Beschluss vom 06.05.2020 -
BVerwG 1 B 20.20ECLI:DE:BVerwG:2020:060520B1B20.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.05.2020 - 1 B 20.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:060520B1B20.20.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 20.20

  • VG Würzburg - 28.11.2017 - AZ: VG W 1 K 17.33715
  • VGH München - 14.11.2019 - AZ: VGH 13a B 19.33359

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Mai 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2019 wird verworfen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

1 A. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung - wie sich aus den nachstehenden Gründen ergibt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).

2 B. Die Beschwerde, mit der allein eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht wird, hat keinen Erfolg.

3 1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris).

4 Für die Zulassung der Revision reicht, anders als für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO/§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 <26>), eine Tatsachenfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aus. Die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in Bezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen; auch der Umstand, dass das Ergebnis der zur Feststellung und Würdigung des Tatsachenstoffes berufenen Instanzgerichte für eine Vielzahl von Verfahren von Bedeutung ist, lässt für sich allein nach geltendem Revisionszulassungsrecht eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Gesetzgeber hat insoweit auch für das gerichtliche Asylverfahren an den allgemeinen Grundsätzen des Revisionsrechts festgehalten und für das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis eröffnet, Tatsachen(würdigungs)fragen grundsätzlicher Bedeutung in "Länderleitentscheidungen", wie sie etwa das britische Prozessrecht kennt, zu treffen.

5 2. Nach diesen Grundsätzen ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon nicht dargelegt.

6 Die Beschwerde hält insbesondere die Frage für klärungsbedürftig,
"ob aufgrund der gegenwärtigen Sicherheitslage und Gefahrensituation (auch angesichts der gegenwärtigen Corona Krise) junge Afghanen, die über kein familiäres Netzwerk verfügen und im Iran aufgewachsen sind, ein Bleiberecht im Bundesgebiet aufgrund eines Abschiebehindernisses gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG beanspruchen können".

7 Sie macht unter anderem die veränderte - sich zudem ständig ändernde - Gefahrenlage in Afghanistan und die persönliche Situation des Klägers geltend, der Afghanistan im Alter von zwei Jahren verlassen habe und im Iran aufgewachsen sei, in Afghanistan keine Verwandten oder sonstige familiäre Netzwerke habe, bei Rückkehr dort als Fremder angesehen werde und in ein Land zurückzukehren habe, in dem die medizinischen Möglichkeiten nicht ausreichten, um die Corona-Krise zu bewältigen. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen wird eine grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt, weil keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Hinblick auf den für die materiellrechtliche Subsumtion sowie für die Tatsachenfeststellung und -würdigung heranzuziehenden rechtlichen Maßstab dargelegt ist.

8 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.