Beschluss vom 18.12.2002 -
BVerwG 4 B 80.02ECLI:DE:BVerwG:2002:181202B4B80.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.12.2002 - 4 B 80.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:181202B4B80.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 80.02

  • OVG Rheinland-Pfalz - 13.09.2002 - AZ: OVG 12 A 11027/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 176,30 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Weder hat die Sache die behauptete rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weicht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts von den durch die Beschwerde benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, ob eine Gemeinde mit Blick auf die Bestimmung des § 2 Abs. 3 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 4 BauGB sich vertraglich verpflichten darf, die Fortführung des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans zu unterlassen. Die Beschwerde nimmt damit Bezug auf die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Nr. 5 des zwischen den Verfahrensbeteiligten geschlossenen städtebaulichen Vertrags vom 17. Februar 1999. In dieser Vertragsbestimmung heißt es, nach Durchführung des Bebauungsplanverfahrens werde die zur Inkraftsetzung notwendige Bekanntmachung erst dann ausgeführt, wenn alle Grundstückseigentümer ihren Kostenanteil gezahlt hätten. Im Berufungsurteil wird dargelegt, diese Regelung diene einerseits dem Schutz der Klägerin, die nicht bereits aufgrund von Vertragsabschlüssen mit einzelnen Grundstückseigentümern verpflichtet sein sollte, den Bebauungsplan wirksam werden zu lassen. Andererseits bezwecke die Regelung auch den Schutz der vertragschließenden Grundstückseigentümer, weil die Umsetzung der Gesamtmaßnahme von allen Beteiligten davon abhängig gemacht worden sei, dass sämtliche Grundstückseigentümer eine entsprechende Vertragsverpflichtung wie die Beklagten eingehen würden. Gegen diese Vertragsbestimmung habe die Klägerin verstoßen, weil zumindest vier Grundstückseigentümer keinen derartigen Vertrag abgeschlossen und somit ihren Kostenanteil nicht gezahlt hätten.
Vor dem Hintergrund dieser Vertragsauslegung des Tatsachengerichts, an die das Revisionsgericht gebunden ist (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), ist nicht ersichtlich, dass in dem erstrebten Revisionsverfahren weiterführende, über den Einzelfall hinausreichende Aussagen zu dem von der Beschwerde benannten Fragenkreis zu erwarten wären. Dass ein Anspruch auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen nicht besteht und auch durch Vertrag nicht begründet werden kann, ergibt sich aus dem Gesetz (§ 2 Abs. 3 und 4 BauGB). Damit ist klargestellt, dass auch kein Anspruch auf Nicht-Aufstellung oder Nicht-Änderung eines Bauleitplanes besteht (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2000 - BVerwG 4 BN 37.00 - BRS 63 Nr. 33). Mit diesen Grundsätzen setzt sich die Vertragsauslegung des Oberverwaltungsgerichts nicht in Widerspruch. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 und Abs. 4 BauGB zieht die Konsequenzen daraus, dass die Gemeinde bei der Bauleitplanung eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, die ihr im Interesse der Allgemeinheit obliegt (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB). Mit der objektiv-rechtlichen Pflicht zur Bauleitplanung wäre es unvereinbar, wenn sich die Gemeinde vom individuellen Interesse Einzelner anstatt vom Interesse an der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung leiten ließe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 4 B 180.96 - Buchholz 406.11 § 2 BauGB Nr. 39 m.w.N.). Eine derartige mit dem Gesetz nicht in Einklang stehende Zielrichtung hat indessen die fragliche Vertragsbestimmung nach dem Verständnis des Oberverwaltungsgerichts nicht. Vielmehr war die Übernahme eines Teils der Planungskosten und der Kosten eines geologischen Gutachtens durch die Eigentümer des geplanten Wohngebiets für die Klägerin notwendige Voraussetzung für die Aufstellung und Inkraftsetzung des - im Übrigen die Erweiterung des gemeindlichen Friedhofs vorsehenden - Bebauungsplans, weil sie aufgrund ihrer defizitären Haushaltslage die erforderlichen Mittel nicht selbst hätte aufbringen können (vgl. die vom Oberverwaltungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils). Die streitige Vertragsklausel sollte mithin sicherstellen, dass die finanziellen Voraussetzungen für die Durchführung der städtebaulichen Planung vorlagen, ehe der Bebauungsplan in Kraft gesetzt würde. Eine mit § 2 Abs. 3 und Abs. 4 BauGB unvereinbare Einräumung individueller Ansprüche von Grundstückseigentümern lässt sich hingegen der vertraglichen Regelung nicht entnehmen.
Aus den vorangehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die behauptete Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Februar 1980 - BVerwG 4 C 40.77 - NJW 1980, 2538 sowie von dem Beschluss vom 9. Oktober 1996, a.a.O., nicht gegeben ist. In beiden Entscheidungen ist kein abstrakter Rechtssatz aufgestellt, zu dem sich das Berufungsgericht in Widerspruch gesetzt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 2 GKG.