Beschluss vom 10.10.2019 -
BVerwG 9 B 32.19ECLI:DE:BVerwG:2019:101019B9B32.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.10.2019 - 9 B 32.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:101019B9B32.19.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 32.19

  • OVG Koblenz - 10.04.2019 - AZ: OVG 9 C 11259/18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Oktober 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland vom 10. April 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil das angefochtene Urteil auf einer Abweichung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO beruht. Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Der Hinweis auf eine vermeintlich fehlerhafte Anwendung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung formulierten Rechtssätze genügt den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dagegen nicht (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 20 Rn. 13 m.w.N.). Daran gemessen zeigt die Beschwerde die behauptete Divergenz nicht auf.

3 Sie entnimmt dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1979 - 2 BvK 1/78 - (BVerfGE 52, 95 <117>) zutreffend den Rechtssatz, dass gesetzliche Änderungen der kommunalen Selbstverwaltung, die in der Linie einer vernünftigen Fortentwicklung des überkommenden Systems liegen, zulässig sind, wenn sie nicht zur Aushöhlung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden führen. Ferner entnimmt sie dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 1987 - 2 BvL 16/84 - (BVerfGE 77, 288 <303>) den Rechtssatz, dass § 147 Abs. 2 BBauG - die Vorgängerregelung des heutigen § 203 Abs. 2 BauGB - es ermöglicht, diejenigen Gemeinden, die wegen ihrer zu geringen Verwaltungskraft zur sachgerechten Durchführung der Bauleitplanung nicht in der Lage sind, von dieser Aufgabe zu entlasten.

4 Die Beschwerde zeigt aber nicht auf, dass das Flurbereinigungsgericht einen davon abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Vielmehr macht sie geltend, dass das Flurbereinigungsgericht die vorgenannten Rechtssätze fehlerhaft angewandt hat. Dies ergibt sich bereits aus den Formulierungen "Im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (...) steht die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts in ihren Folgerungen (...)" bzw. "Die Schlussfolgerung des Senates (...) ist nicht zutreffend und entspricht nicht dem zugrunde liegenden Sachverhalt" (Beschwerdebegründung S. 3 und 4 f.). In der Sache steht die Beschwerde auf dem Standpunkt, dass sich aus der 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Verbandsgemeinde A. - Teilbereich Windenergie - insbesondere mit Blick auf die geplante Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans der Planungsgemeinschaft Region T. für den Bereich der Gemarkung L. andere - für die Kläger günstigere - Folgerungen in Bezug auf die Zulässigkeit der Errichtung von Windenergieanlagen ergeben, als es das Flurbereinigungsgericht in seinem Urteil (vgl. UA S. 9 f.) annimmt. Damit kann indes keine Divergenzrüge begründet werden.

5 2. Die Beschwerde stützt sich des Weiteren auf den Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ohne einen solchen jedoch genauer zu bezeichnen. Soweit sie - wie oben bereits erwähnt - die Schlussfolgerungen des Senats aus der 3. Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Verbandsgemeinde A. rügt, wendet sie sich gegen die materielle Rechtsauffassung des Gerichts, macht aber keinen Verfahrensfehler geltend.

6 3. Soweit die Beschwerde sich schließlich auch auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stützt (vgl. Beschwerdebegründung S. 1), verfehlt sie die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn sie benennt keine konkrete fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts.

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Beschluss vom 10.12.2019 -
BVerwG 9 B 59.19ECLI:DE:BVerwG:2019:101219B9B59.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.12.2019 - 9 B 59.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:101219B9B59.19.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 59.19

  • OVG Koblenz - 10.04.2019 - AZ: OVG 9 C 11259/18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Dezember 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2019 - 9 B 32.19 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör ist nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Entscheidungserheblich ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne den Gehörsverstoß zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. April 1982 - 2 BvR 873/81 - BVerfGE 60, 313 <318> und vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765/89, 1 BvR 766/89 - BVerfGE 89, 381 <392 f.>). Danach fehlt es hier an der Entscheidungserheblichkeit.

2 1. Dass die Berücksichtigung der Ausführungen der Kläger zur Beschwerdeerwiderung, der Beklagte verschweige, dass der Altbesitz des Klägers zu 1 im rechtskräftigen Flächennutzungsplan anders als der Neubesitz als Potenzialfläche für die Windkraftnutzung ausgewiesen sei, zu einer anderen Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde hätte führen können, ist ausgeschlossen.

3 Das Vorbringen bekräftigt lediglich die entsprechenden Darlegungen in der Beschwerdebegründung, mit denen die Kläger geltend machen, das Berufungsgericht habe zu Unrecht ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Einlage und Abfindung sowie einen unzumutbaren Eingriff in die bisherige Betriebsstruktur als Voraussetzung für die Ermessensfehlerhaftigkeit der vorläufigen Besitzeinweisung verneint. Auch das Vorbringen in der Anhörungsrüge beschränkt sich damit auf die Darlegung einer fehlerhaften Rechtsanwendung, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung von Divergenz- und Grundsatzrügen nicht genügt (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 20 Rn. 13). Dementsprechend hat der Senat im angefochtenen Beschluss vom 10. Oktober 2019 die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) abgelehnt und hätte auch unter Berücksichtigung der Äußerungen in der Anhörungsrüge nicht zu einem anderen Ergebnis gelangen können.

4 Soweit die Kläger in der Anhörungsrüge außerdem darauf hinweisen, dass entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung ein Widerspruchsverfahren gegen den Flurbereinigungsplan nicht anhängig sei, weil dieser noch nicht existiere, fehlt es an den erforderlichen Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit des Gehörsverstoßes (§ 152a Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

5 2. Ausgeschlossen ist es auch, dass der Senat ohne den etwaigen Gehörsverstoß zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, soweit die Kläger aus der Beschwerdeerwiderung Verfahrensmängel des Berufungsurteils ableiten.

6 Einen Verfahrensfehler sehen sie in einem den Tatsachen nicht entsprechenden Tatbestand, weil, wie der Beklagte in der Beschwerdeerwiderung eingeräumt habe, ein Widerspruch gegen die Wertermittlung anhängig sei und deshalb das Urteil des Flurbereinigungsgerichts von einem unzutreffenden Tatbestand ausgehe. Außerdem halten sie die Besetzung des Flurbereinigungsgerichts für fehlerhaft, weil dessen Vorsitzender auch Vorsitzender des Senats des Oberverwaltungsgerichts gewesen sei, der im Normenkontrollverfahren über den Flächennutzungsplan entschieden habe, auf den sich der Beklagte in der Beschwerdeerwiderung berufe. Auch wenn diese Rügen in einer etwaigen Replik enthalten und deshalb zu erwägen gewesen wären, hätte das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht zu einer anderen Entscheidung gelangen können. Denn im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Prüfungsrahmen auf die gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt (BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 1 B 24.09 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 10 Rn. 4). Die außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist erstmals in der Anhörungsrüge vorgebrachten Verfahrensrügen hätten deshalb in der angegriffenen Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugunsten der Kläger berücksichtigt werden dürfen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.