Beschluss vom 16.02.2021 -
BVerwG 5 B 5.21ECLI:DE:BVerwG:2021:160221B5B5.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.02.2021 - 5 B 5.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:160221B5B5.21.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 5.21

  • VG Chemnitz - 07.08.2019 - AZ: VG 1 K 275/17
  • OVG Bautzen - 12.11.2020 - AZ: OVG 3 A 1020/19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. November 2020 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1 Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2012 - 5 B 58.11 - juris Rn. 2 und vom 12. März 2018 - 5 B 26.17 D - juris Rn. 3 m.w.N.). Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Revision rechtlich Bedeutung haben könnten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2019 - 5 B 40.18 - juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird die Beschwerde nicht gerecht.

4 a) Sie genügt den Darlegungsanforderungen schon insofern nicht, als sie es versäumt, eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu formulieren, die sich im Revisionsverfahren klären ließe und dort bejahend oder verneinend beantwortet werden könnte. Weder aus den Ausführungen der Beschwerde, "Gegenstand der Klärung" sei "die Frage einer Gleichbehandlung", noch aus ihrem Hinweis, die "Fragen von Rückforderung bei zuvor gewährten BAföG-Leistungen werden nach § 45 SGB X oder § 20 BAföG behandelt", lässt sich eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage entnehmen.

5 b) Die Beschwerde genügt den Darlegungsanforderungen auch dann nicht, wenn unter Berücksichtigung ihrer weiteren Begründung davon auszugehen sein sollte, dass es ihr um die Beantwortung der Frage geht, ob eine Rückforderung von Ausbildungsförderung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG nur dann zulässig ist, wenn "der Auszubildende fahrlässig oder vorsätzlich falsch Angaben gemacht" hat bzw. ob dies unter Einbeziehung der §§ 44 bis 50 SGB X zu beurteilen ist.

6 Dazu hat das Oberverwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung unter zutreffendem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, es sei geklärt, dass der Rückforderungsanspruch in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG ohne Verletzung von Verfassungsrecht und den Grundsätzen des Vertrauensschutzes eine eigenständige und in sich abgeschlossene Anspruchsgrundlage darstellt, die als speziellere Regelung den §§ 44 bis 50 SGB X vorgeht und lediglich objektiv voraussetzt, dass der Auszubildende im Bewilligungszeitraum Einkommen erzielt und die Behörde dieses Einkommen bei der Bewilligung der Ausbildungsförderung nicht berücksichtigt hat. Das gilt auch dann, wenn von Anfang an unzutreffend ein zu niedriges Einkommen angesetzt worden ist. Dabei ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob der Auszubildende oder die Behörde dies zu vertreten haben (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Oktober 1981 - 5 C 61.79 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 14, vom 17. September 1987 - 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <104 f.> und vom 8. Juni 1989 - 5 C 38.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 31 m.w.N.). Ferner verweist das Oberverwaltungsgericht darauf, dass andere Oberverwaltungsgerichte dieser Rechtsansicht bisher übereinstimmend in ständiger Rechtsprechung gefolgt seien (vgl. z.B. VGH München, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 12 ZB 13.780 - juris Rn. 8; VGH Mannheim, Urteil vom 30. April 2015 - 12 S 1871/14 - juris Rn. 28 ff.; OVG Münster, Beschlüsse vom 26. April 2017 - 12 E 1041/16 - juris Rn. 5 f. und vom 21. Mai 2019 - 12 E 513/18 - juris Rn. 6 ff., jeweils m.w.N.).

7 Die vorgenannte Rechtsprechung und die dort angeführten Begründungen nimmt die Beschwerde weder zur Kenntnis noch setzt sie sich damit der Sache nach in einer Weise auseinander, die eine weiter bestehende oder erneute Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage hinreichend untermauern könnte. Aus dem von der Beschwerde ausdrücklich in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 1987 - 5 C 26.84 - (BVerwGE 78, 101 <104 f.>) folgt nichts, was die vorgenannte Rechtsprechung in Frage stellen könnte. Im Gegenteil hat der Senat dort bereits unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 24. September 1981 - 5 C 87.79 - (Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 13) entschieden, dass die §§ 44 bis 50 SGB X in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BAföG grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen.

8 Ebenso wenig vermag die Beschwerde mit ihrem Verweis auf die Begründung zu § 20 des Entwurfs eines Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Ausbildungsförderungsgesetz - BAföG) vom 18. März 1971 (BT-Drs. VI/1975 S. 29 f.) einen neuerlichen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem bereits in den zitierten Entscheidungen keine für die Rechtsfrage erhebliche Bedeutung beigemessen, sondern den Wortlaut sowie den Sinn und Zweck des § 20 BAföG und dessen systematisches Verhältnis zu den Regelungen der §§ 44 bis 50 SGB X als maßgebliche Auslegungsgesichtspunkte angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1989 - 5 C 38.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 31 m.w.N.). Damit setzt sich die Beschwerde nicht ansatzweise in der gebotenen Form auseinander.

9 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

10 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.