Verfahrensinformation

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in einem hochschulrechtlichen Auswahlverfahren der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein beklagten Freien Universität Berlin.


Die Klägerin ist Sprachwissenschaftlerin und bewarb sich auf eine im Juli 2011 ausgeschriebene W2-Professur im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin. Die zuständige Senatorin des Senats des Landes Berlin erteilte im November 2012 den Ruf an den Erstplatzierten der von der Universität vorgelegten Berufungsliste. Der Antrag der Klägerin, der Universität im Wege der einstweiligen Anordnung die Ernennung des ausgewählten Bewerbers zu untersagen, scheiterte zunächst vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht. Diese Beschlüsse wurden jedoch vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. Januar 2014 (1 BvR 3606/13) aufgehoben; die Sache wurde an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Im Anschluss hieran untersagte das Verwaltungsgericht der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung, die Stelle mit dem ausgewählten Bewerber vor einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin zu besetzen. Das Präsidium der Beklagten brach daraufhin das Stellenbesetzungsverfahren im August 2015 ab. Der dagegen gerichtete Antrag der Klägerin, der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung die Fortsetzung dieses Besetzungsverfahrens aufzugeben, blieb in zwei gerichtlichen Instanzen erfolglos.


Nach dem Abbruch des Auswahlverfahrens stellte die Klägerin ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses um. Anfang Januar 2017 erhob die Klägerin vor dem Landgericht Berlin Klage gegen die Beklagte auf Schadensersatz sowie gegen das Land Berlin auf Schadensersatz im Wege der Amtshaftung.


Vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin letztlich beantragt festzustellen, dass sie für die Besetzung der bei der Beklagten ausgeschriebenen Professur hätte ausgewählt werden müssen, hilfsweise festzustellen, dass die Ablehnung ihrer Bewerbung rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abbruchs des Auswahlverfahrens verpflichtet gewesen sei, über die Bewerbung der Klägerin für die Besetzung der bei ihr ausgeschriebenen Professur für Semitistik (Besoldungsgruppe W2) erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.


Auf die Berufung der Universität hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren gerichtet auf Feststellung, dass die Klägerin für die Besetzung der ausgeschriebenen Professur hätte ausgewählt werden müssen, sei als Fortsetzungsfeststellungsbegehren unzulässig. Denn dieser Antrag gehe über den ursprünglichen Klageantrag der Verpflichtungsklage hinaus, mit dem die Klägerin lediglich eine Neubescheidung ihrer Bewerbung erstrebt habe. Der gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag sei auch deshalb unzulässig, weil der Amtshaftungsanspruch offensichtlich aussichtslos sei. Der Schaden sei ausgeschlossen, wenn der Dienstherr das Auswahlverfahren, wie hier, aus sachlichen Gründen abgebrochen habe.


Beschluss vom 02.05.2018 -
BVerwG 4 B 19.18ECLI:DE:BVerwG:2018:020518B4B19.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.05.2018 - 4 B 19.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:020518B4B19.18.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 19.18

  • VG Berlin - 12.10.2016 - AZ: VG 19 K 368.14
  • OVG Berlin-Brandenburg - 25.01.2018 - AZ: OVG 2 B 18.16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Mai 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 299 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berechnung des von dem Rechtsvorgänger der Klägerin geforderten sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen bemängelt (BA S. 8). Fehlerhaft sei - erstens - die der Festsetzung des Ausgleichsbetrags zugrunde liegende Ermittlung des Anfangswerts des veranlagten Grundstücks (BA S. 10). Einen zu beanstandenden Fehler enthalte die Berechnung des Ausgleichsbetrags - zweitens -, weil der Beklagte bei der Entscheidung, den Endwert auf der Grundlage der Zielbaummethode zu bestimmen, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei (BA S. 13), und - drittens - sei die Begründung für die Heranziehung der Zielbaummethode im Hinblick darauf unvollständig und nicht hinreichend plausibel, dass der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt habe, auf welchen Erkenntnissen der Ansatz eines sanierungsbedingt maximal veränderlichen Lagewertanteils (LVmax) von 25 % beruhe (BA S. 16).

3 Der Beklagte hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob die von den Gerichten anerkannte Wahlfreiheit der Behörden hinsichtlich der Berechnungsmethode für die Ermittlung der durch die Sanierung eintretenden Bodenwertsteigerungen (§ 154 Abs. 1 und 2 BauGB) auch deren einzelne Elemente der gerichtlichen Überprüfung entzieht. Ihm geht es um die Verteidigung der Zielbaummethode, für die er sich in seiner AV Ausgleichsbeträge entschieden hat und die nach seiner Ansicht von den Gerichten nicht in einzelnen Punkten modifiziert werden darf. Der Beklagte macht außerdem geltend, dass das Oberverwaltungsgericht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 - (NVwZ 2005, 449) abgewichen sei, in dem die Anwendung des Zielbaumverfahrens gebilligt worden sei und aus dem sich ergebe, dass auch die Einzelheiten einer gewählten Wertermittlungsmethode in die Entscheidungsbefugnis der Verwaltung gestellt worden seien.

4 Grundsatz- und Divergenzrüge beziehen sich auf die zweite und dritte Begründung der Berufungsentscheidung. Die erste Begründung erfassen die Rügen nicht, weil die Zielbaummethode für die Ermittlung des Anfangswerts keine Rolle gespielt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Ermittlung des Anfangswerts missbilligt, weil der Beklagte hinsichtlich der u.a. wertbestimmenden bauplanungsrechtlich zulässigen Art der Nutzung nicht auf die Rechtslage vor Bekanntwerden der Sanierungsabsicht, sondern auf das Planungsrecht abgestellt habe, das bei Abschluss der Sanierung gegolten habe (BA S. 10). Da der Beklagte diese Begründung nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision angreift, muss seine Beschwerde scheitern. Ist die vorinstanzliche Entscheidung - wie hier - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nämlich nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - ZfBR 2010, 67 = juris Rn. 5).

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.