Beschluss vom 21.12.2021 -
BVerwG 2 WDB 15.21ECLI:DE:BVerwG:2021:211221B2WDB15.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.12.2021 - 2 WDB 15.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:211221B2WDB15.21.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 15.21

  • TDG Nord 6. Kammer - 09.02.2021 - AZ: TDG N 6 VL 36/20

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke
am 21. Dezember 2021 beschlossen:

  1. Dem früheren Soldaten wird hinsichtlich der Entscheidung über seine notwendigen Auslagen im Beschwerdeverfahren BVerwG 2 WDB 2.21 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Das Verfahren wird insoweit unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 WDB 15.21 fortgeführt.
  2. Der Tenor des im Verfahren BVerwG 2 WDB 2.21 ergangenen Beschlusses vom 27. April 2021 wird wie folgt geändert:
  3. "Auf die Beschwerde des früheren Soldaten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 9. Februar 2021 aufgehoben.
  4. Dem früheren Soldaten wird Rechtsanwalt ... aus ... als Pflichtverteidiger für das Verfahren N 6 VL 36/20 vor dem Truppendienstgericht Nord beigeordnet.
  5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Bund auferlegt, der auch die dem früheren Soldaten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat."
  6. Für das Wiedereinsetzungsverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. Die dem früheren Soldaten im Wiedereinsetzungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I

1 Der Senat hat mit Beschluss vom 27. April 2021 dem früheren Soldaten auf seine Beschwerde unter Aufhebung des Beschlusses des Vorsitzenden der 6. Truppendienstkammer vom 9. Februar 2021 einen Pflichtverteidiger für das Verfahren N 6 VL 36/20 vor dem Truppendienstgericht beigeordnet und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bund auferlegt. Ein Ausspruch über die dem früheren Soldaten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen unterblieb.

2 Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Truppendienstkammer hat wegen dieses fehlenden Ausspruchs mit Beschluss vom 24. November 2021 einen Kostenfestsetzungsantrag des früheren Soldaten zurückgewiesen.

3 Der frühere Soldat hat daraufhin am 9. Dezember 2021 beim Bundesverwaltungsgericht eine Ergänzung der Kostenentscheidung des Senatsbeschlusses wegen der ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen beantragt. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat gebeten, gemäß den rechtlichen Vorgaben nach dem Ermessen des Senats zu entscheiden.

II

4 Das Verfahren ist hinsichtlich der Entscheidung über die notwendigen Auslagen des früheren Soldaten im Beschwerdeverfahren BVerwG 2 WDB 2.21 gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 33a Satz 1 StPO in die Lage zurückzuversetzen, die vor dem Senatsbeschluss vom 27. April 2021 bestand.

5 § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 33a Satz 1 StPO ist auf Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts in Beschwerdeverfahren nach § 114 WDO anwendbar (vgl. Dau/Schütz, WDO, 7. Aufl. 2017, § 121a Rn. 5).

6 Hat das Wehrdienstgericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, so versetzt es nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 33a Satz 1 StPO insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Dieser, nicht an eine Frist gebundene Rechtsbehelf, erfasst jeden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG im Beschlussverfahren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. November 2011 - 2 BvR 1242/01 - juris Rn. 3 m.w.N.).

7 Der Senat hat in seinem Beschluss vom 27. April 2021 das rechtliche Gehör des früheren Soldaten in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem er die Entscheidung über die dem früheren Soldaten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen ohne Anhörung zu dessen Lasten unterlassen hat. Gemäß § 141 Abs. 2 WDO hat das Wehrdienstgericht in dem Beschluss, der das Verfahren abschließt, eine Entscheidung auch darüber zu treffen, wer die notwendigen Auslagen des Soldaten trägt. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 27. April 2021 indes nur nach § 141 Abs. 1 WDO bestimmt, dass der Bund die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, ohne ihm nach § 141 Abs. 2 WDO auch die dem früheren Soldaten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Der frühere Soldat ist erstmals mit der Zustellung des Senatsbeschlusses vom 27. April 2021 mit der unvollständigen Kostenentscheidung konfrontiert worden, dessen für ihn nachteilige Auswirkungen er erst durch die Ablehnung seines Kostenfestsetzungsantrags erkannte.

8 Dem früheren Soldaten steht gegen den unterbliebenen Kostenausspruch des Senats weder eine Beschwerde noch ein anderer Rechtsbehelf zu. Da er ohne entsprechende Ergänzung des Tenors des Senatsbeschlusses keine Kostenfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beanspruchen kann, ist er durch den unvollständigen Tenor auch weiterhin beschwert.

9 Mithin ist ihm nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 33a Satz 1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und zugleich der Kostenausspruch im Senatsbeschluss entsprechend zu ergänzen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 26. August 1997 - (5) 1 Ss 249/96 (40/96) - juris Rn. 4 m.w.N.; OLG Bremen, Beschluss vom 27. August 1998 - Ws 35/98 - juris Rn. 3 f. m.w.N.; OLG Kiel, Beschluss vom 19. Januar 2000 - 1 Ws 18/00 - juris Rn. 6 f. m.w.N.; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 5. August 2020 - 2 Qs 41/20 - juris Rn. 11 ff.).

10 Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Wiedereinsetzungsverfahrens beruht auf § 141 Abs. 1 und 2 WDO, § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.