Verfahrensinformation

Der Kläger ist Journalist und verfolgt mit den vorliegenden Klagen Akteneinsichts- und Auskunftsansprüche gegen den Bundesnachrichtendienst (BND). Er begehrt nähere Informationen zu einer möglichen Zusammenarbeit des BND oder dessen Vorläuferin, der „Organisation Gehlen“, mit dem Kauka-Verlag und einzelnen dort tätigen Personen.


Der BND hat dem Kläger vorprozessual nur in eingeschränktem Umfang Einsicht in die antragsgegenständlichen Akten gewährt und die Fragen des Klägers nur teilweise beantwortet. Im Übrigen macht der BND geltend, weitergehenden archivrechtlichen Nutzungs- und presserechtlichen Auskunftsansprüchen stünden zwingende Gründe des nachrichtendienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie des Schutzes der Identität der beim BND beschäftigten Personen entgegen.


In den Verfahren, die in die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fallen, wird v.a. zu klären sein, ob der BND auch für weit in der Vergangenheit liegende Geschehnisse unter Verweis darauf, dass die Vorgänge in den operativen Bereich seiner Aufgabenerfüllung fielen, ohne nähere Darlegung gegenüber der Presse Auskünfte verweigern kann und in welchem Umfang er für die Frage, ob Unterlagen infolge ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit von einer Anbietungspflicht nach dem Bundesarchivgesetz ausgeschlossen sind, darlegungspflichtig ist.


Beschluss vom 13.01.2021 -
BVerwG 6 A 9.19ECLI:DE:BVerwG:2021:130121B6A9.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.01.2021 - 6 A 9.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:130121B6A9.19.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 9.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Januar 2021
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Steiner als Berichterstatterin gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Großen Senats in den Verfahren 6 A 14.19 und 6 A 3.20 ausgesetzt.

Gründe

1 1. Der Kläger ist Journalist und verfolgt mit seiner Klage Auskunftsansprüche gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) zum Thema einer Zusammenarbeit der Organisation Gehlen bzw. des BND mit persönlichen Freunden des späteren BND-Präsidenten Gerhard W. am Beispiel von Rolf bzw. Paul Rudolf K. und Dr. Norbert P. sowie die Nutzung des K.-Verlags als Abdeckung für den BND.

2 Der BND bestätigte gegenüber dem Kläger ein enges freundschaftliches Verhältnis zwischen Gerhard W. und Rolf K., lehnte eine weitere Auskunftserteilung aber zur Wahrung seiner künftigen Arbeitsfähigkeit ab. Über operative Vorgänge im Bereich des BND könne grundsätzlich keine Auskunft erteilt werden. Im Übrigen komme dem öffentlichen Geheimhaltungsinteresse auch in Ansehung des Zeitablaufs weiterhin Vorrang vor dem Informationsinteresse des Klägers zu. Die Beklagte verweist im Rahmen des vom Kläger gleichfalls angestrengten archivrechtlichen Nutzungsbegehrens (6 A 11.19 ) unter anderem darauf, dass die Erteilung der Auskunft zur Offenlegung heute noch schützenswerter nachrichtendienstlicher Methodik des BND im Medienbereich und zur Enttarnung von Quellen führen könne, deren Geheimhaltung weiterhin aus Staatswohlgründen geboten sei. Für eine in den Unterlagen zentrale ausländische Quelle lasse sich mit zumutbaren Mitteln nicht aufklären, ob sie noch lebe. Diese Quelle habe möglicherweise erst kürzlich ihren 90. Geburtstag gefeiert. Auch die als Quelle in Betracht kommende Person Rolf K. ist nach den Angaben der Beteiligten noch keine 30 Jahre verstorben.

3 2. Die Aussetzung, über die nach Anhörung der Beteiligten durch die Berichterstatterin zu entscheiden ist, § 87a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 VwGO, beruht auf einer analogen Anwendung des § 94 VwGO.

4 Zwar hängt die Entscheidung des Rechtsstreits nicht, wie es der Wortlaut des § 94 VwGO voraussetzt, von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Als vorgreiflich erweist sich aber die Beantwortung der Rechtsfrage zur Reichweite des im Staatswohlinteresse begründeten (postmortalen) Quellenschutzes, die der Senat mit Beschlüssen vom 3. Dezember 2020 in den Verfahren - 6 A 14.19 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2020:​031220B6A14.19.0] - und - 6 A 3.20 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2020:​031220B6A3.20.0] - dem Großen Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Fachsenats zu § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2018 - 20 F 15.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2018:​241018B20F15.16.0] - BVerwGE 163, 271 und vom 4. November 2020 - 20 AV 1.20 und 2.20 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2020:​041120B20AV1.20.0] - juris) zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Frage, ob Gründe des Staatswohls es rechtfertigen, den Schutz der Identität nachrichtendienstlicher Informanten bei vor Jahrzehnten abgeschlossenen Vorgängen regelhaft auf einen Zeitraum von etwa 30 Jahren über deren Tod hinaus zu erstrecken, wenn solche Personen nicht zum Kreis von NS-Tätern gehören oder selbst keine schweren, insbesondere terroristischen Straftaten begangen haben, stellt sich auch im vorliegenden Verfahren im Rahmen der von der Beklagten in Ansehung des bereits verstrichenen Zeitraums zu erfüllenden Darlegungsanforderungen (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 30. Januar 2019 - 6 A 1.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​300119U6A1.17.0] - BVerwGE 164, 269 Rn. 42 und 52 und vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2019:​180919U6A7.18.0] - BVerwGE 166, 303 Rn. 20). Käme die Rechtsprechung des Fachsenats zur Anwendung, so wären vorliegend die Darlegungsanforderungen für ein überwiegendes Geheimschutzinteresse auch ohne die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats erforderlichen zusätzlichen Anhaltspunkte für konkret befürchtete Nachteile erfüllt. Es erscheint auch denkbar, dass infolge des geltend gemachten mosaikartigen Kontextes der operativen Unterlagen und den dort aufscheinenden personellen und inhaltlichen Verflechtungen im Medienbereich eine vollständige Auskunftsverweigerung zum Schutz der Quelle in Betracht käme. Auch eine Informantentätigkeit des Herrn Rolf K., dessen Tod noch keine 30 Jahre zurückliegt, kommt in Betracht. Der Senat hätte daher zur Prüfung der inhaltlichen Berechtigung der Geheimschutzinteressen und zum Abwägen der gegenläufigen Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen die Unterlagen anzufordern.

5 Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles hält es der Senat daher für zulässig und sachgerecht, den Rechtsstreit zur Vermeidung einer (weiteren) Entscheidung des Großen Senats in analoger Anwendung des § 94 VwGO auszusetzen. Ohne eine Aussetzung wäre im vorliegenden Verfahren eine neuerliche und zusätzliche Anrufung des Großen Senats erforderlich, die diesen belastete, ohne dass davon ein Erkenntnisgewinn zu erwarten wäre. Unter diesen Umständen steht der der Vorschrift des § 94 VwGO zugrundeliegende Grundsatz der Prozessökonomie einer weiteren Vorlage entgegen (so bereits BVerwG, Beschluss vom 15. März 2007 - 6 C 20.06 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2007:​150307B6C20.06.0] - juris).

Beschluss vom 31.03.2022 -
BVerwG 6 A 9.21ECLI:DE:BVerwG:2022:310322B6A9.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.03.2022 - 6 A 9.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:310322B6A9.21.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 9.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Dr. Tegethoff sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp und Hellmann
beschlossen:

Der Beweisbeschluss vom 28. Mai 2020 wird aufgehoben.

Gründe

1 Der Beweisbeschluss vom 28. Mai 2020 wird nach Anhörung der Beteiligten aufgehoben, weil der Senat die in ihm angeordnete Zeugeneinvernahme des Leiters des Archivs des Bundesnachrichtendienstes nicht mehr für erforderlich erachtet. Eine Bindung des Senats an den Beweisbeschluss vom 28. Mai 2020 besteht insoweit nicht. Vielmehr kann auf eine noch nicht durchgeführte Beweisaufnahme verzichtet, ein noch nicht erledigter Beweisbeschluss kann wieder aufgehoben werden. Das Tatsachengericht, das Art und Umfang der Beweisaufnahme grundsätzlich nach seinem Ermessen bestimmt, kann von der vorgesehenen Beweisaufnahme absehen, wenn es im Laufe des Verfahrens zu einer anderen Beurteilung gelangt, welche die Beweisaufnahme nicht mehr als geboten oder möglich erscheinen lässt. Erforderlich ist lediglich, dass dies den Beteiligten - wie hier geschehen - rechtzeitig mitgeteilt und ihnen Gelegenheit gegeben wird, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. November 1963 - 4 C 125.63 - BVerwGE 17, 172 <173> und vom 9. März 1984 - 8 C 97.83 - BVerwGE 69, 70 Rn. 29 sowie Beschlüsse vom 26. August 1980 - 3 B 15.80 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 128 S. 31 und vom 5. November 2001 - 7 B 56.01 - juris Rn. 8). Auf eine Zustimmung beider oder eines Beteiligten gemäß § 360 Satz 2 ZPO kommt es nicht an. Diese Norm ist im Verwaltungsprozessrecht nicht anwendbar (BVerwG, Beschluss vom 25. September 1975 - 5 B 9.75 - Buchholz 427.3 § 360 LAG Nr. 52 S. 7; OVG Münster, Beschluss vom 16. März 2010 - 6 A 1137/08 - juris Rn. 46 ff.; a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. November 2018 - OVG 5 N 4.16 - juris Rn. 12, 15) und betrifft ohnehin nur die Änderung, nicht aber die Aufhebung eines Beweisbeschlusses (vgl. Heinrich, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 360 Rn. 3 und Bach, in: BeckOK ZPO, Stand 1. März 2022, § 360 Rn. 2).

2 Im Hinblick auf die Erklärung der Beklagten, in den Aufbewahrungseinheiten mit den anfragegegenständlichen Signaturen zwischenzeitlich fünf Fundstellen zur Person P. gefunden zu haben, erachtet der Senat die Zeugeneinvernahme des Leiters des Archivs des Bundesnachrichtendienstes dazu, dass entsprechende Unterlagen vorhanden sind, nicht mehr für erforderlich. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass in den 1723 anfragegegenständlichen Unterlagen in einem mehrstufigen Prüfungs- und Bearbeitungsprozess durch mehr als vier Bewertungsebenen von unterschiedlichen Personen insgesamt fünf Fundstellen identifiziert worden seien, die sich zur Person P. verhielten (S. 211 in der Signatur 1559, S. 285 in der Signatur 20975, S. 021 und S. 155 in der Signatur 28149 sowie S. 285 in der Signatur 401307). Die Tatsache, dass es bei dem Bundesnachrichtendienst derartige Unterlagen gibt, ist damit inzwischen erwiesen, vgl. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 StPO. Dieser Einschätzung haben sich die Verfahrensbeteiligten in ihren Schriftsätzen vom 11. und 24. März 2022 inhaltlich angeschlossen.

3 Mit der Aufhebung des Beweisbeschlusses wird der auf Vernehmung des Leiters des Referats Archivwesen gerichtete Beweisantrag des Klägers vom 27. Mai 2020 abgelehnt.

Beschluss vom 10.05.2022 -
BVerwG 6 A 9.21ECLI:DE:BVerwG:2022:100522B6A9.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.05.2022 - 6 A 9.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:100522B6A9.21.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 9.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Mai 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp und Hellmann
beschlossen:

  1. Der Beklagten wird aufgegeben, dem Senat die nachfolgend aufgeführten, bei dem Bundesnachrichtendienst den Aufbewahrungseinheiten mit den angegebenen Signaturen zugeordneten Unterlagen ungeschwärzt vorzulegen:
  2. Signatur 1522: Seite 74,
  3. Signatur 3283: Seiten 2 und 16
  4. sowie
  5. die Signaturen 1559, 401307, 401308, 28149 und 20975: vollständig.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Journalist. Mit Email vom 4. September 2018 beantragte er beim Bundesnachrichtendienst die Beantwortung von fünf Fragen zu einer etwaigen Zusammenarbeit dieser Behörde mit R.K. bzw. P.K. und dem K.-Verlag sowie zu einem möglichen Einfluss von P. hierauf. Der archivrechtliche Nutzungsanspruch, den der Kläger zu diesem Thema am selben Tag anbrachte und gesondert verfolgt, ist Gegenstand des Verfahrens 6 A 10.21 .

2 Der Bundesnachrichtendienst informierte den Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 darüber, dass die Bearbeitung seiner archivrechtlichen Anfrage noch andauere. Ungeachtet dessen könne ein enges freundschaftliches Verhältnis zwischen R.K. bzw. P.K. und dem ehemaligen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes W. seit den fünfziger Jahren bestätigt werden. Die beiden Familien seien zusammen in den Sommerurlaub gefahren und hätten gemeinsam Silvester gefeiert. Einige Unterlagen könnten allerdings aus Gründen des Staatswohls nicht zur Nutzung angeboten werden. Die Recherche zu P. habe im Übrigen zu keinem Ergebnis geführt.

3 Auf sein archivrechtliches Nutzungsbegehren stellte der Bundesnachrichtendienst dem Kläger teilgeschwärzte Reproduktionen der anfragegegenständlichen Dokumente aus den Signaturen 1522_OT, N 1/32_OT sowie N 1/33_OT zur Nutzung zur Verfügung (OT: offener Teil) und teilte mit, dass sich zwar auch die weiteren Signaturen 1559, 3283 und 20975 teilweise auf die klägerische Anfrage beziehen, jedoch nicht offengelegt werden könnten, da insoweit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 BArchG erfüllt seien. Zugleich verwies die Behörde erneut darauf, dass es in den bisher erschlossenen Altunterlagen keine Fundstelle zu P. gebe. Mit dem gegen die teilweise Versagung des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs erhobenen Widerspruch erinnerte der Kläger an die ausstehende Beantwortung seiner presserechtlichen Fragen. Daraufhin erklärte der Bundesnachrichtendienst mit Schreiben vom 28. Mai 2019, angenommen zu haben, dass die presserechtlichen Fragen bereits mit dem Antwortschreiben vom 18. Dezember 2018 beantwortet worden seien. Zu P. habe man unverändert nichts finden können. Die vom Kläger vermutete Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes könne weder für die Person K. noch für den K.-Verlag bestätigt werden, ebenso wenig eine Einwirkung des Dienstes auf die Ausgestaltung der publizistischen Erzeugnisse des Verlags. Das langjährige freundschaftliche Verhältnis der Familien K. und W. werde aus den dem Kläger bereits übersandten Unterlagen deutlich. Es sei möglich, dass weitere private Bezüge im Altbestand existierten, dies sei bislang aber nicht systematisch recherchierbar.

4 Bereits am 22. Mai 2019 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein presserechtliches Auskunftsbegehren weiterverfolgt. Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Sie hat im Verfahren vier weitere Aufbewahrungseinheiten als anfragegegenständlich bezeichnet und auch die Offenlegung ihres Inhalts unter Hinweis auf entgegenstehende gewichtige Gründe des Staatswohls verweigert (401307 und 401308 [Reproduktionen des Mikrofiches 123156], 28149 [Reproduktion des Mikrofiches V-7354] sowie N 1/130). Ferner hat die Beklagte klargestellt, dass sich in der Signatur 3283 lediglich die Seiten 2 und 16, in N 1/130 allein die Seiten 13, 27v-30v und 32 auf den Antrag des Klägers beziehen.

5 Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger an seinem Klageantrag festgehalten und beantragt, Beweis zu erheben durch Vernehmung des Leiters des Referats Archivwesen bei dem Bundesnachrichtendienst als Zeugen zu der Tatsache, dass Unterlagen bezüglich der Rolle von P. bei der Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit dem K.-Verlag oder mit der Person K. vorhanden seien. Den daraufhin antragsgemäß ergangenen Beweisbeschluss vom 28. Mai 2020 hat der Senat in der Folge mit Beschluss vom 31. März 2022 wieder aufgehoben, nachdem der Bundesnachrichtendienst zwischenzeitlich bei der händischen Durchsicht insgesamt fünf Fundstellen zu P. identifiziert hatte (S. 211 in der Signatur 1559, S. 285 in der Signatur 20975, S. 21 und 155 in der Signatur 28149 sowie S. 285 in der Signatur 401307).

6 Die Berichterstatterin hat das Verfahren mit Beschluss vom 13. Januar 2021 bis zur Entscheidung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts in den Verfahren 6 A 14.19 und 6 A 3.20 ausgesetzt. Nach Erlass der vorgreiflichen Entscheidungen des Großen Senats vom 13. April 2021 wurde das Verfahren fortgeführt und die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2021 gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgefordert, dem Gericht die Signaturen 1559, 401307, 401308, 28149 und 20975, aus der Signatur 3283 die Seiten 2 und 16, aus der Signatur N 1/130 die Seiten 13, 27v-30v und 32 sowie aus der Signatur 1522 die Seiten 74 und 78 ungeschwärzt vorzulegen oder eine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abzugeben. Nach der Mitteilung der Beklagten, dass sich die Signatur N 1/130 doch nicht - wie zunächst angenommen - auf die Anfrage des Klägers bezieht, hat dieser sein Auskunftsbegehren insoweit beschränkt. Die Beklagte hat dem Kläger außerdem die Seite 78 der Signatur 1522_OT ohne Schwärzungen überlassen. Im Übrigen hat das Bundeskanzleramt mit Schreiben vom 28. September 2021 die ungeschwärzte Vorlage der Unterlagen verweigert und eine Sperrerklärung abgegeben. Der Kläger hält den Vortrag zur Verweigerung der Vorlage der angeforderten Unterlagen für nicht hinreichend substantiiert, hat jedoch unter dem 4. November 2021 vorsorglich die Durchführung eines In-camera-Verfahrens beantragt. Außerdem hat er seinen Auskunftsanspruch zuletzt auch dahingehend beschränkt, dass er sich nicht mehr auf die Teilschwärzungen in den Signaturen N 1/32_OT und N 1/33_OT erstreckt.

II

7 Der Beklagten ist die Vorlage der Unterlagen, die bei dem Bundesnachrichtendienst unter den im Tenor des Beschlusses bezeichneten Signaturen erfasst werden, klarstellungshalber gemäß § 86 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben. Der Senat macht sich hierbei die Aktenanforderung der Berichterstatterin vom 30. Juni 2021 zu eigen. Er muss die Unterlagen unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten prüfen, um über den presserechtlichen Auskunftsanspruch des Klägers entscheiden zu können.

8 Die auf Erteilung einer Auskunft gerichtete Klage ist zulässig. Ob sie begründet ist und dem Kläger als Presseangehörigem der auf der Grundlage des Grundrechts der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) geltend gemachte Anspruch auf die Beantwortung seiner fünf im Einzelnen ausformulierten Fragen zusteht, hängt davon ab, ob die entsprechenden Informationen bei der Behörde vorhanden sind (dazu 1.) und schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen oder Privater an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen (hierzu 2.). Unter diesen Voraussetzungen verleiht das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG den Presseangehörigen in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden, soweit auf diese die Landespressegesetze mit den in ihnen enthaltenen Auskunftsanspruchsnormen wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes keine Anwendung finden (BVerwG, Urteile vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - BVerwGE 154, 222 Rn. 13 sowie vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 13, jeweils m.w.N.). Davon, dass die auf Gewinnung von Informationen zur Rolle des P. abzielende Frage 2 mit den Schreiben des Bundesnachrichtendienstes vom 18. Dezember 2018 sowie vom 28. Mai 2019 bereits hinreichend beantwortet, mithin insoweit Erfüllung eingetreten sei, wie die Beklagte zu Beginn des Verfahrens noch eingewandt hat, kann keine Rede mehr sein. Denn der Bundesnachrichtendienst hat zwischenzeitlich fünf Fundstellen zu dieser Person in den in Rede stehenden Unterlagen ausgemacht, deren Inhalt indessen nicht vollständig offengelegt.

9 1. Die für die Beantwortung der gestellten Fragen erforderlichen Informationen sind, was zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig ist, in den Aufbewahrungseinheiten mit den im Tenor genannten Signaturen enthalten.

10 2. Ob der vom Kläger begehrten Auskunftserteilung berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegenstehen, kann allein durch eine Einsichtnahme in die Unterlagen geklärt werden. Bei der Entscheidung hierüber bedarf es einer Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall, bei der eine Bewertung des Informationsinteresses grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Entscheidend ist vielmehr, ob diesem schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, dass sie den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen. Eine Bereichsausnahme des Auskunftsanspruchs zugunsten des Bundesnachrichtendienstes gibt es nicht (zuletzt ausführlich BVerwG, Urteil vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 13 ff. m.w.N.). Die gebotene Abwägung lässt sich nur nach Einsichtnahme in die vollständigen und ungeschwärzten Akten vornehmen. Denn allein auf der Grundlage der Angaben der Beklagten im Klageverfahren kann der Senat weder zu dem Ergebnis gelangen, dass hinsichtlich bestimmter Informationen schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht vorliegen, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließen, noch dass das Gegenteil der Fall ist.

11 Auf Seiten der Beklagten ist hierbei die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste als ein Erfordernis des Staatswohls in die Abwägung einzustellen, das ein dem Informationsinteresse des Klägers gegenläufiges schutzwürdiges Interesse darstellt. Als überwiegendes öffentliches Interesse bildet das Wohl des Staates die allgemeine Begrenzung des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse. Es findet nach der Rechtsprechung des Senats - umschrieben als Sicherung der Erfüllung der in § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG benannten Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes - spezielle Ausprägungen in dem Schutz der operativen Vorgänge des Dienstes, dem Schutz seiner Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten, dem Schutz seiner Arbeitsweise und Methodik, dem Schutz seiner Mitarbeiter vor Enttarnung sowie in dem nachrichtendienstlichen Quellenschutz (BVerwG, Urteil vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 19 m.w.N.).

12 Anknüpfend an die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 13. Januar 2022 - 6 A 10.21 - im archivrechtlichen Parallelverfahren der Beteiligten erscheint es nicht ausgeschlossen, dass jedenfalls der aus Gründen des Staatswohls gebotene Schutz der nachrichtendienstlichen Arbeitsweise und Methodik das Informationsinteresse überwiegt, obschon es sich um lange Zeit zurückliegende operative Vorgänge handelt (zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urteil vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 - BVerwGE 166, 303 Rn. 20). Dies betrifft Informationen auf den Seiten 2 und 16 der Signatur 3283 sowie in den Signaturen 1559, 401307, 401308, 28149 und 20975. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus dem hinreichend substantiierten Vortrag der Beklagten sowie dem Gesamtergebnis des bisherigen Verfahrens und werden durch die vom Kläger erhobenen Einwände nicht in Zweifel gezogen (ausführlich zum parallelen archivrechtlichen Nutzungsanspruch des Klägers und der Substantiierungspflicht bei der Geltendmachung von Hinderungsgründen: BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2022 - 6 A 10.21 - juris Rn. 14, 17 f.). Denn sämtliche Fragen des Klägers zielen im Kern darauf ab, eine vermutete Einflussnahme des Bundesnachrichtendienstes ("Zusammenarbeit") auf den K.-Verlag und dessen publizistische Produkte aufzuklären, in deren Rahmen der Kläger sogar von einer Beschäftigung einzelner Mitarbeiter dieser Behörde im Verlag sowie von konkreten Tätigkeiten des Bundesnachrichtendienstes in den Räumen und unter der Legende des Verlags ausgeht. Ein Bezug der Fragen zur - ausweislich des Vortrags der Beklagten - unverändert aktuellen und alternativlosen nachrichtendienstlichen Arbeitsweise und Methodik liegt damit gleichsam auf der Hand. Die Abwägung des öffentlichen Interesses an der effektiven Wahrnehmung der dem Bundesnachrichtendienst zugewiesenen Aufgaben mit dem Interesse des Klägers an der Beantwortung seiner fünf Fragen erfordert die Kenntnis der in den Unterlagen enthaltenen Informationen.

13 In Bezug auf die Seite 74 der Signatur 1522_OT gilt im Ergebnis nichts Anderes, auch wenn es insoweit um den Schutz der nachrichtendienstlichen Quellen geht. Ob der mittelbare Schutz einer mutmaßlich noch lebenden nachrichtendienstlichen Verbindung (Sperrerklärung S. 10) bzw. der Schutz mindestens einer nachrichtendienstlichen Verbindung, bei der 30 Jahre seit ihrem Tod noch nicht vergangen sind (Sperrerklärung S. 11) - bei der gebotenen Abwägung das Informationsinteresse der Presse überwiegt, lässt sich erst nach einer Einsicht in das Dokument feststellen.

14 Offenbleiben kann, ob daneben auch andere Gründe des Staatswohls - namentlich der Schutz der Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes vor Enttarnung sowie der nachrichtendienstliche Quellenschutz -, auf die sich die Beklagte ebenfalls beruft, gleichermaßen hinreichend substantiiert vorgetragen worden sind (vgl. zu den Anforderungen im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 BArchG: BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 - 6 A 1.17 - BVerwGE 164, 269 Rn. 40 ff.).