Beschluss vom 23.07.2019 -
BVerwG 2 B 4.19ECLI:DE:BVerwG:2019:230719B2B4.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.07.2019 - 2 B 4.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:230719B2B4.19.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 4.19

  • VG München - 02.12.2016 - AZ: VG M 21 K 14.2441
  • VGH München - 15.11.2018 - AZ: VGH 14 B 18.1924

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juli 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32 215,32 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Der Kläger war von Juli 1998 bis Juli 2013 Zeitsoldat. Während seines Militärdienstes absolvierte er ein universitäres Informatikstudium, das er mit dem akademischen Grad des Diplom-Informatikers abschloss. Der Kläger war auf seinen Antrag hin unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Zeit von Juli 2010 bis Juli 2013 im dienstlichen Interesse für ein Arbeitsverhältnis bei einer NATO-Agentur beurlaubt. Im Juli 2013 beantragte der Kläger, die Zahlung der Übergangsgebührnisse auf die Zeit nach dem 1. August 2015 zu verschieben. Antrag und Widerspruch blieben erfolglos. Im erstinstanzlichen Verfahren erreichte der Kläger wie beantragt ein Neubescheidungsurteil.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 lägen nicht vor. Es gebe keine Nachteile für die Eingliederung des Klägers im Sinne dieser Vorschrift, die durch die begehrte Verschiebung der Zahlung von Übergangsgebührnissen vermieden würden. Das Gesetz sehe eine Verschiebung nur bei solchen Nachteilen vor, die im Zusammenhang mit der Verfolgung konkreter Eingliederungsmaßnahmen durch den ausgeschiedenen Soldaten drohten, nicht aber bei Nachteilen, die sich dadurch ergäben, dass im Anschluss an die Dienstzeit zunächst gerade keine Eingliederungsmaßnahme durchgeführt, sondern - wie im Fall des Klägers - sogleich mit der bereits vorhandenen Qualifikation Geld verdient werde. Das ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes und werde bestätigt durch die historische Auslegung. Dass der Kläger das von ihm beabsichtigte Promotionsstudium nicht in unmittelbaren Anschluss an das Dienstzeitende aufgenommen habe, beruhe nicht auf objektiven Notwendigkeiten, sondern auf seiner eigenen wirtschaftlichen Entscheidung, sein Arbeitsverhältnis bei der NATO-Agentur fortzuführen.

3 2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

4 Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 9).

5 Die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage,
ob § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 dahingehend auszulegen ist, dass der Tatbestand der Vorschrift nur dann erfüllt ist, wenn objektive, nicht durch den Zeitsoldaten zu beeinflussende Nachteile für die Eingliederung in das zivile Erwerbsleben bestehen, die durch die Aufschiebung der Auszahlung der Übergangsgebührnisse vermieden werden können, oder ob es ausreicht, wenn generell Nachteile für die Eingliederung in das zivile Erwerbsleben durch die Aufschiebung der Auszahlung vermieden werden können?
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Zum einen betrifft sie ausgelaufenes Recht, ohne dass sich die Frage zu den Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellt oder ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist (a). Zum anderen ist sie im Sinne der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (b).

6 a) Die aufgeworfene Frage kann bereits deshalb nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen, weil sie ausgelaufenes Recht betrifft, für das regelmäßig kein Bedarf an revisionsgerichtlicher Klärung anzuerkennen ist. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung einer Grundsatzrevision (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 2004 - 1 B 176.03 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 29 S. 11, vom 7. Oktober 2004 - 1 B 139.04 - Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12 S. 6, jeweils m.w.N. und vom 15. Mai 2008 - 2 B 78.07 - juris Rn. 2 f.). Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Fragen sich zu den Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen oder wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist (BVerwG, Beschlüsse vom 22. Oktober 2012 - 8 B 40.12 - juris Rn. 5, vom 25. Oktober 2010 - 2 B 35.10 - juris Rn. 5 und vom 23. September 2015 - 2 B 73.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 423 Rn. 9). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

7 Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage vorliegend allein § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG in seiner ursprünglichen Fassung gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und Art. 9 des Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetzes - EinsatzVVerbG - vom 5. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2458; SVG 2011) in Betracht kommt. § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 war in Kraft, als das Dienstverhältnis des Klägers am 31. Juli 2013 endete; spätere Rechtsänderungen haben keine Rückwirkung für den vorliegend streitgegenständlichen Anspruch entfaltet. Dementsprechend ist die aktuelle Fassung des § 11 Abs. 6 Satz 2 vom 5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17) - die die Möglichkeit der Aufschiebung oder Unterbrechung der Zahlung von Übergangsgebührnissen nur bei anders nicht zu vermeidenden Nachteile vorsieht und außerdem für Monate ausschließt, in denen Verwendungseinkommen im Sinne des § 53 Abs. 6 SVG bezogen wird - nicht einschlägig.

8 Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, dass die aufgeworfene Frage sich zu der geltenden Gesetzesfassung offensichtlich in gleicher Weise stellt oder dass ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Ersteres ist auch ersichtlich nicht der Fall; die Verengung der Möglichkeit der Aufschiebung oder Unterbrechung der Zahlung von Übergangsgebührnissen auf anders nicht zu vermeidende Nachteile und der Ausschluss dieser Möglichkeit für diejenigen Monate, in denen Verwendungseinkommen im Sinne des § 53 Abs. 6 SVG bezogen wird, würde eine Bejahung der aufgeworfenen Frage in dem vom Kläger gewünschten Sinn ausschließen. Aber auch eine Bedeutung der Beantwortung der aufgeworfenen Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft ist nicht anzunehmen. Zwar benennt die Beschwerde mehrere Verfahren beim Verwaltungsgericht München und beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, bei denen es maßgeblich auf die Rechtsfrage der zutreffenden Auslegung von § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 ankomme. Allerdings hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die wenigen noch zu entscheidenden Fälle ausschließlich beim Verwaltungsgericht München anhängig seien. Damit ist nicht dargetan, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist.

9 b) Die Revision ist auch deshalb nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die von der Beschwerde aufgeworfene Frage mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des Berufungsgerichts beantwortet werden kann.

10 Nach § 11 Abs. 1 SVG in seinen unterschiedlichen Fassungen erhielten und erhalten Soldaten auf Zeit mit einer Wehrdienstzeit von mindestens vier Jahren Übergangsgebührnisse, wenn ihr Dienstverhältnis wegen Ablaufs der Zeit, für die sie in dieses berufen sind, oder wegen Dienstunfähigkeit endet. Die Soldaten auf Zeit nach Ende der Dienstzeit gewährte Versorgung soll der beruflichen Förderung dienen. Der Gesetzgeber hat die Berufsförderung und die Dienstzeitversorgung von Soldaten auf Zeit miteinander verknüpft. Nach seiner Vorstellung soll die Fachausbildung grundsätzlich unmittelbar im Anschluss an die Wehrdienstzeit bei weitgehender wirtschaftlicher Absicherung durch die Zahlung von Übergangsgebührnissen durchgeführt werden (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 42.10 - Buchholz 239.2 § 11 SVG Nr. 7 Rn. 9 m.w.N.). Übergangsgebührnisse dienen vornehmlich dazu, die Zeiten der in einem Förderungsplan festgelegten Maßnahmen der zivilberuflichen Bildung und Qualifikation sowie die anschließende Beschäftigungssuche finanziell abzusichern (vgl. BT-Drs. 17/7143 S. 15). Die Zahlungen setzen ein, sobald die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, d.h. mit der Beendigung ihres Dienstverhältnisses durch Zeitablauf oder Dienstunfähigkeit (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 SVG).

11 Nach der Entwurfsbegründung des Gesetzes, mit dem die Möglichkeit der Aufschiebung oder Unterbrechung der Zahlung von Übergangsgebührnissen in § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 geschaffen wurde, sollte damit den Soldaten eine größere Flexibilität für die Planung ihrer Wiedereingliederung in das zivile Berufs- und Erwerbsleben eingeräumt werden. Da die im Förderungsplan vorgesehenen Maßnahmen teilweise nicht unmittelbar nach der Beendigung der Wehrdienstzeit begönnen oder verschoben oder unterbrochen werden müssten, würden Ausbildungs- oder Qualifizierungszeiträume nicht oder nicht mehr vollständig von den Übergangsgebührnissen abgedeckt. Die Zahlung könne verschoben oder unterbrochen werden, um sicherzustellen, dass die Übergangsgebührnisse ihrem Zweck entsprechend den Soldaten auf Zeit in den Zeiträumen einer Ausbildung oder beruflichen Qualifizierung oder einer sonstigen Eingliederungsmaßnahme zur Absicherung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (vgl. BT-Drs. 17/7143 S. 15).

12 Ausgehend von Sinn und Zweck der Übergangsgebührnisse als solchen und der Möglichkeit der Verschiebung oder Unterbrechung ihrer Zahlung kann § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 nur dahin verstanden werden, dass die Vermeidung von Nachteilen für die Eingliederung durch die Verschiebung voraussetzt, dass eine konkret ins Auge gefasste Eingliederungsmaßnahme aus Gründen, auf die der Soldat keinen Einfluss hat oder die er bei wertender Betrachtung anspruchsneutral setzen durfte (Beispiel: Geburt eines Kindes), erst später beginnt. Für diesen Fall eröffnet das Gesetz die Möglichkeit der Zahlungsverschiebung. Gerade nicht erfasst wird hingegen der - auch vorliegend gegebene - Fall, dass ein Soldat nach Beendigung seiner Dienstzeit erst mit der vor oder im Soldatenverhältnis erworbenen Qualifikation einer Erwerbstätigkeit im öffentlichen Dienst nachgeht und deshalb eine Eingliederungsmaßnahme - etwa in Form einer beruflichen Qualifizierung - erst für einen späteren Zeitpunkt anstrebt. In einem solchen Fall hat die Verschiebung der Zahlung von Übergangsgebührnissen nämlich nicht den Zweck, die Eingliederungsmaßnahme zu ermöglichen, sondern dient ausschließlich dazu, die gesetzlich vorgesehenen Ruhensregelungen (vgl. §§ 53 ff. SVG) zu vermeiden. Die Vermeidung einer gesetzlich im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit der öffentlichen Kassen vorgesehenen finanziellen Einbuße ist jedoch kein Nachteil für die Eingliederung im Sinne des § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011.

13 3. Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen ebenfalls nicht vor. Zwar benennt die Beschwerde die Vorschriften nicht, die sie als verletzt ansieht. Dem Beschwerdevorbringen ist jedoch zu entnehmen, dass sie die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO) dadurch rügt, dass der Verwaltungsgerichtshof vor seiner Entscheidung im Berufungsverfahren nicht auf seine Absicht hingewiesen habe, eine von der ersten Instanz abweichende Auslegung des § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 vorzunehmen (a), und dass der Verwaltungsgerichtshof den klägerischen Vortrag zur frühestens zum Wintersemester 2014/2015 möglichen Aufnahme eines Promotionsstudiums "nicht richtig" und den klägerischen Vortrag zu einem Verstoß gegen Fürsorgepflichten der Beklagten durch die unterbliebene Beratung des Klägers nicht zur Kenntnis genommen habe (b). Diese Gehörsrügen greifen jedoch nicht durch.

14 a) Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass er vor seiner Entscheidung im Berufungsverfahren nicht auf seine Absicht hingewiesen hat, eine von der ersten Instanz abweichende Auslegung des § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG 2011 vorzunehmen.

15 Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Jedoch verlangt der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung, dass das Gericht nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 20. August 2018 - 2 B 6.18 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 58 Rn. 28). Deshalb obliegt es den Gerichten, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1973 - 2 BvR 482/72 - BVerfGE 36, 85 <88>). Andererseits normiert Art. 103 Abs. 1 GG keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts, insbesondere nicht im Blick auf dessen Rechtsansichten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 1984 - 1 BvR 967/83 - BVerfGE 67, 90 <96>, Kammerbeschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - NJW 2017, 3218 Rn. 49 f.; BVerwG, Beschluss vom 8. März 2018 - 2 C 37.17 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 16 Rn. 6).

16 Verfahrensbeteiligte müssen stets damit rechnen, dass das Gericht der Rechtsauffassung der Gegenseite aus den von ihr vorgetragenen Gründen folgt. Das gilt auch dann, wenn eine Vorinstanz gegenteilig entschieden hat. Deshalb ist die vorliegende Entscheidung keine Überraschungsentscheidung und bedurfte es keines vorherigen Hinweises des Verwaltungsgerichtshofs auf seine von der Vorinstanz abweichende Rechtsansicht.

17 b) Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch nicht dadurch verletzt, dass er klägerischen Vortrag nicht oder "nicht richtig" zur Kenntnis genommen hätte.

18 Der Grundsatz rechtlichen Gehörs gebietet auch, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 13. August 1991 - 1 BvR 72/91 - NJW 1992, 299; BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 - 9 C 53.89 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 213 S. 33). Dies bedeutet, dass die Entscheidungsgründe eine tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes enthalten müssen. Das Gericht muss - unter Berücksichtigung des darauf bezogenen Vortrags der Verfahrensbeteiligten - nachvollziehbar darlegen, auf welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte es seine Entscheidung stützt (BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209> und vom 31. Juli 2002 - 8 C 37.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 S. 110; Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 118.01 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 18). Es ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr sind lediglich diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Aus dem Fehlen einer ausführlicheren Begründung kann daher nur ausnahmsweise - wenn sich hierfür aus den besonderen Umständen des Falls Anhaltspunkte ergeben - auf eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.> und Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2015 - 2 B 88.14 - juris Rn. 5).

19 Dem Verwaltungsgerichtshof fällt kein Gehörsverstoß dadurch zur Last, dass er sich nicht ausdrücklich mit dem Vorbringen des Klägers befasst hat, er habe sich nach dem Ablauf der Bewerbungsfrist frühestens zum Wintersemester 2014/2015 für das Promotionsstudium bewerben können. Denn ausgehend von der - im Übrigen, wie ausgeführt, zutreffenden - Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs konnte es hierauf von vornherein nicht ankommen, weil die Verzögerung durch die selbstgewählte längere Beschäftigung bei der NATO-Agentur bedingt war.

20 Auch dass der Verwaltungsgerichtshof sich nicht ausdrücklich mit dem klägerischen Vortrag zu einem Verstoß gegen Fürsorgepflichten der Beklagten durch die unterbliebene Beratung des Klägers auseinandergesetzt hat, zeigt keinen Gehörsverstoß auf. Die Beschwerdeerwiderung weist zutreffend darauf hin, dass die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht keine über die gesetzlich geregelten Ansprüche hinausgehenden Ansprüche gewährt und dass außerdem eine Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nur einen Schadensersatzanspruch, nicht aber einen - hier allein streitgegenständlichen - Primärleistungsanspruch begründen kann: Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn geht nicht über das hinaus, was dem Beamten durch spezialgesetzliche Regelung abschließend eingeräumt ist (BVerwG, Urteile vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <309 f.> und vom 17. November 2017 - 2 A 3.17 - Buchholz 240 § 45 BBesG Nr. 4 Rn. 27). Da das Versorgungsrecht der Soldaten - ebenso wie das der Beamten (§ 3 Abs. 1 BeamtVG) - abschließend durch den Gesetzgeber geregelt ist (§ 1a Abs. 1 SVG), bleibt kein Raum für letztlich die gesetzlich geregelte Versorgung ergänzende Fürsorgeansprüche.

21 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.