebte Entscheidung erscheint geeignet, zur Klärung der Frage beizutragen, ob eine „persönliche“ Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilbehandlung, die nach § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV zum Ausschluss des Beihilfeanspruchs führt, auch dann gegeben ist, wenn der Beihilfeberechtigte nicht von seinem nahen Angehörigen eigenhändig selbst, sondern lediglich im Betrieb des nahen Angehörigen von einem Angestellten behandelt worden ist.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 80.10 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.

Urteil vom 29.09.2011 -
BVerwG 2 C 80.10ECLI:DE:BVerwG:2011:290911U2C80.10.0

Leitsätze:

1. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV schließt Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilmaßnahme auch dann von der Beihilfe aus, wenn diese nicht der Angehörige selbst, sondern dessen Angestellter durchgeführt hat.

2. Der Beihilfeausschluss gilt nicht für Fallkonstellationen, in denen die erforderliche medizinische Behandlung nur in der Praxis des nahen Angehörigen durchgeführt werden konnte oder es dem Berechtigten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar war, eine andere Praxis aufzusuchen, und der Umfang der Behandlung das Maß dessen deutlich übersteigt, was üblicherweise noch unentgeltlich geleistet wird.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1 GG
    NBG (2001) § 87c Abs. 1
    BhV (2001) § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1

  • Niedersächsisches OVG - 23.04.2010 - AZ: OVG 5 LB 388/08
    VG Oldenburg - 25.08.2006 - AZ: VG 6 A 4108/04 

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 29.09.2011 - 2 C 80.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:290911U2C80.10.0]

Urteil

BVerwG 2 C 80.10

  • Niedersächsisches OVG - 23.04.2010 - AZ: OVG 5 LB 388/08
  • VG Oldenburg - 25.08.2006 - AZ: VG 6 A 4108/04 

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski und Dr. Hartung
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. April 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger beansprucht eine Beihilfe zu Aufwendungen für physiotherapeutische Behandlungen.

2 Dem Kläger, einem Beamten des Landes Niedersachsen, seiner Ehefrau und seiner Tochter wurden im Jahr 2002 ärztlich verschiedene Behandlungen verordnet (u.a. Krankengymnastik und Massage). Sämtliche Behandlungen wurden in der physiotherapeutischen Praxis der Ehefrau des Klägers von einer Angestellten durchgeführt. Die Ehefrau stellte dem Kläger sämtliche Behandlungen in Rechnung.

3 Der Beihilfeantrag und der Widerspruch blieben erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilbehandlung erfasse auch den Fall, dass die Behandlung von einem in der Praxis des Ehegatten angestellten Beschäftigten durchgeführt werde. Auf Aspekte des Vertrauensschutzes könne der Kläger seinen Anspruch auf Beihilfe nicht stützen.

4 Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

5 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. April 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 25. August 2006 zurückzuweisen.

6 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

7 Die Revision ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verletzung revisiblen Rechts entschieden, dass dem Kläger der geltend gemachte Beihilfeanspruch nicht zusteht.

8 Maßgeblich für die Gewährung einer Beihilfe ist § 87c Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) in der Fassung des Art. 4 Nr. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 2002 vom 18. Dezember 2001 (Nds. GVBl S. 806) in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Beihilfevorschriften - BhV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl S. 919).

9 Mit der Übernahme der Beihilfevorschriften des Bundes als Landesrecht durch § 87c Abs. 1 NBG in Form einer dynamischen Verweisung haben diese den Charakter von Verwaltungsvorschriften nicht verloren (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 34.03  - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 15 S. 3). Als bloße Verwaltungsvorschriften genügen die Beihilfevorschriften nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts. Für eine Übergangszeit ist jedoch grundsätzlich von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften auch im Landesbereich auszugehen (Urteile vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 50.02  - BVerwGE 121, 103 <111> = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123 S. 14 und vom 28. Oktober 2004 a.a.O.). Dabei sind sie weiterhin wie Rechtsnormen auszulegen (Urteil vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 9.07 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 15 Rn. 13). Die weitere Anwendbarkeit von Leistungsausschlüssen und -einschränkungen trotz Notwendigkeit der Aufwendungen setzt aber voraus, dass die jeweilige Regelung nicht aus anderen Gründen gegen höherrangiges Recht verstößt (Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 13 und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 Rn. 12 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17).

10 § 87c Abs. 1 NBG i.V.m. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV bewirkt einen Leistungsausschluss (1). Dieser verstößt unter den hier gegebenen Umständen nicht gegen höherrangiges Recht (2).

11 1. Nach § 87c Abs. 1 NBG i.V.m. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV sind die Aufwendungen für eine persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilbehandlung nicht beihilfefähig; als nahe Angehörige gelten Ehegatten, Eltern und Kinder der jeweils behandelten Person.

12 Maßgeblich für die Auslegung des Merkmals der persönlichen Tätigkeit ist nicht, wer die Behandlung des Beihilfeberechtigten tatsächlich durchgeführt hat. Entscheidend ist, wer Inhaber der Forderung aus dem Behandlungsvertrag ist und deshalb letztlich über ihre Geltendmachung entscheidet (vgl. ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 19. September 2003 - 1 Bf 180/02 - Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Entscheidungssammlung, Ordner 8, 5. Auflage, ES/C IV 2 Nr. 155 S. 548; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Bd. 1, Stand: 1. Juli 2011, § 8 BBhV, Anm. 8.1; ebenso BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - NJW 2001, 3406 <3407> zur Auslegung einer Klausel eines privaten Krankenversicherungsvertrages). Dies folgt aus dem für die Auslegung des Merkmals der persönlichen Tätigkeit ausschlaggebenden Zweck des Beihilfeausschlusses.

13 Ausgangspunkt ist die Einschätzung des Vorschriftengebers, es bestehe die naheliegende Möglichkeit, dass im Verhältnis zwischen unterhaltspflichtigen Angehörigen der Behandelnde auf sein Honorar verzichtet oder seine Forderung auf das beschränkt, was als Versicherungsleistung und/oder Beihilfe erstattet wird; im letzteren Fall würden Honorarforderungen nur deshalb erhoben und nur deshalb erfüllt, weil letztlich Dienstherr und Krankenversicherung die Aufwendungen zu tragen haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 1992 - 2 BvR 1161/89 - NVwZ 1993, 560).

14 Der Ausschluss soll die Beihilfestelle von der Verpflichtung freistellen, die Ernsthaftigkeit von Honorarforderungen unter nahen Angehörigen zu überprüfen. Die Stelle müsste ansonsten kontrollieren, ob die vom Beihilfeberechtigten eingereichte Rechnung als ausreichende Grundlage für eine unabhängig von Erstattungsansprüchen gestellte Honorarforderung des behandelnden nahen Angehörigen anzusehen ist oder ob sie nur als eine fingierte Unterlage für eine Beihilfefestsetzung dienen soll. Dies würde die Behörde entgegen den Grundsätzen und Zielen des Beihilferechts selbst in Bagatellfällen dazu zwingen, in den persönlichen Bereich des Beamten einzudringen und dessen Verhältnis zum nahen Angehörigen zu klären (Urteile vom 25. Oktober 1972 - BVerwG 6 C 5.71  - BVerwGE 41, 101 <103> = Buchholz 238.91 Nr. 3 BhV Nr. 16 S. 28 und vom 25. März 1982 - BVerwG 2 C 23.81  - Buchholz 238.911 Nr. 3 BhV Nr. 19).

15 Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Ehefrau des Klägers als Inhaberin der Praxis dem Kläger die Behandlungen in Rechnung gestellt. Damit sind diese Aufwendungen des Klägers nach § 87c Abs. 1 NBG i.V.m. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV nicht beihilfefähig.

16 Auf den Umstand, dass die Beklagte ihm bisher bei Behandlungen in der Praxis seiner Ehefrau Beihilfen gewährt hat, kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen, weil dies mit § 87c Abs. 1 NBG i.V.m. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV nicht in Einklang stand. Die vorschriftenkonforme Handhabung einer Vorschrift für die Zukunft verletzt keine schützenswerte, das Vertrauen auf ihren Bestand rechtfertigende Rechtsposition des Betroffenen (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 C 17.06  - Buchholz 240 § 57 BBesG Nr. 4 Rn. 19 und vom 26. März 2009 - BVerwG 2 A 4.07 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 42 Rn. 25).

17 Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Beklagte hätte ihn zuvor auf die neue Handhabung des Ausschlusstatbestandes hinweisen müssen. Der aus der Fürsorgepflicht abgeleitete Gedanke der Schutzbedürftigkeit eines Beihilfeberechtigten bei einer zweifelhaften Auslegung von Bestimmungen der Gebührenordnungen für Ärzte oder Zahnärzte (vgl. zuletzt Urteil vom 16. Dezember 2009 - BVerwG 2 C 79.08  - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 20 S. 12) greift vorliegend nicht. Hier ist die Berechtigung des zivilrechtlichen Anspruchs des Behandelnden nicht bestritten.

18 2. Der Beihilfeausschluss in § 87c Abs. 1 NBG i.V.m. § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV verletzt unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht höherrangiges Recht.

19 Nach dem gegenwärtigen Beihilfensystem wird die Beihilfe als Hilfeleistung, die die Eigenvorsorge der Beamten ergänzt, unabhängig von einer finanziellen Notlage gewährt, um einen bestimmten Vomhundertsatz der Kosten in Krankheits-, Pflege, Geburts- und Todesfällen zu erstatten. Nach dem beihilferechtlichen Leistungsprogramm sind grundsätzlich diejenigen Aufwendungen beihilfefähig, die durch einen konkreten Anlass verursacht werden. So knüpft die Beihilfefähigkeit in Krankheitsfällen nicht an bestimmte Behandlungen oder Arzneimittel an (Urteile vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 22 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 und vom 18. Februar 2009 - BVerwG 2 C 23.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 18 Rn. 14). Diese Anlassbezogenheit kommt in dem Grundsatz zum Ausdruck, dass in Krankheitsfällen die Behandlungskosten im Rahmen der Notwendigkeit und der Angemessenheit beihilfefähig sind. Aufwendungen in Krankheitsfällen sind dem Grunde nach notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BhV, wenn sie für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit oder der Besserung oder Linderung von Leiden dient (Urteil vom 7. November 2006 - BVerwG 2 C 11.06  - BVerwGE 127, 91 Rn. 13 = Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 2). Die Aufwendungen sind der Höhe nach angemessen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BhV, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung steht (Urteil vom 18. Februar 2009 a.a.O Rn. 9).

20 Von dieser im gegenwärtigen Beihilfensystem angelegten Sachgesetzlichkeit weicht § 5 Abs. 4 Nr. 6 Satz 1 BhV zum Nachteil der Beamten ab. Denn krankheitsbedingte Aufwendungen werden trotz ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit von der Beihilfegewährung ausgenommen, wenn der Inhaber der Honorarforderung aus der Heilbehandlung ein naher Angehöriger des Beihilfeberechtigten ist. Die Vereinbarkeit eines derartigen Leistungsausschlusses mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG hängt davon ab, ob er durch einen zureichenden Grund sachlich gerechtfertigt ist (Urteile vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07  - a.a.O. Rn. 25 f. und - BVerwG 2 C 12.07 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 30 Rn. 23, vom 18. Februar 2009 a.a.O. Rn. 14 und vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - juris Rn. 11).

21 Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist der rechtfertigende Grund im Regelfall darin zu sehen, dass es nicht ganz unüblich ist, unterhaltsberechtigten Angehörigen für eine Behandlung selbst bei der Einschaltung von Mitarbeitern keine Rechnung zu stellen. Die für die Beamten mit der Regelung verbundene Belastung wird ohnehin durch den Umstand erheblich reduziert, dass der Beihilfeberechtigte ihre Anwendung durch eine entsprechende Auswahl des Behandelnden abwenden kann (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 1992 a.a.O.).

22 Demgegenüber fehlt es in Fallgestaltungen, in denen der Beihilfeberechtigte aus besonderen Gründen auf die Behandlung durch seinen Angehörigen selbst oder in dessen Praxis angewiesen war, an einem den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügenden sachlichen Grund. Dies kann der Fall sein, wenn die erforderliche medizinische Behandlung nur in der Praxis des nahen Angehörigen durchgeführt werden konnte oder es dem Berechtigten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar war, eine andere Praxis aufzusuchen, und der Umfang der Behandlung das Maß dessen deutlich übersteigt, was üblicherweise noch unentgeltlich geleistet wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 a.a.O. S. 3407 f.).

23 Ein solcher Ausnahmefall ist bei den dem Kläger und seinen Angehörigen ärztlich verordneten Behandlungen offenkundig nicht gegeben.

24 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.