Pressemitteilung Nr. 63/2012 vom 05.07.2012

Bahnlärm Oldenburg: Teilvergleich vor Bundesverwaltungsgericht

In dem Klageverfahren, in dem die Stadt Oldenburg, zwei dort tätige Wohnungsunternehmen und mehrere Privatpersonen sich gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den Ausbau der Eisenbahnstrecke Oldenburg-Wilhelmshaven in zwei Abschnitten nördlich von Oldenburg wenden, hat heute der Berichterstatter des zuständigen Senats des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf Vorschlag des Gerichts haben die Stadt Oldenburg und die Wohnungsunternehmen mit der beklagten Bundesrepublik und der Beigeladenen, der DB Netz AG, einen bereits zuvor erarbeiteten Vergleich abgeschlossen. Darin verpflichtet sich die Bahn, den vom Anstieg des Bahnlärms betroffenen Anliegern am Streckenabschnitt im Stadtgebiet von Oldenburg einen vorgezogenen Lärmschutz zu gewähren. Dabei soll rechnerisch der aktive Schallschutz berücksichtigt werden, der im Falle eines Ausbaus der Bestandsstrecke insbesondere durch die Errichtung von Schallschutzwänden gewährt wird. Der Vergleich kann bis spätestens 6. August 2012 widerrufen werden. Die klagenden Privatpersonen haben einen Vergleich nicht abgeschlossen. Die Bahn hat denjenigen Klägern, deren Anwesen im Einwirkungsbereich der auszubauenden Bahnstrecke liegen, eine Lärmsanierung durch passiven Lärmschutz nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zugesichert.

BVerwG 7 A 22.11


Beschluss vom 24.01.2012 -
BVerwG 7 VR 13.11ECLI:DE:BVerwG:2012:240112B7VR13.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.01.2012 - 7 VR 13.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:240112B7VR13.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 VR 13.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Januar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Guttenberger und Brandt
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Planfeststellungsbeschlüsse vom 2. August 2011 wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerinnen zu 1, 2 und 3 tragen je 2/7, die Antragsteller zu 4 bis 7 und die Antragsteller zu 8 und 9 - diese jeweils als Gesamtschuldner - tragen je 1/14 der Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 105 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragsteller - die Stadt Oldenburg, zwei dort tätige Wohnungsunternehmen und weitere Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Wohngrundstücken, die im Stadtgebiet an der Bahnstrecke Oldenburg - Wilhelmshaven liegen - begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen zwei eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse. Die beigeladene Vorhabenträgerin will die gesamte Eisenbahnstrecke Oldenburg - Wilhelmshaven in mehreren Planungsabschnitten ertüchtigen, um die Voraussetzungen für eine leistungsfähige Hinterlandanbindung des kurz vor der Fertigstellung stehenden Tiefseehafens „Jade Weser Port“ zu schaffen. Für die beiden nördlich von Oldenburg gelegenen Planfeststellungsabschnitte 2 (Rastede - Hahn) und 3 (Jaderberg - Varel) hat das Eisenbahn-Bundesamt mit zwei Beschlüssen vom 2. August 2011 die Ausbaupläne festgestellt. Diese sehen neben der Elektrifizierung insbesondere den zweigleisigen Ausbau zweier seit einem Rückbau in der Nachkriegszeit eingleisiger Streckenabschnitte vor; an den Strecken sind umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Gegen die Planfeststellungsbeschlüsse haben die Antragsteller Klage zum Bundesverwaltungsgericht mit dem Ziel der Feststellung der Rechtwidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dieser Beschlüsse erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie befürchten insbesondere aufgrund der Wiederherstellung der durchgängigen Zweigleisigkeit der Strecke eine unzumutbare Zunahme des Schienenlärms auch entlang der Bahnstrecke im Stadtgebiet von Oldenburg, dem sie bis zum - wegen Verzögerungen in der Weiterführung der Ausbauplanung gegebenenfalls erst Jahre später erfolgenden - Ausbau der Bahnstrecke in Oldenburg völlig ungeschützt ausgesetzt seien. Sie rügen, dass sie mangels Auslegung der Pläne in Oldenburg nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden seien und dass bereits in den beiden Planfeststellungsverfahren der Bau einer Bahnumgehung von Oldenburg ordnungsgemäß hätte geprüft werden müssen; jedenfalls müssten schon jetzt Schallschutzmaßnahmen auch zu ihren Gunsten angeordnet werden.

II

2 1. Der Antrag, über den nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. lfd. Nr. 7 der Anlage zu § 18e Abs. 1 AEG - Schienenwege mit erstinstanzlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts - sowie § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache entscheidet, ist statthaft. Gemäß § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG i.V.m. Nr. 1 b) lfd. Nr. 3 der Anlage (zu § 1) des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes - Bundesschienenwegeausbaugesetz - (vom 15. November 1993, BGBl I S. 1874, zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407) hat die Klage gegen die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse keine aufschiebende Wirkung. Der vorläufige Rechtsschutz ist auch dann im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren, wenn - wie hier - die Klage in der Hauptsache nicht auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern auf ein ergänzendes Verfahren nach § 18e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 AEG gerichtet ist (Beschluss vom 1. April 1998 - BVerwG 11 VR 13.97 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 63).

3 2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

4 a) Dabei kann dahinstehen, ob das bereits daraus folgt, dass die Antragsteller jedenfalls innerhalb der gemäß § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG bestimmten Frist keine Einwendungen gegen die beiden Vorhaben erhoben haben.

5 Der in § 18a Nr. 7 Satz 1 AEG geregelte Einwendungsausschluss, der sich auch auf das der Planfeststellung nachfolgende gerichtliche Verfahren erstreckt, greift indessen nur dann ein, wenn die Antragsteller sich die nach § 18a Nr. 7 Satz 3 AEG erforderliche Belehrung über die Folgen einer unterbliebenen Einwendung bei der Auslegung der Pläne im Bereich der betroffenen Planfeststellungsabschnitte 2 und 3 entgegenhalten lassen müssten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die von der Anhörungsbehörde veranlasste Auslegung den Vorgaben des § 18a Nr. 1 AEG genügte. Danach erfolgt die Auslegung in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt. Solche Auswirkungen sind nicht stets auf die unmittelbare räumliche Umgebung des Vorhabens beschränkt. So schließt der insoweit enge, weil auf die Nachbarschaft beschränkte Anwendungsbereich des Lärmschutzes nach § 41 BImSchG und der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV - die Berücksichtigung des Lärmzuwachses auf baulich unveränderten Teilen des Verkehrsnetzes im Rahmen der gebotenen Abwägung nicht aus, falls ein adäquater Ursachenzusammenhang zwischen dem planfestgestellten Vorhaben und der Lärmbeeinträchtigung besteht (Urteile vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <155 ff.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 44 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 114). Eine Auslegung der Pläne auch in Oldenburg mag danach in Betracht zu ziehen sein, wenn auf die tatsächlichen Folgen der Ausbaumaßnahme und den danach zu erwartenden zusätzlichen Güterverkehr abgestellt wird. Ob hier indessen ein für die Annahme einer im Sinne von § 18a Nr. 1 AEG zu beachtenden Auswirkung erforderlicher rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen der Beseitigung der eingleisigen Streckenabschnitte und dem Lärmzuwachs auf der bestehenden zweigleisigen Strecke von vornherein mit dem Hinweis auf eine Vorbelastung zu verneinen ist, wirft - wie später auszuführen ist - schwierige Rechtsfragen auf. Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen zwar einen abwägungserheblichen Belang unter Berufung auf die plangegebene Vorbelastung aus (s. PFA 2 S. 45 f., 123; PFA 3 S. 46 f., 109). Für ein weites Verständnis des Begriffs der Auswirkung im Sinne einer im Planfeststellungsverfahren zu erörternden und gegebenenfalls planerisch zu bewältigenden Möglichkeit einer Beeinträchtigung von schutzwürdigen Belangen könnte aber sprechen, dass die Planfeststellungsbeschlüsse jedenfalls auch auf Zusagen der Beigeladenen im Laufe des Verfahrens verweisen, um letztlich Auswirkungen auf die Lärmsituation in Oldenburg zu verneinen.

6 Diesen Erwägungen, die an eine materiellrechtliche Betrachtung anknüpfen, könnte allerdings bei zulässiger planerischer Abschnittsbildung der Grundsatz der abschnittsbezogenen Auslegung (s. Kipp/Schütz, in: Hermes/Sellner <Hrsg.>, Beck`scher AEG-Kommentar, 2006, § 20 Rn. 60) entgegenstehen. Dessen Reichweite bedarf der Klärung. Soweit dieser Grundsatz auf der Überlegung beruht, dass ein Dritter, der nicht unmittelbar durch den planfestgestellten Abschnitt betroffen ist, jedenfalls in der Regel auf die Anfechtung der nachfolgenden Planung verwiesen werden kann, ohne dass er damit einen materiellen Rechtsverlust erleidet (Beschluss vom 10. November 2000 - BVerwG 4 B 47.00 - NVwZ 2001, 800), dürfte er den vorliegenden Fall nicht erfassen. Denn die Antragsteller befürchten eine Beeinträchtigung ihrer Belange gerade auch in der Zeit bis zur Realisierung der anschließend anstehenden Planung.

7 b) Auch wenn die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht ausgeschlossen sein sollten, überwiegt jedoch das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Planfeststellungsbeschlüsse das entgegenstehende Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls deshalb, weil die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Planfeststellungsbeschlüsse gerichtete Klage auch bei einer inhaltlichen Würdigung des Vorbringens nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts verstoßen die Planfeststellungsbeschlüsse nicht gegen Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragsteller mit der Folge der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens geltend machen können.

8 aa) Die Rüge der Antragsteller, dass ihr Anhörungsrecht mangels Auslegung der Pläne in Oldenburg verletzt worden sei, dürfte nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn für die Erheblichkeit eines solchen - unterstellten - Verfahrensmangels nach § 18e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 AEG i.V.m. § 46 VwVfG ist nichts dargetan. Das Eisenbahn-Bundesamt hat sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Vorbringens von über 300 Einwendern aus dem Gebiet der Stadt Oldenburg, für die am 13. Dezember 2010 ein Erörterungstermin in Oldenburg stattgefunden hat, mit der nunmehr auch von den Antragstellern geltend gemachten Lärmproblematik und der Frage von Trassenalternativen befasst. Insbesondere angesichts dieses Umstands ist die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung im Planfeststellungsbeschluss bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels nicht ansatzweise zu erkennen (vgl. zu diesem rechtlichen Maßstab Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 <314> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203). Dies gilt auch insoweit, als die Antragstellerin zu 1 sich über die Lärmbelastung gemeindlicher Grundstücke und öffentlicher Einrichtungen hinaus auf die Verletzung ihrer Planungshoheit beruft (s. dazu Beschluss vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 63 Rn. 6 m.w.N.). Denn diesem Belang könnte in gleicher Weise wie den geltend gemachten individuellen Betroffenheiten von Anliegern der Bahntrasse durch die Wahl einer anderen Streckenführung oder durch Lärmschutzmaßnahmen Rechnung getragen werden.

9 bb) Mit den Einwendungen gegen die Variantenprüfung dringen die Antragsteller aller Voraussicht nach ebenso wenig durch.

10 (1) Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine andere als die von ihr bevorzugte Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten ist erst dann überschritten, wenn eine alternative Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. <332>). Dabei braucht die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt in Bezug auf Planungsalternativen nur zu klären, soweit dies für eine sachgerechte Entscheidung notwendig ist. Sie ist insbesondere befugt, Alternativen, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden (Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <10 ff.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 139; Beschluss vom 24. April 2009 - BVerwG 9 B 10.09 - NVwZ 2009, 986 <987>). Dabei darf die Behörde gerade auch die spezifischen Vorteile berücksichtigen, die der Ausbau einer bestehenden Strecke gegenüber einer Neutrassierung aufweist (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25 S. 112 f.).

11 (2) Eine weiträumige Umfahrung von Oldenburg, mit der eine spätere Lärmbelastung des Stadtgebiets schon durch die Entscheidung über die Planfeststellungsabschnitte 2 und 3 ausgeschlossen wäre, hat das Eisenbahn-Bundesamt hiernach ohne Rechtsfehler nicht weiterverfolgt. Die in den Planfeststellungsbeschlüssen geprüfte Trasse von Varel über Rodenkirchen nach Hude musste sich in keiner Weise aufdrängen. Die insbesondere auf Wirtschaftlichkeitsaspekte und umweltrechtliche Gesichtspunkte abstellenden Überlegungen des Eisenbahn-Bundesamts (s. PFA 2 S. 73 f.; PFA 3 S. 69 f.) werden von den Antragstellern nicht ansatzweise erschüttert.

12 Die von den Antragstellern erstmals in der Klagebegründung zur Diskussion gestellte Trasse, die der noch im Planungsstadium befindlichen Küstenautobahn A 20 folgen und dann die Weser queren soll, ist ebenso wenig eindeutig vorzugswürdig. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass sie nach der Vorstellung der Antragsteller eine - im Übrigen nicht weiter konkretisierte - Verbindung zur so genannten Y-Trasse (ABS/NBS Hamburg/Bremen - Hannover) herstellen soll. Denn deren Realisierung ist - was sich auch aus dem von den Antragstellern vorgelegten Zeitungsartikel ergibt - auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.

13 (3) Soweit die Antragsteller eine Umfahrung nur des Stadtgebiets von Oldenburg entlang der Autobahn A 29 für vorzugswürdig halten, wird im Planfeststellungsbeschluss zum Planfeststellungsabschnitt 2 ausdrücklich betont, dass mit dem Ausbau dieses benachbarten Planfeststellungsabschnitts insoweit keine Vorfestlegung im Sinne eines Zwangspunkts verbunden ist (PFA 2 S. 72 f.; s.a. PFA 3 S. 68 f.). Bei der Fortsetzung des Ausbaus der Güterbahn durch eine Umfahrung müssten bei der Untervariante östlich der A 29 lediglich auf einer Strecke von ca. 500 m Umplanungen in Teilgewerken vorgenommen werden, wobei wegen der weiterhin erforderlichen Anbindung des Oldenburger Hauptbahnhofs für den Personenverkehr der Ausbau auch in diesem Bereich nicht unnütz wäre. An dieser Einschätzung wird die Antragsgegnerin sich bei einer Entscheidung über den Planfeststellungsabschnitt 1 festhalten lassen müssen. Wird demnach durch die Entscheidung über den Planfeststellungsabschnitt 2 insofern nichts präjudiziert, fehlt es am Ansatzpunkt für die von den Antragstellern insofern behauptete Beschwer. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Planung bei abschnittsweiser Verwirklichung nicht nur im ersten, sondern in jedem Teilstück dem Einwand standhalten muss, einem anderen Lösungskonzept unterlegen zu sein (Beschluss vom 2. November 1992 - BVerwG 4 B 205.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 92 S. 104). Auf den umfangreichen Vortrag der Antragsteller, mit dem sie die Vorzugswürdigkeit der genannten Umfahrungstrasse dartun wollen, kommt es demnach in diesem Verfahren nicht an.

14 cc) Die Antragsteller bringen schließlich vor, dass die Planfeststellungsbeschlüsse der infolge bereits des Ausbaus der Planfeststellungsabschnitte 2 und 3 zu erwartenden Verkehrs- und folglich Lärmzunahme auch im Stadtgebiet von Oldenburg, von der sie - mit Ausnahme der Antragstellerin zu 1 - in grundrechtlich relevanter Weise betroffen seien, nicht ausreichend Rechnung getragen hätten.

15 (1) Diese Einwände können dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage aber schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil daraus allenfalls ein Anspruch der Antragsteller auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um aktive oder passive Lärmschutzmaßnahmen folgen könnte, nicht aber die Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse. Es spricht nach der Überzeugung des Senats nämlich nichts dafür, und die Antragsteller behaupten es auch selbst nicht, dass die gesamte fachplanerische Abwägung zu Fall käme, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass der Beigeladenen zusätzlich Schallschutzmaßnahmen zu Gunsten der Antragsteller auferlegt werden müssten. Auf den danach allenfalls zu erwartenden Erfolg eines Planergänzungsanspruchs, den die Antragsteller im Hauptsacheverfahren zutreffend hilfsweise mit einer Verpflichtungsklage bzw. einer Klage auf Neubescheidung verfolgen, kann die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 VwGO jedoch nicht gestützt werden (vgl. etwa Beschlüsse vom 14. April 2005 - BVerwG 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241 <246> = Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 69 und vom 4. Dezember 2008 - BVerwG 9 VR 19.08 - Buchholz 407.4 § 17e FStrG Nr. 4).

16 (2) Es bleibt - sofern es insbesondere nach Klärung der Frage der Präklusion überhaupt entscheidungserheblich darauf ankommt - dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu prüfen, ob die Planfeststellungsbehörde den zu erwartenden Lärmzuwachs in beanstandungsfreier Weise in ihre Erwägungen eingestellt hat. Soweit die Planfeststellungsbehörde dabei eine Lärmbelastung, die eine plangegebene Vorbelastung nicht übersteigt, als hinzunehmen einstuft, trifft das zwar im Grundsatz zu (vgl. etwa Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <10 f.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12). Allerdings bedarf es dann aber zum einen einer nachvollziehbaren Festlegung dieser Belastung, die dann auch Maßstab einer wirksamen Überwachung durch die Aufsichtsbehörde sein könnte. Das verkennt das Eisenbahn-Bundesamt nicht, das zwischenzeitlich eine eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung angefordert hat. Zum anderen wird zu prüfen sein, ob in der gegebenen Fallkonstellation eine von der tatsächlichen Situation deutlich abweichende plangegebene Vorbelastung auch dann maßgeblich ist, wenn diese - wie die Antragsteller vortragen - die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 GG) übersteigen sollte. Denn auch über den Sonderfall der Wiedereröffnung teilungsbedingt unterbrochener Eisenbahnstrecken hinaus sind Ausnahmen von der Regel vorstellbar (Urteile vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <355 ff.> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 23 und vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 5.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 66 Rn. 19 ff.). Hier mag zu erwägen sein, ob das auf die gesamte Strecke bezogene einheitliche Ausbaukonzept unter Gleichheitsaspekten bei einer zeitversetzten Planung und Umsetzung in Abschnitten einen auf die Übergangszeit bezogenen Lärmschutz - etwa durch eine vom Eisenbahn-Bundesamt nicht von vornherein verworfene Betriebszeitenregelung oder Geschwindigkeitsbeschränkungen - gebietet. Abschnittsbildungen, die dem Zweck dienen, die vielfältigen mit einer detaillierten Streckenausbauplanung einhergehenden Schwierigkeiten praktikabel und effektiv zu bewältigen, haben nämlich keinen Bezug zur Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit Lärmbetroffener (Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <340> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 45).

17 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 und 2 ZPO sowie § 162 Abs. 3 VwGO.

18 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 17.09.2012 -
BVerwG 7 A 22.11ECLI:DE:BVerwG:2012:170912B7A22.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.09.2012 - 7 A 22.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:170912B7A22.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 A 22.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. September 2012
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt
als Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Beigeladene trägt 13/14 der Gerichtskosten. Der Kläger zu 11 trägt 1/14 der Gerichtskosten sowie je 1/14 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 210 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das Verfahren ist, nachdem es hinsichtlich der Klägerinnen zu 1 bis 3 durch den gerichtlichen Vergleich vom 5. Juli 2012, hinsichtlich des Klägers zu 11 durch Klagerücknahme und hinsichtlich der Kläger zu 12 und 13 durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet worden ist, nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO (in unmittelbarer bzw. in entsprechender Anwendung) einzustellen.

2 Der Kostenentscheidung liegt die von den Beteiligten im Vergleich sowie in der Protokollerklärung im Hinblick auf eine Entscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO festgelegte Kostenverteilung zugrunde, von der allein das Verfahren des Klägers zu 11 nicht erfasst wird; insoweit folgt die Kostenentscheidung aus § 155 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

3 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 17.09.2012 -
BVerwG 7 A 22.11ECLI:DE:BVerwG:2012:170912B7A22.11.1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.09.2012 - 7 A 22.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:170912B7A22.11.1]

Beschluss

BVerwG 7 A 22.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. September 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

Die Verfahren der Kläger zu 4 bis 10 werden abgetrennt und unter dem Aktenzeichen: BVerwG 7 A 28.12 fortgeführt.

Gründe

1 Die Abtrennung der noch nicht erledigten Verfahren beruht auf § 93 Satz 2 VwGO. Danach kann das Gericht anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Über die Trennung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Diese Entscheidung hat sich am Maßstab der Ordnung des Prozessstoffes im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit auszurichten (vgl. Beschluss vom 29. Januar 1998 - BVerwG 8 B 2.98 - Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 17 S. 20 = juris Rn. 3, im Anschluss an BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Juli 1996 - 2 BvR 65/95 u.a. - NJW 1997, 649 <650>). Hiernach drängt es sich auf, bei subjektiver Klagehäufung diejenigen Beteiligten, deren Verfahren bereits in der Sache beendet ist, durch eine Verfahrenstrennung und die nachfolgenden abschließenden (Neben-)Entscheidungen endgültig aus dem Prozessrechtsverhältnis zu entlassen (vgl. etwa Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 5.07 - NVwZ 2009, 50 Rn. 13). Die so geschaffene Klarheit vermeidet auch Missverständnisse bei der Aktenführung. Im vorliegenden Fall ist des Weiteren zu beachten, dass die Erledigung der Verfahren nicht allein durch den Vergleichsabschluss eingetreten ist, sondern bei den Klägern zu 12 und 13 durch übereinstimmende Erledigungserklärungen sowie beim Kläger zu 11 durch die Klagerücknahme. In dieser Hinsicht bedarf es einer konstitutiven Kostenentscheidung. Diese kann wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht nur für einen Teil verbundener Verfahren ergehen.

2 Das Interesse der verbleibenden Kläger an einem möglichst geringen Kostenrisiko tritt demgegenüber zurück. Der auf die einzelnen Kläger entfallende Betrag, der in die Berechnung des Streitwerts einzustellen ist, ändert sich durch eine Verfahrensverbindung oder -trennung nicht. Bei Verbindung der Verfahren kommt den Klägern zwar die degressive Gestaltung der Gebührentabellen zugute. Die Verfahrensbeteiligten können jedoch auch im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutz nicht verlangen, dass das Kostenrisiko möglichst gering gehalten wird (siehe hierzu BVerfG, Beschluss vom 27. März 1980 - 2 BvR 316/80 - BVerfGE 54, 39 <41> sowie BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1981 - BVerwG 4 B 75.81 , 4 B 76.81 - Buchholz 310 § 93 VwGO Nr. 5 <Ls.> = juris Rn. 3). Die anteilige Kostenbelastung sinkt bei gemeinschaftlicher Prozessführung; endet diese, entfällt auch der hieraus resultierende Kostenvorteil.